Die Diskussion darum ist nicht allein eine Frage der Investition. Es geht auch darum, ob und wie die digitalen Medien zum Abbau von Chancenungleichheit und für individualisiertes Lernen genutzt werden können. Beides – Chancenungleichheit und individuelle Lernzugänge – werden auch Themen der Umsetzungsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen sein. Sie wissen, dass sie derzeit erarbeitet wird.
Die Medienberatung NRW arbeitet im Auftrag der kommunalen Spitzenverbände mit den kommunalen Schulträgern zudem an einer Orientierungshilfe für die IT-Ausstattung in Schulen und strebt mit den kommunalen Spitzen eine gemeinsame Strategie an.
Open Sources – Sie haben das auch in Ihrem Antrag gesagt – sind wichtig, und zwar auch deshalb, weil die Lizenzgebühren uns sonst sozusagen verschlingen würden. OER learn:line NRW bietet bereits jetzt den Zugriff auf 30.500 frei verfügbare Lernmittel an.
LOGINEO NRW besteht ausschließlich aus lizenzfreien Softwaremodulen. Das ist immer wieder auch im Ausschuss dargestellt worden. In den letzten Jahren wurde LOGINEO mit 350 Schulen erprobt. Mit LOGINEO NRW werden verlässlich digitale Arbeitsräume im Internet geschaffen. Lehrerinnen und Lehrer können zum Beispiel gemeinsam an Dokumenten arbeiten, Materialien austauschen, die sie für den Unterricht benötigen. Ab dem kommenden Schuljahr können alle Schulen auf Antrag Zugang zu LOGINEO erhalten.
Frau Pieper, ich kann jetzt nicht verstehen, warum Sie darauf hingewiesen haben, dass NordrheinWestfalen die Entwicklung verschlafen hat.
Frau Ministerin Löhrmann hat bereits Anfang dieses Jahres – und das ist nicht das erste Mal gewesen – sehr deutlich darauf hingewiesen, dass es in Nordrhein-Westfalen im Bereich Schule fünf Handlungsfelder gibt, nämlich LOGINEO NRW, learn:line NRW, Medienpass als Gesamtkonzept, Bring Your Own Device und Medienberatung in NRW.
Eine Qualifizierung der Lehrkräfte wird durch das Fortbildungsprogramm „Lernmittel und Medienberatung“ angeboten. Die Beratung und Fortbildung der Schulen im Bereich Medienbildung ist Aufgabe der Medienberater. Wir haben hier ja aktuell die Zahlen der Medienberater verdoppelt.
Der Fortschritt beim Lernen in der digitalen Welt wird zudem durch einen Breitbandzugang für Schulen durch Bundes- und Landesregierung gefördert, wenn die Kommune dies wünscht und beantragt. Mit dem
heute von der Ministerpräsidentin angekündigten Investitionsbedarf wird es auch möglich sein, Mittel für Digitalisierung zur Verfügung zu stellen.
Mit der Novellierung des Lehrerausbildungsgesetzes in diesem Jahr ist eine Schwerpunktsetzung in der Vermittlung der Medienkompetenz im Vorbereitungsdienst aufgenommen worden. Es ist Ziel, die digitalen Medien in die Fachdidaktik zu integrieren. Dies muss in den Fachkonferenzen der Schulen auf der Grundlage der Lehrpläne geleistet werden. – Mit diesem Thema beschäftigt sich zurzeit übrigens auch die KMK, die angekündigt hat, bis zum Jahresende eine Strategie zur digitalen Weiterentwicklung zu verabschieden.
Ich freue mich übrigens, meine Damen und Herren, dass dieser Gedanke, die Integration der Inhalte in die digitale Strategie, jetzt auch bei den Piraten angekommen ist und dass Sie das in Ihrem Antrag ausdrücklich verankert haben.
Die digitalen Medien werden nach unseren heutigen Vorstellungen den Unterricht nicht ersetzen, ihn aber deutlich verändern und individuellere Lernwege und Zugänge ermöglichen. Eine digitalisierte Lernwelt benötigt selbstständige, motivierte, wissbegierige Schüler und Schülerinnen, die bereit sind, die Chancen und die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Medien zu nutzen. Aber sie benötigt auch gute Lehrer und Lehrerinnen.
Diese Entwicklung wird sich mit zunehmender Akzeptanz beschleunigen. Dabei kann man sicher sein, dass die Schulen auch weiterhin Formen des analogen Lernens werden praktizieren müssen. Menschen werden nämlich auch zukünftig mit unterschiedlichen Sinnen lernen; das zeigt uns auch die Neurobiologie.
Aus der Praxis wissen wir sehr wohl, dass es selbst in den Schulen, in denen in der Zwischenzeit die technischen Voraussetzungen für den Einsatz von digitalen Medien in allen Klassenräumen vorhanden sind, natürlich immer noch Lehrer und Lehrerinnen gibt, die auch auf andere Medien zurückgreifen: auf Arbeitsblätter, auf Overheadprojektoren.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Piratenfraktion umfasst elf Seiten und greift weitgehend Forderungen aus vorherigen Anträgen auf. Fast mutet er wie ein philosophischer Besinnungsaufsatz an.
In insgesamt sechs Expertengesprächen und Anhörungen haben wir uns im Fachausschuss in den letzten Jahren auf Antrag der Piraten mit dem Thema „Digitalisierung“ beschäftigt. Hinzu kamen mehrere Informationen zum Thema „LOGINEO“ und Informationen darüber, was die Landesregierung im Bereich Schule auf den Weg bringt.
Diese Anhörungen waren informativ. Mit dem vorliegenden Antrag machen Sie sich jedoch nicht die Mühe, Ihre Forderungen mit den Realitäten abzugleichen und den realen Arbeitsstand in NordrheinWestfalen zu berücksichtigen.
