Protokoll der Sitzung vom 04.11.2015

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen, der 95. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 12 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung nehmen wir heute die Verpflichtung von Abgeordneten gemäß § 2 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung vor.

Die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 19., 20. und 23. Oktober 2015 mitgeteilt, dass mit Wirkung vom 21. Oktober 2015 Herr André Stinka für den ausgeschiedenen Abgeordneten Reiner Breuer, SPD, sowie Herr Michael-Ezzo Solf für den ausgeschiedenen Abgeordneten Thomas Kufen, CDU, und mit Wirkung vom 23. Oktober 2015 Frau Elisabeth Koschorreck für den ausgeschiedenen Abgeordneten Thomas Eiskirch, SPD, Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen geworden sind. Ich bitte deshalb Frau Koschorreck, Herrn Solf und Herrn Stinka, zu mir zu kommen, damit ich die nach § 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

Liebe neue Kollegin, liebe neue Kollegen, Frau Kollegin Koschorreck, Herr Kollege Solf, Herr Kollege Stinka, ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen.

„Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des Deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.“

Mit diesem Handschlag heiße ich Sie nicht nur willkommen, sondern habe Sie auch verpflichtet und damit offiziell ins Amt eingeführt. Wir wünschen Ihnen alles Gute.

(Beifall von allen Fraktionen und der Regie- rungsbank)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Beifall zeigt, das Parlament nimmt Sie gerne in seiner Mitte auf. Sie werden sich sicherlich sehr schnell einfinden, zumal Sie nicht zum ersten Mal dem Parlament angehören.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde gleich einige Hinweise zum Ablauf der beiden Plenartage geben.

Bevor ich das tue, möchte ich gerne betonen, dass wir heute mit der gerade vorgenommenen Verpflichtung dieser drei neuen Abgeordneten sie in unsere Mitte und damit in Ihrem Auftrag im Namen der Demokratie und des nordrhein-westfälischen Volkes aufgenommen haben. Diese Kollegin und Kollegen rücken für ehemalige Kolleginnen und Kollegen nach, die nach erfolgreicher Wahl als Bürgermeister oder Oberbürgermeister in ihren Kommunen Verantwortung übernommen haben.

Dieses Beispiel zeigt: Unsere Demokratie ist keinesfalls starr, sondern sie ist sehr lebendig. Und zur Lebendigkeit der Demokratie gehört auch der Wechsel.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen – deshalb habe ich mich zu dem nicht ganz alltäglichen Schritt entschlossen –, seit dem Anschlag auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin und die dann einen Tag später gewählte Oberbürgermeisterin Henriette Reker wissen wir auch, dass diese Demokratie verletzlich ist.

Sie ist nicht gottgegeben, sondern wir müssen uns für die Demokratie einsetzen.

Deshalb ist es unsere gemeinsame Aufgabe, über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg die Demokratie immer wieder zu schützen und sie wehrhaft zu verteidigen.

Wir wissen alle sehr genau: Das Ziel dieses Anschlages – wie alle Anschläge mit rechtsextremistischem Hintergrund – war, den hohen Wert unserer Demokratie grundsätzlich infrage zu stellen.

Unsere Antwort ist heute wie in der Vergangenheit und auch in der Zukunft klar und unmissverständlich: Wir weichen keinen Millimeter zurück, und wir schließen die Reihen. Die Demokratie ist uns mehr als wichtig.

(Beifall von allen Fraktionen und der Regie- rungsbank)

Ich möchte in unser aller Namen an dieser Stelle und in dieser Minute der neuen Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker nicht nur alles Gute im neuen Amt, sondern insbesondere vollständige Genesung wünschen. Das betrifft nicht nur die körperlichen Folgen eines solchen Attentates, sondern vor allem die Folgen, die unter Umständen noch lange nachwirken und die man nicht so deutlich sieht.

Liebe Frau Reker, alles Gute für Sie! Mögen Sie wieder ganz gesund an Leib und Seele werden. Dazu wünschen wir Ihnen Gottes Segen.

(Beifall von allen Fraktionen und der Regie- rungsbank)

Ich komme jetzt zu den etwas alltäglicheren Dingen. Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich mehrere Hinweise zu geben und eine Abstimmung über einen Antrag auf Änderung der heutigen Tagesordnung durchzuführen.

Zunächst weise ich darauf hin, dass sich alle im Landtag vertretenen Fraktionen auf folgende Änderungen der Tagesordnungen der heutigen und morgigen Plenarsitzungen verständigt haben:

Erstens. Der ehemalige Tagesordnungspunkt 2 der heutigen Sitzung, Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10076 – Neudruck –, der den Titel „Asylverfahren entlasten und vorübergehenden Schutz durch spezifischen Flüchtlingsstatus gewähren – Gesetzesentwurf zur Gewährung vorübergehenden nationalen humanitären Schutzes beim Bundesrat einbringen“ trägt, wird zusammen mit der Aktuellen Stunde unter Tagesordnungspunkt 1 beraten. Die nachfolgenden Tagesordnungspunkte rücken entsprechend auf.

