Da muss ich in diesem Hohen Hause eines sagen: Die Landesregierung hat jetzt sechs Jahre für den LEP benötigt – ich weiß, andere Regierungen haben das nicht geschafft –; wenn sich daraufhin aber das Parlament selbst beschränkt und die normale Beratungszeit von zehn Wochen auf sieben Sitzungswochen verkürzt, dann ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Da beschränken wir uns unnötig selbst. Es kann nicht angehen, dass das Parlament sich seiner Rechte beraubt, nur damit bei Rot-Grün an Weihnachten Frieden unter dem Weihnachtsbaum herrscht.
Ich fand es übrigens bemerkenswert, dass das Verfahren gestern bekannt gegeben wurde, nachdem Bundestagspräsident Prof. Lammert an diesem Pult stand und uns mutig zugesprochen hat: Lassen Sie sich nicht kleiner machen, als Sie sind. – Meine Fraktion und ich lassen uns bei diesem Verfahren nicht kleiner machen, als wir sind!
Ich komme zum Schluss. Herr Minister, wir haben vorhin Ihre Erleichterung über die Halbjahreszahlen vernommen. Sie haben sie nicht über den grünen Klee gelobt, aber man hat Ihnen die Erleichterung angemerkt.
Da Sie Fußballfan sind und gerne zu den Metaphern des Fußballs greifen, möchte ich Ihnen noch eine mit auf den Weg geben. Sie sind ja HSV-Fan,
und da kann ich es gut verstehen, wenn Sie damit zufrieden sind, dass Sie die Abstiegsplätze verlassen haben.
Aber wir sind hier in Nordrhein-Westfalen, und da reicht es nicht aus, die Abstiegsplätze zu verlassen. Wir sind hier Champions League! Wir wollen Champions League spielen – nicht nur in Dortmund, in Mönchengladbach und in Leverkusen, sondern wir wollen wirtschaftspolitisch in ganz Nordrhein-Westfalen Champions League spielen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir diskutieren heute den Wirtschaftsbericht 2016. Herr Minister Duin, ich finde ihn wirklich lesenswert. Mein Dank und der Dank unserer Fraktion geht an alle, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben. Der Bericht ist nämlich ehrlich. Er benennt die kritischen Punkte. Wenn man ganz genau hinschaut, drückt er sich nicht um problematische Bereiche herum, sondern er benennt sie. Er benennt die Stärken, er benennt die Schwächen und führt sie auf.
Eigentlich könnte die Opposition mit diesem Bericht gut arbeiten. Aber alles, was ich bis jetzt dazu gehört habe, war das übliche Aufgewärmte. Ich hatte gedacht, sieben, acht Monate vor der Landtagswahl käme hier mal irgendwie ein Gefühl dafür auf, was die denn Opposition machen würde, wenn sie an der Regierung wäre. Da ist jedoch gar nichts.
Herr Wüst, ich würde gerne mit ein paar Punkten aufräumen. Sie verstehen den Minister immer völlig falsch.
Damit Sie es einmal im Ansatz anders erklärt bekommen: Sie meinen immer, er würde den Koalitionsvertrag kritisieren. Das ist völlig falsch.
Er hat lediglich zutiefst bedauert, dass er 2010 und 2012 nicht dabei war, weil der sehr gute Koalitionsvertrag – ich kann das sagen; ich habe vier ausgehandelt – noch besser geworden wäre. Das glaube ich auch.
Diese ewige Nummer zwischen Remmel und Duin, angeblich tritt der eine immer dem anderen vor das Schienenbein. Das ist doch alles Quatsch, das ist Ihr Gespiele.
Ich will ein paar Punkte ansprechen. Der Bericht ist ehrlich, und wir haben uns an der einen oder anderen Stelle nicht gedrückt, auch wenn es manchmal schwierig war. Der Bericht spricht die Kohlelastigkeit von Nordrhein-Westfalen an – völlig zu Recht. Wir kennen unsere Vergangenheit, wir wissen um die Diskussionen, um den Steinkohleausstieg – das kennen wir alles. 30 % des Stroms wird in NRW erzeugt, und davon 45 % über Braunkohle und 30 % über Steinkohle. Ein Drittel der Treibhausgasemissionen Deutschlands stammt aus Nordrhein-Westfalen. Das wissen wir.
