Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie ganz herzlich willkommen zu unserer heutigen, 64. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen.
Mein Gruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich elf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich gerne noch einmal auf den Vorfall aus der gestrigen Plenarsitzung zu Tagesordnungspunkt 6 zurückkommen.
Ich habe den mit transparenten Westen bekleideten Mitgliedern der Piratenfraktion – insgesamt 17 Kolleginnen und Kollegen – wegen unparlamentarischen Verhaltens eine Rüge erteilen müssen. Sie waren nämlich auch nach dreimaliger Aufforderung nicht bereit, ihre Westen abzulegen. Genau auf diesen Umstand beziehen sich die erteilten Rügen. Ich habe Rügen ausgesprochen, weil das individuelle und das kollektive Verhalten eine unzulässige Demonstration war.
In diesem Haus werden aber die politischen Auseinandersetzungen nur in Rede und Gegenrede ausgetragen. Die Mehrheiten sollen durch Argumente, nicht durch öffentlichkeitswirksame Aktionen gefunden werden.
Deshalb ist es guter Brauch, sich hier und in allen anderen Parlamenten in der Debatte auf den Austausch von Argumenten zu konzentrieren und solche Aktionen nicht zuzulassen.
Ebenso wenig akzeptabel ist, dass eine dreimalige Aufforderung, die Demonstration zu beenden, nicht beachtet wurde. Das Parlament organisiert seine Abläufe selbst. Damit dies möglichst ausgewogen und unangreifbar geschieht, werden alle Fraktionen an der Aufgabe der Sitzungsleitung beteiligt. Die jeweiligen Sitzungsleiter müssen ihrer Ordnungsfunktion nachkommen, aber auch nachkommen können. Dies ist gestern bewusst und gezielt missachtet worden. Da es nicht mehr um Unwissenheit, sondern einen gezielten Regelverstoß ging, waren die Rügen die logische Konsequenz. Auch jetzt möchte ich diesen Vorgang noch einmal mit aller Klarheit verurteilen und meine Missbilligung aussprechen.
Das Verhalten von gestern wirft allerdings auch die Frage auf, ob die bestehenden Instrumente der Geschäftsordnung ausreichen, auf solche Vorfälle angemessen reagieren zu können.
Ich denke, dass die anstehende Beratung zum Abgeordnetengesetz Gelegenheit bietet, sich dieser Frage vertieft zuzuwenden.
verheerenden Folgen für den Industriestandort NRW – Rot-grüne Landesregierung schaut bisher tatenlos zu
Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 30. Juni 2014 gemäß § 95 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung zu der zuvor genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion der FDP Herrn Kollegen Brockes das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit über zwei Jahren haben wir eine öffentliche Debatte über die überfälligen Korrekturen bei der Förderung erneuerbarer Energien. Es war alleine die FDP, die frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und bereits kurz nach der letzten EEG-Reform eine wirklich grundlegende Überarbeitung der Förderung der Erneuerbaren angemahnt und dazu Vorschläge unterbreitet hatte. Bei allen anderen Parteien – SPD, CDU und erst recht bei den Grünen – hat sich diese Erkenntnis erst im vergangenen Bundestagswahlkampf so richtig
Viel Zeit ist deshalb vertan worden – wertvolle Zeit. Das rächt sich nun im EEG-Gesetzgebungsverfahren der sogenannten Großen Koalition. Was mussten wir nicht alles mit ansehen: Referentenentwürfe zirkulierten quasi im Stundentakt. Über Entlastungen oder Belastungen bei der EEGUmlage wird in Milliardenhöhe gepokert. Die handwerklich schlampig gemachte EEG-Novelle wird mit atemberaubendem Tempo durch den Bundestag geschleust. Das Ergebnis ist, dass das Gesetz eine Haltbarkeitszeit von nicht einmal einer Woche hat. Da musste es schon repariert werden. Die „Rheinische Post“ titelte gestern zu Recht: „Die große Koalition der Schlamperei“.
Das EEG ist ein Subventionsmonster, das jährlich 24 Milliarden € von unten nach oben umverteilt. Die Gesellschaft, private Haushalte und Unternehmen,
Inzwischen hat die Summe der Steuern und Abgaben am Strompreis für Haushalte erneut ein Rekordhoch erreicht und macht insgesamt 52 % aus. Das hätte Anlass genug sein müssen, im Gesetzgebungsverfahren eine ernsthafte Analyse über Sinn, Zweck und Folgen des EEGs vorzunehmen. Nichts davon ist geschehen, ganz im Gegenteil.
