Reiner Priggen

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Lieber Präsident Uhlenberg, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so: nach 17 Jahren im Hohen Haus und vorher sechs Jahren Landesvorsitzender in der ersten Koalition mit Johannes Rau zum letzten Mal zu diesem Tagesordnungspunkt eine Rede. Bevor ich nachher einigen Personen danke, möchte ich Ihnen allen erst einmal einen Dank aussprechen, weil – das vielleicht auch für die Gäste, die oben sitzen: Es kommt einem immer so vor, als ob hier Gegner sitzen, Feinde, manchmal, wenn die Debatte sehr hart ist. Das ist nicht der Fall.
Wir sind Wettbewerber aus unterschiedlichen Fraktionen, aus unterschiedlichen Parteien. Wir haben unterschiedliche inhaltliche Vorstellungen, und darüber ringen wir, manchmal sehr hart, aber wir sind Wettbewerber in einem demokratischen System. Wir alle kennen es auch: Es gibt nicht nur ein zweites Mal, es gibt ein drittes und viertes Mal, dass man sich sieht. Und deswegen möchte ich mich als Erstes bei Ihnen, meinen Kollegen aus allen Fraktionen, bedanken.
17 Jahre sind natürlich eine lange Zeit. Das sind vier Koalitionen, einmal in der Opposition, und jede Rolle hat ihren Platz in unserem Spektrum. Das darf man nicht gering schätzen. Es gibt keine gute Regierung, wenn es nicht auch eine wirklich gute Opposition gibt, die ihre Pflicht auch wahrnimmt. Und das wechselt in
der Demokratie manchmal. Insofern gehört das alles zusammen. Das als Erstes und als Dankeschön. Ich komme zum Schluss noch auf ein paar einzelne Punkte.
Aber dann will ich jetzt auch in den demokratischen Wettbewerb einsteigen und mich nicht ganz zurücknehmen. Denn dann wären Sie auch enttäuscht.
Der erste Einstieg ist natürlich – lieber Herr Kollege Brockes, ganz kurz, und auch zu dem, was der CDUKollege gesagt hat –: Es ist ja immer spannend, wenn man sich vorbereitet und denkt: Wozu sagen die denn nichts oder wenig? – Jetzt will ich einfach nur sagen: Der Breitbandausbau war eine Zeit lang ein so intensives Hobby der CDU-Fraktion, dass wir manchmal im Wirtschaftsausschuss drei, vier Anträge gleichzeitig hatten, wo Sie uns getrieben haben. Wenn man dann aber guckte, was zu Ihrer Zeit war,
wenn man das vergleicht: Sie hatten für den Breitbandausbau im Haushalt des verehrten Präsidenten, damals Umweltminister, eine Million pro Jahr stehen.
Und die Auslöseschwelle für den Breitbandausbau beim Bund war 2 MB.
Wir wissen alle, das ist keine hohe Geschwindigkeit, und das Netz wird ständig schneller. Aber wir haben es bei Johannes Remmel, als er das Haus Uhlenberg übernommen hat, gesteigert auf zwölf Millionen. Und dann ist dieser Etat in einer Kraftanstrengung noch mal aufgestockt worden, weil ja viele Anforderungen da sind.
Wir haben nicht nur gesagt, wir geben die Digitale Dividende – das, was wir vom Bund kriegen – weiter, sondern wir nehmen eigenes Geld in die Hand, und wir garantieren, dass nicht nur die reichen Kommunen, sondern auch die armen Kommunen, die die eigenen Mittel nicht haben, vom Land das Geld bekommen, damit niemand in die Situation kommt: Ich kann Breitband in meiner Kommune nicht ausbauen, weil ich dazu nicht in der Lage bin. Das haben wir gemacht, und jetzt liegen wir bei über 140 Millionen pro Jahr. Eine Million, zwölf Millionen, 140 Millionen, die kollegial umgesetzt werden von Herrn Duin und Herrn Remmel, ohne dass es Streit gibt, weil die das nämlich auch können!
Das ist eine vernünftige Politik.
Deswegen -– das ist gar keine Frage – ist dieser Punkt ja auch in der Aufmerksamkeitsfalle ein Stück nach hinten gegangen, weil es sich einfach nicht lohnte.
Was ich toll fand, Kollege Wüst: Sie haben eben angekündigt, die CDU werde eine echte, wirkliche Reform der Kommunalfinanzen machen.
Seitdem laufen auf den Gebäuden der kommunalen Spitzenverbände die Alarmsirenen.
Die haben noch in Erinnerung, wie die letzte Reform aussah. Ich kann mich gut erinnern – ich sage nur einen Punkt –: Anteile an der Grunderwerbsteuer weggenommen.
Wir haben sie zurückgegeben, und bei den Erhöhungen, die wir vorgenommen haben, hat es den kommunalen Anteil, so wie es früher der Fall war, immer gegeben. Das war nur ein Punkt, es gab viele andere Sachen. – Also, wenn die kommunalen Spitzenverbände das ernst nehmen
und genau wissen, so etwas kann kommen, dann wissen sie auch ganz genau, dass sie ihren Mitgliedern sagen: Bei Rot-Grün wissen wir, was wir haben, also lasst die Finger von allen Experimenten, macht lieber so weiter!
Dann will ich sagen: Für mich als jemand, der nun lange dabei ist, ist doch klar: Die Strategie des Schlechtredens ist gescheitert, krachend gescheitert. Man hatte ja manchmal den Eindruck, es gibt eine gewisse klammheimliche, ganz stille Freude bei Nullwachstumszahlen, und man hat auch ein Bedauern gespürt über Platz sechs beim Länderranking. Aber die Strategie ist völlig falsch. Sie sollten, wenn Sie kritisieren wollen, den Finanzminister kritisieren. Sie können sagen, der kann nicht mit Geld umgehen, der kauft zu viele CDs oder irgendwas, und dann können Sie sagen: Wir haben jemand, der kann das besser. – Sie können den Innenminister kritisieren. Bei dem ist das im Gehalt sowieso drin, er würde depressiv, wenn Sie ihn nicht mehr kritisieren. – Das können Sie alles machen.
Aber was Sie nicht machen dürfen, ist eine permanente Schlusslichtdebatte gegen unser Land!
Sie dürfen es nicht machen, denn es ist doch ganz einfach: Kein Firmenvorstand, kein Unternehmensvorstand würde das Produkt, was er verkaufen
möchte, schlechtreden Die würden sagen: Sind wir denn verrückt?
Ich kenne ja Armin Laschet auch ein bisschen und schätze ihn; er ist ein lebensbejahender, optimistischer, positiver Mensch. Und wenn es denn so wäre, dass er im Juni hier zum Ministerpräsidenten gewählt werden würde, dann weiß ich doch, dass er am nächsten Tag seine Arbeit in der Staatskanzlei antreten würde –
ganz stolz, dass er dieses tolle, schöne Land mit seinen Menschen regieren darf. Da geht der doch nicht in einen Steinbruch, gebeugt unter der Last der Sünden,
sondern er geht mit Freude an die Arbeit. Das ist der Grundpunkt: Wir haben ein tolles Land. Dieses Herunterreden entspricht nicht dem Lebensgefühl der Menschen in unserem Land. Und deswegen sollten wir es ganz einfach sein lassen.
Wenn man mich fragen würde – ich komme ja ähnlich wie Kollege Duin aus dem Norden, aus dem Emsland –: Dieses Land habe ich immer als ein ganz tief solidarisches Land erlebt, weil dieses Land eine so lange Einwanderungsgeschichte hat. Ich fühle mich in der Stadt Aachen, in der ich jetzt lebe, außergewöhnlich wohl, weil ich das Gefühl habe, dass es in der Stadt eine demokratische Bürgerkultur gibt, die, wenn von rechts Leute kommen, auch aufsteht und sich artikuliert. Und das ist ein Gefühl, was stark ist in diesem Land, dass wir alle zusammen sagen: Wir können streiten, wir können ringen, aber es kann nicht sein, dass Menschen, die bei uns leben, weil sie eine andere Hautfarbe, Orientierung oder sonst was haben, in diesem Land verfolgt und benachteiligt werden! Das ist eine Kulturfrage.
