Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich mir gestern, vorgestern die Tagesordnung für das Plenum angeguckt habe, habe ich gedacht: Hoppla, hast du jetzt die falsche Tagesordnung mitgenommen? Direkt vor meinem Schottland-Urlaub, das war der 7. Juli, hatten wir hier eine letzte Runde. Da war euer Thema, lieber Dietmar Schulz, auch schon einmal hier auf der Platte.
Jetzt habe ich gemerkt: Die haben natürlich schon etwas geändert. Wir haben ja hier eine Debatte geführt.
Ich habe damals gefragt: Warum habt ihr das nur auf die Sparkassen bezogen? Nehmt doch die anderen mit dazu; denn in der Zielsetzung, einen Deckel draufzulegen, ist Rot-Grün ja ziemlich nahe bei den Piraten. Das werde ich auch gleich noch einmal darlegen.
Das Problem ist: Wenn man sich im Ziel einig ist, kann man manchmal bei den Instrumenten unterschiedlicher Meinung sein. Das will ich auch vorweg sagen. – Trotzdem finde ich es gut, dass diese Fokussierung auf die Sparkassen weggefallen ist und dass man sich breiter aufgestellt hat.
Ich will auch noch einmal daran erinnern: Wir bedauern es, dass das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie keine Festlegung einer Obergrenze für die Höhe des Dispositions- und Überziehungskreditzinses vorsieht. Da wird eine gesetzliche Deckelung des Dispozinses zum effektiven Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht eingeführt, obwohl sie dringend geboten wäre.
Die Landesregierung, die Rot und Grün hier trägt – Inge Blask hat ja viele von den Argumenten, die jetzt bei mir noch einmal durchscheinen, auch schon gebracht –, hat umfassende Initiativen auf den Weg gebracht, hat versucht, einen Dispodeckel auf Bundesebene einzuführen. Man muss sagen: Im Bundesrat war man da am Ende auch relativ offen. Ja, die Landesregierung hat versucht, zumindest nachdem es die ersten Entscheidungen im Bundesrat gegeben hat, im Rahmen eines Entschließungsantrages noch einmal entsprechenden Druck auszuüben. Und dieser Entschließungsantrag ist auch am 26. Februar im Bundesrat angenommen worden.
Umso bedauerlicher war es natürlich, dass der Bundestag diese Bundesratsinitiative zur Einführung einer gesetzlichen Obergrenze des Dispositions- und Überziehungskreditzinses in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz im April dieses Jahres nicht entsprechend aufgenommen hat. Das heißt, der Bundestag hat sich darüber hinweggesetzt, was der Bundesrat eigentlich auf Initiative, unter anderem unseres Finanzministers, dort vorgetragen hat. – Sehr bedauerlich.
Ja, Herr Möbius, genau. Sie sagen – da ist nämlich des Pudels Kern – völlig zu Recht, der Bundestag hat das deswegen abgelehnt – wir haben ja eine Große Koalition –, weil die CDU da auf der Bremse steht. Minister Walter-Borjans hat in unserer Debatte im Juli darauf hingewiesen, dass er alles tun würde, wo immer es möglich ist, bei diesem Thema am Ball zu bleiben. Das wurde ja eben auch schon zitiert; insofern richtig so.
Vielleicht kann er dann im Wahlkampf zu einer anderen Überzeugung als Herr Möbius und die CDU kommen und den Weg freimachen. Denn immerhin sind wir ein Zweikammersystem in unserem Föderalismus. Und der Bundesrat hat sich entsprechend positioniert.
Im Übrigen, Herr Möbius, Sie haben ja recht: Wir haben im Moment ein sehr niedriges Zinsniveau. Aber solche Gesetze sind natürlich nicht nur an momentane Niedrigzinsphasen gebunden. Irgendwann – das hat jemand Schlaues gesagt – kommen auch die etwas schwierigeren Jahre. Es gibt ja nicht nur die fetten Jahre, es gibt auch im Kreditwesen dann vielleicht die schwierigeren Jahre. Gerade deshalb wäre es vor dem Hintergrund der wachsenden Armut – letztendlich reden wir immer über Kinderarmut, Altersarmut usw. – gut, wenn wir an solchen Stellen dann eben unsere soziale Verantwortung auch wahrnehmen würden.
Deswegen der Appell an dieser Stelle an die CDUBundestagsfraktion, auch an den Bundesfinanzminister – der wird vermutlich den Abgeordneten Markert nicht kennen und deswegen diesen Appell auch nicht hören, aber die CDU-Bundestagsfraktion wird vielleicht gelegentlich bei solchen Thematiken schauen, was in diesem Parlament diskutiert worden ist –: Machen Sie den Weg frei im Sinne dessen, was der Entschließungsantrag des Bundesrates vorgesehen hat!