Aufgrund der jüngsten Änderungen blickt die deutsche Wirtschaft in den Abgrund – erst recht am Industrie- und Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen. Warum? Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat nur wenige Tage vor der abschließenden Lesung im Bundestag in einer Nacht- und Nebelaktion von den bisherigen Verhandlungsergebnissen bei der besonderen Ausgleichsregelung und beim Eigenstrom nichts mehr übrig gelassen, und SPD und CDU haben dies im Bundestag einfach abgenickt.
Erstens: besondere Ausgleichsregelung. Hier wurde die Härtefallregelung empfindlich eingeschränkt, obwohl dies nach den Leitlinien der EU-Kommission nicht notwendig wäre.
Zweitens. Künftig wird auch der industriell genutzte Eigenstrom statt mit den ursprünglich vorgesehenen 15 % mit bis zu 40 % EEG-Umlage belastet.
Drittens. Während der Bestandsschutz für EEGAnlagen uneingeschränkt gilt, soll er für konventionelle Anlagen nur bis zum Jahr 2017 gelten. Ob er danach noch weiter gilt, steht völlig in den Sternen. Denn die EU-Kommission ist strikt dagegen.
Meine Damen und Herren, was nützt es den Unternehmen in unserem Land zu wissen, dass die Ergebnisse im Jahr 2017 wieder auf den Prüfstand kommen, womöglich wegfallen, sodass Investitionen vielleicht nachträglich entwertet werden? Die Frage ist doch: Wer nimmt in den kommenden drei Jahren dieses Risiko überhaupt auf sich und trifft Investitions- oder auch Reinvestitionsentscheidungen? Der jetzige EEG-Kompromiss ist deshalb schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung.
Mit diesen Änderungen hat sich Wirtschaftsminister Gabriel ganz klar über die gemeinsame Position von Bund und Ländern, wie sie am 1. April beschlossen wurde, hinweggesetzt. Damit wird die Umsetzung der Energiewende in Nordrhein
Westfalen erheblich gefährdet. Deshalb schlägt die nordrhein-westfälische Wirtschaft verständlicherweise Alarm. Damit stünden künftig viele Projekte vor dem Aus. Das wäre ein großer energie- und umweltpolitischer Fehler. – So mahnen die IHKs.
Da wundere ich mich schon sehr darüber, dass der durchsichtige Versuch von Minister Gabriel, die EUKommission als Sündenbock für erzwungene Ände
fälischen Landesregierung nicht aufs Schärfste zurückgewiesen wurde. Denn erst sein Vorstoß, den industriellen Eigenverbrauch grundsätzlich zu 100 % in das EEG einzubeziehen, aber nur anteilig mit der Umlage zu belasten, hat die EU-Kommission auf den Plan gerufen, hierin eine unzulässige Beihilfe zu sehen.
Und dass dies alles erst kurz vor Schluss völlig überraschend auf den Verhandlungstisch gekommen sein soll, ist doch eine reine Schutzbehauptung. Das hat nicht nur EU-Kommissar Almunia bereits klargestellt, es lässt sich auch – jedenfalls bei der Frage der Diskriminierung von Ökostromimporten – ganz leicht nachlesen, denn das war bereits im Eröffnungsbeschluss der EEG-Beihilfeverfahren angesprochen worden.
Hier drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass der große Zeitdruck absichtlich ausgenutzt wurde, der Anschlag auf den Industriestandort NordrheinWestfalen von langer Hand geplant war und SPD und Grüne
dies aus parteipolitischen Gründen tatenlos hingenommen haben, die einen, weil Deindustrialisierung zum öko-romantischen Parteiprogramm gehört, die anderen, weil man sich nicht gegen den eigenen Bundesvorsitzenden stellen will. Anders lässt sich nicht erklären, dass Frau Ministerpräsidentin Kraft zum EEG-Beschluss und zu den Auswirkungen auf Nordrhein-Westfalen noch überhaupt kein Wort verloren hat, und dies, obwohl es ganz klar sowohl der Beschlusslage des Landtags als auch ihren eigenen Forderungen zuwiderläuft.
müssen selbstverständlich auch Vertrauensschutz genießen, und hier besteht noch Klärungsbedarf in den Gesprächen, die anstehen.“
„Industrielle Arbeitsplätze müssen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen erhalten bleiben. Eine starke Industrie ist nämlich nicht nur für uns, sondern auch für Deutschland und für ein starkes und wettbewerbsfähiges Europa gut.“
Dies haben Sie hier vor dem Hohen Hause gesagt. Das ist richtig, aber das findet sich nicht in dem wieder, was in Berlin beschlossen wurde.
Deshalb sage ich hier abschließend deutlich: Sie sind mit Ihrer Energiepolitik in Berlin gescheitert. Wenn dies nicht so sein sollte, dann erklären Sie