Protokoll der Sitzung vom 16.09.2016

Das alles wollen wir nicht. Deswegen lehnen wir die Einführung einer Bargeldobergrenze in Deutschland ab.

(Beifall von den PIRATEN)

Nicht zuletzt sind die Folgen in Bezug auf den Datenschutz zu erwähnen, die hier auch schon angedeutet wurden. Denn bei jeder bargeldlosen Bezahlung werden zwangsläufig die Zahlungsbewegungen registriert. Sie werden nicht nur registriert, sondern auch gespeichert. Somit ist es für den Bürger nicht mehr möglich, spurlos, anonym, analysefrei einzukaufen. Wollen wir das? Ich sage: Nein.

Prof. Dr. Max Otte hat in der Anhörung dazu unter anderem ausgeführt:

„Die Obergrenzen sind aus meiner Sicht fast so effektiv wie ein Bargeldverbot selber. Wir haben jetzt schon seit Jahren im Prinzip die Meldepflicht bei allen Transaktionen über 10.000 €. Damit ist die Überwachung eigentlich schon sehr, sehr weit gediehen.“

Wehret den Anfängen, der schleichenden Abschaffung des Bargelds und einer weiteren Verstetigung von Überwachungsmechanismen in unserem Land!

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Eine weitere Reduzierung dieser Grenze trägt dann nur noch dazu bei, die Verfügung mündiger Bürger über ihr Eigentum einzuschränken. Diese Einschätzung haben praktisch alle Sachverständigen in der Anhörung ebenfalls geteilt.

Jetzt komme ich noch einmal ganz kurz zu den Grünen.

Die Redezeit.

Danke, Frau Präsidentin. Ich komme zum Schluss. – Herr Kollege Abel, Sie haben mit Ihrer Landtagsfraktion praktisch dieselbe Position verabschiedet, die in diesem Antrag vertreten wird. Das haben Sie auch ausgeführt. Ich glaube nicht, dass es zum Koalitionsbruch führen würde, würden Sie diesem Antrag tatsächlich einmal zustimmen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Was verstehen Sie von Koalition?)

Ich sage Ihnen noch eines: Der 500-€-Schein verschwindet demnächst. Ich halte hier mal einen 100-€-Schein in Kopie hoch. Das wird das nächste Angriffsziel sein, nachdem auch der 200-€-Schein abgeschafft sein wird.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir sollten alle überlegen, ob wir nicht konzertiert gegen diese Mechanismen vorgehen wollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Duin in Vertretung für den Finanzminister.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie wir von Markus Weske und anderen auch schon gehört haben, endet mit der heutigen abschließenden Beratung eine seit ungefähr einem Jahr geführte Debatte, die eigentlich nur eine Überschrift zu Recht tragen kann: Phantomdebatte.

So lange haben die Fraktionen der Opposition versucht, namentlich dem Finanzminister und der Landesregierung insgesamt zu unterstellen, sie wollten das Bargeld abschaffen – angefangen bei der FDP über die Piraten bis zur CDU.

Auch durch vielfaches Wiederholen ist diese Behauptung nicht richtiger geworden. Da hat auch Ihre Sachverständigenanhörung nicht weitergeholfen. Das hat aber offensichtlich niemanden von Ihnen in den nachfolgenden Beratungen davon abgehalten, die Schrecken einer Bargeldabschaffung zu beschwören; das ist hinlänglich bekannt. Gerade sind wir alle noch einmal Zeuge dessen geworden. Das zeigt einfach nur, dass hier jemand mutwillig missverstanden wird.

Daher will ich in Vertretung des Finanzministers noch einmal ausdrücklich festhalten: Die Landesregierung fordert mitnichten eine Abschaffung des Bargelds. Die Fakten sind: Finanzminister Dr. Walter-Borjans hat die Festlegung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen in die Diskussion gebracht.

(Ralf Witzel [FDP]: Ja, also!)

Er hat keine starre Obergrenze gefordert, sondern hat Überlegungen angestellt, wo eine derartige Grenze liegen könnte.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das ist das Glei- che!)

Eine Grenze für Bargeldzahlungen ist bereits jetzt – wir haben ja gerade gelernt, dass Sie sich in der schwedischen Politik und Gesellschaft ausgezeichnet auskennen, Herr Schulz – in sehr unterschiedlicher Höhe in der Europäischen Union verbreitet. Die Bandbreite geht da von 1.000 € bis zu 15.000 €.

Im Übrigen hält auch der Bundesfinanzminister die Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen für geboten. Er hat für seinen Vorschlag, die Grenze EU-weit auf 5.000 € festzulegen, bei seinen Amtskollegen in der EU Unterstützung erhalten. Im Februar dieses Jahres hat dann auch der Ministerrat der Kommission einen entsprechenden Auftrag zur Erarbeitung erteilt.

