Nordrhein-Westfalen ist zu Recht von den Vorrednern gelobt worden. Ich möchte aber auch die Arbeit der Verfassungskommission loben und all denjenigen, die mitgewirkt haben, für die konstruktive Zusammenarbeit herzlich Dank sagen.
Wir beraten heute eine behutsame Änderung der Landesverfassung – insgesamt ein gelungener Gesetzentwurf, auch wenn mehr hätte umgesetzt werden können. Darauf haben einige Vorredner schon hingewiesen.
denn wir haben vonseiten der Opposition die Änderung angeboten, wohlwissend, dass es zunächst einmal ein Verstoß gegen das Prinzip des Gleichlaufs von Rechten und Pflichten ist. Das muss man einfach anerkennen. 18 Jahre sind 18 Jahre, dann ist man erst volljährig, und dann gilt die Geschäftsfähigkeit.
Wir hätten also an dieser Stelle durchaus eine Änderung herbeiführen können. Und Sie wissen auch, dass das, was der Kollege Körfges gesagt hat mit der stärkeren Politisierung der Jugend, durch empirische Erfahrung der Länder, in denen schon mit 16 gewählt wurde, bislang nicht untermauert worden ist. Dem ist nicht so. Weder in Bremen noch in anderen Ländern ist das untermauert worden.
Nichtdestotrotz haben wir mit Blick auf die nächste Wahlperiode gesagt: Wir machen das! – Diesen Weg wollten Sie nicht mitgehen. Und von daher ist das ein klassisches Eigentor. Denn, Herr Kollege Engstfeld, jetzt ist das Wahlalter mit 18 zementiert und bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag an dieser Stelle fixiert.
Ich bedauere das sehr, weil nämlich die Punkte, die wir nicht haben lösen können, durchaus spannend gewesen wären.
Ich möchte an der Stelle durchaus mal mit der kommunalen Ebene beginnen, in der wir alle beheimatet sind. Ich bedauere das sehr, dass wir für die kommunale Ebene einen rückwirkenden Belastungsausgleich per Konnexität nicht erreicht haben. Das wäre ein gutes Signal gewesen für unsere Kommunen und für unsere Bürger im Lande, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir hätten Verbesserungen bei der direkten Demokratie haben können. Wir hätten eine Schuldenbremse in die Verfassung übernehmen können, wie wir es auf Bundesebene geschafft haben, und – das ist natürlich ein besonderes Anliegen der Freien Demokraten – wir hätten endlich auch eine Individualverfassungsbeschwerde haben können. 11 von 16
Ländern kennen eine solche, das starke, große NRW jedoch nicht. Ich finde, es ist Ausdruck eines liberalen Staatsverständnisses, wenn der Staat mit einer Individualverfassungsbeschwerde zeigt, dass er seinen Bürgern traut und ihnen ermöglicht, Gesetzesvollzugsprobleme, Verfassungsverstöße zu rügen und auch korrigieren zu lassen, meine Damen und Herren.
Das Symposium, das zum Thema „IVB“ stattgefunden hat, hat sich dazu ganz klar positioniert. Ich habe mich sehr gewundert, dass aufseiten der Regierungsfraktionen hierzu keine größere Bereitschaft zu erkennen gewesen ist. Der Vorteil der Individualverfassungsbeschwerde liegt natürlich auf der Hand, nicht zuletzt auch, weil eine Rechtsschutzlücke bei den Wahlrechtsgrundsätzen geschlossen werden kann. Aber es ist nicht gewollt worden.
So nimmt letztlich der Landtag einen verfassungsrechtsbehelfsfreien Raum in Kauf, denn die Landesgrundrechte können zum Beispiel überhaupt gar nicht woanders gerügt werden. Das ist sehr bedauerlich.
Ein Gegenargument, was wir immer wieder gehört haben, war Überlastung und damit auch Kosten. Dazu sage ich als Freier Demokrat, meine Damen und Herren: Demokratie und Justiz sind ihr Geld wert. Das muss man dann eben auch bezahlen. Wir haben auch sichergestellt, dass diese Verfassungsbeschwerde nur gegen Erlass und Vollzug von Landesgesetzen vorgesehen ist und nicht etwa eine Konkurrenz an dieser Stelle zur Bundesverfassungsgerichtsbeschwerde wäre. Deswegen bin ich der Auffassung, dass dies kein Problem gewesen wäre.
Schließlich die Filtermechanismen: Es ist bekannt, dass rund 95 % überhaupt nicht ins Plenum kommen. Das heißt, man hätte mit Bildung von Kammern oder alternativ Annahme zur Entscheidung sicherstellen können, dass wir auch nicht allzu viele Fälle haben. Aber wir hätten dieses rechtstaatlich wichtige Argument bekommen können. Ich hoffe, dass das jedenfalls in der Zukunft noch möglich sein wird. Wir haben einen einfachgesetzlichen Gesetzentwurf vorbereitet, den wir Ihnen in Kürze vorstellen werden. Und dann sollten wir dieses Thema noch einmal aufgreifen.