Zweitens haben sich die Fraktionen darauf verständigt, dass der ehemalige Tagesordnungspunkt 13 der heutigen Tagesordnung, Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/8131 in der Fassung des 2. Neudrucks mit dem Titel „Gesetz zum Schutz der nordrheinwestfälischen Kommunen vor Risiken aus Fremdwährungskrediten und spekulativen Finanzgeschäften“, in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 13 der morgigen Plenarsitzung – Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/8121, „Kommunalfinanzagentur zur Unterstützung der Kommunen im Zins- und Schuldenmanagement gründen“ behandelt wird, und zwar am heutigen Mittwoch als TOP 12. – Schauen Sie gleich in die Livetagesordnung, da wird alles für Sie ganz klar und ersichtlich werden!

Der dritte Hinweis betrifft die morgige Plenarsitzung, und zwar soll der ehemalige Tagesordnungspunkt 7 Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/10071 „Chancen für flächendeckenden Ausbau digitaler Infrastrukturen durch Breitbandförderrichtlinie des Bundes nutzen – Landesregierung muss Kommunen beim Breitbandausbau endlich unterstützen“ zusammen mit der Aktuellen Stunde unter Tagesordnungspunkt 1 beraten werden.

So weit die Verständigungen, die Sie, da sich kein Widerspruch erhebt, dann auch so akzeptiert haben.

Nun gibt es einen Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd zur Änderung der heutigen Tagesordnung. Der Abgeordnete Schwerd hat beantragt, den heutigen Tagesordnungspunkt 18 „Dem Hass und Terror gegen Flüchtlinge, Helfer und Verantwortliche entschieden entgegenstellen!“ mit der heutigen Aktuellen Stunde – Tagesordnungspunkt 1 – zu verbinden.

Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 unserer Geschäftsordnung kann der Landtag vor Eintritt in die Tagesordnung – an der Stelle befinden wir uns – eine Ver

bindung der Beratung gleichartiger Gegenstände beschließen.

Deshalb lasse ich über den Antrag des Abgeordneten Schwerd abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Der Abgeordnete Schwerd. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Teile der Piratenfraktion und die FDP. Wer enthält sich? – Weitere Abgeordnete der Piratenfraktion enthalten sich. Damit ist der Antrag des Abgeordneten Schwerd auf Änderung der Tagesordnung mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Ich komme zum letzten Hinweis vor Eintritt in die Tagesordnung. Der Chef der Staatskanzlei hat mir mit Schreiben vom 14. Oktober dieses Jahres den Ersten Nachtrag zur Haushaltssatzung des Landesverbandes Lippe für das Haushaltsjahr 2015 sowie Durchschriften des Genehmigungserlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales mit der Bitte zugesandt, diese gem. § 10 des Gesetzes über den Landesverband Lippe dem Landtag zuzuleiten.

Die übersendeten Unterlagen können – das wissen Sie – im Archiv eingesehen werden.

Wenn sich kein Widerspruch erhebt, was hoffentlich nicht der Fall ist, würde ich gerne die Kenntnisnahme durch den Landtag feststellen. – Dies tue ich hiermit.

Nach all diesen Vorbemerkungen treten wir in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Was ist die Haltung der Landesregierung in

der Asylpolitik? Wie steht die Landesregierung zu Reisezentren, Einreisezentren und Transitzonen?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/10125

In Verbindung mit:

Koalitionstreffen auf Bundesebene ohne Ergebnis – NRW braucht umgehend geordnete Flüchtlingsaufnahme – Streit um Transitzonen und Einreisezentren beenden

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10126

Und:

Asylverfahren entlasten und vorübergehenden Schutz durch spezifischen Flüchtlings

status gewähren – Gesetzesentwurf zur Gewährung vorübergehenden nationalen humanitären Schutzes beim Bundesrat einbringen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10076 – Neudruck

Die Fraktionen von CDU und FDP haben jeweils mit Schreiben vom 2. November 2015 gem. § 95 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung zu einer aktuellen Frage der Landespolitik zu den genannten zwei Themen eine Aussprache beantragt.

In Verbindung damit beraten wir, wie eben angekündigt, den Antrag der FDP-Fraktion.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion der CDU Herrn Kollegen Laschet das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Flüchtlingskrise ist zweifellos eine historische Herausforderung. Das zeigt schon ein Blick auf die Dimension. Bundesweit registriert das EASY-System von Januar bis September 2015 den Zugang von fast 600.000 Asylsuchenden. Nordrhein-Westfalen hat 200.000 Flüchtlinge und Asylbewerber aufgenommen. Allein in der letzten Woche kamen mehr als 16.000.

Diese Aktuelle Stunde ist keine Flüchtlingsdebatte über all die Maßnahmen, die inzwischen beschlossen sind. Es ist keine Debatte über die Frage, ob wir das schaffen – ich bin sicher, wir werden das schaffen –, sondern es geht um die Frage: Wie kann man zu Problemlösungen statt zum parteipolitischen Streit kommen?