Kolleginnen und Kollegen von den Piraten! Ich komme jetzt noch einmal zu Ihrem Antrag, weil Sie das vermutlich am meisten interessiert, nachdem Sie innerhalb weniger Wochen zum zweiten Mal damit um die Ecke kommen und auch eine gewisse Bewegung gezeigt haben.
Vor dem Hintergrund dessen, was Herr Möbius eben noch einmal reingerufen hat, und auch vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat gerade unseren Entschließungsantrag angenommen hat, sodass es natürlich nur die Wiederholung eines Beschlusses wäre, würde es vermutlich nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Hinsichtlich dessen, ob das jetzt schon im laufenden Wahlkampf der Fall wäre, bin ich anderer Meinung. Deswegen werden wir das Instrument eines neuerlichen Bundesratsvorstoßes zum jetzigen Zeitpunkt
Herr Präsident, ich komme zum Ende – nicht mittragen können. In der Zielsetzung bleiben wir beieinander und werden das gemeinsam weiterverfolgen. Vielleicht wäre es auch einmal ein Thema für eine Anhörung an anderer Stelle oder hier im Parlament. Schöne Veranstaltungen kann man dazu auch machen. – Herzlichen Dank. Schönen Abend noch!
Vielen Dank, Herr Kollege Markert. – Nun wird die FDP-Fraktion durch den Herrn Kollegen Witzel vertreten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Antrag der Piratenfraktion liest, denkt man als Erstes: Und täglich grüßt das Murmeltier. Eine inhaltlich fast identische Debatte haben wir hier vor der Sommerpause geführt. Der einzige Unterschied ist: Die Initiative vor der Sommerpause hatte einen besonderen Charme. Denn die antragstellende Piratenfraktion hat erklärt, wenn Rot-Grün doch immer argumentiert – so ja auch heute –: „Wir können auf Bundesebene nicht das durchsetzen, was wir uns politisch wünschen“, dann können wir ja den ersten Schritt schon mal in Nordrhein-Westfalen machen. Deshalb haben Sie sich die Sparkassengesetzgebung herausgesucht, einen Bereich, in dem das Land selber Gesetzgebungskompetenzen hat.
Bei allen rechtlichen Vorbehalten, in welcher Form man das hätte ausgestalten können, muss man sagen: Bei der Vergütungstransparenz haben wir auch erst einmal mit einer Regelung angefangen, die Signalcharakter hatte, auch wenn sie weiterer rechtlicher Präzisierungen im folgenden Prozess bedurfte, um dann eine verschärfte Wirksamkeit zu entfalten.
„Wenn Banken für Guthaben so gut wie keine Zinsen zahlen, gibt es auch keinen nachvollziehbaren Grund für Dispozinsen in der gegenwärtigen Höhe.“
Das war vor zwei Monaten richtig und ist auch heute richtig. Das Phänomen ist ja zutreffend beschrieben. Die Zinssituation führt dazu, dass für viele Bürger Vermögensaufbau kaum noch möglich ist, Alterssicherungen gefährdet werden, weil Lebensversicherungen als Modell nicht mehr tragen. Durch Inflation in Kombination mit Nullzinsphasen erleben wir eine gigantische private Vermögensvernichtung und Umverteilung von Privaten hin zum Staat, der teilweise an seinen Schuldenbergen noch verdienen kann.
Deshalb sind allerdings gerade politisch an anderer Stelle und im Land Nordrhein-Westfalen – sofern betroffen – die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Das wären die Wiederherstellung realer Marktbedingungen im Zinsmarkt und die Beendigung von Draghis unheilvoller EZB-Politik der sinnlosen Geldschwemme und Schrottpapieraufkäufe. Das wäre aber auch konkret in Nordrhein-Westfalen die Rücknahme der Verdoppelung der Grunderwerbsteuer, die gerade die Vermögensbildung so erschwert. Die haben wir ja vorhin schon mit Ihnen erörtert, Herr Finanzminister.
Die FDP hat allerdings ein grundsätzliches Problem mit ausufernden Regulierungen und immer mehr Vorschriften am Markt, gerade dann, wenn diese objektiv gar nicht notwendig sind. Deshalb ist der politische Wille der antragstellenden Piratenfraktion und von Rot-Grün mit 8 % über Referenzzins zu hinterfragen. Zu günstigeren Dispokonditionen als dieser politischen Vorgabe, wie sie hier im Raum steht, gibt es nämlich problemlos Angebote am Markt, und zwar von allen drei Säulen des Kreditgewerbes: von Privatbanken, von Volks- und Raiffeisenbanken und mittlerweile auch im Sparkassenbereich. Im Rahmen der allgemeinen Zinsentwicklung hat sich dort einiges getan.