Unser Land – ich habe ja in Aachen an einer unserer besten Hochschulen Maschinenbau studieren dürfen – hat eine beeindruckende industrielle Tradition. Dafür stehen – ich habe ja in einem Teil der Firmen selber noch als Ingenieur Projekte machen dürfen – Namen wie Krupp, Klöckner, Hoesch, Thyssen, Mannesmann, Gewerkschaft Schalker Eisenhütte, Ruhrkohle, Deutzer Motorenwerke – alles das steht dafür.
NRW war der Maschinenraum Deutschlands, und Nordrhein-Westfalen war die Kraftzentrale. Wir hatten die drei größten Stromkonzerne über ganz lange Zeit. Als ich studiert habe, waren die RWE-Leute die Götter, die wussten, wie man Strom macht. Mit RWE,
mit E.ON, mit der STEAG – alle drei sind mit der Kohle groß geworden, und alle drei haben die Erneuerbaren zunächst ignoriert. Sie haben sie zunächst lächerlich gemacht und bekämpft, und jetzt ringen sie um den Anschluss an die Energiewende. Deswegen ist das so wichtig.
Wir haben zwei Elemente, die unsere Wirtschaftslandschaft noch einmal ganz, ganz deutlich verändern. Das eine ist die zu Recht intensiv angesprochene Digitalisierung. Da haben wir gute Arbeit geleistet. Das andere ist die Energiewende – und die Energiewende wird nicht aus Daffke gemacht; sie wird aus Klimaschutzgründen gemacht, weil das notwendig ist, weil alle Bundesregierungen diese Ziele tragen, seit Kohl 1990 in Rio die Vereinbarung unterschrieben hat. Zuletzt hat der Bundestag einstimmig die Klimaziele, die in Paris vereinbart wurden, beschlossen.
Das heißt, die Entwicklung der Klimaziele, daraus resultierend die Energiewende, der Ausbau der Erneuerbaren und der Prozess der Digitalisierung werden die gesellschaftlichen Prozesse, aber auch die gesamte industrielle Produktion umwälzen. Sie werden neue Märkte schaffen.
Die Kernfrage ist doch, wenn das alles so weitergeht: Was haben wir in NRW davon? Wie stellen wir uns auf? Wie holen wir uns die Zukunftsmärkte, die Zukunftsprojekte, damit wir Arbeit für unsere Leute hier im Land haben? Das sind die Kernfragen dabei.
Wir brauchen die Energiewende also nicht nur aus Klimaschutzgründen, aus ethischen Gründen. Wir brauchen sie auch, weil diese Zukunftsmärkte kommen; sie werden besetzt werden. Wenn wir in diesen Märkten nicht vorne vorangehen und uns Teile holen, dann werden sie von allen anderen geholt. Das ist eine Wettbewerbsfrage, die auch für die Zukunft unseres Industrielandes eine ganz große Rolle spielt.
Niemand kann glauben, wenn man ernsthaft darüber diskutiert, dass wir noch 20 oder sogar 35 Jahre mit der Kohleverstromung so weitermachen können. Das wissen wir alle.
Also geht es darum, diesen Prozess sozialverantwortlich und vernünftig zu gestalten und gleichzeitig nach vorne auch das, was es an Chancen gibt, zu nutzen. Denn dass wir das eine noch 30 Jahre machen und dann auf einmal wie Kai aus der Kiste kommend, die Zukunftsmärkte besetzen, das glaubt doch keiner. Das Ringen passiert jetzt.
In den Wettbewerb müssen wir rein.
Die Frage ist natürlich immer: Was bedeutet das für industrielle Kernbereiche? – Dazu sage ich: Die
Chance dazu, volatile Erneuerbare und industrielle Produktion zusammenzubringen, haben wir in unseren industriellen Kernbereichen.
Der beste Freund von Johannes Remmel in der Industrie ist ja bei der TRIMET. Das kriege ich immer wieder mit. Die TRIMET betreibt fünf bis sechs Aluminiumstraßen. Jede Aluminiumstraße hat tatsächlich die Fähigkeit, ein Pumpspeicherwerk zu ersetzen, indem Aluminium vorproduziert wird und dies in einer – ich übersetze das mal für die Nichttechniker – Art großen Thermoskanne aufbewahrt und dann wieder abgezogen wird. Wenn dann volatiler Strom stärker da ist, bzw. wenn wir Lastspitzen wegnehmen müssen, dann kann man das auch ein Stück weit runterfahren, ohne das Hauptziel, Aluminium herzustellen, zu beeinträchtigen.
Das heißt, wir brauchen dann keinen Pumpspeicher mit Oberbecken und Unterbecken in die Landschaft zu bauen, sondern wir können dafür einen Kernbereich unserer industriellen Produktion nutzen. Das ist die eine Chance. Die gleiche Chance besteht in der Chemieindustrie bei der PVC-Herstellung und bei der Wasserstoffherstellung. Das Spannende ist doch jetzt, genau diese Chancen festzustellen und zu nutzen, damit wir die Technik und die Anlagen auch hier haben.
Wir haben die Voraussetzungen dafür. Eines muss ich nämlich sagen, verehrte Frau Wissenschaftsministerin, liebe Svenja: Wir haben eine wirklich einzigartige Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen. Es gibt kein Bundesland mit diesen Kapazitäten. Wir haben über 700.000 Studierende. Wir bilden viel mehr aus, als nach dem Königsteiner Schlüssel vorgesehen wäre. Demnach wären das 22 %; wir aber bilden über 25 % der Studierenden aus. Das können wir mit der Hochschullandschaft hier in NordrheinWestfalen gut stemmen.
Ich will beschreiben, welche Auswirkungen das auf die Arbeitsplätze hat. Die TH Aachen – ich war Anfang der Woche noch dort – hat mit Prof. Malte Brettel jemanden, der spezialisiert daran arbeitet, Ausgründungen aus der Hochschule zu realisieren. Die steigern das Jahr für Jahr; in 2015 waren es 60 Ausgründungen. So haben die das hochgezogen.
Sicherlich geht da auch mal was schief. Das ist ganz normal. Im Schnitt jedoch hat jede dieser Ausgründungen nach wenigen Jahren 20 Arbeitsplätze, und das nicht nur für Akademiker. Das ist auch völlig richtig. Wir müssen ja zusehen, dass wir Arbeitsplätze für alle schaffen, nicht nur für Wissenschaftler.
In Aachen entstehen beim Bau der Streetscooter in den ehemaligen Talbot-Waggonhallen gerade Hunderte von Arbeitsplätzen für „normale“ Leute, die mit der Hand arbeiten und nicht unbedingt einen Doktortitel oder einen Titel als Diplom-Ingenieur brauchen. Das ist auf einem guten Weg. In der Summe kommen in Aachen derzeit 800 bis 1.000 Arbeitsplätze
pro Jahr dazu – 800 bis 1.000, und die Tendenz ist steigend.
Das ist das Modell, das wir meiner Meinung nach auf Bochum, Dortmund und in andere Bereiche übertragen müssen. Wir machen es bereits in Richtung Fachhochschule, Forschungszentrum Jülich, und mit anderen Campi. Das ist einer der Motoren, mit denen wir das sehr, sehr gut machen können.
Wir erleben in der deutschen Automobilindustrie im Moment Prozesse, die mich an die Einführung des EEG erinnern, der Erneuerbaren. Da gibt es diesen Takt: Tesla kommt mit einem Elektroauto. Als Erstes wird das ignoriert. Dann ist es nicht mehr zu ignorieren. Dann wird es lächerlich gemacht. Dann ist es nicht mehr lächerlich zu machen. Dann wird es bekämpft. – Die unterschwellige Bekämpfung dessen, was da neu kommt, kann ich nachvollziehen; das will ich jetzt nicht ausweiten. – Dann erklärt uns Volkswagen: Wir wollen Weltmarktführer werden.
Und wo passieren in der Bundesrepublik derzeit die spannendsten Elektroautoprojekte? – Die passieren in Nordrhein-Westfalen. Wer sich ein bisschen damit beschäftigt, der weiß: Die Lieferfahrzeugprodukte, die von einer Ausgründung in Aachen jetzt in den Talbot-Werken gebaut werden – die wir immer unterstützt haben; die Ministerin, der Minister, die Landesregierung –, haben jetzt 2.500 Autos auf der Straße. Die bauen diese Lieferfahrzeuge, weil VW sie nicht liefern konnte oder wollte.
