Henning Höne
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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz nach der Einigung auf der Weltklimakonferenz in Paris hatten wir hier zu genau diesem Themenkomplex auch eine Debatte. Schon damals habe ich das Abkommen, die Einigung, die in Paris erzielt wurde, persönlich und auch für meine Fraktion begrüßt. Erstmals hat sich die Weltgemeinschaft völkerrechtlich verbindlich dazu bekannt, dass die Welt in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts treibhausgasneutral werden soll. Erstmals machen sich alle Länder dieser Welt gemeinsam auf den Weg, um die Auswirkungen menschlichen Handelns auf ein Minimum zu beschränken. Vor allem wollen und müssen wir dabei den ärmsten Ländern, den Ländern, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind – durch Schäden, durch Verluste – helfen, das zu bewältigen.
Das war und ist ein historischer Wendepunkt. Die Verpflichtungen, die Deutschland im Rahmen des Pariser Abkommens eingegangen ist, sind auch für uns Freie Demokraten verbindliche Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Klimaschutzpolitik.
In der damaligen Debatte haben sich zwar alle Fraktionen über diese Einigung gefreut, waren aber unsicher, wie schnell es wohl geht mit der Ratifizierung
und ob am Ende wirklich alle Länder mitmachen. 141 Staaten haben dieses Abkommen mittlerweile ratifiziert, eben auch die USA und China, zwei der größten Emittenten – ein großer Erfolg.
Meine Vorredner haben es schon angesprochen: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Es war in den vergangenen Wochen immer wieder zu lesen, dass USPräsident Trump einen Rückzug aus dem Abkommen erwägt. Das wäre sicherlich ein herber Rückschlag für die weltweiten Bemühungen im Bereich des Klimaschutzes. Ich bin gespannt: Ende Mai will Donald Trump wohl vor dem G7-Gipfel eine Entscheidung dazu mitteilen. Die erste Aktion von ihm, der Erlass zum Clean Power Plan in den USA, treibt mir aber eher Sorgenfalten auf die Stirn. – Erfreulich ist hingegen, dass der chinesische Präsident Xi bei der letzten UN-Versammlung in Genf die große Bedeutung des Klimaschutzabkommens herausstellte und zur erfolgreichen Implementierung entsprechender Maßnahmen aufrief. Wenn ich mir diese kleine Klammer erlauben darf: Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass die KP China und ihre Führer auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für Freihandel und in Genf für den Klimaschutz werben und sich damit von den USA abgrenzen?
Das Pariser Abkommen stellt zweifelsohne einen Meilenstein in der Geschichte des Klimaschutzes dar, aber das Abkommen allein wird die Welt nicht verbessern können, weil eben noch konkrete Maßnahmen und Instrumente fehlen. Und da kommt die Klimakonferenz in Bonn ins Spiel. Dort gilt es, auch aufbauend auf den Ergebnissen von Marrakesch zu klären, wie die Reduktionsziele für Treibhausgase zu verwirklichen sind, und zwar konkret und verbindlich.
Bei aller Freude über das Pariser Abkommen müssen wir allerdings festhalten, dass noch viel zu tun ist, weil das Abkommen in seiner jetzigen Form in Teilen hinter dem Kyoto-Protokoll zurückbleibt, weil nämlich keine wirksamen Mechanismen zum Beispiel zur Kontrolle der Einhaltung der Klimaziele vorhanden sind. Einzelne Länder haben ja auch schon Ziele ausgegeben, die nach dem heutigen Stand der Technik schon lange erreicht worden sind – Russland gehört zum Beispiel dazu. Sicherlich kann man immer über die Höhe der Latte, die man sich selbst anlegt, sprechen, aber sie sollte nicht auf dem Boden liegen, das ist vollkommen klar.
Wichtig ist – das ist auch ein Ziel der Konferenz –, ein Level-Playing-Field zu schaffen, wie es dort auf Englisch heißt – also faire Rahmenbedingungen, wie wir eigentlich auf der ganzen Welt fair die Wettbewerbsfähigkeit vor Ort erhalten und gleichzeitig das Klima schützen können. Das ist für die europäische Wirtschaft eine besondere Herausforderung. Es ist auch für Deutschland eine besondere Herausforderung – übrigens eine, die über ein pures Eigeninteresse an
Wertschöpfung und an Arbeitsplätzen hinausgeht. Wie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir denn von Schwellenländern und Entwicklungsländern erwarten, dass sie uns folgen, wenn sie hier von außen betrachtet schwere Umbrüche in der Wirtschaftsstruktur oder immense Kosten sehen? Das sind Dinge, die solche Länder abschrecken. Umso wichtiger ist es, dass wir klug und bedacht vorgehen, nicht überstürzt und ideologisch.
Im Fokus stehen faire Spielregeln. Dazu gehören zwingend die Erarbeitung von Sanktionsmechanismen und die Vollendung des Regelbuchs – Kollege Hovenjürgen hat es angesprochen. Dabei sollte Deutschland eine Führungsrolle einnehmen.
Um die Vereinbarung aber nicht komplett zu gefährden, um die Vereinbarung von konkreten, verbindlichen Maßnahmen überhaupt erreichen zu können, ist es aber auch von essenzieller Bedeutung, den bereits erzielten Konsens vom Abkommen von Paris nicht durch immer weiteres Hinaufschrauben von Zielen, nicht durch immer neue, noch ambitioniertere Ziele zu gefährden. Solche Forderungen haben aber genau dafür das Potenzial, gerade mit Blick auf die großen Emittenten in dieser Welt. Darum gilt es hier, vorsichtig voranzugehen.
Gäste aus aller Welt werden in der Bundesstadt Bonn, werden in Nordrhein-Westfalen zu Gast sein. Da lohnt doch auch sicherlich einmal ein Blick auf die Bemühungen der Landesregierung im Bereich Klimapolitik: Herr Minister Remmel, Sie haben ja sehr gekämpft für den Klimaschutzplan in NordrheinWestfalen. 220 Maßnahmen sind da drin, Herr Kollege Meesters. Sie sind zu einem breiten Prozess entwickelt worden. Den technischen, den ideellen Durchbruch vermisst man allerdings darin.
Neue Dinge gibt es darin nicht; da sind Selbstverständlichkeiten und ohnehin vorhandene Projekte in einer neuen Form zusammengefasst worden – nicht mehr und nicht weniger. 220 Maßnahmen also! In der jüngsten Vorlage zum Thema war dann zu lesen: Knapp 10 % sind abgeschlossen, 35 % in der Umsetzung, 30 % in der Konkretisierungsphase, und das verbleibende Viertel konnte noch nicht angegangen werden. Man könnte also westfälisch sagen: gar nicht so schlecht!
Doch der Schein trügt. Im Klimafortschrittsbericht schreiben Sie ja selbst, dass der Klimaschutzplan NRW rein angebotsorientiert sei. Es gehe um Vernetzung, um Beratung, um ein bisschen Förderung, um ein perspektivisches Radar – das alles schreiben Sie da. Das verdeutlicht noch einmal das, was ich gerade
gesagt habe: Welche neuen Impulse sind denn eigentlich vom Klimaschutzplan wirklich ausgegangen? Welche bahnbrechenden Neuerungen sind denn davon zu erwarten gewesen oder sind noch zu erwarten?
Nordrhein-Westfalen hat 2015 seine TreibhausgasEmissionen um 2,7 % senken können. Darüber freuen wir uns. Das hat aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Klimaschutzplan dieser Landesregierung herzlich wenig zu tun.
Es kommt noch etwas hinzu: Der Klimaschutzplan dieser Landesregierung sorgt eben gerade nicht für eine faire Balance, hat eben Wettbewerbsfähigkeit nicht ausreichend im Blick. Zwei Gründe will ich Ihnen dafür mitgeben.
Erstens. Ihre Forderung, Herr Minister Remmel – Sie haben sie eben wiederholt –, eines vorzeitigen Ausstiegs aus der Braunkohle würde alleine im rheinischen Revier gut 10 000 Arbeitsplätze vernichten, indirekte Effekte bei Zulieferern und Co. sind noch hinzuzuzählen. Das ist doch das Gegenteil von Planungssicherheit, das ist das Gegenteil von industriepolitischer Verantwortung!
Die Stromerzeugung aus fossilen Quellen brauchen wir auf absehbare Zeit noch für die Versorgungssicherheit, für eine wirtschaftliche Energieversorgung. Bei dieser Feststellung haben wir übrigens – ganz offensichtlich anders als Sie, Herr Minister Remmel – die Ministerpräsidentin auf unserer Seite. Im vergangenen Jahr hat Hannelore Kraft gegenüber dem „Handelsblatt“ noch gesagt, man könne – Zitat – „nicht heute beschließen, wann wir auf Kohlekraftwerke komplett verzichten können“. – Sehr, sehr richtig!
