Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die erste der beiden antragstellenden Fraktionen, nämlich der CDU-Fraktion, Herrn Abgeordneten Hausmann das Wort. Bitte, Herr Kollege.
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eine EnEV seit dem 1. Januar 2016, die gegenüber den vorangegangenen Energieeinsparverordnungen noch mal 25 % weniger Primärenergieeinsatz fordert. Wir haben eine ganze Reihe von Energieeinsparverordnungen durchlaufen, die ursprünglich mal aus Heizungsanlagenverordnung, Wärmeschutzverordnung bestand. Und immer weiter sind Schritte unternommen worden, um die Gebäude energetisch besser dastehen zu lassen, um Energie einzusparen und um einen modernen Wohnkomfort zu ermöglichen.
Es ist aber leider nicht so einfach, gerade im Baubereich. Man kann also nicht immer weiter noch bessere Wärmedämmwerte erreichen, indem man das einfach linear vergrößert. Irgendwann ändert sich nach acht bis zehn Zentimetern auch der besten Wärmeleitfähigkeitsgruppe der Effekt und es werden nur noch Nachkommazahlen bewegt. Das heißt, der Transmissionswärmeverlust, der Wärmeverlust
durch die Bauteile, gerät in den Hintergrund. Und der Verlust bei dem, was jeder in Deutschland in seiner Wohnung macht, das Fenster auf und lüften, dieser Lüftungswärmeverlust wird sozusagen die überragende Zahl.
Deshalb stellen sich eine Reihe von Fachleuten auch heute schon die Frage: Wie ist überhaupt die Wirksamkeit von all dem, was wir in den letzten Jahren hier verordnet haben, gebaut und bezahlt haben? Führt das eigentlich auch zu den Einspareffekten sowohl finanziell für die Nutzer des Hauses als auch energetisch und klimabedingt zu Einsparungen an CO2?
Die Zweifel, die daran bestehen – aufgrund der Diskrepanz zwischen dem, was man sich im Labor ausdenkt und dem, wie wirklich gelebt wird –, sind groß und zurzeit in aller Munde.
Wir müssen uns daher die Frage stellen: Was hat denn diese EnEV für den Klimawandel, für die CO2Emission tatsächlich gebracht? Was ist sozusagen der Mehrwert, den wir aus den Verschärfungsepisoden der letzten Jahre gezogen haben?
Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Die EnEV 2016 bringt grob gesagt lediglich die Hälfte der CO2Einsparungen eines einzigen Kohlekraftwerks zu
stande. Wenn ich mir überlege, was dort alles an Aufwand hineingesteckt wird, meine ich, dass das eigentlich eine relativ schlechte Zahl ist.
Vor einigen Wochen hat der Minister hier im Plenum selber gesagt: Wir stecken mit dieser EnEV in einer Sackgasse. Wir müssen überlegen, ob wir an andere Strategien herankommen, die den Wohnungsbau nicht verteuern, die uns aber gleichzeitig helfen, CO2Einsparungen in nennenswerter Zahl – mehr als mit der jetzigen EnEV – voranzubringen.
Deshalb ist aus unserer Sicht ein Moratorium der EnEV vertretbar. Wir müssen vorübergehend auf Standards für Energieeffizienz von Gebäuden verzichten, weil einfach ein dringender Handlungsbedarf für eine Evaluation besteht. Wir müssen herausfinden: „Was tun wir hier eigentlich?“, bevor wir einfach blindlings so weitermachen.
Irgendwann kommen wir dann zu dem Punkt, dass wir fragen: Was können wir denn stattdessen tun, wenn wir schon Zweifel am bisherigen Weg haben? Von Fachleuten, aber auch aus der Politik sind in diesem Zusammenhang schon verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt worden.
Ein Beispiel: Allein die Umstellung der Heizungsanlagen auf Brennwerttechnik führt zu einer Energieeinsparung von 25 % pro Gebäude. Dagegen spielen Dämmmaßnahmen keine Rolle. Aber die rechnerische Berücksichtigung findet nicht entsprechend statt, weil man in der EnEV lediglich nach dem Primärenergiefaktor differenziert.
Meine Damen und Herren, die Architektenkammer hat das Thema „energetischer Fußabdruck von Gebäuden“ ins Gespräch gebracht: Man betrachtet ein Gebäude von der Errichtung über die Lebensdauer bis hin zur Entsorgung und kann dann darüber eine Aussage treffen. Das heißt, man hat auch die entsprechenden CO2-Emissionen zu verantworten, wenn man bestimmte Techniken in ein Gebäude einbaut, um CO2-Emissionen zu sparen. – All das muss man in einen Zusammenhang bringen.
