Ja. – Dieses nationale Luftverkehrskonzept ist zwar lange überfällig. Ich höre schon seit Längerem, dass es erst in Kürze vorliegen werde; aber noch liegt es eben nicht vor. Aber erst, wenn es vorliegt, ist die Landesregierung am Zug, um – noch einmal ein Zitat aus Ihrem Antrag –
„unter Beteiligung der Anliegerinnen und Anlieger, der Beschäftigten und Betreiber sowie der Airlines für NRW ein Luftverkehrskonzept für 2020 zu erarbeiten“.
Sie haben es selber zitiert. – Das macht Sinn. Nur das macht Sinn. Darin sind wir uns ja wohl alle einig.
Bleibt als Motiv für Ihren Antrag, dass Sie einen Streit in der rot-grünen Landesregierung meinen herbeireden zu müssen.
Ich kann Ihnen versichern: Diesen Streit gibt es nicht. Ich bin extra früher aufgestanden und habe ein paar Zeitungen mehr gekauft. Der Koalitionsvertrag ist nicht gekündigt, der Koalitionsvertrag gilt. Es mag jeweils eigene Auffassungen darüber geben, was die zukünftige Gestaltung und die Einflussmöglichkeiten des Landes mit Blick auf den Luftverkehr angeht. Aber, jetzt mal ehrlich und Hand aufs Herz: Ist das für Sie und für die Öffentlichkeit wirklich etwas Neues? Sie enttäuschen mich. Das ist alles kalter Kaffee.
Zeit für einen zweiten Blick auf Ihren Antrag. Wir erfahren, dass Sie die Frage nach einer zukünftigen Luftverkehrspolitik für Nordrhein-Westfalen insgesamt mit einem einzelnen formalen Antragsverfahren eines einzelnen Flughafens vermischen. Als Opposition kann man das ja machen.
Ob das allerdings seriös ist, steht auf einem anderen Blatt. So bleiben Sie, Herr Kollege Rasche, mit Ihrem Antrag deutlich unter Ihren Möglichkeiten.
Wir müssen deshalb klarstellen und festhalten: Das Luftverkehrskonzept NRW und das Antragsverfahren des Flughafens Düsseldorf auf Planfeststellung mit Änderung der Betriebsgenehmigung zur Erweiterung der dortigen Kapazitäten – das sind zwei sehr unterschiedliche Paar Schuhe. Es handelt sich nämlich beim Antrag um ein rechtlich klar geregeltes und transparentes Prüfverfahren, auf das das Land keinen politischen Einfluss hat. Das ist keine politische Entscheidung, das gilt für die Fraktionen des Landtags natürlich gleichermaßen.
Alles bekannt, alles kalter Kaffee. Redlich wäre es, wenn Sie durchgängig auf diesen Charakter des Antrags und des Prüfverfahrens hinweisen würden. Das tun Sie leider nicht.
Vor diesem Hintergrund möchte ich abschließend betonen, dass unsere sozialdemokratischen Eckpunkte für ein Luftverkehrskonzept unverändert bleiben:
Zweitens. Es muss dabei immer ein vertretbarer Ausgleich der Interessen der Flughäfen, der Interessen der Anwohner, der Interessen der Kunden – egal, ob Wirtschaft oder Urlaubsflieger – erfolgen.
Drittens. Der Lärmschutz und der Schutz von Menschen und Natur vor weiteren Emissionen hat hohe Bedeutung.
Viertens. Eine Subventionierung des Luftverkehrs und der Flughäfen durch das Land findet nicht statt.
Sechstens. Administrative Regelungen für den Luftverkehr müssen möglichst wettbewerbsneutral, am besten europaweit, erfolgen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich räume gern ein: Auch hier gibt es nichts Neues. Das stand schon im Koalitionsvertrag 2010 -2015. Aber ich finde es gut, dass wir die Gelegenheit hatten, noch einmal darüber zu reden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der größte Teil eines Eisbergs liegt unter Wasser. Er ist daher für den Betrachter unsichtbar.
Sichtbar ist nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Der unter Wasser liegende Hauptteil ist siebenmal größer.
Ähnlich verhält es sich mit dem FDP-Antrag über den Krach innerhalb der rot-grünen Landesregierung und zwischen den Koalitionsfraktionen. Im Antrag wird nur der rot-grüne Streit beim Thema Luftfahrt kritisiert. Allerdings ist dieser rot-grüne Krach nur die Spitze des Eisbergs.
Wenn wir nur darüber sprechen, dann bleiben die anderen Streitpunkte bei der Infrastruktur unter der Oberfläche. Hier einige Beispiele:
Verkehrsminister Groschek lobte den Bundesverkehrswegeplan als das größte Antistauprogramm, das Nordrhein-Westfalen je erlebt hat. Er forderte gar eine „Willkommenskultur für röhrende Bagger“. Ministerpräsidentin Kraft bekräftigte dies und nannte den künftigen Bundesverkehrswegeplan das größte Stauverhinderungsprogramm. Die grüne Landtagsfraktion hingegen lehnt den Bundesverkehrswegeplan einfach ab. Dieses Nein zum Bundesverkehrswegeplan wurde von den Grünen Ende April per Parteitagsbeschluss noch zementiert. Meines Wissens tragen auch die grünen Regierungsmitglieder dieses Nein mit.