Zweitens. Herr Remmel, Sie haben das Ziel der Gebäudesanierungsrate angesprochen. Da sind wir uns beim Ziel absolut einig; hier schlummert ein großes, großes Potenzial. Das Problem ist: Reden und Handeln passen bei dieser Landesregierung nicht zusammen.
Denken wir einmal kurz zurück an die Entscheidung im Bundesrat im Dezember 2012. Es gab Vorschläge von der damaligen Bundesregierung, steuerliche Anreize ergänzend zu KfW-Förderprogrammen zur energetischen Gebäudesanierung zu setzen, damit wir zum Ziel einer zweiprozentigen Sanierungsquote kommen. Diese Landesregierung hat aus parteitaktischen Überlegungen zum damaligen Zeitpunkt eine Einigung verhindert und blockiert.
Vorher haben Sie hier, Herr Remmel, immer im Plenum gesagt, es sei alles an Bayern gescheitert. Später mussten Sie in einer Kleinen Anfrage – ich habe sie eben herausgesucht; die Antwort finden wir in Drucksache 16/11485 – zugeben, dass NordrheinWestfalen auch dagegen gestimmt hat. Heute fordern Sie die höhere Gebäudesanierung; 2012 haben Sie einen wichtigen Schritt in diese Richtung verhindert.
Der bundesweite Anstieg der Treibhausgas-Emissionen im vergangenen Jahr ist nämlich nicht auf die Kohleverstromung zurückzuführen. Sie ist insbesondere zurückzuführen auf eine kühle Witterung und eben auf eine zu geringe Gebäudesanierungsrate.
40 % der Endenergie, die in Deutschland verbraucht wird, landet in den Gebäuden.
Mit Blick auf die Bundesebene will ich ergänzend sagen: Es ist weiterhin auch falsch, mit der neuen Energieeinsparverordnung 2016 eine Konzentration auf Neubauten fortzusetzen. Dazu haben wir in den letzten Plenarwochen auch Debatten geführt. Die neueste Stufe der EnEV führt laut Bauexperten zu weiteren Baukostensteigerungen von 7 bis 8 % in einem Bereich, wo wir schon ein weltweit führendes Niveau erreicht haben.
Warum konzentrieren wir uns nicht viel, viel mehr auf die Sanierung im Bestand? Und wo, Herr Minister Remmel – Nordrhein-Westfalen hat dieser EnergieEinsparverordnung im Bundesrat zugestimmt –, waren denn in dem Zusammenhang eigentlich Ihre Initiativen konkret zu einer Konzentration, zu einem Fokus hin zu einer höheren Sanierungsrate?
Von der Wirtschaft, von den Verbrauchern, von allen Akteuren verlangt diese Landesregierung gerne viel, gerade im Bereich Klimaschutz. Da können die Anstrengungen gar nicht gut genug sein, die Daumenschrauben können gar nicht fest genug sein – entweder es ist unerreichbar, oder es ist absurd. Es gab ja tolle Vorschläge, die wir auch oft genug diskutiert haben, im Klimaschutzplan – denken Sie an solche Kampagnenideen wie den Verzicht auf einen Trockner zugunsten einer Leine.
Aber wo diese Landesregierung es selber in der Hand hat – und da komme ich wieder zurück zum Thema Gebäude –, da versagen Sie. So deutlich muss man das sagen. Ich spreche über das Thema der klimaneutralen Landesverwaltung: § 7 des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen, das ja mit den Stimmen von Rot-Grün und Piraten beschlossen wurde – umso erstaunlicher, dass von deren Seite gar nicht nachgefragt wird –, besagt, dass das Land bis 2030 eine klimaneutrale Landesverwaltung sicherstellen muss. Das Gesetz schreibt im gleichen Paragrafen auch vor, dass das Konzept, wie diese
klimaneutrale Landesverwaltung zu erreichen ist, als Teil des Klimaschutzplans vorzulegen ist. Dieser Plan hätte 2013 vorgelegt werden sollen. Vorgelegt wurde er 2015 – gesetzeswidrig.
Nun könnte man sagen: Na ja, zwei Jahre Verspätung, aber vielleicht befindet sich immerhin das Konzept zur klimaneutralen Landesverwaltung darin. Aber weit gefehlt! Abschnitt II.6 stellt auch nur fest, dass sich der BLB in der Zukunft darum kümmern solle. Bis Ende 2016 sollte es ein Konzept geben. Anfang 2017 stellen wir fest: Die Geschäftsstelle „Klimaneutrale Landesverwaltung“ im Hause des Umweltministers hat jetzt ihre Arbeit aufgenommen. Demnächst fangen die entsprechenden Arbeitsgruppen an. Passiert ist aber weiterhin nichts. Das ist ein Rechtsbruch mit Ansage.
Herr Remmel, Sie haben eben über die eigene Verantwortung gesprochen – herzlich gern. Wir warten seit 2013 auf das fertige Konzept.
Darüber hätten wir schon lange diskutieren können.
Die Grünen haben so viel Energie, weil sie bei den Kollegen der SPD eben nicht klatschen konnten. Darum ruft ihr jetzt so viel dazwischen; das ist auch klar.
Herr Kollege Engstfeld, ich kann Ihnen sagen, was lächerlich ist. Sie haben für ein Gesetz gestimmt, das eine klare Regelung enthält, wann die Landesregierung was vorzulegen hat. Darauf warten wir seit Jahren. Da ist überhaupt nichts passiert. Wer macht sich denn hier eigentlich lächerlich? Wer begeht denn hier eigentlich Rechtsbruch? Das fällt doch alles auf Sie zurück.
Meine Damen und Herren, es gibt technisch gesehen viele Wege, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Wir meinen, dass Wirtschaft, Industrie und Forschung Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sind. Wir meinen auch, dass jede gesellschaftlich akzeptierte Technologie gleichermaßen hilfreich ist, die sich marktwirtschaftlich behaupten kann, die eine sichere Energieversorgung gewährleistet.
Wichtig ist aber, dass das technologieneutral passiert. Wichtig ist, dass Politik sich nicht anmaßt, über 20, 30 oder 40 Jahre im Voraus schon zu entscheiden, welche Technologien sich wie entwickeln werden und worauf wir in Zukunft zurückgreifen wollen.
Das EEG ist eines der schlimmsten Beispiele, weil es zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr effektiv, nicht mehr zeitgemäß und nicht technologieoffen ist. Darum braucht es eine grundlegende Korrektur. Davon würde auch Nordrhein-Westfalen profitieren. Wir brauchen weniger bürokratische Hürden beim Direktverbrauch und bei der Direktvermarktung, um es marktbasierten Geschäftsmodellen bei der Stromerzeugung etwas einfacher zu machen.
Wir sollten mit Blick auf den Emissionshandel etwas größer denken. Diese Landesregierung hat in den letzten Jahren vor allem viel Zeit damit verbracht, zu behaupten, der europäische Emissionshandel sei gescheitert. Ich habe eben zu meiner großen Freude wahrgenommen, Herr Minister Remmel, dass Sie sehr wohl beobachten, welche Möglichkeiten es in naher Zukunft geben könnte, weltweit auf ein solches System zurückzugreifen – das ist wunderbar –: marktwirtschaftlich und technologieneutral. Das wäre dieses Level-Playing- Field, was in Bonn auch angestrebt wird. Das ist insofern auch für das Energieland Nummer eins besonders wichtig, weil Energie weiterhin eine ganz zentrale Rolle beim Klimaschutz spielen wird.
Meine Damen und Herren, das Abkommen von Paris – damit habe ich meine Rede begonnen – war und ist ein großer Erfolg. Die nächsten großen Herausforderungen stehen in Bonn im November vor der Tür, wenn es um die Konkretisierung der Maßnahmen und die entsprechende Kontrolle geht.
In der Welt dreht man mehrheitlich an großen Rädern. Nordrhein-Westfalen verheddert sich weiterhin viel zu viel im Klein-Klein
und wird der eigenen Verantwortung, wie am Beispiel „klimaneutrale Landesverwaltung“ ersichtlich ist, nicht im Ansatz gerecht. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister Remmel, Sie haben insbesondere zu Beginn Ihrer Rede – ich vermute, bewusst – Beschlusslagen und Zitate der Freien Demokraten mindestens verkürzt, im Wesentlichen aber auch falsch wiedergegeben.
Das kann ich hier nicht so stehenlassen. Das ist eine schäbige Art und Weise, eine Debatte zu führen.
Anstatt solche falschen Dinge zu behaupten, hätten Sie Ihre Redezeit nutzen können, um zu erklären, wie Sie denn gleichzeitig das alles machen wollen: raus aus der Kernenergie, was ich übrigens richtig finde, Kohleausstieg, wie Ihre Partei das gleichzeitig möchte, Speicher und Netze, aber noch lange nicht da, wo Sie eigentlich sein müssen. Die ganze EAuto-Diskussion kommt ja noch hinzu, die auch nicht so einfach ist, wie Sie es immer wieder darstellen.