Jetzt geht es darum, ihnen die Fesseln zu nehmen, damit sie nicht nur 10.000 Autos im Jahr bauen. Der Markt, die Handwerker, die Kommunen brauchen davon Hunderttausende. Es geht genau darum, dafür zu sorgen, dass das Ganze in die Produktion gehen kann.
Als Nächstes sind die mit dem Pkw gekommen, und das war doch wunderschön. Sie haben ihn nicht in Frankfurt präsentiert, dort, wo bei einer Automesse am ersten Abend immer die Müsliautos kommen, von hübschen jungen Frauen vorgeführt, und am nächsten Abend dann die richtigen Autos für richtige Männer.
Da sind die Aachener nicht hingegangen. Die sind auf die CeBIT gegangen, weil die gesagt haben: Das ist genau die Verknüpfung von Digitalisierung und Pkw-Mobilität, angetrieben über die Erneuerbaren, die wir nach vorne bringen wollen. Der Wagen wird ab Anfang dieses Jahres für 14.000 € angeboten. Das ist eine Hausnummer! Der gleiche Typ von Volkswagen kostet 27.000 €. Das ist der Unterschied!
Jetzt muss doch unser Ziel sein, dass wir genau dieses Phänomen in Arbeitsplätze bei uns in der Region umsetzen. Wenn ich an die LEP-Vorrangflächen – Geilenkirchen, Lindern und andere – im rheinischen
Revier denke: Da gehört jetzt die Autofertigung aus Nordrhein-Westfalen hin.
Ich bedaure zutiefst, dass unsere Mittelständler – allen voran Arndt Kirchhoff, einer der Wortführer –, die mitgeholfen haben, diesen Prozess anzuschieben, dann, als ihre Kunden – die Autolieferer, die Altautoindustrie – gesagt haben: „Was macht ihr da, wollt ihr ein Auto bauen in Konkurrenz zu uns?“, sich zurückgezogen haben und gesagt haben: Nein, das machen wir nicht. – Zum Glück hat die Post den Mut gehabt und macht das jetzt in Zusammenarbeit mit der Hochschule.
Wir haben also das Potenzial. Ich möchte in Richtung der Autozulieferer sagen: Mehr Mut! Macht das! – Wir haben in Nordrhein-Westfalen die Chance, Produkte, die woanders rückläufig sind, neu nach vorne zu bringen. Das sollten wir alle gemeinsam tun.
Als disziplinierter Preuße folge ich dem Aufruf …
Ich vermute, dass ich weiß, woher die Kurzintervention kommt. Ich gebe zu: Ich habe die Geschäftsführerin gebeten, mich zum Schluss, wenn ich mit den Danksagungen nicht hinkomme – ich habe ja gar nicht alles sagen können –, zu fragen, ob ich mich nicht noch bei jemandem bedanken will. Wir teilen das jetzt auf.
Der Präsident hat gesagt, dass ich noch reden darf. Ich will keine 10 Minuten sprechen, aber ich möchte noch ein paar Danksagungen loswerden.
Ich habe eben Ihnen, euch allen gedankt. Ich weiß, dass viele von uns ausscheiden. Insgesamt kommen 50 oder 60 Abgeordnete nicht wieder zurück.
Ich möchte Danke sagen an alle, die dafür sorgen, dass dieser Parlamentsbetrieb überhaupt laufen kann.
Das mache ich im Namen aller Kolleginnen und Kollegen. Ich danke denen, die oben hinter den Scheiben sitzen, den Technikern; ebenso denen, die unten für den Betrieb sorgen, unseren Saaldienern, und schließlich denen, die die Besuchergruppen betreuen. Wir haben an solch einem Tag bis zu 3.000 Gäste. Das wird alles hervorragend und professionell betreut und gemanagt. Danke vom ganzen Haus an alle.
Ich will mich bei denjenigen bedanken, die hier hinten immer in der zweiten, dritten Reihe sitzen, die sporadisch reinkommen, egal wer an der Regierung ist: die Mitarbeiter aus den Häusern, die zuarbeiten müssen und immer unter unheimlichen Druck stehen, weil von ganz vorne schnell noch etwas gewünscht wird.
Ich will mich bei vier Frauen bedanken: bei der Präsidentin, die gerade anderweitig tätig ist, bei der Ministerpräsidentin, bei Sylvia Löhrmann und natürlich bei Sigrid Beer. Sigrid, schone dich ein bisschen mehr. Du bist so bienenfleißig und gehst immer über deine Leistungsfähigkeit. Pass ein bisschen auf dich auf!
Liebe Hannelore, als wir dich zum ersten Mal zur Ministerpräsidentin gewählt haben, habe ich irgendwann in deinem Büro angerufen – ich weiß gar nicht, ob Anja am Telefon war –, da meldete sich jemand und sagte: Büro der Ministerpräsidentin. Da habe ich mich gefreut und gesagt: Das hört sich so toll an; ich lege wieder auf und rufe noch mal an.
Die muss mich für bekloppt gehalten haben.
Wer vorher diese etwas bärbeißigen, brummigen Clements und Steinbrücks erlebt hat, der hat sich nach so vielen Männern einfach gefreut, dass eine Stimme sagt: Büro der Ministerpräsidentin. – Das war ein Genuss.
Jetzt weiß ich, dass du auch mal beißen kannst. Aber ich habe wirklich immer geschätzt, dass man, wenn da etwas war und wenn es mal gerumst hat – dann kann man ja auch gegenrumsen –, immer in der Lage war, sich zu entschuldigen, wieder aufeinander zuzugehen und zu sagen: Das gehört dazu.
Niemand weiß, wie hoch die Arbeitsbelastung derjenigen wirklich ist, die hier sitzen. Da ist die 70-, 80Stunden-Woche nichts. Das ist bei Abgeordneten ähnlich. Da, wo man als normaler Werktätiger am Freitagabend sagen kann: „Nun war’s das aber“, da
fängt es bei den Parteien oft erst an, mit Veranstaltungen am Freitagabend oder samstags und sonntags. Da geht es dann weiter. Das ist bei allen so, bei der Opposition wie bei der Regierung.
Die Arbeitsbelastung – ich habe das nun 17 Jahre lang erlebt – ist immens. Das gilt nicht nur für die Regierungsmitglieder und für diejenigen, die schon lange dabei sind. Auch die Kollegen der Piraten sind in einer unglaublichen Kraftanstrengung ins Parlament eingezogen und mussten alles das, wofür wir einen langen Vorlauf hatten, nachholen und am lebenden Objekt lernen und nachholen. Das ist eine Riesenarbeit. Auch da wird es nicht mit einer 50-, 60Stunden-Woche geregelt gewesen sein, sondern … Wir wissen ja alle, wie das ist!
An euch alle also meinen Dank! Dieser Dank geht auch an viele Kollegen, mit denen man immer wieder – bei allem Wettbewerb – in einem vernünftigen Austausch stand: an den Kollegen Rasche oder auch an Joseph von der CDU; Hubertus Fehring ist jetzt nicht da; Eckhard habe ich schon angesprochen. Auch dir, Armin, herzlichen Dank für die Gespräche!
Es wird Sie nicht verwundern, wenn ich es einem noch persönlich sagen muss – er hat das eben vorgemacht; es war nicht abgesprochen –: Lieber Norbert, 17 Jahre Parlament, insgesamt 22 Jahre und vier Koalitionen waren wirklich klasse, auch die fünf Jahre mit dir als Fraktionsvorsitzendem. Zwei Jahre in der Minderheitsregierung zu erleben, hat noch einmal etwas ganz Besonderes bedeutet.
Es war eine gute Zusammenarbeit. Du warst Ansprechpartner, man konnte immer mit dir reden. Es war nicht Eitelkeit, sondern immer das Gefühl, am Wirkungsgrad orientiert zu schauen, dass alles läuft, zuhören zu können, zu sagen, wann eine Grenze erreicht ist, aber auch zu akzeptieren, wenn sie woanders lag. Im besten Sinne warst du eigentlich ein Aachener Ingenieur. Diesen Titel würde ich dir ehrenhalber verleihen.
Ganz herzlichen Dank für die Zeit und Ihnen allen alles Gute, auch für die schwierige Zeit im Wahlkampf und den Einsatz für unser Land! Von mir ein herzliches Glück auf!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Armin Laschet, Ihre Rede eben war – das muss ich sehr deutlich sagen – in einem Punkt schäbig. Sie war populistisch, und sie hat gezeigt, dass Sie keine Ahnung vom rheinischen Revier haben.