Speziell nordrhein-westfälische Institute, die – Stand diese Woche – deutlich niedrigere Zinssätze aufweisen, sind sämtliche Institute der PSD Bankengruppe, im genossenschaftlichen Bereich die Banken der Bistümer, Kirchen und Caritas, aber auch die Kreissparkasse Euskirchen hat es geschafft, vorzustoßen. Die Konditionen der PSD Bank Köln beginnen bei 5,45 % und die der Kreissparkasse Euskirchen ganz aktuell bei 6,85 % Dispozinssatz, beide deutlich unterhalb Ihrer Vorgabe.
Noch besser und günstiger für die Verbraucher geht es im Bereich der Privatbanken. Dort führt die Augsburger Aktienbank gegenwärtig mit 4,8 % Dispozinsen. Sie können weitermachen bei der ING-DiBa und vielen anderen gängigen, bekannten Instituten,
alle deutlich unterhalb von 8 %. Der Markt stellt also genau das zur Verfügung, was Sie sich politisch wünschen. Deshalb muss man sagen: Wenn es eine Stelle gibt, an der Regulierung nicht notwendig ist, dann ist es dort, wo der Markt dies schon entsprechend bereitstellt.
Wichtiger ist es also, einen funktionierenden Markt zu haben und zu unterstützen, für Begleitmaßnahmen wie die notwendige Markttransparenz zu sorgen – Stichwort „Disporadar“ –, so wie wir es von Benzinpreisvergleichen kennen, aber natürlich auch die BaFin anzuhalten, dass es zu einer korrekten Umsetzung der AGB kommt und dass auch die Transparenz, die Institute walten lassen müssen, nicht verletzt wird.
Die eigentliche Herausforderung ist es, den Markt in seiner Funktionsfähigkeit zu stärken, nicht aber da in den Markt einzugreifen, wo die Mechanismen des Marktgeschehens belegen, dass das an vielen Stellen heute bereits besser und zu günstigeren Konditionen funktioniert, was Sie hier allgemein mal wieder
regeln wollen. Deshalb können wir dem Antrag nicht folgen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um Ihre Irritation wegen der Zuständigkeit aufzuklären, Herr Kollege Schulz, darf ich sagen, dass für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen der Finanzminister zuständig ist,
Das tut aber nichts zur Sache, weil die Landesregierung auch in dieser Frage eine eindeutig geschlossene Position und Haltung hat. Ja, auch die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen ist der Auffassung: Deutschland braucht einen Dispodeckel. Das haben wir sehr früh erkannt und auch sehr früh Initiativen gestartet.
Ich bin etwas stutzig geworden, als ich gerade von Union und FDP von der Verlässlichkeit des freien Marktes gehört habe. Natürlich entwickelt sich etwas im Kapitalmarktzinsbereich. Aber zu meinen, der Bürger, der schon jetzt bei einer Bank sehr dick im Dispo steckt, hätte die absolute Wahlfreiheit und wäre bei jeder anderen Bank herzlich willkommen – da kennen Sie, glaube ich, die Realität in Deutschland nicht.
Deswegen halte ich es schon für sehr bedenklich, wenn sich Banken im Augenblick auf Nullzinsniveau auf dem Kapitalmarkt Geld besorgen können, wir aber gleichzeitig immer noch Disposätze von 8, 10, teilweise 12, 13 % haben. Ich glaube schon, dass es hier aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht einer Regulierung bedarf.
Diesen Handlungsbedarf haben wir aufgegriffen. Wir haben im Bundesrat dafür gesorgt – das ist nicht ganz so leicht bei den augenblicklichen Mehrheitsverhältnissen dort –, dass es gleich zweimal Beschlussfassungen gab, in denen Anträgen aus Nordrhein-Westfalen gefolgt wurde.
Zunächst hatten wir versucht, im Rahmen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eine Änderung hinzubekommen. Der Bundestag verlässt sich leider nur auf eine intensivere Beratungspflicht der Banken. Das ist sicherlich nicht verkehrt, löst aber das Problem nicht, das wir gemeinsam lösen wollen.
Daraufhin haben wir – die Sprecher der Regierungsfraktionen haben es hier schon zutreffend dargestellt – am 26. Februar noch einmal einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht. Vor einem halben Jahr ist die Beschlussfassung des Bundessrates zu diesem Thema also noch einmal sehr deutlich formuliert worden.
Diese Beschlussfassung des Bundesrates hat auch heute noch Gültigkeit. Wir müssen allerdings darauf setzen und hoffen, dass die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag diese Beschlusslage des Bundesrates nunmehr endgültig aufgreifen.