Sie tun so, als könnten Sie politische Beschlusslagen des Kabinetts, Ihre eigene Meinung oder die der grünen Partei, technologische Entwicklungen über 20, 30, 40, 50 Jahre vorhersehen und dann entsprechend steuern. Das ist etwas, wo Sie Erklärungen schuldiggeblieben sind. Und das versuchen Sie, jetzt zu übertünchen, indem Sie falsche Behauptungen in den Raum stellen. Das ist nicht in Ordnung.
Ob zum Positiven oder zum Negativen, sei dann noch zu klären.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Maelzer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich möchte einen Punkt zurückstellen, weil Sie gerade auf den Zwischenruf des Kollegen Hafke nicht sachlich, sondern eher platt reagiert haben, als Sie befristete Verträge angesprochen haben. Inwiefern kämpft denn die Landesregierung gegen befristete Verträge im öffentlichen Dienst, insbesondere im Bereich des Finanzministers?
Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer bestellt muss auch bezahlen. So einfach, so klar und so gut. Ebenfalls ist klar …
Ja, Sekunde, Herr Kollege Wolf, bitte nicht so viel Vorfreude; ich komme gleich noch mal zu Ihnen. – Wir sind uns einig, dass die auf Bundesebene beschlossenen Gesetze die Kommunen in NordrheinWestfalen oftmals belasten. Im Besonderen gilt das für den stetigen Zuwachs an Aufwendungen für die bestehenden Sozialgesetze und die daraus folgenden Sozialleistungen. Um es mit John Steinbeck zu sagen: „Ein Weiser ohne Taten ist eine Wolke ohne Regen“. Man könnte aber auch sagen: Vom Reden alleine …
Wenn das zu hoch ist, können wir auch sagen: Vom Reden alleine wird man nicht schwanger.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, es ist gerade schon angesprochen worden: Für eine konsequente Durchsetzung Ihres Antrags, den Sie uns
heute vorgelegt haben, müsste das Grundgesetz geändert werden; denn die Ausgaben- und Lastenverteilung zwischen dem Bund und den Bundesländern ist durch die Finanzverfassung im Grundgesetz abschließend geregelt. Das müssten Sie eigentlich wissen, und wenn Sie das wissen, dann hätte das auch in diesen Antrag Eingang finden müssen. Das hat es leider nicht.
Ich denke auch nicht, dass Sie das wirklich umgesetzt sehen wollen, denn das Ziel dieses Antrags ist ein anderes. Sie wollen hier zum Ende der Legislaturperiode von eigenen Fehlleistungen ablenken und eine Nebelkerze werfen. Die Kommunen stehen strukturell unterfinanziert da, und angesichts wachsender Schuldenberge und insbesondere angesichts wachsender Kassenkredite – Herr Kollege Wolf, Sie hatten eben angesprochen, es würde überall immer besser werden; die Gesamtzahlen besagen jedoch etwas anderes – ist klar, dass Sie Ihrer Pflicht in den letzten Jahren nicht umfassend nachgekommen sind. Das heißt, Sie geben uns hier leere Worthülsen und warme Worte, aber darüber hinaus ist nicht viel rumgekommen.
Meine Damen und Herren, Sie beschreiben im Antrag das Konnexitätsprinzip der nordrhein-westfälischen Landesverfassung. Allerdings wurde erst gestern mit Ihren Stimmen eine Hygieneampel eingeführt. Unabhängig von der inhaltlichen Debatte zu dieser Hygieneampel können wir festhalten, dass Sie sich nicht abschließend zu der Frage geäußert haben, wer bei den Kommunen die zusätzlichen Kosten trägt.
Zu diesem bestehenden Dissens mit den kommunalen Spitzenverbänden haben Sie nichts gesagt bzw. getan und verschieben das so in die Zukunft.
Wir haben gestern außerdem über die Einigung beim Unterhaltsvorschuss gesprochen. Da haben Sie sich hingestellt nach dem Motto, man wisse noch gar nicht, wie viel teurer das würde, darum könne man da im Moment auch noch nichts weiter machen. – Wenn Sie aber gar nicht wissen, wie viel teurer es für die Kommunen wird, und wir nur sicher wissen, dass es teurer wird, mit welchem Recht können Sie denn dann dieser Blackbox eigentlich zustimmen?
Sie kaufen die Katze im Sack zulasten der Kommunen.
Bitte sehr, vom Kollegen Hübner immer.
Eigentlich müsste man jetzt erst einmal auf diese Krücke dieser sogenannten Zwischenfrage eingehen, aber das klären wir einmal woanders.
Ich habe die kommunalen Spitzenverbände – damit geht das schon los – anders verstanden. Es ist nicht so, dass sie freudestrahlend hier durch das Haus gelaufen sind und gesagt haben: „Mensch, vielen Dank, dass das jetzt hier kommt“, sondern sie haben gesagt: „Besser als gar nichts“. Besser als gar nichts ist es, das hineinzuschreiben – das würde ich an dieser Stelle auch teilen.
Tatsache ist, dass Sie an den Bund ein Level anlegen, was das Thema Konnexität angeht, an das Sie bei Weitem nicht herankommen, weil Sie hier an dieser Stelle und gestern an dem konkreten Beispiel sagten „Wir gucken dann erst einmal“ und es einige Briefwechsel zwischen der Landesregierung, den Häusern und den kommunalen Spitzenverbänden gab. Der entscheidende Punkt ist an dieser Stelle: Wenn Sie eine entsprechende Latte anlegen, müssen Sie bitte selber mit dem gleichen Maß bei sich messen und können das nicht so unterschiedlich handhaben.
Meine Damen und Herren, entlarvend ist allerdings ein ganz anderes Beispiel – im Übrigen auch beim Gesamtvolumen –, auf das ich noch eingehen möchte, und zwar ist das die Inklusion. Sie haben in Nordrhein-Westfalen eine Inklusion nach Kassenlage auf den Weg gebracht. Sie verweisen hier zwar auf die Konnexitätsregelung in der Landesverfassung, haben aber doch, Frau Ministerin, bei der Inklusion ganz bewusst darauf verzichtet, Qualitätsstandards festzulegen, weil Sie wissen, dass das
Land ausgleichspflichtig gewesen wäre, wenn Sie klare Qualitätsstandards festgelegt hätten.
Wenn Sie auf der einen Seite die Fahne der Konnexität hochhalten, auf der anderen Seite aber so tarnen, tricksen, täuschen, um entsprechende Ausgleichsregelungen zu umgehen, sind Sie nicht glaubwürdig.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag kann von Ihren Verfehlungen und Ihren Fehlern, von Ihren Versäumnissen in den letzten Jahren nicht ablenken. Dass Sie sich der inhaltlichen Debatte gar nicht wirklich stellen können, zeigt der Umstand, dass Sie in eine direkte Abstimmung gehen. Sonst müssten Sie sich ja im Ausschuss all diese Beispiele anhören. Dass Sie das nicht möchten, kann ich aufgrund Ihrer eigenen Leistungsbilanz grundsätzlich nachvollziehen.
Sosehr wir aber den Grundsatz der Konnexität unterstützen, sowenig sind Sie glaubwürdig bei diesem Antrag, und sowenig können wir diesem Antrag zustimmen.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Beisheim, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede das Pilotprojekt in Bielefeld und Duisburg gelobt. Darum möchte ich mit einer kleinen Erinnerung daran einsteigen, was Ihnen das Oberverwaltungsgericht zu diesem Pilotprojekt ins Stammbuch geschrieben hat;
denn eine Weiterentwicklung und große Unterschiede zwischen dem Projekt und Ihrem Gesetzentwurf sind nicht zu erkennen.
Das Projekt schaffe weder Markttransparenz noch unterstütze es Verbraucher, eigenverantwortliche Konsumentscheidungen zu treffen. – Das wurde zu diesem Projekt, das nun Grundlage für Ihre Ampel ist, gesagt. Sie bringen das Gesetz jetzt trotzdem auf den Weg, und zwar ohne auch nur in irgendeiner Art und Weise auf die Kritik und auf die inhaltlichen Hinweise des Gerichts einzugehen.
Das, lieber Kollege Rüße, ist mindestens vermessen. Vielleicht ist es auch ein Stück weit ignorant.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie behaupten, Sie wollten Transparenz. In Wahrheit täuschen Sie die Verbraucher in zweierlei Hinsicht:
Erstens. Die Kontrollergebnisse, die sich aus vielen Einzelaspekten speisen, werden ganz pauschal und zu stark vereinfacht in die drei Farbbereiche grün, gelb und rot eingeordnet. Die Farben – oder auch der entsprechende Punktwert – reichen aber nicht aus für einen wirklichen Rückschluss auf die Hygienebedingungen. Es geht nicht darum, ob man es den Menschen zutraut, sondern da geht es um die Frage: Was wird in der Realität eigentlich wahrgenommen, und was ist am Ende für den Verbraucher entscheidend? – Frau Blask, das hier ist auch nur eine Nebelkerze. Es geht doch gar nicht um die Rückverfolgung.