Liebe Kollegen von den Piraten, Sie wissen, dass die Strategie längst in Arbeit ist. Die Thesen, die beim Kongress der Landesregierung im Frühjahr diskutiert wurden, sollen veröffentlicht werden, und das Leitbild soll vom Kabinett beschlossen werden.
Sie fordern aber auch: Elemente einer digitalen Medienbildung müssen in die Lehrpläne aller Schulformen verbindlich verankert werden. – Dem stimmen wir zu, ja. Das Ziel wird gerade mit der KMK-Strategie umgesetzt und war übrigens auch schon Gegenstand der letzten Anhörung.
Eines soll in der Diskussion um digitale Medien jedoch nicht vergessen werden: Die Fähigkeit, sein Leben selbstständig zu gestalten, wird nicht durch die perfekte Nutzung von Smartphones, von Laptops oder des Internets ermöglicht, sondern durch den Willen und das Interesse, selbst zu bestimmen, Wissen zu erwerben und sich Kritikfähigkeit und Selbstbestimmung anzueignen.
Beim Planspiel „Bildung im Diskurs“, das in der letzten Woche von SPUN und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn veranstaltet wurde, habe ich mit 200 Jugendlichen diskutiert. Diese jungen Menschen wünschen sich auch mehr Möglichkeiten zum vertiefenden und selbstständigen Lernen mit Medien. Aber sie fordern vor allem bei den wichtigen Fragen des Lebens Orientierung. Sie möchten mehr wissen über Geschichte, über Politik, über globale Zusammenhänge, über Ethik und über Religion und möchten das mit Menschen diskutieren und in den persönlichen Austausch hineingehen. Sie möchten gern besser auf eine Gesellschaft vorbereitet werden.
Die Aneignung von Wissen, der kritische Umgang mit den Medien, mit Informationen gehören genauso zu den Bildungszielen wie eine grundständige ITKompetenz.
Vielen Dank, Frau Hendricks, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie redeten gerade darüber, dass wir auch Wissen in Geschichte und anderen Fächern vermitteln müssen. Was an unserem Antrag haben Sie nicht verstanden? Der erste und der wichtigste Punkt, den ich genannt habe, war: Wir müssen die Allgemeinbildung stärken. – Wo sehen Sie also einen Widerspruch zu unserem Antrag? Sie tun so, als würden wir darauf keinen Wert legen.
Frau Pieper, ich habe nicht gesagt, dass Sie in Ihrem Antrag keinen Wert darauf legen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass in Ihrem Antrag nicht besonders viel Neues vorhanden ist.
Mehr und mehr werden wir uns im digitalen Bereich aber auch mit den Risiken beschäftigen müssen. Bereits heute gelten viele Jugendliche als hochgradig gefährdet. Medienkompetenz muss mit Prävention, mit einer Sensibilisierung von Lehrerinnen und Lehrern für eine risikohafte Nutzung von digitalen Medien einhergehen.
Die Rückmeldungen aus den Sucht- und Beratungsstellen und dem Bundesamt für Gesundheit sind auf jeden Fall besorgniserregend und dürfen bei allen Strategien nicht ausgeblendet werden. Das berücksichtigt übrigens auch die KMK in ihrer im Netz einsehbaren Strategie.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Dr. Bunse das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Schlüsselbegriffe eines Textes verraten sehr viel über Motivation und Inten
tion des Verfassers. Sie sprechen hier von „Leitlinien“. Das heißt, Sie fordern systematisch entwickelte Aussagen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung von Lehrerinnen und Lehrern hinsichtlich des Einsatzes digitaler Medien bzw. deren Inhalten im Unterricht. Gemeint ist sicherlich auch deren verpflichtender Einsatz.
Sie sprechen von der „digitalen Revolution“, und das meinen Sie ganz offensichtlich auch ernst. Sehr verehrte Piratinnen und Piraten, Sie waren vielleicht lange auf hoher See. Aber ich bin jetzt 58 Jahre alt, und bereits in meinem Geburtsjahr, 1958, gab es das A-Netz und immerhin ein 16 kg schweres Autotelefon. Daher habe ich durchaus schon seit längerer Zeit mitbekommen, dass es so etwas wie einen zunehmend markanten Bestandteil in unserem Leben gibt, den man heute allgemein gern mit dem Begriff „Digitalisierung“ beschreibt.
Von großer Bedeutung für unser berufliches und privates Leben ist sicherlich das Jahr 2007, das Geburtsjahr des iPhones. Seitdem – das beschreiben Sie richtig – sind wir mehr oder weniger ständig online. Ihre These, dass es keine Abschaltmöglichkeiten mehr gibt oder keine Möglichkeit, sich der digitalen Welt auch nur ansatzweise zu entziehen, erscheint mir aber zu dogmatisch. Noch sind wir Wesen, die über einen freien Willen verfügen.
Sie beschreiben die Auseinandersetzung mit den Folgen der digitalen Welt als die „dringlichste Zukunftsaufgabe“ und fordern die Beantwortung der Frage: Was für eine Bildung brauchen wir für das Leben in der digitalen Welt heute und in Zukunft? – Dabei fokussieren Sie sich in Ihrem Antrag auf die schulische Bildung.
Hier müsste man eigentlich zunächst klären, was Sie als Verfasser unter dem Begriff „Bildung“ verstehen und welche Inhalte von Bildung heute in der Schule vermittelt werden sollen. Aber hier kneifen Sie für meine Begriffe, Frau Pieper. Da waren Sie in Ihrem Antrag nicht deutlich genug.
Frau Kollegin, die von Ihnen eben angesprochene Frau Kollegin Pieper möchte Ihnen sofort eine Frage stellen.