Ich gehe jetzt alle Punkte durch.
Ich will mit dem Punkt anfangen, den ich am unangenehmsten finde. Da war die Rede in folgender Hinsicht schäbig: Es gibt sehr viele Menschen, die zivil und in angemessener Form gegen die Braunkohle protestieren und nicht verstehen, warum die letzten Reste dieses großen Waldes gefällt werden sollen. Und es gibt einige wenige, die zu kriminellen Methoden greifen, die jeder nur verurteilen kann; denn es kann nicht sein, dass Menschen in Gesundheit und Leben gefährdet werden, wie jetzt geschehen.
Herr Brockes, hören Sie auf, jetzt unterhalten sich Erwachsene!
Herr Laschet, vorhin haben Sie diejenigen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten friedlich und anständig protestieren, in einen Topf geworfen mit denjenigen, die kriminell sind.
Doch, genau das haben Sie eben getan!
Ich will Ihnen auch sagen, warum das Ganze populistisch ist. Wir leben ja nun beide in Aachen. Schauen wir uns das Revier an: Es gibt eine Exzellenzuniversität in Köln und eine in Aachen; 20.000 Beschäftigte an der Hochschule in Aachen, 5.000 in Jülich und im rheinischen Revier direkt in der Braunkohle.
Wenn das, was zwischen Unternehmen und Bundesregierung vereinbart wurde, mit der Stilllegung von fünf Blöcken abgewickelt wird, reden wir über 7.000 Beschäftigte, um die man sich kümmern muss, die man genauso wenig ins Bergfreie fallen lassen darf, wie es bei der Steinkohle geschehen ist, und deren Sorgen man ernst nehmen muss.
Das ist alles richtig – aber um es klar zu sagen: Sie wissen ganz genau, dass die Perspektive dieser Region in den Ausgründungen aus der Hochschule und den anderen Bereichen liegt. Sie liegt in keinem Fall in der Braunkohle.
Hören Sie auf! Sie wissen das ganz genau! – Deswegen ist es Populismus; denn Sie sagen den Leuten nicht, dass es eben laufende Prozesse gibt.
Ihre Bundesregierung, in der Sie als stellvertretender Bundesvorsitzender mit Angela Merkel und allen anderen ebenfalls vertreten sind, hat „Paris“ mitunterschrieben. Sie wissen genau, dass die Braunkohle keine Zukunftsperspektive für die Region bietet.
Da ist Minister Duin viel ehrlicher, weil er das auch ganz klar gesagt hat. Sie hingegen streuen den Leuten Sand in die Augen.
Passen Sie auf! – Wir erleben dort den gleichen Prozess, wie wir ihn im Ruhrgebiet lange und zu spät anders gestaltet haben. Das Schlimme daran ist, dass Sie ihn mitmachen und meinen, Sie als Opposition könnten da Ihr Süppchen kochen, indem Sie die Leute auf die Bäume jagen. Und wir müssen sie nachher runterholen.
Doch, genauso ist das! – Ich habe mich wirklich gewundert, dass die Sozialdemokraten, von denen ich weiß, dass sie im Rheinischen Revier sehr verankert sind, bereit waren, mit der Innovationsregion diesen unabänderlichen Prozess, der zu einem Auslaufen führen wird, zu gestalten, denn sie wussten eigentlich, dass wir im Ruhrgebiet zu spät eingesetzt haben.
Sie stehen jetzt an einer Stelle, wo Sie das hochziehen, was Ihnen irgendein Betriebsrat sagt, weil Sie meinen, dass Sie damit bei den Leuten gewinnen. Das trägt nicht!
Im Prinzip versündigen Sie sich an der Region, weil Sie sich nicht nach vorne aufstellen!
Doch, genauso ist das! – Kollege Wüst hat eben gesagt: Viel schlimmer als „keine Lust“ ist „keine Idee“.
Wenn ich mir das Rheinische Revier – und wir leben da nun beide seit Jahrzehnten – im Hinblick darauf anschaue, was da gemacht werden müsste, dann stelle ich fest: Da kommt in dieser Hinsicht nichts von Ihnen. Sie tun so, als ob die Braunkohle eine Perspektive wäre, dabei wissen Sie das doch viel besser.
Natürlich ist das wahr! – Liebe Leute, niemand glaubt doch, dass man in der Bundesregierung stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender sein und in Paris die Klimakonferenz mitbeschließen kann, gleichzeitig aber bei all den Zielsetzungen so tun kann, als könnten wir bis 2050 einfach so weitermachen. Das passt nicht. Das ist einfache Mathematik.
Sie haben den Eindruck erweckt!
Er interessiert mich, ehrlich gesagt, an dieser Stelle auch nicht, weil das, was er erzählt hat, genauso ein dummes Zeug war. Bei Ihnen ist es jedoch viel schlimmer, Herr Laschet!
Passen Sie mal auf! Es gibt klare planerische Festsetzungen. Hier hat die Landesregierung ihre Arbeit gemacht. Aber wenn Sie eins und eins zusammenrechnen, und wenn Sie wissen, dass Inden viel früher geschlossen wird, wenn Sie wissen, was dort noch an Kohle liegt, dann wissen Sie genau, dass man die 7.000 Leute, von denen zwei Drittel bis Mitte der Dreißigerjahre in Rente gehen, dort abholen muss, wo die Innovationsregion angefangen hat. Man muss ihnen sagen, dass wir es auch in der Steinkohle geschafft haben, ohne dass jemand arbeitslos wurde. Das wird nachher die Garantie für alles sein und nicht das, was Sie machen!
Herr Laschet, Sie sind derjenige, der Ministerpräsident werden will. Dann müssen Sie auch eine Perspektive für das Revier bieten, die zumindest einen Ansatz von Realität enthält.
Die Nummer, dass Sie sich nur wegducken und nichts Konkretes liefern, lässt Ihnen doch keiner mehr durchgehen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe ja Verständnis,
dass Herr Brockes Sie begeistert hat. Ich bitte um Konzentration.
Wir diskutieren heute den Wirtschaftsbericht 2016. Herr Minister Duin, ich finde ihn wirklich lesenswert. Mein Dank und der Dank unserer Fraktion geht an alle, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben. Der Bericht ist nämlich ehrlich. Er benennt die kritischen Punkte. Wenn man ganz genau hinschaut, drückt er sich nicht um problematische Bereiche herum, sondern er benennt sie. Er benennt die Stärken, er benennt die Schwächen und führt sie auf.
Eigentlich könnte die Opposition mit diesem Bericht gut arbeiten. Aber alles, was ich bis jetzt dazu gehört habe, war das übliche Aufgewärmte. Ich hatte gedacht, sieben, acht Monate vor der Landtagswahl käme hier mal irgendwie ein Gefühl dafür auf, was die denn Opposition machen würde, wenn sie an der Regierung wäre. Da ist jedoch gar nichts.
Herr Wüst, ich würde gerne mit ein paar Punkten aufräumen. Sie verstehen den Minister immer völlig falsch.
Damit Sie es einmal im Ansatz anders erklärt bekommen: Sie meinen immer, er würde den Koalitionsvertrag kritisieren. Das ist völlig falsch.
Er hat lediglich zutiefst bedauert, dass er 2010 und 2012 nicht dabei war, weil der sehr gute Koalitionsvertrag – ich kann das sagen; ich habe vier ausgehandelt – noch besser geworden wäre. Das glaube ich auch.
Insofern wäre es gut, wenn Sie endlich einmal akzeptierten, was er sagt.
Diese ewige Nummer zwischen Remmel und Duin, angeblich tritt der eine immer dem anderen vor das Schienenbein. Das ist doch alles Quatsch, das ist Ihr Gespiele.
Ich will ein paar Punkte ansprechen. Der Bericht ist ehrlich, und wir haben uns an der einen oder anderen Stelle nicht gedrückt, auch wenn es manchmal schwierig war. Der Bericht spricht die Kohlelastigkeit von Nordrhein-Westfalen an – völlig zu Recht. Wir kennen unsere Vergangenheit, wir wissen um die Diskussionen, um den Steinkohleausstieg – das kennen wir alles. 30 % des Stroms wird in NRW erzeugt, und davon 45 % über Braunkohle und 30 % über Steinkohle. Ein Drittel der Treibhausgasemissionen Deutschlands stammt aus Nordrhein-Westfalen. Das wissen wir.