Herr Meesters, Sie hätten ja sprechen können. Jetzt haben Sie Frau Blask den Vortritt gelassen, darum hören Sie am besten zu.
Niemand streitet die Rückverfolgbarkeit ab. Aber es ist ein Unterschied, ob es einen Punktabzug gibt, weil nicht geputzt wurde, oder ob es einen Abzug gibt, weil nicht aufgeschrieben wurde, dass geputzt wurde.
Oder gibt es einen Punktabzug, weil sich der Betrieb zum Beispiel in einem historischen Gebäude befindet? Sie haben im Ausschuss so gerne auf die 74 % der Verbraucher verwiesen, die entsprechende Ergebnisse wollen. Dann müssen Sie sich schon die Frage stellen, ob die Leute wissen wollen, ob geputzt wurde, oder ob darüber geschrieben wurde, dass das erfolgt ist.
Für die Verbraucher ist es gerade nicht zu erkennen, wie das Ergebnis zustande gekommen ist.
Zweitens. Der Punktwert basiert auf der gerade schon angesprochenen AVV RÜb, die dafür keine fachlich geeignete Grundlage bildet. Das, was Sie hier vorstellen und vorschlagen, ist keine Hygieneampel, das ist eine Hygienenebelkerze.
Meine Damen und Herren, Sie führen nicht nur die Verbraucher hinters Licht, sondern Sie lassen auch die Kommunen im Stich. Die Kommunen werden für die Ausführung dieses Gesetzes zuständig sein. Sie haben eine Kostenfolgeabschätzung aufgestellt, bei der Sie erst mal von einem geringen Mehraufwand für die Kommunen sprechen. Drei Seiten später müssen Sie dann feststellen, dass dieser Punkt mit den kommunalen Spitzenverbänden streitig sei. Das ist von Ihrer Seite aus sehr vorsichtig formuliert. Der Landkreistag rechnet mit Mehrkosten bis zu 41 Millionen € in den nächsten sechs Jahren. Hinzu kommen weitere Kosten für die aufwendigeren Betriebsprüfungen.
Dann legen Sie hier einen Entschließungsantrag vor, in dem Sie mit warmen Worten erklären: In Zukunft finden wir eine Lösung dafür; wir schauen noch mal.
Ihre kommunalpolitischen Kollegen – schön, dass Herr Kollege Hübner in der ersten Reihe sitzt – haben für den morgigen Plenartag einen Antrag zur Konnexität auf den Weg gebracht. Da messen Sie aber deutlich mit zweierlei Maß. Der Bund soll es immer von vornherein ausgleichen; das gilt aber für Sie nicht. Das ist einfach nur lächerlich.
Zudem schreiben Sie in der Abschätzung, dass es über die Software – das BALVI-System – demnächst einfacher sein soll, das Ganze zu erfassen. Sie haben sich selber 27 Monate Schonzeit eingeräumt, bis die Software fertig war, die es den Kommunen leichter und günstiger machen soll, die Ergebnisse zu erfassen.
Direkt nach Inkrafttreten des Gesetzes haben die Betriebe aber ein Recht darauf, freiwillig geprüft zu werden. Da stellt sich die Frage – Herr Minister Remmel, vielleicht können Sie gleich darauf eingehen –: Können Sie eigentlich Ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass die Software ab dem Tag, da das Gesetz verabschiedet ist, wirklich einsatzbereit ist?
Oder sind Sie ähnlich gut vorbereitet wie bei der Wiedereinführung der Widerspruchsverfahren? Da sehen wir bis heute, dass Sie es nicht auf die Kette bekommen haben.
Meine Damen und Herren, von Ihnen wurde die Clearingstelle Mittelstand eingerichtet. Gerade habe ich die kommunalpolitischen Kollegen angesprochen. Jetzt empfehle ich den wirtschaftspolitischen Kollegen und dem Wirtschaftsminister doch sehr, sich das noch einmal anzuschauen. Dort hieß es, hier werde eine unzureichende Auskunft über Prüfbereiche ausgesprochen. Es gebe eher Verständnisprobleme, als Klarheit zu schaffen. Die Clearingstelle hat die Hygieneampel rundherum aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt.
Sie ignorieren also die Hinweise des Gerichts. Sie schaffen eine Scheintransparenz, die Verbraucher täuscht. Sie belasten die Kommunen. Sie setzen sich über die Clearingstelle Mittelstand hinweg.
Das belegt wieder einmal: Sie beteiligen zwar die Betroffenen, beziehen sie aber nur ein oder hören sie, wenn es ohnehin in die Ideologie und in den Plan passt.
Meine Damen und Herren, ein Hygieneführerschein wäre der richtige Weg. Diesen Weg wollen Sie nicht gehen. Sie gehen den einfachen, den falschen Weg, der die Kommunen belastet und die Verbraucher täuscht. Diesen Gesetzentwurf kann man nur ablehnen.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf zwei oder drei Aspekte möchte ich dann doch noch einmal eingehen. Die Betriebe, die ich besucht habe – viele andere Kolleginnen und Kollegen haben sie auch besucht –, sperren sich ja nicht gegen Kontrollen. Aber die Betriebe – übrigens auch diejenigen, welche die durch die Medien einigermaßen bekannt gewordenen „Remmel-Semmel“ verkauft haben – bemängeln schon, dass durch die Pflicht zur Veröffentlichung etwas verloren geht, nämlich die Augenhöhe, das gute kollegiale Verhältnis zu den Prüfern, um gemeinsam etwas zu verbessern. Das riskieren Sie hier.
Uns allen muss doch klar sein, wem solche neuen Prüfmechanismen bzw. neuen Herausforderungen am ehesten und im Verhältnis am meisten wehtun. Das sind doch nicht die großen Ketten, die Global Player, auf die Sie immer so gerne hinweisen, sondern es sind die kleinen, die inhabergeführten Betriebe. Vom Prinzip her ist das also ein weiterer Bereich, in dem dieser Minister einen Strukturwandel vorantreibt.
Wenn Sie sagen, das Niveau der Beanstandungen sei über viele Jahre gleich geblieben, dann meine ich: Lassen Sie uns – das wünschen wir uns – doch einmal genauer hinschauen. Wo ist das denn so? Gibt es das bei den Betrieben, die – ich glaube, die Kollegin Beisheim hat es eben angesprochen – „mit Meisterhand“ – so hatten Sie es formuliert – Lebensmittel herstellen oder weiterverarbeiten? Haben wir da gleichbleibend hohe Beanstandungen? Oder be
trifft das eigentlich andere Betriebe? Meine Vermutung ist, dass es im Wesentlichen die letztgenannten sind.
Wenn das so ist, dann müssten wir ganz woanders ansetzen. Die brauchen doch nicht im Nachhinein eine Ampel und ein bisschen Beratung nebenbei. Sie brauchen das, was Sie mit einem Halbsatz ganz am Ende Ihres Entschließungsantrages ansprechen. Da müssten wir bei der Sachkunde ganz anders herangehen. Die Tatsache, dass jemand mit Lebensmitteln umgehen kann, ohne für wenige Euro Gebühr einen Test über das Gehörte bei der Kammer abzulegen, ist doch der eigentliche Skandal. Dagegen machen andere – in der Gastronomie oder in einem anderen Bereich – eine Ausbildung und beschäftigen sich jahrelang mit Lebensmittelhygiene.
Wir lehnen das weiterhin ab.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Kollege Rüße, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie haben gerade die Übergangszeit angesprochen und erklärt, dass Sie die Auswirkungen noch einmal überprüfen wollen. Dazu stellt sich mir die Frage: Welche Erkenntnisse – wenn überhaupt – haben Sie denn in den letzten drei Jahren aus dem Pilotprojekt in Bielefeld und Duisburg gezogen?
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es bleibt unsererseits dabei – das möchte ich eingangs deutlich sagen –, dass eine Entlastung, dass eine Unterstützung, dass eine Vereinfachung für alleinerziehende Eltern inhaltlich nicht falsch sein kann. Darin sind wir uns alle hier im Hause sicherlich einig.
Darum begrüßen wir grundsätzlich weiterhin, dass bestehende Altersgrenzen sowie Befristungen der maximalen Bezugsdauer aufgehoben werden sollen. Wenn man aber das grundsätzliche Ziel teilt, alleinerziehende Eltern zu entlasten, kann man den erreichten Bund-Länder-Kompromiss, die erreichte Einigung so nicht hinnehmen.
Mein Vorredner, Herr Kollege Nettelstroth, hat gerade darauf hingewiesen: Nordrhein-Westfalen wälzt 80 % seiner eigenen Kosten beim Unterhaltsvorschuss auf die Kommunen um. Das Ergebnis dieses Formelkompromisses der Bund-Länder-Gruppe trifft die Kommunen in Nordrhein-Westfalen genau aus diesem Grunde härter als in jedem anderen Bundesland. Mehr Kosten wälzt kein anderes Bundesland auf die Kommunen ab.
