Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle ganz herzlich zu unserer heutigen Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Es handelt sich um die 106. Sitzung in dieser Wahlperiode. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 13 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufgenommen.
Außerdem habe ich gehört, dass es auf einer vielbefahrenen Strecke einen Oberleitungsschaden gibt, sodass ein Teil der Kolleginnen und Kollegen, die mit der Bahn aus dem Aachener Raum anreisen, nicht pünktlich im Landtag sein können; wir erwarten sie noch.
Wir dürfen auch heute wieder zum Geburtstag gratulieren, und zwar Frau Kollegin Josefine Paul von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Kollegin Paul, ich gratuliere Ihnen im Namen des Hohen Hauses ganz herzlich zu Ihrem heutigen Geburtstag, wünsche Ihnen alles Gute für den weiteren Lebensweg, die politische Arbeit und dass Sie heute noch einen schönen Tag – auch im Kreise Ihrer Familie und Ihrer Freunde – verbringen können. Herzlichen Glückwunsch!
Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, gleich mit den Glückwünschen fortfahren. Ich möchte Ihnen gerne Folgendes mitteilen und im Namen von uns allen Herrn Kollegen Jostmeier unsere Glückwünsche aussprechen: Durch Verbalnote des Auswärtigen Amtes an das Land Nordrhein-Westfalen vom Februar dieses Jahres ist unser Kollege Werner Jostmeier von der CDU-Fraktion offiziell zum Honorarkonsul der Republik Bulgarien und zum Leiter der honorarkonsularischen Vertretung für den Konsularbezirk Nordrhein-Westfalen ernannt
Lieber Herr Kollege Jostmeier, wir hatten gestern Gelegenheit, uns ganz kurz dazu auszutauschen. Aber es ist mir wirklich eine besondere Freude, dies den Kolleginnen und Kollegen vor der Plenarsitzung bekannt zu geben. Wir gratulieren Ihnen sehr herzlich und wünschen Ihnen für dieses verantwortungsvolle Ehrenamt Glück und Erfolg. Jedes Engagement, Herr Kollege Jostmeier, das stabilisierend innerhalb der Europäischen Union und speziell auf den Balkan wirkt, können wir nur begrüßen und unterstützen. Herzlichen Glückwunsch und von Herzen alles Gute!
Als Letztes, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich Ihnen vor Eintritt in die Tagesordnung noch folgenden Hinweis geben:
Der Chef der Staatskanzlei hat mit Schreiben vom 31. Januar 2016 die Haushaltssatzung des Landesverbandes Lippe für das Haushaltsjahr 2016 sowie zwei Durchschriften des Genehmigungserlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales zugesandt. Gemäß § 10 des Gesetzes über den Landesverband Lippe bitte ich um Kenntnisnahme. – Diese stelle ich hiermit fest. Die Unterlagen können, wie Sie wissen, im Archiv eingesehen werden.
Mit diesen Glückwünschen und Vorbemerkungen treten wir in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.
Westfalen – was sind die Schlüsse der Landesregierung aus den jüngst erschienenen Studien des Kinderschutzbundes, des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und der HansBöckler-Stiftung?
Die Fraktion der CDU hat mit Schreiben vom 29. Februar 2016 gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden CDUFraktion Herrn Kollegen Laschet das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tagesordnungspunkt heißt „Aktuelle Stunde“. Aber manchmal heißen Tagesordnungspunkte „Aktuelle Stunde“, ohne aktuell zu sein. Selten diskutieren wir in diesem Landtag aktuellere Themen als das heutige Thema.
Wir haben heute Morgen bzw. gestern die Zahlen der Agentur für Arbeit bekommen. Die Arbeitslosigkeit sinkt in ganz Deutschland. Sie sinkt im Vergleich zum Februar vor einem Jahr. Sie sinkt in Deutschland sogar von Januar zu Februar – eine eher ungewöhnliche Entwicklung, die aber zeigt, wie stark die Wirtschaft in Deutschland ist. – Aber in Nordrhein-Westfalen steigt sie von Januar zu Februar erneut.
Kinderarmut sollte eines der Hauptprojekte dieser Regierung sein. „Kein Kind zurücklassen!“ Dieser von George W. Bush stammende übersetzte Spruch der Ministerpräsidentin war das Leitmotiv, an dem man sich messen lassen wollte.
„Kein Kind zurücklassen!“ – Dafür hat man Milliarden Schulden gemacht. Dafür ist man viermal vor dem Landesverfassungsgericht gelandet. Man ist da gelandet, weil die Begründung war: Wir wollen einen neuen Begriff von Investitionen. Investitionen, das ist nicht das Klassische. Kinderarmut bekämpfen ist unser Maßstab. Das sind Investitionen in die Zukunft.