Jetzt diskutieren wir die Klimapolitik nicht erst seit ein paar Wochen. Das müsste die CDU wissen. Ich erinnere an Bundeskanzler Kohl und Rio de Janeiro 1990. Das sind jetzt 26 Jahre Diskussionen. Und was passiert jetzt ganz aktuell? – Letztes Jahr im Dezember fand die Klimakonferenz in Paris statt, 175 Staaten haben unterzeichnet.
Der Vertrag tritt in Kraft, wenn ihn 55 Länder, die 55 % der Emissionen ausstoßen, ratifiziert haben. 62 Staaten hatten unterzeichnet, darunter Amerika, China und Indien, also ganz große Staaten. Die Bundesregierung hat ratifiziert, ebenso das Parlament und der Bundesrat, vor wenigen Tagen auch die Europäische Union. Im November dieses Jahres tritt dieser Vertrag in Kraft.
Was heißt das denn? – Das ist das, was ich bei der CDU immer nicht verstehe. Das, was da beschlossen worden ist, hat Auswirkungen auf alle Produktionsbereiche, auf die industrielle Herstellung, auf ganz viele Lebensbereiche. Das ist doch nichts, was beschlossen worden ist und dann keine Konsequenzen hätte. Wir merken das schon seit einiger Zeit, aber es wird immer weitergehen.
Wir geht man dann vernünftigerweise mit der Situation um? – Es wird ein Ringen um Zukunftsmärkte geben, die demnächst vor uns liegen. Auf diesen Zukunftsmärkten muss sich unser traditionsreiches Land von Stahl, Kohle und Maschinenbau positionieren und zusehen, dass es von dem Kuchen etwas mitbekommt. Sonst entstehen alle Arbeitsplätze in diesem Bereich woanders.
Genau das haben wir gemacht, über Jahre hinweg. Und was haben Sie getan? – Sie haben immer nur über den Kollegen Remmel hergezogen und haben diese Diskrepanz konstruiert, während wir den Klimaschutzplan aufgestellt und zugleich versucht haben, in Nordrhein-Westfalen alle die, die dabei mitgehen wollten, zu motivieren. Da rede ich beispielsweise über Saage und viele andere mittelständische Firmen.
Wir haben als erste Regierung ein Klimaschutzgesetz eingeführt, wir haben die KlimaExpo gegründet – von Ihnen jedoch kamen immer Hohn und Spott, aber keine Beteiligung. Das ist für mich völlig unverständlich, zumal von Kohl über Schröder bis hin zu Merkel die Bundeskanzler der letzten 25 Jahre – hauptsächlich von der CDU – die Klimapolitik als eine Konstante der Bundespolitik ansahen. Auch unter Rot-Grün, dann mit der SPD in der Großen Koalition, selbst in der Koalition mit der FDP ist dies nicht geändert worden. Sie waren so lange in der Verantwortung, aber diesen Fakt negieren Sie einfach. Da, wo wir darum kämpfen, dieses traditionsreiche Land für die Zukunft aufzustellen, gibt es von Ihrer Seite immer nur Hohn und Spott.
Wichtig wäre es jetzt, mit kluger Wirtschaftspolitik den Umbau zu flankieren und zu gestalten, genau so, wie es für die Steinkohle erfolgreich praktiziert wurde. Wir könnten darüber streiten, ob das Ganze nun zehn Jahre zu spät kommt, aber das ist doch vergossene Milch. Es läuft doch vernünftig. Ich verstehe auch manche Kritik nicht, zum Beispiel die an Ibbenbüren. Wenn überhaupt irgendwo in NordrheinWestfalen der Umstrukturierungsprozess mit einem hohen lokalen Konsens gut angepackt worden ist, dann ist doch in Ibbenbüren. Da muss man jetzt nicht jammern, sondern das sollte man positiv aufnehmen.
Klar ist, kluge Wirtschaftspolitik flankiert den Umbau. Die Bundesregierung hat bedauerlicherweise nicht den notwendigen Mut zu Reformen. Allein eine kluge Wirtschaftspolitik könnte den Unternehmen eine Orientierung geben. Jetzt können Sie immer herumlamentieren und sagen: Das ist alles grüne Spinnerei. – Aber dass die Tendenz immer weiter in Richtung grüne Produkte und weg von grauen Produkten geht, ist doch überhaupt nicht zu bestreiten. Wer sich da nicht mit einer entsprechenden Orientierung, die den Unternehmen die Richtung weist, vernünftig aufstellt, der verschwendet praktisch die Arbeitsplätze von morgen und sorgt dafür, dass sie irgendwo anders landen, wo sie gerne genommen werden. Zu dieser Thematik habe ich nichts von der CDU gehört.
Die Orientierung ist doch eigentlich ganz klar: Vergesst die fossilen Energieträger, stellt euch auf die grünen Märkte ein, um mit aller Verantwortung und Pflicht dafür zu sorgen, dass die Prozesse – also Strukturwandel usw. – unter Vorgabe einer klaren Orientierung vernünftig laufen.
Ich bin ja schon ein bisschen länger hier, und ich möchte auf den Wirtschaftsbericht verweisen – das ist ganz spannend –, Seite 150, Abbildung 79. Da gibt es eine Kurve „Ausbaurate der Windkraft in Nordrhein-Westfalen“; das ist eine richtige Schlangenkurve. Die etwas Älteren erinnern sich noch an Oliver Wittke; das war ein ganz schneller CDUKollege, ein ganz, ganz schneller.
Er war Minister, und er war verantwortlich für den Windkraftausbau. Ich weiß, er ist ein enger Freund von Josef Hovenjürgen – das tut mir jetzt leid, Herr Hovenjürgen. Der hat damals dieses legendäre „Zeit“-Interview gegeben; das war ein Dossier. Ich habe mir das aufgehoben, weil ich so etwas vorher noch nie gelesen hatte. Überschrift: „Ich kann auch mit Doofen“.
Da wurde beschrieben, wie er mit seinem Dienstwagen zu Hause abgeholt wurde; Sie erinnern sich. Er wurde also abgeholt, und dann fuhr er mit seinem Dienstwagen durch die Landschaft. Dabei fuhr man auch an Windrädern vorbei. Dann steht in dem Artikel: Er zeigte darauf und sagte: „Das ist das Erste, was wir kaputtmachen werden.“ – Das ist das Zitat eines Ministers!
Jetzt wissen wir alle, wie das läuft. Wenn ein Minister einen solchen Satz von sich gibt, dann wissen wir, wie unten in den anderen Ebenen reagiert wird. Sie können in diesem Bericht von Minister Duin die Bremsspur erkennen, die Wittke da hinterlassen hat. Der Ausbau der Windkraft ist 2010 runtergegangen auf 90 MW pro Jahr.
Josef Hovenjürgen, du weißt ganz genau – du bist ja selber ein Leidtragender –, dass man vier, fünf Jahre für die Planung eines Windparks braucht. Diese Bremsspur haben wir gesehen. Jetzt hat Johannes Remmel – mir ist das auch immer zu langsam – das Ganze wieder hochgebracht auf fast 500 MW jährlich.
Wir gehen davon aus, dass wir 500 MW im Jahr 2016 und im Jahr 2017 600 MW haben werden. Das ist schon mal eine Verfünffachung. Und wenn wir heute wissen, dass wir die Erneuerbaren brauchen, wenn wir nach Paris wissen, dass es in der Sache weitergeht, dann ist doch die Frage: Wie machen das andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen usw.? – Bei uns kann man die Bremsspur jedenfalls nicht leugnen. Und dafür tragen Sie die Verantwortung.
Ich will noch einen zweiten Punkt anbringen. Ich habe ja als Maschinenbauer ein Faible für Kraftwerke, aber ich erinnere mich sehr gut an die Diskussionen mit Christa Thoben zwischen 2005 und 2010. Christa Thoben hatte die Strategie: Baut jetzt noch schnell neue Kohlekraftwerke, damit dann, wenn das erst mal zu Ende geht, diese Kraftwerke in NRW stehen und wir die Republik mit Strom beliefern können. – Alle, die darauf reingefallen sind und gebaut haben, weinen heute jeden Tag bittere Tränen.