Umso bedauerlicher ist es, dass die Ministerpräsidentin oder Mitglieder des Landeskabinetts in der entsprechenden Arbeitsgruppe des Bundesrates gar nicht erst vertreten waren. Denn auch bei dem nun vorliegenden angepassten Gesetzentwurf handelt es sich unter dem Strich weiterhin um ein Entlastungsprogramm des Bundes zulasten von Ländern und Kommunen.
Da ist es natürlich erfreulich, dass die Bereitschaft des Bundes vorhanden ist, seinen Finanzierungsanteil von einem Drittel auf 40 % anzuheben – völlig klar. Wenn aber die Landesregierung das Gesetz zur Ausführung des Unterhaltsvorschussgesetzes nicht umgehend ändert, hat das zur Folge, dass die nordrhein-westfälischen Kommunen 48 % und das Land lediglich 12 % der Gesamtaufwendungen zu tragen haben. Das ist auch mit Blick auf die Finanzkraft ein Ungleichgewicht, das wir nicht hinnehmen möchten.
Wenn Väter und Mütter ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen, dann ist das kein kommunales Problem, dann ist das kein reines Vor-Ort-Problem, sondern dann ist das ein gesamtgesellschaftliches Problem, ein Problem, das auch im Interesse der gesamten Gesellschaft zu lösen ist.
Vollmundig fordern die Fraktionen von SPD und Grünen in einer morgigen Debatte die Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Wenn der Landkreistag in etwa von einer Verdoppelung der Zahlen ausgeht, wäre es nur folgerichtig, dass das Land den Anteil, den die Kommunen zu tragen haben, halbiert. Das wäre ein Signal, dass es auch die regierungstragenden Fraktionen ernst meinen mit der Konnexität und mit dem Antrag, den sie in die morgige Plenarsitzung einbringen.
Ebenfalls hat es die Landesregierung in der Debatte versäumt, mit dem Bund, mit den anderen Ländern auf die Anerkennung des Vorrangs der Leistungen nach dem SGB II vor anderen Sozialleistungen zu drängen. Durch die neuen Differenzierungen, die jetzt bei den Altersgrenzen eingezogen werden sollen, wird es zu neuen Schwierigkeiten kommen. Das belastet zusätzlich die Kommunalverwaltung durch neue Prüfvorgänge gerade im Zusammenhang mit den sogenannten Aufstockern. Auch haben weiterhin die Betroffenen mehrere Verwaltungsvorgänge, Ansprechpartner und Behörden vor der Brust.
Es wäre besser, einheitliche Regelungen über die gesamte Lebensspanne bis zum 18. Lebensjahr zu vollziehen.
Ich hatte es gerade schon angesprochen: Der Landkreistag verweist in seinem Rundschreiben Nr. 56 aus dem Jahr 2017 aktuell noch einmal darauf, ergänzt und unterstreicht das, was wir schon in den letzten Debatten zum Unterhaltsvorschuss haben erkennen können. Der Landkreistag prognostiziert – ich zitiere –,
„dass die geplanten Änderungen auf Bundesebene auch bei den angedachten Modifikationen bei voller Jahreswirkung zu einer potenziellen
Verdoppelung der kommunalen Nettobelastungen führen werden. Auch der Personalaufwand wird sich … entsprechend entwickeln.“
Ich sage es noch einmal: Genau wegen dieser drohenden Verdoppelung wäre es richtig, wenn der kommunale Anteil hier in Nordrhein-Westfalen in einem ersten Schritt von 80 auf 40 % gesenkt wird. Dann hätten wir eine Chance, es für die Kommunen kostenneutral zu gestalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, um festzustellen, dass eine Doppelbürokratie vorliegt – darauf weisen Sie in Ihrem Antrag hin –, bedarf es unserer Meinung nach nicht einer neuen Kommission. Da reicht ein Blick in den Bericht des Bundesrechnungshofes aus dem Jahre 2012.
Positiv bewerten wir – das möchte ich an dieser Stelle noch sagen – die Forderung nach einer zentralen Zuständigkeit für die Geltendmachung der übergegangenen Ansprüche. Dadurch erhoffen wir uns auch eine höhere Quote zugunsten der Kommunen.
Es bleibt dabei: Der Großteil der Alleinerziehenden erfährt durch die verabredete Form leider keine Verbesserung.
Das kann uns alle nicht zufriedenstellen. Wir sind darum gespannt auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die kurze Drucksachennummer – das ist gerade in einem anderen Zusammenhang schon angesprochen worden – zeigt, wie lange wir uns schon mit diesem Antrag beschäftigen: über die vergangenen Jahre mal mehr oder weniger intensiv.
Das Problem, das in diesem Antrag seitens der Kolleginnen und Kollegen der Union beschrieben wird, bleibt allerdings vom Grundsatz her unserer Meinung nach korrekt beschrieben: Hohe und oft genug für die Anwohner unerwartet zu entrichtende Beiträge stellen einen finanziellen Schock, eine starke finanzielle Belastung dar.
Als Lösung werden wiederkehrende Ausbaubeiträge für alle Bürger – im Zweifelsfall unabhängig von einer direkten Betroffenheit – vorgeschlagen. Dieser Vorschlag hat die Freien Demokraten aus vier maßgeblichen Gründen abschließend nicht vollends überzeugen können:
Erstens. Das Kommunalabgabengesetz berechtigt die Kommunen, Abgaben in Form von Steuern, von Gebühren, von Beiträgen zu erheben – in eigener Verantwortung nach eigener Satzung. In der Ausgestaltung gibt es einen hohen Grad an kommunaler Eigenverantwortung.
Das betrifft zum Beispiel – Kollege Krüger hat das gerade schon angesprochen – auch die Möglichkeit, schon heute verschiedene Straßenzüge miteinander zu kombinieren und zusammenzufassen.
An dieser Stelle ist es auch mit Blick auf die Frage, ob die Dinge erwartet oder unerwartet auf die Bürger zukommen, umso wichtiger – unabhängig vom diskutierten Antrag – immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Kommunen im Dialog mit den Bürgern bleiben, frühzeitig über geplante Baumaßnahmen informieren und bei dem, was geplant ist, Transparenz schaffen.
Zweitens. § 8 des Kommunalabgabengesetzes bietet die Möglichkeit, sowohl angemessene Vorauszahlungen zu verlangen als auch eine Aufteilung der Kosten vorzunehmen.
Das führt – meine Vorredner haben das zum Teil schon angesprochen – dazu, dass wir schon heute eine relativ hohe Flexibilität bis hin zu Ratenzahlungen haben. Es muss nicht der Regelfall sein, dass binnen einer kurzen Frist von wenigen Wochen hohe, zum Teil fünfstellige Beträge fällig werden.
Drittens. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns die Frage gestellt: Wie müssen eigentlich wiederkehrende Ausbaubeiträge auf die Bürger wirken,
wenn insbesondere der Zusammenschnitt von potenziellen Abrechnungsgebieten entweder unklar ist oder man damit unzufrieden ist?
Wir glauben, dass da eher das Gefühl einer neuen Steuer, einer neuen dauerhaften Belastung aufkommt, ohne einen direkten Mehrwert für sich zu sehen. Allein mit der Frage des Zuschnitts von Abrechnungsgebieten würde man mit dem Ziel, ein Fass zu schließen, möglicherweise ein neues aufmachen. Wir glauben, dass dadurch eher noch Akzeptanz gefährdet werden könnte als das es hilft.
Viertens: In anderen Bundesländern gibt es die Möglichkeit zur Erhebung wiederkehrender Beiträge und zum Teil, lieber Herr Kollege Nettelstroth, nicht erst seit wenigen Jahren. Die kommunalen Spitzenverbände haben damals in ihrer Stellungnahme zur Anhörung darauf hingewiesen, dass in Rheinland-Pfalz diese Möglichkeit seit gut 30 Jahren besteht. So wirklich durchgesetzt hat es sich dort nicht, und da, wo es ausprobiert wurde, wurde auch auf Probleme, wie gerade von mir geschildert, aufmerksam gemacht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen: Straßenausbaubeiträge sind immer wieder Gegenstand auch heftiger kommunalpolitischer Diskussionen. Sie sind eine nicht zu vernachlässigende Belastung für die Anwohner.
Wiederkehrende Beiträge sind aber nicht das Mittel der Wahl aus Sicht der Freien Demokraten. Schon heute gibt es die Möglichkeit zur flexiblen Verteilung der Lasten. Wiederkehrende Beiträge können die Akzeptanz im Zweifelsfall eher gefährden. Auch in der Praxis hat sich dieses Modell in anderen Bundesländern nicht durchgesetzt.