In unserem Fokus liegt auch der Bestand an Gebäuden. Ein großer Anteil der Gebäude stammt aus den 50er-, 60er-, 70er- und 80er-Jahren, und sie entsprechen mit ihrer einschaligen Bauweise eigentlich nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Hier könnten wir mit geringeren Wärmedämmstärken eine weitaus höhere CO2-Ersparnis erzielen, als wenn wir weiterhin mit unheimlich hohen Kosten an den Neubauten herumdoktern.
Wir halten es daher für eine dringende Aufgabe, die Hürden für den Wohnungsbau abzubauen und ein Moratorium für die EnEV zu gestalten, in dem wir darüber nachdenken können: Wie können wir diese Ziele besser und wirksamer erreichen? Wie können wir die Blockade der übermäßigen Forderungen, die
lediglich den Neubau extrem verteuern, abbauen und so das eine Ziel, das uns wichtig ist, nämlich neuen Wohnraum zu schaffen, mehr in den Fokus nehmen und außerdem Dinge, die fraglich sind, besser regeln und gleichzeitig in unseren wesentlichen Politikzielen vorankommen?
Vielen Dank, Herr Kollege Hausmann. – Für die zweite antragstellende Fraktion, nämlich die der FDP, spricht jetzt Herr Kollege Höne.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verordnung zur Energieeinsparung hat in Deutschland eine lange Tradition. Die erste Verordnung dieser Art war die Wärmeschutzverordnung. Und die geht zurück auf das Jahr 1977.
Seitdem hat sich viel getan, und es wird auf diesem Gebiet sicherlich noch viel passieren. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Union sind wir jedoch der Meinung, dass die Novellierungsdynamik verlangsamt werden muss. Seit dem Jahr 2002 wurde die Energieeinsparverordnung bereits viermal novelliert, und aktuell wird schon an der nächsten Verschärfung gearbeitet.
Darum meinen wir: Es ist an der Zeit ist, Luft zu holen. Es ist an der Zeit, die Frage der Wirtschaftlichkeit mit kühlem Kopf neu zu bewerten. Wir wollen die EnEV nüchtern evaluieren. Wir wollen Maßnahmen erörtern, mit denen man effektive und effiziente Energieeinsparmaßnahmen fördern kann.
Ein Beispiel möchte ich Ihnen nennen – der Kollege Hausmann hat es gerade auch angesprochen –: Durch die Erneuerung von Heizungsanlagen in privaten Häusern können Effizienzsteigerungen von 25 % realisiert werden. Eine Zahl zum gleichen Sachverhalt: Das IW Köln hat im „iw-dienst“ Nr. 14 des letzten Jahres eine Berechnung angestellt und dabei herausgefunden, dass sich durch die Erneuerung von Heizungen in Privathaushalten 1 t CO2 schon durch Investitionen in Höhe von 15 € einsparen lässt. Das ist also eine Maßnahme, die verhältnismäßig günstig ist und die demnach unterstützenswert wäre.
Nur einmal zum Vergleich: In der gleichen Untersuchung ist herausgefunden worden, dass man 250 € investieren muss, um 1 t CO2 im Pkw-Verkehr einzusparen. Das zeigt noch einmal deutlich, wie viel möglich wäre bei einem deutlich geringeren Mitteleinsatz oder wie viel mehr CO2-Einsparung bei gleichem Mitteleinsatz möglich wäre.
Nicht erst seit der anhaltenden Migration der Flüchtlinge benötigt Nordrhein-Westfalen eine wirkungsvolle Wohnungsbauoffensive. NRW.BANK und Landesregierung gehen mittelfristig von einer zusätzlichen Wohnungsnachfrage in der Größenordnung von 200.000 Einheiten aus.
Um dies stemmen zu können, müssen unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden. Eine wesentliche Maßnahme ist unserer Überzeugung nach, dem Preistreiber Nummer eins beim Wohnungsbau Einhalt zu gebieten.
Die Wohnungsbaustudie 2015 der Arbeitsgemeinschaft Zeitgemäßes Bauen hat die Kostenfaktoren des Wohnungsbaus unter die Lupe genommen. Dabei kam heraus:
Preistreiber Nummer eins beim Bauen ist der Staat. 40 % der Preissteigerungen zwischen 2000 und 2014 sind auf staatliche Maßnahmen und Regelungen zurückzuführen, zum Beispiel Vorgaben für Energieeffizienz, Barrierefreiheit, Standsicherheit, Brand- und Schallschutz, Schnee-, Sturm- und Erdbebensicherheit. Jede EnEV-Verschärfung hat das Bauen teurer gemacht. Experten warnen schon jetzt vor weiteren Preissteigerungen mit der nächsten Novelle in Höhe von 7 % bis 8 %.