Jetzt diskutieren wir die Klimapolitik nicht erst seit ein paar Wochen. Das müsste die CDU wissen. Ich erinnere an Bundeskanzler Kohl und Rio de Janeiro 1990. Das sind jetzt 26 Jahre Diskussionen. Und was passiert jetzt ganz aktuell? – Letztes Jahr im Dezember fand die Klimakonferenz in Paris statt, 175 Staaten haben unterzeichnet.
Der Vertrag tritt in Kraft, wenn ihn 55 Länder, die 55 % der Emissionen ausstoßen, ratifiziert haben. 62 Staaten hatten unterzeichnet, darunter Amerika, China und Indien, also ganz große Staaten. Die Bundesregierung hat ratifiziert, ebenso das Parlament und der Bundesrat, vor wenigen Tagen auch die Europäische Union. Im November dieses Jahres tritt dieser Vertrag in Kraft.
Was heißt das denn? – Das ist das, was ich bei der CDU immer nicht verstehe. Das, was da beschlossen worden ist, hat Auswirkungen auf alle Produktionsbereiche, auf die industrielle Herstellung, auf ganz viele Lebensbereiche. Das ist doch nichts, was beschlossen worden ist und dann keine Konsequenzen hätte. Wir merken das schon seit einiger Zeit, aber es wird immer weitergehen.
Wir geht man dann vernünftigerweise mit der Situation um? – Es wird ein Ringen um Zukunftsmärkte geben, die demnächst vor uns liegen. Auf diesen Zukunftsmärkten muss sich unser traditionsreiches Land von Stahl, Kohle und Maschinenbau positionieren und zusehen, dass es von dem Kuchen etwas mitbekommt. Sonst entstehen alle Arbeitsplätze in diesem Bereich woanders.
Genau das haben wir gemacht, über Jahre hinweg. Und was haben Sie getan? – Sie haben immer nur über den Kollegen Remmel hergezogen und haben diese Diskrepanz konstruiert, während wir den Klimaschutzplan aufgestellt und zugleich versucht haben, in Nordrhein-Westfalen alle die, die dabei mitgehen wollten, zu motivieren. Da rede ich beispielsweise über Saage und viele andere mittelständische Firmen.
Wir haben als erste Regierung ein Klimaschutzgesetz eingeführt, wir haben die KlimaExpo gegründet – von Ihnen jedoch kamen immer Hohn und Spott, aber keine Beteiligung. Das ist für mich völlig unverständlich, zumal von Kohl über Schröder bis hin zu Merkel die Bundeskanzler der letzten 25 Jahre – hauptsächlich von der CDU – die Klimapolitik als eine Konstante der Bundespolitik ansahen. Auch unter Rot-Grün, dann mit der SPD in der Großen Koalition, selbst in der Koalition mit der FDP ist dies nicht geändert worden. Sie waren so lange in der Verantwortung, aber diesen Fakt negieren Sie einfach. Da, wo wir darum kämpfen, dieses traditionsreiche Land für die Zukunft aufzustellen, gibt es von Ihrer Seite immer nur Hohn und Spott.
Wichtig wäre es jetzt, mit kluger Wirtschaftspolitik den Umbau zu flankieren und zu gestalten, genau so, wie es für die Steinkohle erfolgreich praktiziert wurde. Wir könnten darüber streiten, ob das Ganze nun zehn Jahre zu spät kommt, aber das ist doch vergossene Milch. Es läuft doch vernünftig. Ich verstehe auch manche Kritik nicht, zum Beispiel die an Ibbenbüren. Wenn überhaupt irgendwo in NordrheinWestfalen der Umstrukturierungsprozess mit einem hohen lokalen Konsens gut angepackt worden ist, dann ist doch in Ibbenbüren. Da muss man jetzt nicht jammern, sondern das sollte man positiv aufnehmen.
Klar ist, kluge Wirtschaftspolitik flankiert den Umbau. Die Bundesregierung hat bedauerlicherweise nicht den notwendigen Mut zu Reformen. Allein eine kluge Wirtschaftspolitik könnte den Unternehmen eine Orientierung geben. Jetzt können Sie immer herumlamentieren und sagen: Das ist alles grüne Spinnerei. – Aber dass die Tendenz immer weiter in Richtung grüne Produkte und weg von grauen Produkten geht, ist doch überhaupt nicht zu bestreiten. Wer sich da nicht mit einer entsprechenden Orientierung, die den Unternehmen die Richtung weist, vernünftig aufstellt, der verschwendet praktisch die Arbeitsplätze von morgen und sorgt dafür, dass sie irgendwo anders landen, wo sie gerne genommen werden. Zu dieser Thematik habe ich nichts von der CDU gehört.