Andere Maßnahmen wären unserer Meinung nach vorzuziehen. Die Frage der allgemeinen Finanzierung der Kommunen ist angesprochen worden. Wie ich eingangs gesagt habe: Wichtig ist, dass die Kommunen selber frühzeitig und transparent die Anwohner einbinden. – Wir werden uns darum im Ergebnis der Stimme enthalten.
Frau Ministerin Kampmann, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Mich würde interessieren, was es denn über eine Landesregierung aussagt, die seit 2010 die eigentlich vorgesehene und vorgeschriebene Evaluierung des KiBiz nicht durchgeführt hat und sich dazu nicht in der Lage gesehen hat?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unbürokratische Angebote für die Bürger in diesem Land zu schaffen und vorzuhalten, ist für uns Liberale ein Herzensthema. Es steht für uns auch außer Frage – ganz egal, von welchem Teil-, Aufgaben- oder Fachbereich wir sprechen, dass neue, aktuelle Technologien auch mutig zum Einsatz kommen müssen, um die Bürger mit einzubinden und gesellschaftliche Partizipation zu erleichtern.
Ein Teilbereich davon sind die Mängelmelder. Die Mängelmelder sind an sich eine gute und feine Sache. Da hören die Gemeinsamkeiten zwischen den Freien Demokraten und den Piraten aber wahrscheinlich schon auf.
Dass Mängelmelder eine gute Sache sind, haben viele – der Kollege Bolte hat die Zahlen gerade genannt – nordrhein-westfälische Kommunen schon lange erkannt. Sie haben entweder mit einer App oder entsprechenden Onlinemasken Angebote geschaffen, und zwar mit viel Erfolg.
In Bochum können die Bürger sowohl per Homepage als auch per App Mängel melden. Seit dem Start im Jahr 2014 sind schon rund 3.500 Meldungen eingegangen. Aber auch in kleineren Gemeinden Nordrhein-Westfalens, wie etwa in Rommerskirchen, werden Mängelmelder-Apps angeboten. Das zeigt, dass von den Großstädten bis zu den kleinen Gemeinden bei uns im Land solche digitalen Instrumente schon lange genutzt werden.
Daraus wiederum ist der Schluss zu ziehen, dass es an dieser Stelle keiner zentralen Planung durch das Land bedarf. Ganz im Gegenteil! Die Vorteile einer dezentralen und eigenverantwortlichen Organisation durch die Kommunen liegen klar auf der Hand. Die Mängel werden direkt an die zuständige Abteilung gemeldet. Fehlerquellen lassen sich so schneller identifizieren, und das Angebot kann ganz individuell angepasst werden.
Muss denn wirklich jede Kommune in NordrheinWestfalen auf eine identische Mängelmelderplattform zurückgreifen? Oder kann es nicht für die eine oder andere Kommune auch sinnvoll sein, bestehende Onlineangebote – egal, ob über Internetseiten oder über Apps – noch um Mängelmelder zu ergänzen? Sollen sich die Bürgerinnen und Bürger vielleicht eine einzelne App für jeden Fachbereich – für die Abfallwirtschaft, die Kita-Öffnungszeiten, die Öff
nungszeiten der Bibliothek und dann noch den Mängelmelder – herunterladen? Könnte es nicht vielleicht sinnvoll sein – so würde zumindest ich als Kommunalpolitiker argumentieren –, das alles für die Bewohner einer Stadt zusammenzufassen?
Es braucht kein zentrales Angebot seitens des Landes. Über das Wie, das Wo, das Wann und das Was wissen die Kommunen – wie in ganz vielen anderen Bereichen – doch deutlich besser Bescheid als das Land und die Piratenfraktion des Landtags.
Anstatt die vielen Kommunen, die das heute schon gut einsetzen, für ihr Handeln zu loben, kommt in Ihrem Antrag sogar noch eine ganz pauschale Kritik vor – ich zitiere –:
„Bestehende kommerzielle Angebote verletzten den Datenschutz und werden von den Kommunen vielfach nicht akzeptiert.“
Das ist ja nun, ganz vorsichtig ausgedrückt, zu pauschal und in dieser Pauschalität, ehrlich gesagt, auch unredlich.
Viele Kommunen nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung schon heute und sind da auf einem guten Weg. Eine Lösung für alle müssen wir hier weder beschließen noch vorschreiben noch umsetzen. – Den Antrag lehnen wir ab.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass unseres Antrags und der Debatte am heutigen Tag sind
die Änderungen beim Unterhaltsvorschussgesetz, auf die sich die Regierungschefs der Länder und der Bund im Oktober geeinigt haben. Es geht um die Aufhebung der derzeit gültigen Altersgrenze von zwölf Jahren, und es geht um die Aufhebung der derzeit bestehenden Befristung auf 72 Monate.
Das sind für sich genommen begrüßenswerte Maßnahmen und gute Ziele – das will ich gleich zu Beginn ganz deutlich sagen. Man muss sich aber die Frage stellen, was das konkret für Nordrhein-Westfalen bedeutet. Nach aktuellen Berechnungen des Landkreistages Nordrhein-Westfalen geht dieser mindestens von einer Verdopplung der Fallzahlen aus, was bei vorsichtiger Betrachtung zu zusätzlichen Kosten der kommunalen Seite im dreistelligen Millionenbereich führt.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Gesetz geplant am 1. Januar 2017 in Kraft treten soll. Dazu erklärte für die Bundesregierung – in diesem Fall Bundesfamilienministerin Schwesig – gegenüber dpa am 24. November:
„Bundesfamilienministerin Schwesig hält noch in diesem Jahr eine Einigung über einen verbesserten Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende für möglich. Dazu müsse mit den Ländern und den Kommunen zügig weiter verhandelt werden …“.
Wenn es dazu käme, bliebe den Kommunen also nicht einmal ein Monat Zeit, um die Verwaltungen auf die Auswirkungen vorzubereiten.
Unterm Strich, liebe Kolleginnen und Kollegen, käme die Änderung in der aktuell geplanten Form nur einem Akteur zugute: dem Bund. Vor allem die Kommunen ziehen hier mal wieder den Kürzeren. Darum warnen wir auch vor dem administrativen Kollaps in den Kommunalverwaltungen.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus meinem Heimatkreis Coesfeld, wo der Landrat Dr. Schulze Pellengahr von einem mindestens doppelt so hohen Personalbedarf in diesem Bereich ausgeht. Er weist völlig zu Recht, wie ich meine, darauf hin, dass es wohl kaum gelingen wird, in so kurzer Zeit das Personal zu gewinnen, rechtzeitig einzuarbeiten und die räumlichen und technischen Voraussetzung zu schaffen. Er schreibt an die Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Coesfeld – ich zitiere –: Eine halbwegs bürgerfreundliche und rechtlich vertretbare Umsetzung so kurzfristiger und weitreichender Änderungen ist weder personell noch organisatorisch machbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den Kostenauswirkungen auf die Kommunen habe ich einiges gesagt – auch der Vorredner Kollege Nettelstroth hat darauf hingewiesen. Ich will noch einmal die Doppelbürokratie, die wir in diesem Bereich haben, erwähnen. Der Bundesrechnungshof hat sich damit ja auch schon näher auseinandergesetzt.
Wir meinen, dass das Land Nordrhein-Westfalen sich gegen die jetzigen Pläne stellen muss, dass es das schnellstmöglich tun muss, dass es um eine zeitliche Verschiebung der Maßnahmen gehen muss und die dadurch gewonnene Zeit genutzt werden muss, um neu über die Kostenverteilung zu sprechen und so dem Konnexitätsprinzip auch wirklich Geltung zu verschaffen. Es kann nicht sein, dass der Bund hier eine Maßnahme beschließt, die nach Berechnungen den Bundeshaushalt in Höhe von 690 Millionen € entlastet und die Länder um fast 800 Millionen € belastet. Ein großer Teil – Nordrhein-Westfalens steht dabei leider an der Spitze – der Kosten, die im Land anfallen, würden dann an die Kommunen weitergeleitet. Das lässt die vom Bund zugesagten 5 Milliarden € Entlastung für die Kommunen in einem ganz neuen Licht erscheinen. Man würde mal eben ein ordentliches Stück von diesem Kuchen von vornherein wieder herausziehen.
Wir bitten Sie darum ganz herzlich, unserem Antrag zuzustimmen, und bitten die Landesregierung, sich im Bundesrat und auf der Bundesebene dafür einzusetzen, dass diese Maßnahme, die inhaltlich zu begrüßen ist, nicht dazu führt, dass sich der Bund massiv selbst entlastet und die Länder und damit auch die Kommunen massiv belastet werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin Kampmann, hätten Sie mir bei meiner Rede wirklich zugehört, hätten Sie gewusst, dass ich für unsere Fraktion ausdrücklich die Ausweitung der Leistungen beim Unterhaltsvorschuss begrüßt habe. Uns das abzusprechen, weist entweder darauf hin, dass Sie nicht zugehört haben, oder es zeigt, dass Sie eine billige Ausrede suchen, um noch ein paar Punkte gegen die Opposition zu erzielen. Das ist mein erster Punkt.