Mit der Zustimmung zu unseren Antrag können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Beitrag dazu leisten, die staatlich produzierten Kostensteigerungen zumindest für den Moment, zumindest für eine gewisse Zeit zu bremsen. Damit helfen Sie ganz konkret dem Ziel, neue Wohnungen zu bauen, neuen bezahlbaren Wohnraum in Nordrhein-Westfalen zu schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Forsa-Umfrage, die zum Tag der Immobilienwirtschaft in Berlin veröffentlicht wurde, macht deutlich, worauf es auch der Bevölkerung bei einer Wohnungssuche ankommt: Die große Mehrheit von 82 % der Befragten sagte nämlich, dass sie ganz differenziert und genau abwägt. Sie ist der Meinung, dass beim Klimaschutz ganz genau auf die Verhältnismäßigkeit zwischen Wirtschaftlichkeit und Kostenaufwand geschaut werden muss.
Experten sehen Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und sozialverträglichem Wohnungsbau. Herr Minister Groschek, in unserer Kleinen Anfrage Nr. 4704 haben wir kürzlich gefragt, inwieweit denn auch die Landesregierung einen Widerspruch oder Zielkonflikte genau da sieht. In Ihrer Antwort führen Sie, wie
wir meinen, richtigerweise aus, dass bei der energieeffizienten Errichtung und Sanierung von Gebäuden sowohl die Anforderungen des Klimaschutzes als auch das Ziel, die Wohnkosten bezahlbar zu halten, berücksichtigt werden müssen. Sie sagten – Zitat –, es sei sorgfältig auszutarieren.
Mit unserem Antrag geben wir Ihnen einen konkreten Lösungsvorschlag an die Hand, weil wir davon überzeugt sind, dass nur austarierte und nur verhältnismäßige Lösungen Akzeptanz in der Bevölkerung finden.
Herr Minister Groschek, auf Veranstaltungen mit Vertretern der Wohnungsbranche zeigen Sie sich – wie hier im Plenum übrigens auch und gleich bestimmt auch wieder – gerne ganz entschlossen, Sie beziehen deutlich Position. Beim Wohnungsforum des VDW im Mai haben Sie zuletzt sehr wortstark und kämpferisch deutlich gemacht, dass Sie sich gemeinsam mit einigen Länderkollegen für ein EnEV-Moratorium in Berlin einsetzen. Dazu haben wir in dieser Kleinen Anfrage konkret nachgefragt. Und Sie haben ganz ausweichend geantwortet: Der Landesregierung liegt noch kein Entwurf eines neuen Gesetzes vor. – Da kann ich nur festhalten, dass Ihre Aussagen draußen die Ressortabstimmung bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage wohl nicht überlebt haben. Herzlich willkommen im Club „Garrelt Duin“!
Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen Lösungsvorschläge unterbreitet. Wir bitten Sie herzlich um Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank.
Ganz herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute geht es in diesem Hohen Hause mal wieder um das Thema „Beschleunigung des Wohnungsbaus in NordrheinWestfalen“. Das ist gut, das ist wichtig. Und es geht heute insbesondere um die Energieeinsparverordnung, kurz: EnEV.
Vieles, was Sie aufgezählt haben, können wir inhaltlich teilen; das ist nicht alles von der Hand zu weisen. Alle Begründungen zur Verteuerung können wir so nicht teilen, aber deutlich einige Punkte aufnehmen, was das Thema „EnEV“ angeht.
Trotzdem ist die Frage – darum muss es jetzt im Wesentlichen gehen –: Macht dieser Antrag heute Sinn, macht er zu diesem Zeitpunkt Sinn? Ich werde Ihnen
Der Antrag war sehr erwartbar. Sie haben sich auch nicht wirklich was Neues einfallen lassen; denn das Thema haben wir hier schon sehr oft besprochen, auch im Ausschuss haben wir es besprochen. Von daher war das Thema „EnEV“ heute sehr erwartbar; aber, wie gesagt, dem Antrag können wir heute nicht zustimmen.
Die Ausgangslage auf dem Wohnungsmarkt ist bekannt und hier schon mehrfach diskutiert worden. Wir brauchen schnell guten und vor allen Dingen auch bezahlbaren Wohnraum. Die Landesregierung und der Minister haben vieles auf den Weg gebracht, um dieses Ziel zu erreichen, und sie haben großen Erfolg, wie die aktuellen Zahlen beim Wohnungsbau ganz eindeutig belegen.
Wichtig ist – da sind wir uns auch alle einig –, dass Wohnen auch nicht unnötig verteuert werden sollte. Das gilt sowohl für überzogene Mieten; das gilt aber genauso für steigende Energie- und anderen Nebenkosten.