Meine Damen und Herren, wir bestreiten nicht, dass die rot-grüne Landesregierung damit die Wichtigkeit der Wasserstraßen und Häfen unseres Landes erkannt hat. Die Landesregierung ist sich der herausragenden Bedeutung der nordrhein-westfälischen Wasserstraßen, Häfen, Schifffahrt und Logistik für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Landes durchaus bewusst. Diese Haltung teilen wir.
Wir kritisieren gleichwohl, dass die Fortschreibung des Wasserstraßen- und Hafenkonzepts NordrheinWestfalen so lange gedauert hat. Das Wasserstraßenverkehrs- und Hafenkonzept Nordrhein-Westfalen von 2004 wurde bereits im Jahr 2008 von der damaligen CDU-geführten Landesregierung fortgeschrieben. Das war nach nur drei Jahren Amtszeit. Die rot-grüne Landesregierung hat dazu sechs Jahre benötigt.
Das vorliegende Konzept ist eine vom Grundsatz her ordentliche Basis, und wir sind gerne bereit, an der Umsetzung mitzuarbeiten.
Da kommen wir allerdings schon zu einem äußerst wichtigen Punkt des Wasserstraßenkonzepts: Jedes Konzept, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nur so gut wie seine Umsetzung, und es wird sich zeigen, ob sich da in absehbarerer Zeit wirklich etwas tut.
Die rot-grüne Landesregierung will mehr Güter von Schiene und Straße auf das Wasser bringen und sieht auf dem Rhein dafür großes Potenzial. Der Rhein bildet die zentrale Verkehrs- und Logistikachse für viele Regionen in Europa, Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Von der niederländischen
Grenze bis Duisburg ist die Fahrrinne des Rheins bereits 2,80 m tief. Der Ausbau des 47 km langen Flussabschnitts zwischen Duisburg und Bonn ist mit 201 Millionen € im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 enthalten. Geplant ist, die Fahrrinne von derzeit 2,50 m auf bis 2,80 m zu vertiefen und überall 150 m Breite sicherzustellen.
Das begrüßen wir sehr; denn wir wollen bei allen Verkehrsträgern die Voraussetzungen für den Ausbau vorantreiben, auch bei den Wasserstraßen. Dazu gehört auch die Rheinvertiefung. Daher wollen wir heute ein klares Bekenntnis der Landesregierung auch zur Rheinvertiefung. Wir erwarten dazu heute auch ein klares Bekenntnis der Koalitionsfraktionen und kein „Ja, aber“.
Meine Damen und Herren, der Entwurf des Bundesverkehrswegeplans sowie die Zusage, dass alle Projekte im vordringlichen Bedarf finanziert werden, liegen bereits seit März 2016 vor. Wenn die rot-grüne Landesregierung es ernst meint, mehr Güter von der Straße auf das Wasser zu bekommen, dann muss die Rheinvertiefung jetzt zügig umgesetzt werden. Daher muss sich die Landesregierung auch gegen Widerstände durchsetzen, die sich bereits jetzt bei Umweltverbänden regen und das Ziel haben, die Rheinvertiefung zu verhindern.
Der Bund ist Träger der größten Wasserstraßen in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen. Wasserstraßen sind daher auch eine Angelegenheit des Bundes. Die nordrhein-westfälische Landesregierung muss deswegen eine enge Tuchfühlung mit dem Bund halten, wenn sie eine große Wertschöpfung entlang unserer Wasserstraßen generieren will; denn die Wasserstraßen sind ein wichtiger Baustein für die Lösung unserer Verkehrsprobleme.
Daran muss die rot-grüne Landesregierung jetzt Hand in Hand mit dem Bund arbeiten, Herr Minister. Beide müssen ihre Hausaufgaben machen.
Auch die Intermodalität, also die bessere Vernetzung der Verkehrsträger, muss endlich von der rot-grünen Landesregierung angegangen werden. Was nützt die beste Wasserstraße, wenn die letzten Meter zum An- und Abtransport über die Straße nicht in Ordnung sind? Was nützt der beste Hafen, wenn er mit dem Lkw nur schwer erreichbar ist? Das heißt: Alle Verkehrsträger müssen ineinandergreifen und dürfen nicht weiter gegeneinander ausgespielt werden.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat schließen – das wurde ja schon erwartet, Herr Kollege Klocke –, und zwar von Detthold Aden, einem sehr versierten Logistikexperten:
„Was nützen die besten Konzepte und clevere Logistik, wenn die Lastkraftwagen in Staus steckenbleiben?“
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja schon einmal gut, lieber Herr Voussem, dass Sie heute auch in der Gegend geblieben sind und nicht, wie das sonst bei CDU-Reden immer der Fall ist, den Mond und die Reise zum Mond bemüht haben. Der Minister hat uns jedenfalls eine Weltreise vorgemacht. Das ist doch etwas nahe liegender. Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle noch einmal sehr bedanken.
Wir haben heute ja auch die Situation, dass die Opposition deutlich Respekt für dieses Konzept gezollt hat, Herr Voussem. Das hat es auch nicht so oft gegeben. Es zeigt also, dass hier ein großer Konsens besteht.
