Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

Frau Ministerin Löhrmann, Sie werden jetzt gleich Zahlenreihen von sich geben, wie viele Stellen man für die Grundschulen angeblich bereitgestellt hat. Sie werden sagen, dass Grundschulen schließlich eine Bedarfsdeckung von deutlich über 100 % haben. Sie teilen in den Jahresauftaktpressekonferenzen immer mit, dass nur wenige Hundert Stellen angeblich nicht besetzt seien. Aber laut VBE erklären 38 % der Grundschulen, sie hätten nicht einmal die Lehrkräfte, die ihnen rein rechnerisch zustehen würden.

Jetzt frage ich Sie: Sagen diese Schulen hier in Nordrhein-Westfalen alle die Unwahrheit? – Die Einschätzung der Schulen deckt sich nämlich mit den Erfahrungen, die wir im Rahmen verschiedener Anfragen gemacht haben. Die Landesregierung antwortet dann, dort seien die und die Lehrkräfte inzwischen angekommen. Fragt man bei den Schulen nach, erhält man genau die gegenteilige Antwort.

Frau Ministerin Löhrmann, ich möchte Ihnen noch eines auf den Weg mitgeben: Stellen alleine geben keinen Unterricht. Es gehören auch immer die Köpfe dazu.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Herr Laschet hat das Thema Unterrichtsausfall schon angesprochen. Auch die FDP-Fraktion erwartet hier, dass Sie endlich eine transparente Erfassung durchführen. Dann werden wir sehen, ob es tatsächlich nur diese sagenhaften 1,2 % Unterrichtsausfall gibt, die Sie uns immer weismachen wollen.

Die Grundschule ist eine entscheidende Weiche für das zukünftige Leben unserer Kinder. Diese Herausforderungen, die ich gerade genannt habe, kann keine noch so eingängige Wohlfühlrhetorik von Ihnen, Frau Ministerpräsidentin Kraft, und von Ihnen, Frau Ministerin Löhrmann, kaschieren. Ich fordere Sie auf: Werden Sie endlich Ihren eigenen Ansprüchen gerecht, anstatt die Schulen mit leeren Phrasen abzuspeisen.

Die Redezeit.

Füllen Sie Ihre wohlgemeinte Aussage „Kein Kind zurücklassen“, und geben Sie den Grundschulen die Unterstützung, die sie verdient haben! – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebauer. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Hendricks.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich habe mich heute Morgen schon ein wenig gewundert, weil ich das Gefühl habe, dass der Wahlkampf gleich zweifach in den Landtag eingezogen ist. Auf der einen Seite wirft der Landtagswahlkampf 2017 seinen Schatten. Wir haben aber gleichzeitig mit den Anträgen der Oppositionsfraktionen auch dem VBE eine Bühne gegeben und den Personalratswahlkampf auch im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ja, das ist so. – Meine Damen und Herren, wir haben 2012 gemeinsam mit der CDU …

(Armin Laschet [CDU]: Alles toll im Land! Alles wunderbar im Land! Nur Wahlkampf! – Wei- tere Zurufe)

Herr Laschet, 2012 haben wir gemeinsam mit der CDU als Ergebnis des Schulkonsenses ein Konzept zur Sicherung der wohnortnahen und kleinen Grundschulen auf den Weg gebracht. Damals war die Ausgangslage, dass die Zahl der Grundschülerinnen und Grundschüler um 140.000 gesunken waren. Das entsprach 17,6 %. Die Ressourcen, die aufgrund zurückgehender Schülerzahlen frei wurden, haben wir zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im System belassen; denn die regierungstragenden Fraktionen sind – da sind wir uns, glaube ich, einig – der Auffassung, dass die Grundschulen von zentraler Bedeutung für alle Kinder sind.

Mit dem Konzept „Kurze Beine – kurze Wege“ haben wir erreicht, dass viele wohnortnahe und kleine Grundschulstandorte erhalten geblieben sind. Teilstandorte wurden ermöglicht und personell besser ausgestattet. Allein dafür haben wir 1.700 Stellen dauerhaft im System belassen.

Mit der Einführung des kommunalen Klassenfrequenzrichtwertes – Herr Marsching hat das eben schon einmal angesprochen –, den wir übrigens auch gemeinsam mit der CDU verabredet haben, haben wir erreicht, dass sich die regionalen Unterschiede bei der Klassenbildung in der Grundschule verbessert haben.

(Armin Laschet [CDU]: Alles toll!)

Meine Damen und Herren, um dieses umzusetzen, haben wir die Schüler-Lehrer-Relation von 1:23,4 auf 1:21,5 gesenkt. Meine Damen und Herren, damit ist die durchschnittliche Klassengröße im Schuljahr 2015/2016 nach amtlichen Schuldaten 23,2 – und nicht etwa 24,3, wie es der VBE angibt. Ich weiß, dass Sie Zahlen nicht so gerne haben; aber Zahlen sagen natürlich auch schon ein Stück weit die Wahrheit.

Eine mögliche Erklärung für diese Abweichung liegt natürlich in der mangelnden Repräsentanz der Umfrage des VBE, der eben nicht alle Schulen erfasst hat, sondern nur 44,5 % der Schulen.

(Zurufe von der CDU und den PIRATEN – Mi- chele Marsching [PIRATEN]: Die haben die Falschen gefragt!)