Ich weiß das von der Trianel GmbH in Aachen. Die hat auf diese Diskussion hin in Lünen gebaut. Wir haben seinerzeit darüber gerungen. Trianel verdient an Lünen nicht einen Cent. Dort werden noch nicht mal mehr die laufenden Betriebskosten erwirtschaftet, vom Kapitaldienst ganz zu schweigen. Auch dafür tragen Sie die Verantwortung.
Deswegen haben wir uns in diesen hervorragenden Koalitionsverträgen 2010 und 2012 darauf verständigt dass wir die Kraft-Wärme-Kopplung in Nordrhein-Westfalen, die an eine lange Tradition anknüpft, ausbauen. Wir sind davon überzeugt: NRW
braucht Kraftwerke. Die modernen Kraftwerke jedoch sind so beschaffen wie das, was hier auf der Lausward steht. Das ist das beste Kraftwerk, das ich in Deutschland kenne: ein modernes Gaskraftwerk mit großem Wärmespeicher, mit Ausbau der Wärmenetze in ganz konsequenter Art, eine Kathedrale der Kraftwerkstechnik für Monika Düker.
Das Gleiche haben wir in Köln-Niehl mit der RheinEnergie unterstützt. Auch das war richtig, auch dort hatten wir Stadtwerke, die diesen Weg gehen wollten. Zusätzlich gibt es noch Optionen in Leverkusen und in Krefeld zur Standortsicherung der Chemieparks.
Das bedeutet also nicht, dass wir keine neuen Kraftwerke bräuchten, sondern dass sie passen müssen. Wenn hier mehr als 90 % Wirkungsgrad vorhanden sind, dann ist das richtig. Und wenn ich dann irgendeine energiepolitische Strategie der CDU bitter vermisse, dann nicht, weil wir sie bräuchten – aber es wäre schön, im Laufe der Debatte auch mal über solche Sachfragen zu reden, statt ewig nur über diese angeblichen Differenzen.
Lassen Sie mich einen zweiten Bereich ansprechen, der mir sehr wichtig ist. Derzeit wird eine intensive Diskussion über „Dieselgate“ und die Verschmutzung der Umwelt durch verschiedene große Autofirmen geführt. Hier haben wir wieder diesen klassischen Konflikt zwischen industrieller Produktion und der Gesundheit der Menschen. Ich erinnere an das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das möglicherweise Konsequenzen für die Dieselfahrzeuge nach sich zieht.
Ich selbst fahre seit über 30 Jahren VW, aktuell einen Passat BlueMotion. Mich ärgert es natürlich, wenn VW, Fiat oder Opel mit solchen Mogeleien – man kann schon von Betrug reden – arbeiten. Der eine schaltet die Abgasreinigung ab, sobald sich alle vier Räder drehen, denn dann ist das Auto auf der Straße. Wenn sich nur zwei Räder drehen, weiß das Auto: Es ist beim TÜV, und dann wird die Abgasreinigung eingeschaltet.
Der nächste geht hin und führt ein Thermofenster ein, welches bewirkt, dass unterhalb von 17 Grad Außentemperatur die Abgasreinigung abgeschaltet wird. Das ist in Ostwestfalen und in der Eifel zu 90 % des Jahres der Fall. Und die Italiener, also Fiat, sind dann hingegangen und haben dafür gesorgt – nach dem Motto: Nudeln sind in neun Minuten gar –, dass sich nach 20 Minuten die Abgaseinrichtung ausschaltet; denn die Zeit auf dem Prüfstand beim TÜV dauert längstens 20 Minuten. Das alles sind Betrugsmethoden. Das Gericht hat jetzt ganz klar gesagt: Das geht so nicht weiter. – Solche und ähnliche Urteile werden auch von Gerichten andernorts folgen.
Die Frage ist: Was machen wir jetzt im Bereich „Mobilität“? Wir sind in Nordrhein-Westfalen nicht die Autobauer schlechthin, aber immerhin kommen 30 % der Kraftfahrzeugzulieferer aus NRW. Vorhin haben Sie noch die StreetScooter erwähnt. Das geschieht immer noch viel zu wenig. Die Autozulieferer aus NRW haben zusammen mit der Technischen Hochschule Aachen dabei mitgeholfen, dieses moderne Elektrofahrzeug zu entwickeln. Darauf können wir wirklich stolz sein.
Die Deutsche Post mit 40.000 Fahrzeugen hat entschieden: Für unseren Bedarf bei der Auslieferung brauchen wir Elektrofahrzeuge. Da spielt dann auch die Reichweite von nur 80 km keine Rolle; denn die Lieferfahrzeuge der Post stehen auf einem Hof, werden beladen, fahren ihre 60 km und kommen wieder zurück. Sie fahren im Stadtbetrieb von Hausnummer zu Hausnummer. Da braucht ein VW Caddy 17 Liter bis 18 Liter auf 100 km; das Elektrofahrzeug braucht umgerechnet lediglich 1,5 Liter bis 2,0 Liter. Das ist Fertigung made in NRW.
Wenn es jetzt darum geht, dass die Zukunftsmärkte im Mobilitätsbereich nach vorne aufgebaut werden sollen, dann müssen wir uns melden, dann brauchen wir diese Strategie. Ein Blick durch Europa zeigt: Die Niederlande sowie die Norweger lassen ab 2025 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge neu zu. Und der von der CDU so viel gescholtene Umweltminister Remmel hat es geschafft, im Umweltausschuss des Bundesrates mit einer 16:0:0-Entscheidung eine Position herzustellen, die dann auch der Bundesrat übernommen hat. Inhalt: Wir wollen ab 2030 europaweit nur noch emissionsfreie Neuzulassungen. Da muss doch die Glocke schellen.
Spätestens hier muss man doch erkennen: Die gesamte Pkw-Industrie wird in den nächsten Jahren umentwickelt. Ich sagen Ihnen, was wir eigentlich brauchen. Darf ich daran erinnern, dass am 25. Mai 1961 John F. Kennedy im US-Kongress gesagt: „Wir wollen noch in diesem Jahrzehnt einen Menschen auf den Mond schicken und zurückholen“? Das ist den USA am 20. Juli 1969 gelungen. Was wir eigentlich bräuchten, wäre eine nationale Anstrengung. Immerhin hängen an der Automobilindustrie 7 Millionen Arbeitsplätze, und da müssen wir sagen: Innerhalb von zehn Jahren wollen wir eine emissionsfreie Fahrzeugflotte in den Neuzulassungen. Da müssen wir hinkommen, und da müssen wir uns alle anstrengen.
Wenn der StreetScooter ein Beispiel ist …
Nein, Josef, wir wollen euch nicht auf den Mond schießen. Wir wollen euch dabei haben, wenn wir diese Autos entwickeln
Nur kein Missverständnis! Und wenn der StreetScooter …
Ja gut, nicht alle. Das regelt ihr untereinander.
Das könnt ihr untereinander regeln.
Ich glaube jedenfalls, dass es das wert wäre. Denn der entscheidende Punkt ist doch folgender: Länder wie Norwegen oder die Niederlande bauen keine Autos; sie importieren sie nur. Wenn diese Länder sagen, dass sie ab 2025 als Neuzulassungen nur noch Fahrzeuge kaufen, die emissionsfrei sind – wo kaufen sie diese denn? Kaufen sie die bei Tesla oder aus China? Oder kaufen sie sie bei uns? Wir können doch nur wollen, dass sie sie hier bei uns kaufen, und dann müssen wir neue Wege gehen.
Gestatten Sie mir, noch einen Punkt anzusprechen. Kollege Klocke – er ist heute wegen seines Handbruchs leider im Krankenhaus – und Mike Groschek
sind ja oft ausgelacht worden wegen ihres Engagements für Radwege. Sie sind oft ausgelacht und verspottet worden, weil man immer meint, der Ausbau von Radwegen wäre eine grüne Spinnerei. Ich sage Ihnen jedoch: Das ist ein sehr vernünftiges Nahverkehrskonzept, und der Radwegeausbau, den Mike Groschek im Ruhrgebiet vorantreibt, ist ein Premiuminstrument für den Nahverkehr.