Das liegt daran, dass dieser Minister als Motor die Potenziale nicht nur in seiner eigenen Bürokratie geweckt hat, sondern darüber hinaus mit den vielen Fachleuten aus ganz Deutschland dazu beigetragen hat, dass dieses Konzept erarbeitet werden konnte. Er bringt nicht nur im Alltag Vorschläge voran, sondern auch konzeptionell. Das hat er eben auf eindrucksvolle Weise noch einmal bewiesen. Insofern ein herzliches Dankeschön! Das ist eine gute Basis für die Fortentwicklung des Logistikstandorts Nordrhein-Westfalen. Hier liegt ein sehr gutes Konzept vor, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wenn alle Experten dieses Konzept loben, dann ist es umso wichtiger, dass wir uns Schritt für Schritt daranmachen, dieses Konzept zum Wohle der Menschen in unserem Land auch umzusetzen.
Der Minister hat viele Aspekte angesprochen. Ich will die ganzen Zahlen nicht alle einzeln wiederholen. Aber Fakt ist natürlich, dass die Binnenschifffahrt in unserem Land letztlich ein schlafender Riese ist und an vielen Stellen noch viel mehr genutzt werden kann. Sie hat enorme Entwicklungspotenziale.
Einige Zahlen wurden genannt. Aber die 720 km Binnenwasserstraßen, die wir in unserem Land haben, sind dazu geeignet, viel mehr Güter zu transportieren – und damit nicht nur für den Transport der Güter
zu sorgen, sondern auch dafür, dass Menschen beschäftigt werden, die sich um den Transport dieser Güter kümmern.
Der Minister hat bereits darauf hingewiesen, dass allein 317.000 Menschen in der Logistikbranche beschäftigt sind. Rechnet man aber diejenigen in Industrie und Handel dazu, die sich ebenfalls alle um die Logistik kümmern, dann sind wir bei einem Beschäftigungsvolumen von weit über 650.000 Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, der, wie wir wissen, enorme Wachstumschancen bietet.
Nicht nur McKinsey, sondern auch viele andere weisen darauf hin, dass wir hier Arbeit schaffen können, und zwar Arbeit und Beschäftigung nicht nur im Bereich der Fahrer, der Lokomotivführer oder der Schiffskapitäne, sondern gerade auch in dem Bereich, in dem es viele Menschen sehr schwer haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt Jobs zu finden. Hier können wir mit vernünftigen Qualifizierungsprogrammen Menschen eine Perspektive geben – gerade auch den Menschen, die zugewandert sind – und gleichzeitig mit Blick auf die Vernetzung und Verknüpfung der Logistik auch Arbeitsplätze für Hochqualifizierte anbieten. Dies alles bietet also im gesamten Spektrum eine riesige Chance für unser Land.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wichtig ist dabei, dass wir, wenn wir über Logistik sprechen, auch über Wohlstand sprechen müssen. Wir müssen darüber sprechen, dass die Menschen in unserem Land es genießen, einfach von der Couch zu Hause aus im Internet Produkte in der ganzen Welt zu bestellen, und sich darüber freuen, diese Produkte als Expressgut auch innerhalb von 24 Stunden nach Hause geliefert bekommen zu können. Wir müssen davon sprechen, dass die Menschen Produkte aus der ganzen Welt genießen können, was unseren Wohlstand mit begründet und gleichzeitig eine Lebensqualität in Nordrhein-Westfalen sichert.
Das heißt, dass NRW und seine Menschen doppelt profitieren: zum einen vom internationalen Handel und zum anderen davon, dass man die Produkte nutzen kann. Wir profitieren von an dieser Stelle unserer zentralen Lage, weil wir als Drehscheibe für die Welt in der Lage sind, die Produkte von Amerika auf der einen Seite bis nach Asien auf der anderen Seite umzuschlagen, wie es der Minister mit seinen Geografiekenntnissen hier eben noch einmal eindrucksvoll dargestellt hat.
Es ist wichtig, dass wir uns darüber bewusst werden, weil wir natürlich viele Schwierigkeiten im Bereich der Logistik haben, die auch offen benannt werden müssen. So haben wir das Problem, dass viele zwar den Wohlstand und die Lebensqualität gerne nutzen, aber die mit der Logistik und der Infrastruktur verbundene Last von sich weisen. Selbstverständlich sind
die über 6.500 km Bahnschienen, die 2.200 km Autobahnen, die 4.900 km Bundesstraßen, die fast 13.000 km Landstraßen und die 10.000 km Kreisstraßen, die Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn sowie die vielen Regionalflughäfen und die 720 km Wasserstraßen mit ihren Häfen nicht nur angenehm. Sie verursachen Lärm; sie verursachen Verschmutzung; sie schränken auch Lebensqualität ein. Das wissen wir.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir alle miteinander in einem parteiübergreifenden Konsens den Menschen immer wieder deutlich machen: Diese Infrastruktur ist Voraussetzung dafür, dass es uns allen gut geht. Sie ist Voraussetzung dafür, dass Menschen hier Arbeit finden. Sie ist Voraussetzung dafür, dass wir Wohlstand generieren. Sie ist Voraussetzung dafür, dass wir am Ende eine Lebensqualität genießen, um die uns die meisten Menschen dieser Welt beneiden.