55,5 % der Schulen haben an der Umfrage nicht teilgenommen. Vielleicht liegt es nahe, dass eher Schulen mit weniger günstigen Bedingungen daran teilgenommen haben als solche, die zufrieden sind.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Wir reden uns die Welt schön! – Armin Laschet [CDU]: Alles schön!)

Richtig ist, dass Durchschnittszahlen …

(Zuruf von Armin Laschet [CDU] – Michele Marsching [PIRATEN]: Sie wissen selber nicht mehr, was Sie sagen sollen! – Weitere Zurufe von der CDU und den PIRATEN – Unruhe – Glocke)

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen zugehört. Vielleicht sind Sie so freundlich und hören auch uns zu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Durchschnittszahlen sagen nichts über die Situation in der Einzelschule aus. Das behaupten wir auch gar nicht. Diese kann nämlich deutlich anders sein als das, was sich sozusagen über die Durchschnittszahlen im Land abbildet.

Aber, meine Damen und Herren, das Bild, das eben auch Frau Gebauer gezeichnet hat, dass es völlig katastrophal ist, was in den Schulen von NordrheinWestfalen abgeht, ist doch einfach Unsinn!

(Lachen von der FDP)

Die Lehrerversorgung an den Schulen ist heute besser, als sie zu Ihren Zeiten – schwarz-gelb – gewesen ist!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nicht nur, dass wir 9.200 Stellen, die aufgrund demografischer Effekte zustande kamen, im System belassen haben, nein, wir haben auch sukzessive die Rahmenbedingungen – und zwar für die Grundschule und für die Sekundarstufe I – verbessert. Die haben wir übrigens mit Ihnen, Herr Laschet, verabredet. Ich finde auch gut, dass wir das im Schulkonsens gemeinsam verabredet haben. Aber dann stehen Sie auch dazu, dass wir gemeinsam einen Fahrplan miteinander verabredet haben!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Ar- min Laschet [CDU]: Nein, das haben wir nicht verabredet!)

Frau Gebauer, es ist ganz einfach, sich hier hinzustellen und zu sagen, dass wir Sozialpädagogen brauchen. Sie wissen aber doch auch, dass Sozialpädagogen teilweise gar nicht mehr ausreichend ausgebildet sind. Wir können sie ja gar nicht mehr einstellen.

(Armin Laschet [CDU]: Dann muss man die In- klusion langsamer machen!)

Wir haben die OGS-Plätze erweitert! Wir haben die Budgets für die OGS angepasst! Auch hier wieder haben wir die Bedingungen für die Grundschule deutlich verbessert. Nicht Sie haben das getan, denn

Sie haben in fünf Jahren Regierungszeit für die OGS überhaupt nichts getan!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die aktuelle Studie des IW Köln – das ja vielleicht der CDU oder auch der FDP näher steht als der SPD – kommt gerade – nach alten Bildungsstudien und neuen Berechnungen – zu der Feststellung, dass sich seit dem Schock der ersten PISA-Erhebung 2002 wichtige gerechtigkeitsrelevante Aspekte beim Zugang von Bildung auch in Nordrhein-Westfalen verbessert haben. Das ist auf unsere Maßnahmen zurückzuführen!

(Armin Laschet [CDU]: Es wird alles schlim- mer und schlimmer!)

Diese Studie kommt aber auch zu dem Ergebnis, dass das durchschnittliche Kompetenzniveau der Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen – und überhaupt bundesweit – gestiegen ist und dass diese Entwicklung auch von der OECD so dargestellt wird.

Meine Damen und Herren von der CDU, ich finde es bedauerlich, dass Sie sich heute Morgen hier hinstellen und einen unterirdischen Antrag, der leider keine Fakten bemüht, mitgezeichnet haben. Das ist purer Wahlkampf. Aber noch schlimmer finde ich, dass Sie, Herr Laschet, heute Morgen einen Strauß an Forderungen aufgemacht und versucht haben, die Tränendrüsen zu bedienen, aber gleichzeitig geht Herr Optendrenk hin und sagt heute Morgen im WDR: Wir wollen keine Schulden mehr, wir wollen keinen Nachtrag, das alles ist falsch! – Gleich anschließend wird ja der Nachtrag eingebracht.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Habe ich schon gesagt: Nächstes Thema!)

Was wollen Sie denn eigentlich mehr? Bessere Situationen oder sozusagen keine Schulden?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in den Schulen von Nordrhein-Westfalen – das haben heute Morgen meine Vorredner auch schon gesagt – sitzen in der Zwischenzeit ca. 50.000 Schülerinnen und Schüler mehr. Das ist der Flüchtlingssituation geschuldet. Aber, meine Damen und Herren, haben Sie in den Jahren 2015/16 Anträge gebracht? Waren Sie Hellseher? Wussten Sie, wie die Situation in diesem Schuljahr und im kommenden aussehen wird?

(Michele Marsching [PIRATEN]: Ja, haben wir!)

Sie haben keine konkreten Anträge auf zusätzliche Stellen für Lehrer für die Flüchtlingskinder gebracht. Sie wussten nämlich auch wie wir nicht, wie sich die Schülersituation in Nordrhein-Westfalen entwickeln wird. Und sich dann heute Morgen hier hinzustellen und zu sagen, das ist alles ganz furchtbar?

Ja, wir haben Stellen geschaffen.

Die Redezeit.