Eine Obergrenze für Barzahlungen – in welcher Höhe sie auch immer festgesetzt werden sollte – würde in keiner Weise Einfluss auf den Besitz von Bargeld haben. Darauf hat Herr Weske sehr bildlich hingewiesen. Jeder kann so viel Bargeld horten, wie er möchte. Daran will niemand etwas ändern.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das hat Walter Ulbricht auch mal so gesagt!)

Diejenigen jedoch, die argumentativ eine Obergrenze mit einer Abschaffung gleichsetzen, schüren bewusst Ängste in der Bevölkerung.

Herr Schulz, die Landesregierung plädiert dafür, sehr konstruktiv über das Bargeld zu diskutieren. Das schließt selbstverständlich ein, darüber zu sprechen, was genau die Bedürfnisse von Verbraucherinnen und Verbrauchern sind. Das schließt ebenso selbstverständlich ein, sich über die Belange des Datenschutzes Gedanken zu machen.

Dass es in anderen Ländern diesbezüglich massive Probleme gibt, soll diese Diskussion ja durchaus befruchten; aber in Ihrem Antrag wirken Sie einer Diskussion grundsätzlich entgegen, indem Sie nämlich schon den Schlussstrich unter eine mögliche Diskussion ziehen. Schon daher kann die Landesregierung den Inhalt Ihres Antrags nicht teilen.

Lieber Markus Weste, herzlichen Glückwunsch! Werde schnell wieder gesund und halte hier so oft Reden, wie du willst. Ich finde sie großartig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister. Bleiben Sie bitte gleich am Redepult, denn Herr Kollege Witzel hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Witzel.

(Entrüstung von der SPD – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD] – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Frau Präsidentin, es ist eine Unverschämtheit, eine Kurzintervention als charakterlos zu be- zeichnen! Das finde ich unglaublich! – Beifall von der FDP und der CDU – Lebhafte Zurufe von der SPD – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Die Regeln in einem parlamentarischen Verfahren gelten für Sie, gelten für uns! – Fortgesetzt Zu- rufe von der SPD – Gegenrufe von der FDP)

Wir haben das hier oben nicht gehört. Wir werden schauen, was die Stenografen bzw. die Audioredakteure mitgeschnitten haben und werden das hinterher klären. – Herr Kollege Witzel hat jetzt 90 Sekunden Redezeit für die Kurzintervention.

Herr Minister Duin, Sie haben gerade differenzierte verbale Unterscheidungen vorgenommen. Ich möchte Sie deshalb fragen: Was ist materiell der Unterschied zwischen einer Bargeldobergrenze von 2.000 € und einem Barzahlungsverbot oberhalb von 2.000 €? Ich hätte also zum einen gerne erklärt, wo Sie dort den Unterschied sehen. Sie sind offenbar nicht der Auffassung, dass, wenn es eine Bargeldobergrenze gibt, das gleichbedeutend ist mit einem Barzahlungsverbot oberhalb dieses Betrages.

Zum anderen möchte ich Sie fragen, ob der Inhalt der dpa-Meldung von Anfang Juli letzten Jahres zutreffend ist, wo die dpa nach einem Gespräch mit Finanzminister Dr. Walter-Borjans berichtet hat, er trete persönlich für Barzahlungsobergrenzen ein. Anders als in anderen europäischen Ländern, wo es diese schon ab 1.000 € gäbe, müsste sie nach deutscher Barzahlungskultur etwas höher sein. Er könne sie sich ab 2.000 € vorstellen. Hat dpa das unzutreffend berichtet, und wenn ja, warum ist das vonseiten der Landesregierung seit über einem Jahr nicht förmlich dementiert worden?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Witzel, ich habe die Zwischenrufe auch nicht gehört, aber sie erklären sich mir jetzt ein bisschen.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Ich stelle fest, dass in meinem gerade gehaltenen Redebeitrag von einer Obergrenze in Höhe von 2.000 € überhaupt nicht die Rede war.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist doch schon zehnmal erklärt worden!)

Ich stelle zweitens fest, dass Sie mit dem hier von mir vertretenen Finanzminister die Frage, was er wann wo gesagt hat und wann er wo was dementiert hat, schon häufig erörtert haben und Sie sicherlich in Zukunft diese Gelegenheit ausreichend im Ausschuss,

im Plenum und in der Öffentlichkeit nutzen werden. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Redebeiträge liegen nicht vor, sodass ich die Aussprache schließe.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 16/12815, den Antrag Drucksache 16/11217 in der Fassung des Neudrucks abzulehnen. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag selbst, nicht über die Beschlussempfehlung. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Piraten und die FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die CDU. Wer enthält sich? – Der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Damit ist der Antrag Drucksache 16/11217 – Neudruck – mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Ich rufe auf:

9 Gesetz zur Bewertung, Darstellung und Schaf

fung von Transparenz von Ergebnissen amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung (Kontrollergebnis-Transparenz-Ge

setz – KTG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/12857 – Neudruck

erste Lesung

Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. (siehe Anlage 2) Das ist auch erfolgt. Ich gehe davon aus, die Landesregierung hat ebenfalls zu Protokoll gegeben. Auch das ist erfolgt.