Zweiter Punkt: Wenn Sie den Antrag richtig gelesen hätten, hätten Sie erkannt, dass wir die geplanten Änderungen des Unterhaltsvorschussgesetzes auch nicht komplett ablehnen. Im Antrag steht vielmehr, dass die Änderungen im Gesetz in der jetzigen Form abzulehnen sind, und zwar aus den eben schon genannten Gründen.
Sie sagen, Sie wollen etwas für die Familien tun. Da hätten Sie uns voll an Ihrer Seite. Das Problem ist: Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf, wie er in der Diskussion steht, hätten die Familien nicht einen Cent mehr in der Tasche, müssten sich aber um mindestens ein weiteres Formular kümmern. Es wäre also eigentlich nichts gewonnen.
Sie suchen einen Strohhalm, um nicht zustimmen zu müssen. Sie suchen einen Strohhalm, um weiter ein bisschen gegen die Opposition zu wettern. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, aber mein Vertrauen in die weiteren Verhandlungen und in die Ministerpräsidentenkonferenz ist allerdings – das werden Sie sicherlich verstehen – gering; denn die Tatsache, dass wir überhaupt darüber diskutieren, dass wir überhaupt in der jetzigen Situation sind, dass sich der Bund mal eben um 700 Millionen € entlastet und die Kommunen mit 800 Millionen € belastet werden, ohne dass Familien einen Cent mehr in der Tasche haben, ist das Ergebnis einer solchen Ministerpräsidentenkonferenz.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Körfges, vielleicht haben Sie im Nachgang zur Debatte ja noch Zeit, zumindest einen oder zwei dieser ach so martialischen Ausbrüche des Kollegen Lürbke an uns weiterzuleiten. Möglicherweise haben wir auch unterschiedliche Reden hier gehört. Oder Sie müssen das nächste Mal Ihre Rede anpassen und dürfen nicht einfach auf das eingehen, womit dem Sie im Vorfeld gerechnet hatten.
Herr Kollege Körfges, ein berühmter Genosse aus Ihren Reihen hat einmal gesagt:
„Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“
Das war Gustav Heinemann. Dieses Zitat passt, wie ich finde, sehr gut als Resümee der Debatten zum Gemeindefinanzierungsgesetz hier in den letzten Jahren, sowohl im Plenum als auch im Ausschuss.
Verglichen mit den Vorjahren gibt es im Gemeindefinanzierungsgesetz keine wesentlichen Veränderungen und damit auch keine essenziellen Verbesserungen für die Kommunen innerhalb der Verteilsystematik. Es bleibt dabei: Es wird an einer zu kurzen Finanzdecke nach rechts und links, nach vorne und hinten gezerrt.
Die kritischen Punkte haben wir Ihnen im Ausschuss auch genannt. Ich werde einige wenige Punkte hier aufführen. Wir sehen zum Beispiel weiterhin, dass die Einwohnerveredelung zu pauschal vorgenommen wird. Wir sehen es weiterhin kritisch, dass wir einheitliche fiktive Hebesätze ansetzen. Wir sehen es auch kritisch, dass wir die Mehrkosten für Kommunen infolge des demografischen Wandels nirgendwo abbilden.
Das Ganze wurde von Herrn Dr. Zentara vom Landkreistag in der Anhörung zum GFG ganz gut zusammengefasst, der da sagte – ich zitiere –:
„2017 ist ja die Reproduktion von 2016.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Körfges hat gerade das hohe Gesamtvolumen des GFG wieder einmal gelobt. Grundsätzlich freuen wir uns darüber auch. Wir sind auch weiterhin der Meinung, dass der Stärkungspakt Stadtfinanzen ein Schritt in die richtige Richtung war.
Mit Blick auf die finanzielle Realität bei den Kommunen muss man aber auch wissen, dass dieser Schritt nicht ausgereicht hat. Weitere Schritte in diese Richtung müssen folgen.
Die Kommunalverschuldung in Nordrhein-Westfalen ist auf Rekordniveau. Sie beträgt fast 62 Milliarden € – davon 26 Milliarden € Kassenkredite. Diese sind seit der Regierungsübernahme durch Rot-Grün um über 30 % angestiegen. Sie wissen, dass gerade bei den Kassenkrediten das Risiko für die Kommunen, was Zinsänderungen angeht, besonders groß ist. Da heißt es: Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Meine Damen und Herren, wenn man sich die Situation noch einmal genau anschaut, sieht man ein weiteres Risiko bzw. ein weiteres Beispiel, das das ganz gut deutlich macht. Finanzwissenschaftler beziffern die Zinsersparnisse der Kommunen durch die Niedrigzinsphase auf rund 1,7 Milliarden € im Jahr 2014 im Vergleich zu den Zinsausgaben im Jahr 2000. Das entspricht ziemlich genau den letzten kommunalen Finanzierungsüberschüssen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Bei einer Normalisierung der Zinslage sind diese Überschüsse bei den Kommunen schneller wieder weg, als sie gekommen sind.
In Bezug auf die Kassenkredite besorgt uns insbesondere – hier darf ich auf die Antwort auf unsere Kleine Anfrage Drucksache 16/12499 verweisen –, dass die Landesregierung dort noch nicht einmal einen erhöhten Handlungsbedarf sieht.
Wir bleiben dabei: Wir würden uns eine umfassende mutige Analyse des Gemeindefinanzierungsgesetzes wünschen – keine Minimalkorrekturen, kein Herumzerren an der viel zu kurzen Finanzdecke. Wir würden uns weitere Schritte in die Richtung wünschen, in die wir beim Stärkungspakt Stadtfinanzen gemeinsam gegangen sind. Das sehen wir an dieser Stelle nicht. Das GFG lehnen wir darum ab.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Georg Wilhelm Exler hat gesagt:
„Wer Verantwortung übernimmt, muss Antworten geben wollen.“
Viele Antworten sind Sie uns auch in diesem Jahr schuldig geblieben. Das gilt insbesondere für die Landesregierung und bei diesem Einzelplan für Minister Remmel. Herr Remmel, Sie rühmen sich in der Einführung zum Erläuterungsband zum Einzelplan 10 des Haushalts damit, dass Ihr Einzelplan wieder einmal weitgehend von Kürzungen verschont wurde, dass teilweise sogar aufgestockt wurde. Das heißt, schon in dem Vorwort beschreiben Sie und legen Sie schwarz auf weiß fest, dass Sie von einer Konsolidierung meilenweit entfernt sind. Die Gesamtausgaben in Ihrem Bereich erhöhen sich im Vergleich zum Vorjahr um 7 %. Gleichzeitig rechnen Sie mit Mindereinnahmen von 1 %. In absoluten Zahlen bedeutet das, der Zuschussbedarf steigt um 75 Millionen €. Ich sage Ihnen: Diese finanzpolitische Geisterfahrt passt nicht zu einem Leitbild von nachhaltiger Entwicklung für dieses Land.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ginge auch anders. Da ginge es noch nicht einmal darum, in diesem Haushalt bis auf den letzten Millimeter alles komplett auf Kante zu nähen. Aber vielleicht kämen Sie einmal ein bisschen näher an diese Kante dran. Sie stocken wieder einmal Ansätze auf, bei denen die Mittel aufgrund des geringeren Bedarfs in den letzten Jahren nie voll ausgeschöpft wurden. Hier wären Einsparungen auf ganz einfachen Wegen festzuschreiben.
Beim Titel „Anpassung an den Klimawandel“ zum Beispiel setzen Sie in 2016 400.000 € ein. Im Vorjahr wirklich gebraucht haben Sie 118.000 €. Statt Soll und Ist ein bisschen aneinander anzugleichen, erhöhen Sie den Ansatz für 2017 auf 515.000 €. Dieser Titel ist dann gegenseitig deckungsfähig mit vier anderen Titeln; diese wahrscheinlich wiederum auch mit anderen Titeln. Da muss man sich schon fragen: Wofür und wie sollen diese Gelder am Ende eigentlich wirklich verwendet werden?
Herr Minister, auch in diesem Jahr zeigt der Haushalt, insbesondere in Ihrem Fachbereich, dass Sie die Pflichtaufgaben vor lauter politischer Kür vergessen. Dazu drei Beispiele.
Sie geben zum Beispiel in der jüngsten Antwort auf die Kleine Anfrage in der Drucksache 16/13617 an, dass das Landesbüro der anerkannten Tierschutzverbände von 2016 auf 2017 mit einer Steigerung der Zuschüsse um 40.000 € rechnen kann, einer Steigerung um 133 %. Gleichzeitig verbleibt der Ansatz für den Vertragsnaturschutz auf dem niedrigen Niveau, auf dem er immer war, nämlich bei dem Betrag, den Sie an anderen Stellen als Steigerung hineingeben. 40.000 € stehen dafür zur Verfügung. Bei steigenden Flächenpreisen führt das ganz konkret zu weniger Naturschutz, zu weniger Ausgleichszahlungen für
den Vertragsnaturschutz. Wir meinen, das ist eine Frage der Prioritätensetzung. Machen Sie doch erst einmal die Pflicht, bevor Sie zur vermeintlichen Kür kommen!