Nordrhein-Westfalen müsste aber jetzt mit einer Stimme beim Bund auftreten. Die Unternehmen in unserem Land sind auf eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Eine funktionierende Infrastruktur würde dazu beitragen, das Nullwachstum in Nordrhein-Westfalen mittelfristig zu beenden. Wir brauchen umgehend einen Masterplan, der eine Priorisierung der Projekte und einen konkreten Zeitplan für ihre Umsetzung enthält. Dadurch können wir das gute Ergebnis beim Bundesverkehrswegeplan nicht nur halten, sondern auch noch ausbauen.
Aber anstatt jetzt beim Bund mit einer Stimme aufzutreten, sind SPD und Grüne beim Bundesverkehrswegeplan 2030 tief zerstritten.
Sogar Verkehrsminister Groschek und Ministerpräsidentin Kraft widersprechen sich mittlerweile. Ministerpräsidentin Kraft sagte noch am 6. April 2016 in ihrem Vlog zum Bundesverkehrswegeplan – ich zitiere –: Es ist „das größte Stauverhinderungsprogramm …, weil wir da die Lückenschlüsse tätigen können, weil wir Neu- und Ausbau betreiben können an den Autobahnen.“
In der „Welt am Sonntag“ vom 8. Mai 2016 klang das bei Ihnen, Herr Minister Groschek schon wieder ganz anders. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
Nebenbei bemerkt: Der Paradigmenwechsel hin zu mehr Erhalt als Neubau ist unter der CDU-geführten Landesregierung erfolgt. Aber Neubau ist trotzdem notwendig. Dazu kann jetzt nicht einmal mehr der SPD-Teil der Landesregierung klare Aussagen machen.
Am 25. April 2016 hat Verkehrsminister Groschek einen Eckpunkteplan für mehr Sicherheit in Bus und Bahn vorgestellt. Gemäß Eckpunkteplan soll unter anderem der flächendeckende Einsatz von Videokameras in Bus und Bahn zeitnah geprüft werden. Keine 24 Stunden später hat der grüne Koalitionspartner Veto eingelegt und die Videoüberwachung kategorisch abgelehnt.
Meine Damen und Herren, vergangene Woche ist dann der Koalitions- und Regierungsstreit beim Thema Luftverkehr öffentlich eskaliert.
Was ist passiert? – Der Flughafen Düsseldorf hatte im Februar 2015 einen Antrag auf Änderung der Betriebsgenehmigung beim Verkehrsministerium gestellt. Daraufhin hatte das Verkehrsministerium – richtigerweise – ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet. In der Sitzung des Verkehrsausschusses am 5. März 2015 erklärte Verkehrsminister Groschek, er dürfe sich zum laufenden Planfeststellungsverfahren nicht äußern.
Danach ging es aber los. Umweltminister Remmel machte den Anfang und verkündete im Juli 2015, dass er die Kapazitätserweiterung verhindern wolle. Großzügig sicherte er allen Gegnern der Kapazitätserweiterung seine Unterstützung zu und fiel seinem Amtskollegen Groschek damit in den Rücken.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Kollege Arndt Klocke, sorgte bereits im September 2015 dafür, dass zum Regierungskrach auch noch ein Koalitionsstreit hinzukam. Ich zitiere wiederum:
„Aber wir Grüne als Landespartei und Landtagsfraktion lehnen die vorgelegte Kapazitätserweiterung am Flughafen Düsseldorf ganz klar ab.“
Das wurde auf dem vergangenen grünen Landesparteitag ebenfalls besiegelt, und dazu kam noch ein Nachtflugverbot an allen unseren Flughäfen. Das hieße auch das Aus für den 24-Stunden-Frachtflugbetrieb am Kölner/Bonner Flughafen. Auch das wollen Sie, Herr Minister Groschek, nicht. Sie haben sich bereits dazu mehrfach öffentlich geäußert. Und da sind wir auch einer Meinung mit Ihnen; das wollen wir genauso wenig wie Sie.
Wir wollen, dass die Landesregierung nach Recht und Gesetz über den Antrag des Flughafens Düsseldorf entscheidet. Der Abschluss des Planfeststellungsverfahrens muss abgewartet werden. Im Übrigen hat Wirtschaftsminister Duin ja auch erst gestern die grüne Ablehnung der Kapazitätserweiterung kritisiert.
Meine Damen und Herren, der Flughafen Düsseldorf ist ein sehr großer Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor für die Region und ein wichtiges Drehkreuz in unserem Land. Wir können es uns nicht leisten, dass der Airport Düsseldorf hinter der internationalen Konkurrenz zurückbleibt. Es gilt daher die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität dieses Flughafens dauerhaft zu erhalten. Im Gegenzug erwarten wir vom Flughafenbetreiber aber auch weiterhin Transparenz und Offenheit sowie stetige Verbesserungen zum Lärmschutz.
Schließen möchte ich mit einem Sprichwort: Zwei bekommen nur Streit, wenn einer von beiden es will. – Die Grünen in diesem Landtag wollen den offenen Streit mit dem Koalitionspartner. Sie machen Minister Groschek mit seiner Verkehrspolitik zur Lame Duck der Landesregierung. Das, meine Damen und Herren, führt zur Verunsicherung in Nordrhein-Westfalen.
Die Ministerpräsidentin muss daher den Streit zwischen den Koalitionsfraktionen und den Regierungsmitgliedern beenden. Art. 55 Abs. 1 der Landesverfassung, Frau Ministerpräsidentin, gibt Ihnen das Recht dazu und legt es Ihnen zugleich als Pflicht auf. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.