Werfen wir mal einen Blick auf die Neuzulassungszahlen für Elektroräder – ich habe mir das in Vorbereitung der Debatte mal angeguckt –: In der Bundesrepublik sind im letzten Jahr 535.000 Elektrofahrräder verkauft worden. Das bedeutet einen Umsatz von annähernd 1 Milliarde €. In Holland wurden 276.000 Räder verkauft. Setzen Sie mal die Einwohnerzahl Hollands – unter 18.276.000 – ins Verhältnis zu der von Deutschland. Jetzt rechnen Sie mal hoch! Das ist ein Markt, der boomt und der als Nahverkehrsinstrument kommen wird. In Paris hat man es geschafft, durch konsequente Radverkehrspolitik innerhalb von fünf Jahren den Pkw-Nahverkehr um über 35 % zu reduzieren.
Was wollen wir denn in den Ballungszentren machen, um die Probleme mit den Emissionen usw. in den Griff zu kriegen? Da ist der Radwegausbau doch genau die richtige Lösung. Dafür gehören die Minister und diejenigen, die so etwas umsetzen, nicht ver
spottet. Es handelt sich vielmehr um eine zukunftsweisende Nahmobilitätspolitik innerhalb eines Ballungsraums.
Jetzt habe ich noch eine Minute Redezeit und die Zugabe des Ministers. Deswegen nur noch ein Punkt. Ich habe eine Vision für das Ruhrgebiet, den größten Ballungsraum Europas, der eigentlich prädestiniert ist für modernste Nahverkehrsmobilität. Das ist nicht ein Szenario mit 20 Nahverkehrsbetrieben, 3-SpurWagen, acht verschiedenen Typen von Fahrkartenautomaten, sondern das von einem modernen Labor für Nahverkehrsmobilität, wo man als junger Mensch – nicht ich, sondern Kinder und Enkelkinder – mit dem Smartphone digital sein Ticket von Dortmund nach Duisburg buchen kann, wo man einfach einsteigt und sich fortbewegen kann. Das ist das, was wir brauchen.
Wir müssen es mit einer gemeinsamen Anstrengung hinbekommen, endlich den Weg dafür freizumachen. Dann wird das Ruhrgebiet der Wallfahrtsort für alle diejenigen, die moderne Nahmobilität im digitalen Zeitalter erleben wollen. Von den Oppositionsfraktionen habe ich nie etwas davon gehört, einen solchen Referenzraum zu schaffen. Aber wir können es uns ja für die nächste Legislaturperiode vornehmen, dass wir da noch ein Stück weiterkommen. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Kollege Schmalenbach. – Sie haben einleitend von einer Koalitionskrise gesprochen. Das einleitende Zitat von Kollegin Brems – ich habe extra noch mal nachgeguckt –, bei dem Sie vermutet haben, es führt zu einer Koalitionskrise, stammt von unserem Wirtschaftsminister, der – nachzulesen in der gestrigen „Rheinischen Post“ – gesagt hat: „NRW hat einfach zu lange an falschen Industrien festgehalten.“
Nur zu Ihrer Orientierung: Es gibt keinen Krach, sondern gleiche Einschätzung und deswegen der engagierte Einsatz noch vorne für Speicher und Erneuerbare.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Weil sich der Kollege Deppe gerade gemeldet hat: Erinnere ich mich richtig, die weitestgehende Planung für einen Pumpspeicher in Nordrhein-Westfalen, am Rursee in der Eifel, vorangetrieben von der Trianel, im Prinzip die größte Investition in der Eifel in der Geschichte der Bundesrepublik, ist im Regionalrat in Köln gescheitert?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Christian Lindner hat recht gehabt, als er gesagt hat, wir kennen uns jetzt fast 17 Jahre, die wir hier im Landtag sind. Man weiß zwar ungefähr, was der andere sagt, aber ich bin immer wieder überrascht, wenn von ihm dann Sprüche wie „Wachstum hebt wie die Flut alle Boote“ und Ähnliches kommen.
Wenn man so lange hier im Landtag ist, so lange Landespolitik macht, sich wirklich Gedanken über dieses starke solidarische Land und die strukturellen Probleme macht und es dann auf eine so flapsige Art serviert bekommt, wie Sie das getan haben, dann kann ich das nicht verstehen. Das zeigt doch, dass Sie gar nicht hier in die Verantwortung, sondern eigentlich nach Berlin wollen.
Aber, Armin Laschet, auch was du gemacht hast, habe ich nicht verstanden. Ich habe nicht verstanden, was das mit dem Sputnik-Projekt und der Raumfahrt soll und wen du auf den Mond schießen willst.
Du hast gesagt, das Erste sei eine schonungslose Analyse, das Zweite die Vision und das Dritte die Konzentration. Wenn man aber einmal die Rede durchgeht – das Gleiche haben wir vor gut zehn Tagen im Wirtschaftsausschuss thematisiert –, dann ist davon in dem Beitrag hier – das gilt auch für den Beitrag im Wirtschaftsausschuss – nichts übrig. Aus eurer Sicht sind das Tariftreue- und Vergabegesetz, die Klimaschutzvorgaben oder der Landesentwicklungsplan für die Strukturschwäche verantwortlich.
Es glaubt doch niemand von euch daran, dass es diese Punkte sind, die die strukturellen Probleme des Landes ausmachen. Niemand glaubt das.
Das macht ihr ja präventiv. Wirtschaftsminister Duin hat das am 31. März schon richtig benannt; so alt ist dieses Thema schon. Von wegen Aktuelle Stunde! Ihr hättet einen Antrag stellen können und auf den Tisch legen können, was eure Vorstellung dazu ist.
Wenn man Ministerpräsident werden will, wird das eigentlich erwartet. Nichts ist gekommen,
sondern nur ein billiger, dürrer Antrag für eine Aktuelle Stunde.
Der Wirtschaftsminister hat es doch richtig benannt. Er hat sich nicht davor gedrückt, sondern hat gesagt: Die Zahlen sind nicht erfreulich, aber wenn man ein Stück weit analysiert, was im Land los ist, dann ist damit zu rechnen. Dann muss man die Punkte in der Analyse auch benennen.
Ja, Josef Hovenjürgen, darüber brauchst du dich gar nicht aufzuregen. Genau der Punkt ist es, den ich bei euch vermisse.
Der Wirtschaftsminister hat gesagt, es seien die Probleme des Bergbaus, der Energieversorger, der Stahl- und der Chemieindustrie. Diese Branchen seien besonders von einer Reihe von negativen Entwicklungen betroffen. Der Vertreter von Minister Duin hat es im Wirtschaftsausschuss doch auch klar benannt. Die Zahlen dazu sind doch – ihr wart schließlich dabei – auf den Tisch gelegt worden. Der Anteil an der Grundstoffindustrie beträgt auf Landesebene 30 %, auf Bundesebene 18 %. Das heißt, wir sind im Bereich der Grundstoffindustrie von der internationalen Entwicklung und von Krisen besonders betroffen.
Wer sich vor diesem Hintergrund hier darüber lustig macht, dass der Strukturwandel in diesem Land schon so lange dauert, der hat weder das Land noch die Wirkungsweise des Strukturwandels kapiert.
Das ist keine schonungslose Analyse, die gemacht wird. Während der ersten Phase des Strukturwandels gab es 600.000 Steinkohlebergleute und über 800.000 Mantelbeschäftigte, und in zwei Jahren werden wir das Ende des Steinkohlebergbaus in Nordrhein-Westfalen erleben. Anderthalb Millionen Menschen sind aus der Beschäftigung gegangen. Es ist
nicht zu sozialen Brüchen gekommen, aber zu Strukturproblemen. Jetzt erleben wir einen permanenten Prozess. Ich verstehe gar nicht, wie man sich darüber lustig machen kann, wenn der Kollege Paul anspricht, dass die Digitalisierung eine Revolutionierung des gesamten industriellen Produktionsprozesses ist.
Davon kommt in eurem Beitrag, in der schonungslosen Analyse, die notwendig wäre, nichts vor.
Ich muss gar nicht alles teilen, was Herr Prof. Roland Döhrn vom RWI sagt. Aber er hat in einem kleinen Zeitungsinterview im „Kölner Stadt-Anzeiger“ mehr Analyse geliefert als die gesamte CDU-Fraktion, die in die Regierung will, in ihren Beiträgen hier und auch im Wirtschaftsausschuss.
Wenn die Energiewende ein Problem ist, dann kann man sich doch nicht hinstellen und das einfach nur thematisieren und ausblenden, dass seit der Konferenz von Rio 1992 alle Bundesregierungen die Energiewende als Ziel ihrer Politik in Deutschland definiert haben. Angefangen hat dies bei Bundeskanzler Kohl, dann kam Schröder unter Rot-Grün und Merkel. Sie haben sich Klimaschutzziele wie die Reduktion von CO2 um 40 % bis 2020 und fortfolgend 80 bis 95 % bis 2050 und den Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Fahnen geschrieben. Das ist das Ziel der Politik.