Der zweite Punkt: das LANUV. Seit fast sieben Jahren tragen Sie die Verantwortung für das Landesamt. Wie ich eingangs schon sagte: Wer Verantwortung trägt, der muss auch Antworten geben wollen. Die „Westfälischen Nachrichten“ schrieben am 23. November – ich zitiere –:
„Zu viele Aufgaben, viel zu wenige Mitarbeiter und als Folge Berge unerledigter Verfahren.“
Viele offene Stellen wurden und werden im LANUV von Ihnen noch nicht einmal besetzt, Stellen, die 2013/2014 zur Verfügung gestellt wurden, wurden zum Teil erst 2016 besetzt. Obwohl die Situation an dieser Stelle so ernst ist, haben Sie immer weiter Aufgaben auf das LANUV übertragen, weil Sie zu einer auch nur kleinen Aufgabenkritik nicht bereit sind.
Sie haben das Widerspruchsverfahren übertragen. Sie haben die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken auf das LANUV übertragen, und Sie binden damit erhebliche personelle und finanzielle Mittel beim Landesamt. Statt wie beim Widerspruchsverfahren, wie es Ihr Ziel war, zu einer höheren Rechtssicherheit zu kommen, liegt die Zeit für die Bearbeitung bei diesen Verfahren bei über einem halben Jahr. Die Zahl der nicht erledigten, noch offenen Verfahren ist im dritten Quartal 2016 auf einen absoluten Rekordwert von über 200 Verfahren angestiegen.
Das Ganze wird umso schlimmer, wenn man überlegt, mit welchen Begründungen Sie das LANUV in den letzten Jahren ständig mit neuen Aufgaben beglückt haben. Immer haben Sie gesagt: Wir müssen das an uns nehmen, weil die Kommunen ihren Aufgaben nicht nachkommen. – Bei den vielen offenen Verfahren und den ganzen Baustellen, die Sie im LANUV haben, können wir nur sagen: Dieser Vorwurf an die Kommunen war nicht nur aus der Luft gegriffen, sondern Sie haben sich damit auch absolut lächerlich gemacht!
Drittens. Das Integrierte Datenverarbeitungssystem Verbraucherschutz – kurz IDV – soll seit drei Jahren einsatzfähig sein. Wie ist da eigentlich der aktuelle Stand? In der Organisationsuntersuchung, die Sie bei PwC beauftragt haben, ist Ihnen das ja auch noch mal ins Stammbuch geschrieben worden.
Herr Minister, allein an diesen drei Punkten zeigt sich schon, dass Sie sich auf vielen Spielwiesen herumtreiben, dass aber wesentliche Kernaufgaben und Pflichtaufgaben in Ihrem Bereich dabei hintenüberfallen. Inhaltlich haben Sie mit dem Jagdgesetz, dem Wassergesetz und dem Naturschutzgesetz extrem
viel Vertrauen verspielt. Wahrscheinlich war die Bereitschaft für freiwilligen Naturschutz und entsprechende Kooperationen in Nordrhein-Westfalen noch nie so niedrig wie jetzt – eine verheerende Situation!
Organisatorisch haben Sie, insbesondere mit Blick auf das LANUV, total versagt. Sie bräuchten ganz dringend eine Konzentration auf das Wesentliche. Sie müssten die Pflicht erledigen, bevor es zur Kür kommt. In diesem Haushalt ist das nicht abzusehen. Wir lehnen ihn deshalb ab.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich möchte noch zwei Punkte ansprechen:
Erstens. In der letzten Ausschusssitzung habe ich Ihnen schon Folgendes gesagt: In der Freude darüber, dass der Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft so stark zurückgegangen ist, bin ich ganz bei Ihnen, wenngleich ich hier auch sehr
deutlich sagen möchte, dass es zumindest verwunderlich ist, wie sehr Sie sich den Erfolg der Datenbank und des damit verbundenen Benchmarks selber zuschreiben, nachdem Sie die Datenbank eigentlich nie wollten, sondern lieber feste Ziele vorgeschrieben hätten – mit all den negativen Folgen, die wir damals diskutiert haben.
Zweitens. Gerade haben Sie gesagt, es läge alles mal wieder an der Vorgängerregierung, was das LANUV und seine personelle Ausstattung angeht.
Ja, da sagt Herr Rüße, das stimmt natürlich. – Wenn einem sonst nichts einfällt, muss man eben so weit in die Vergangenheit blicken.
Ich gebe Ihnen nur ein Gegenbeispiel, das ich Ihnen gerne im Detail heraussuche: Bei der Wiedereinführung der Widerspruchsverfahren haben Sie in einem schriftlichen Bericht für den Ausschuss oder in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage selber dargelegt, damit gerechnet zu haben, dass für dieses Widerspruchsverfahren sieben Stellen benötigt würden.
Einen Satz später haben Sie geschrieben: Wir haben aber nur 2,5 oder 3,5 Stellen erhalten. Mehr waren aufgrund der haushaltstechnischen Prioritätensetzung innerhalb der Landesregierung nicht zu bekommen.
Unabhängig davon, dass wir uns weiterhin gegen die Einführung des Widerspruchsverfahrens stellen, widerlegt die Tatsache, dass Sie hier sagen, es läge alles an der Vorgängerregierung, uns aber selber schriftlich bestätigt haben, sehenden Auges auf drei bis vier Stellen zu verzichten, Ihre gesamte Argumentation. Das Problem ist hausgemacht, und zwar zu Ihrer Zeit!
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der grundsätzlichen Befristung von Rechtsvorschriften wurde ein gutes Instrument geschaffen, um Gesetze regelmäßig und systematisch auf ihre Wirkung und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Was sich heute bewährt hat, das muss sich nicht auf ewig bewähren. Darum teilen wir die Prämisse der SPD und der Grünen an dieser Stelle trotz der fortgeschrittenen Zeit nicht.
Ich verweise des Weiteren auf unsere Protokollerklärung zu einem ähnlichen Gesetzentwurf im Plenarprotokoll 16/10 vom 23. Oktober 2012. Unsere dort beschriebene Haltung bleibt unverändert. Wir lehnen den Gesetzentwurf darum ab.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Ausschuss habe ich es bereits gesagt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Das geht in die Richtung des Kollegen Nettekoven und der aufgeworfenen Frage: Sollen wir demnächst anfangen, alles aufzuschreiben, was möglich ist, oder sollen wir uns auf die Rahmenbedingungen und auf die Dinge konzentrieren, die nicht möglich sind?
Das Streaming von Ratssitzungen in den Kommunalparlamenten wurde ausführlich diskutiert: in der Ehrenamtskommission, im Ausschuss und auch hier im Plenum. Nach der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 23. Oktober 2016 nutzen bereits sieben von 28 Großstädten in Nordrhein-Westfalen das Streaming. Das ist der Gegenbeweis für die Notwendigkeit Ihres Gesetzentwurfs. Was Sie hier fordern, läuft bereits. Vorreiter war laut „WAZ“ die Stadt Bonn, übrigens schon 2009. Im nächsten Jahr soll auch die Stadt Leverkusen folgen. Es passiert also etwas in diesem Bereich.
Aber – und das ist ein weiterer Grund dafür, warum wir uns Ihrem Gesetzentwurf nicht anschließen werden – Persönlichkeitsrechte sind für uns von herausragender Bedeutung, und es ist eben ein Unterschied, ob ich Berufspolitiker bin, ob ich Mitglied eines gesetzgebenden Parlamentes – des Landtages oder des Bundestages – bin, oder ob ich ehrenamtlich Mitglied in einem Kommunalparlament und somit Teil der kommunalen Selbstverwaltung bin. Auf diesen Aspekt ist auch in der Sachverständigenanhörung im März des vergangenen Jahres hinreichend hingewiesen worden.
Es scheitert also nicht an den rechtlichen Möglichkeiten, wie Sie hier suggerieren, sondern es scheitert, wenn überhaupt, am politischen Willen vor Ort. Dieser politische Wille ist Teil der kommunalen Selbstverwaltung, die wir eigentlich alle im Hause hoch schätzen. Wir zumindest tun das. Darum setzen wir darauf, dass die Kommunen vor Ort für sich schon die richtige Entscheidung treffen werden. Aus diesem Grund brauchen wir diesen Gesetzentwurf nicht und lehnen ihn ab.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung – der Titel des Gesetzes ist schon etwas irreführend, muss ich sagen; denn der Titel suggeriert, dass hier für die Kommunen, für die Kommunalpolitiker etwas durchweg Gutes getan werden soll. Wir müssen aber feststellen, dass das leider nicht der Fall ist.