Deshalb ist es an solchen Tagen überaus wichtig, dies hier auch offensiv zu vertreten und zu sagen: Ja, es ist mit Belastungen verbunden; aber wir stehen dahinter, weil es unseren Wohlstand sichert.
Aus diesem Grund möchte ich – neben der Akzeptanz – noch einmal auf die wichtigen Herausforderungen eingehen, die vor uns liegen. Neben dem Bekenntnis zur Infrastruktur müssen wir die Infrastruktur auch sanieren und dort ausbauen, wo es nötig ist.
Da sind im Bundesverkehrswegeplan – das hat der Kollege Voussem auch angesprochen – die entscheidenden Weichen gestellt, sowohl was die Straßen als auch die Wasserstraßen als auch die Schienen angeht.
Wichtig ist nun, da auch immer dranzubleiben und dem Rest der Republik aus NRW deutlich zu machen, dass hier im Westen jetzt der Handlungsbedarf besteht. Wir müssen dafür sorgen, dass die Planungen auch eine vernünftige Umsetzung der Projekte ermöglichen. Die Weichen dafür sind gestellt.
Das heißt aber auch für den Bund, dass dort, wo er die Verantwortung trägt – zum Beispiel bei den Wasserstraßen –, die Mittel auch verbaut werden müssen. Es kann nicht sein, dass im Bereich der Wasserstraßen fast 1 Milliarde € an Mitteln zur Verfügung steht, aber nicht umgesetzt werden kann, weil es keine Planer und Ingenieure bei den Wasserschifffahrtsämtern und eben keine vernünftige strukturelle Aufarbeitung gibt.
Das ist übrigens meine größte Sorge. Ich frage mich nämlich: Wenn der Bund komplett für die Bundesfernstraßen zuständig wird, ist er dann auch wirklich in der Lage, die Planungen entsprechend vorzuhalten und die Umsetzung zu bewerkstelligen?
Fakt jedenfalls ist: Das ständige Umorganisieren bei der Wasserschifffahrtsverwaltung, verbunden mit einem ständigen Verunsichern der Beschäftigten in diesem Bereich, hat nicht dazu beigetragen, die notwendigen Investitionen und Umsetzungen in Wasserstraßen zu generieren.
Insofern ist es entscheidend, dass wir die Chancen, die wir jetzt mit dem Bundesverkehrswegeplan und mit der allgemeinen Öffentlichkeit bei dem Thema „Sanierung der Infrastruktur“ haben, auch nutzen.
Drittens müssen wir das gesamte Image der Branche aufgreifen, wie der Minister es beschrieben hat. Wir müssen immer wieder bereits bei den Kindern und Jugendlichen in den Schulen dafür werben, weil die Beschäftigungspotenziale enorm sind und es eine große Chance ist, in diesem Bereich Wohlstand und Beschäftigung zu generieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle muss auch noch einmal deutlich gemacht werden, dass es uns in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren gelungen ist, parteiübergreifend dafür zu sorgen, dass das Augenmerk auch weg von den Nordhäfen in der Bundesrepublik hin zu den Westhäfen in den Niederlanden und in Belgien gegangen ist. Nordrhein-Westfalen, Rotterdam und Antwerpen gehören eng miteinander verflochten. Hier müssen wir eng europäisch zusammenarbeiten und können deutlich machen, wie wichtig die Kooperation gerade mit den Westhäfen ist.
Last, but not least möchte ich noch einmal auf den Minister zurückkommen. Minister Groschek hat vor einigen Jahren mit den dramatischen Appellen rund um den – wie er ihn genannt hat – „PISA-Schock“ zur Leverkusener Autobahnbrücke Bewegung in die Diskussion um die Infrastruktur in Deutschland gebracht. Insofern ist es ein gutes Zeichen, zu sehen, dass in den letzten Jahren genau das, was er angemahnt hat, auch nach vorne gebracht worden ist.
Die Sozialdemokratie und auch die Grünen in Nordrhein-Westfalen haben in den Fraktionen diesen Kurs der Landesregierung immer unterstützt und gesagt: Ja, wir sorgen dafür, dass hier in NordrheinWestfalen die Infrastruktur wieder auf Vordermann gebracht wird – unter dem Slogan „Wir reparieren Deutschland“.
Die FDP hat sich mittlerweile diesem Slogan angeschlossen. Auch das ist sehr zu loben, weil wir damit dokumentieren, dass wir insgesamt „Wir reparieren Deutschland“ nach vorne genommen haben und als Topthema gesetzt haben.
NRW nun dauerhaft zum Europameister der Logistik zu machen, ist die Botschaft des heutigen Tages. Daran arbeiten wir gerne mit. In diesem Sinne wünschen wir der Landesregierung sehr viel Erfolg bei der Umsetzung des Konzepts. Wir werden alles dafür tun, dass wir das Ganze hier von politischer Seite aus
unterstützen, damit wir in den nächsten Jahren die Erfolge dieser Politik dann auch gemeinsam erleben können. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.