Die Orientierung ist doch eigentlich ganz klar: Vergesst die fossilen Energieträger, stellt euch auf die grünen Märkte ein, um mit aller Verantwortung und Pflicht dafür zu sorgen, dass die Prozesse – also Strukturwandel usw. – unter Vorgabe einer klaren Orientierung vernünftig laufen.
Ich bin ja schon ein bisschen länger hier, und ich möchte auf den Wirtschaftsbericht verweisen – das ist ganz spannend –, Seite 150, Abbildung 79. Da gibt es eine Kurve „Ausbaurate der Windkraft in Nordrhein-Westfalen“; das ist eine richtige Schlangenkurve. Die etwas Älteren erinnern sich noch an Oliver Wittke; das war ein ganz schneller CDUKollege, ein ganz, ganz schneller.
Er war Minister, und er war verantwortlich für den Windkraftausbau. Ich weiß, er ist ein enger Freund von Josef Hovenjürgen – das tut mir jetzt leid, Herr Hovenjürgen. Der hat damals dieses legendäre „Zeit“-Interview gegeben; das war ein Dossier. Ich habe mir das aufgehoben, weil ich so etwas vorher noch nie gelesen hatte. Überschrift: „Ich kann auch mit Doofen“.
Da wurde beschrieben, wie er mit seinem Dienstwagen zu Hause abgeholt wurde; Sie erinnern sich. Er wurde also abgeholt, und dann fuhr er mit seinem Dienstwagen durch die Landschaft. Dabei fuhr man auch an Windrädern vorbei. Dann steht in dem Artikel: Er zeigte darauf und sagte: „Das ist das Erste, was wir kaputtmachen werden.“ – Das ist das Zitat eines Ministers!
Jetzt wissen wir alle, wie das läuft. Wenn ein Minister einen solchen Satz von sich gibt, dann wissen wir, wie unten in den anderen Ebenen reagiert wird. Sie können in diesem Bericht von Minister Duin die Bremsspur erkennen, die Wittke da hinterlassen hat. Der Ausbau der Windkraft ist 2010 runtergegangen auf 90 MW pro Jahr.
Josef Hovenjürgen, du weißt ganz genau – du bist ja selber ein Leidtragender –, dass man vier, fünf Jahre für die Planung eines Windparks braucht. Diese Bremsspur haben wir gesehen. Jetzt hat Johannes Remmel – mir ist das auch immer zu langsam – das Ganze wieder hochgebracht auf fast 500 MW jährlich.
Wir gehen davon aus, dass wir 500 MW im Jahr 2016 und im Jahr 2017 600 MW haben werden. Das ist schon mal eine Verfünffachung. Und wenn wir heute wissen, dass wir die Erneuerbaren brauchen, wenn wir nach Paris wissen, dass es in der Sache weitergeht, dann ist doch die Frage: Wie machen das andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen usw.? – Bei uns kann man die Bremsspur jedenfalls nicht leugnen. Und dafür tragen Sie die Verantwortung.
Ich will noch einen zweiten Punkt anbringen. Ich habe ja als Maschinenbauer ein Faible für Kraftwerke, aber ich erinnere mich sehr gut an die Diskussionen mit Christa Thoben zwischen 2005 und 2010. Christa Thoben hatte die Strategie: Baut jetzt noch schnell neue Kohlekraftwerke, damit dann, wenn das erst mal zu Ende geht, diese Kraftwerke in NRW stehen und wir die Republik mit Strom beliefern können. – Alle, die darauf reingefallen sind und gebaut haben, weinen heute jeden Tag bittere Tränen.
Ich weiß das von der Trianel GmbH in Aachen. Die hat auf diese Diskussion hin in Lünen gebaut. Wir haben seinerzeit darüber gerungen. Trianel verdient an Lünen nicht einen Cent. Dort werden noch nicht mal mehr die laufenden Betriebskosten erwirtschaftet, vom Kapitaldienst ganz zu schweigen. Auch dafür tragen Sie die Verantwortung.