Deshalb ist es bemerkenswert, dass der Kinderschutzbund jetzt sagt: In Nordrhein-Westfalen sind immer mehr Regionen von Kinderarmut geprägt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sagt: In keinem anderen westdeutschen Flächenland ist die allgemeine Armutsquote so stark angestiegen wie in NordrheinWestfalen. Ich zitiere aus dem Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes: „Nordrhein-Westfalen ist damit das Bundesland, das in der mehrjährigen Sicht die schlechteste Entwicklung zeigt.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist aktuell, das ist alarmierend. Deshalb müssen Sie endlich wach werden und eine Kursänderung in diesem Land einleiten!
Die Hans-Böckler-Stiftung, die nun wirklich nicht der Union nahesteht – es ist eine gewerkschaftsnahe Institution –, sagt: In keinem anderen Bundesland ist die Kinderarmutsquote seit 2010 so gestiegen wie in Nordrhein-Westfalen. – Zur Erinnerung: 2010 war das Ende der Regierungszeit von Jürgen Rüttgers. Danach sollte alles besser werden. Die Hans-Böckler-Stiftung attestiert: Für die Kinder in NordrheinWestfalen ist alles schlimmer geworden. – Und das ist nicht gut!
Die Hans-Böckler-Stiftung gibt auch die Antwort auf die Frage: Was kann man denn da tun? – Man kann das machen, was wir hier seit Langem sagen: Es geht nicht um Modellprojekte. Es geht nicht darum, sich mit Frau Liz Mohn und der Bertelsmann Stiftung in zwölf Modellkommunen hinzustellen, die eh schon gute Arbeit machen, und zu sagen: Hier machen wir jetzt mal Prävention. Vielmehr geht es darum, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Arbeit, Arbeit, Arbeit – das muss der Schwerpunkt sein!
Unsere Kritik hierzu ist: Natürlich muss man immer Ökologie und Ökonomie miteinander abwägen. Unser Eindruck aber ist: Die Ökonomie bzw. die Arbeitsplätze – in der Emscher-Lippe-Region oder wo auch immer in diesem Land – sind immer nur zweiter Schwerpunkt Ihrer Politik. Wenn es so ist, dass bei uns die Kinderarmut so zunimmt, muss ab sofort – vielleicht ähnlich wie bei der inneren Sicherheit – ein 15-Punkte-Programm her, in dem Sie sagen: Die letzten sechs Jahre ist es falsch gelaufen, jetzt kümmern wir uns um Wirtschaftspolitik, um Arbeit in Nordrhein-Westfalen. Das wäre ein gutes Signal.
Das ist der eine Teil. Das bedeutet, dass man sich den Landesentwicklungsplan einmal im Hinblick darauf anschaut: Wie schaffen wir mehr Arbeit? Alle Gesetze und Regulierungen sollten unter dem Aspekt angeschaut werden: Wie können wir mehr Arbeit in Nordrhein-Westfalen ermöglichen? Wenn Sie das tun, tun Sie das, was Ihnen die Hans-BöcklerStiftung empfiehlt, nämlich mehr für Arbeitsplätze zu tun.
Ein Zweites, Frau stellvertretende Ministerpräsidentin: Die Bildungspolitik ist das zweite Element. Jede Stunde Unterrichtsausfall ist für die Kinder, denen die Eltern nicht helfen können – wo nicht Nachhilfe bereitsteht und wo es keine Helikoptereltern gibt, die sich von morgens bis abends um das Kind kümmern –, ein Anschlag auf die Bildungschancen dieser Kinder, Frau Löhrmann. Es ist ein Anschlag!
Wir erfahren hier inzwischen von Eigeninitiativen der Eltern, die den Unterrichtsausfall messen, weil das Land es nicht mehr macht, weil Sie nicht bereit sind, überall wirklich digital den Unterrichtsausfall zu messen und dann Abhilfe zu schaffen.
Frau Asch, jede Stunde Unterrichtsausfall ist schlecht. Egal, wie man parteipolitisch motiviert ist, muss man das attestieren.
Frau Asch, wir kennen uns ja aus langen Debatten in unterschiedlichen Rollen. Wenn Sie bei Ihrer Rede, die Sie gleich halten werden, nur einmal eine Zehntelsekunde lang den Maßstab anlegen, den Sie an mich und an die Regierung Rüttgers angelegt haben, nur eine Zehntelsekunde,
Wir haben damals gerungen, und es war nicht optimal. Aber Ihnen sollte zu denken geben, dass alle Analysen sagen: Heute ist es schlimmer als 2010. Wir sehnen uns zurück nach einer Zeit, in der sich um Bildung gekümmert wurde!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich eben sehr gewundert, dass sich Herr Kollege Laschet bei dem Thema „Bildungspolitik, Bildungsarbeit“ hier so aufgeblasen hat. Da hat eben der Vater des Kinderbildungsgesetzes gesprochen. Ich
glaube, das war der größte Kollateralschaden, den wir bisher im Bereich der frühkindlichen Bildung in Nordrhein-Westfalen gehabt haben.