Dann ist ein Land wie Nordrhein-Westfalen, in dem zwei Drittel der Emissionen aus der Stromproduktion von Steinkohle und Braunkohle stammen, besonders von diesen Zielsetzungen betroffen.
Ja, aber wo bleibt denn deine Analyse zu dem Punkt?
Ich möchte an der Stelle auch ganz konkret werden. Wenn wir dann aus der Analyse heraus eine Leitentscheidung treffen, die die bekannten internen Probleme zwischen Sozialdemokraten und Grünen berücksichtigt hat, und ihr beide euch hierhin stellt und sagt: „Diese Leitentscheidung, die nur ein Teil der notwendigen Reduktion wirklich in Anspruch nimmt, ist falsch. Wir akzeptieren, dass die Menschen nicht mehr vertrieben werden, aber wir würden diese Leitentscheidung rückgängig machen“, dann ist das ein Ignorieren des Problems und des Strukturwandels.
Ihr benennt in keiner Form die Maßnahmen, die aufgrund des Strukturwandel, der Energiewende und der Digitalisierung notwendig wären und kommen
müssten. Als Herr Kollege Paul den Tesla angesprochen hat, wurde gelacht. Aber wir müssten uns dem riesigen Bereich der Stromerzeugung und der Mobilität widmen. Denn wir wären aufgrund unserer Struktur das Land, das für die Elektromobilität in der Bunderepublik Deutschland Maßstäbe setzen sollte und müsste.
Das sind alles Aufgaben, die wir angepackt haben. Bei euch kommt das aber alles nicht vor. Ihr tut so, als ob ihr die SPD in der Gewerkschaftstreue, in der Treue zur Kohle noch überholen könntet, und ignoriert völlig, dass bei allen Schwierigkeiten, die es bei den Kollegen gibt, der Prozess nur in diese Richtung gehen kann. Da drückt ihr euch. Dazu gibt es keine Analyse, und daraus folgen auch keine Konsequenzen.
Wer in der Situation – und ich spreche jetzt nur einen Teil an – allen Ernstes behauptet, das Tariftreue- und Vergabegesetz sei ursächlich für diese Schwierigkeiten in Nordrhein-Westfalen, der leistet damit doch den absoluten Offenbarungseid. Das ist doch völliger Quatsch.
Selbst wenn es dieses Gesetz nicht gäbe, würde das doch überhaupt nichts daran ändern.
Das heißt, wenn wir es seriös machen wollen – das richtet sich an die Kollegen der CDU und der FDP –, dann muss man sich darüber unterhalten, welche Maßnahmen notwendig wären, um im Rahmen der Energiewende, des Strukturwandels und der Digitalisierung tatsächlich nach vorne zu kommen. Dazu vermisse ich aber einen Beitrag von euch. Wir haben in zwei Koalitionsverträgen viel mehr Positives hineingeschrieben und setzen es im Einklang mit der Regierung Meter für Meter um.
Insofern kann ich nicht verstehen, wie ihr euch hier so hinstellen könnt. Ihr habt fünf Jahre Verantwortung im Land gehabt. In der Zeit habt ihr genau die Kohlekraftwerke gebaut, die nun kein Geld bringen. Du bist mit Christa Thoben im Kabinett gewesen. Ich könnte jedes einzelne Kraftwerk aufzählen, das jetzt den Kommunen Schwierigkeiten macht. Die habt ihr alle angestoßen, weil ihr nicht wahrhaben wolltet, dass die Ziele von Merkel, wenn sie konsequent umgesetzt werden, zu Problemen führen.
Das ist alles geschenkt. Das Problem ist jetzt da.
Insofern darf mir keiner übel nehmen, dass ich kein Vertrauen in eine Opposition habe, die nicht in der Lage ist, eine solche Analyse zu machen, sondern uns irgendetwas von Raumfahrt, Mondfahrt und der NASA erzählt. Da arbeiten wir lieber hart an dem Thema weiter und werden es auch hinbekommen. Ich denke, dass wir in den Zukunftsfeldern wesentlich besser aufgestellt sind und mehr bieten können als das, was ihr hier geboten habt. – Danke.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herzlichen Dank auch an Christian Lindner für das letzte Stichwort; denn ich würde das ganz gerne in einen etwas anderen Kontext stellen.
2010 – das ist richtig – hat die schwarz-gelbe Bundesregierung
das Atomausstiegsgesetz von Schröder und Fischer gedreht.
Der wirkliche Hintergrund ist: Schröder und Fischer haben ein Atomausstiegsgesetz gemacht und mit den Unternehmen verhandelt. Es hatte viel längere Laufzeiten, als ich mir in der Vorbereitung dieser Verhandlungen vorgestellt habe. Aber im Konsens mit den Unternehmen sind die übertragbaren Restlaufzeiten ausgehandelt worden.
Dann hat RWE politisch darauf gesetzt, dass irgendwann Schwarz-Gelb im Bund drankommt – die Traumkonstellation –
und man das zurückdreht. Man hat darauf verzichtet, in erneuerbare Energien und alles das zu investieren.
Dann habt ihr gedacht, dass ihr an die Regierung kommt. Es gab aber zunächst eine Große Koalition. Die SPD hat am Atomausstieg festgehalten. Als dann endlich die schwarz-gelbe Traumkonstellation kam, habt ihr es zurückgedreht, um es wenige Monate später, nach Fukushima, wieder zu kippen.
Das ist der Punkt.
Die Bundeskanzlerin hat nämlich richtig gesehen, dass die Atomkraft gesellschaftlich nicht mehr zu vermitteln war.
Aber die Kritik muss man doch bei den Unternehmen anlanden. Wer mehr als zehn Jahre eine Entwicklung in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz verpasst, der hat auf dem Markt heute genau die Probleme.
Der hat jetzt Schwierigkeiten, einen so geringen Anteil an erneuerbaren Energien zu haben, und muss das nachholen. Das ist der entscheidende Punkt.
Christian Lindner, es hat nur noch die Wiedereinführung der Studiengebühren gefehlt. Ich bitte darum, dass du diesen Punkt demnächst auch bringst, damit wir auch da mit klaren Patenten rausgehen.
Und das Landesjagdgesetz.
Ich würde gern noch zwei Punkte anbringen. Vom Kollegen Wüst ist die Frage der Infrastruktur angesprochen worden. Lesen Sie sich einmal das Interview von Prof. Döhrn im „Stadt-Anzeiger“ vom 1. April 2016 durch. Auf die Frage, was NRW machen müsse, sagt er, NRW müsse beim Bund mehr für die Verkehrsinfrastruktur – Zitat – herausschlagen.
Wer sich ein Stück weit diese Genese ansieht, der weiß, dass die langanhaltende Benachteiligung von Nordrhein-Westfalen …
Über 20 Jahre erhielt NRW nur 15 % und nicht den Anteil gemäß Königsteiner Schlüssel. Jetzt hat Mike Groschek 19 % durchgesetzt. Das ist genau einer
der Infrastrukturpunkte, die angesprochen worden sind.
Kollege Wüst sagte eben, die CDU wisse, was Digitalisierung sei; sie habe zehn Anträge zum Breitbandausbau gestellt. Das hilft an dieser Stelle nicht; denn mit den zehn Anträgen zum Breitbandausbau korrespondiert ja, dass ihr 2009, im letzten Regierungsjahr, genau 1 Million € für Breitbandausbau zur Verfügung gestellt habt –
mit einer Höchstgeschwindigkeit von 2 MBit/s, vom Bund vorgegeben. Das war euer Breitbandausbau.
Diese Regierung ist dazu übergegangen, aus der einen Million 11 Millionen € bei Remmel plus digitale Dividende zu machen. Jetzt wird jede Million, die der Bund in seinem Programm zur Verfügung stellt, kofinanziert. Für die Kommunen, die in Haushaltsschwierigkeiten sind, übernimmt das Land NRW auch den 10-%-Anteil. Deshalb läuft das jetzt im Land tatsächlich herausragend. Wir machen in Sachen Infrastruktur genau das. Davon ist bei der CDU aber nichts zu hören.