Gut ist, dass die Verfassungsrichter jetzt alle vom Parlament gewählt werden. Ich hoffe auch, dass die Verabredung auf die Streichung der Altersbegrenzung mit 68 Jahren noch einfachgesetzlich umgesetzt wird. Auch das ich meines Erachtens ein vernünftiger Schritt nach vorne.
Ich finde, dass man das, was Herr Lienenkämper an der Stelle ausgeführt hat, im Rahmen des nächsten Wahlkampfes hätte ausführen können. Das ist doch durchaus tragfähig. Man kann hier durchaus einen Gesetzentwurf beschließen, der seine Wirkung erst in der Zukunft entfaltet. Das ist völlig unproblematisch, wenn sich alle einig sind. Das war die Voraussetzung. Das haben aber die Grünen nicht mitmachen wollen.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Nein, das wollte die CDU nicht! Die sind zwar ähnlich, aber noch nicht gleich!)
Deswegen ist es dabei geblieben. Dabei sind entscheidende Pfeiler wie Generationengerechtigkeit und Bürgerrechte auf der Strecke geblieben.
Es bleibt dabei: Wir haben einen guten Gesetzentwurf, dem wir auch in der Änderungsfassung zustimmen werden. Aber es hätte mehr dabei herausspringen können, und das wäre wünschenswert gewesen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne und zu Hause! Es ist schon ein bisschen peinlich, die Selbstbeweihräucherung hier und dann die Verdrehung von Tatsachen, damit der eine oder der andere schuld ist.
Herr Kollege Wolf, nach meiner Erkenntnis sind es zwei verschiedene Daten, wann ein Gesetz in Kraft tritt und wann es verabschiedet wird. Und da haben sich nicht die Grünen quergestellt, sondern die CDU hat gesagt, sie mache es nicht mit, jetzt ein Gesetz zu erlassen, dass seine Wirkung erst in der nächsten Wahlperiode entfaltet.
Aber es macht es auch nicht besser. Ich höre hier: „Wir haben behutsame Änderungen geschafft, „Das ist eine gute, eine tragfähige Lösung“, „Wir haben einen guten Gesetzentwurf“. Das finde ich peinlich, das ist Selbstbeweihräucherung, und das ist nicht das, was wir am Anfang wollten.
Wir sind gestartet mit großen Ambitionen. Wir wollten eine öffentliche Verfassungskommission. Wir wollten
eine offene Verfassungskommission. Wir wollten, dass die Bürger mit ihren Anliegen teilnehmen können. Wir wollten transparent arbeiten. Wir sind an all diesen Punkten, und zwar an jedem einzelnen Punkt, regelmäßig gescheitert.
Gerade vor dem Hintergrund der heutigen Veranstaltung, dass wir uns für 70 Jahre Parlament in Nordrhein-Westfalen, für 70 Jahre Demokratie in Nordrhein-Westfalen feiern, muss man sagen:
Demokratie ist die beste aller Staatsformen, solange, bis wir eine bessere gefunden haben, und wenn es nur die Verbesserung der parlamentarischen Demokratie ist. Denn auch hier hätte es einige Änderungen, gerade was die Volksgesetzgebung angeht, geben können.
Ich habe mir einmal alle Punkte herausgesucht, die wir im Einsetzungsbeschluss hatten, über die wir geredet haben, bis hin zu dem Punkt, wo wir eventuell einen Kompromiss hatten oder auch nicht, und was am Ende dabei herausgekommen ist.
Ich habe hier einen „Strahl“ für Sie. Die orangefarbenen Punkte sind alle Gesetze, die Bürger angehen, die grünen Punkte sind alles, was parlamentarisch ist.
Absenkung des Wahlalters haben wir im Einsetzungsbeschluss. Wir hatten einen Kompromiss. Am Ende kommt es nicht darin vor.
Volksgesetzgebung vereinfachen: Wir hatten es im Einsetzungsbeschluss. Wir hatten einen Kompromiss. Am Ende kommt es nicht vor.
Einführung einer Schuldenbremse: Da sind wir auseinander. Das geht die Bürger durchaus etwas an. Wir haben nicht einmal einen Kompromiss gefunden.
Das EU-Ausländerwahlrecht auf Landesebene haben wir im Einsetzungsbeschluss. Darüber haben wir lange geredet. Wir haben nicht einmal einen Kompromiss gefunden.
Das Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Ausländer haben wir hinterher sogar noch mit ins Paket hineingenommen, mit Mehrheitsbeschluss. Wir haben nicht einmal einen Kompromiss gefunden.
Da geht es um die Regelungen für die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode. Ja, das haben wir geschafft.