Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

„derwesten.de“ vom 15. Dezember 2015:

„Mehr Polizei gegen ,No-Go-Areas‘ in Gelsenkirchen“

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

„Deutschlandfunk“ vom 16. Dezember 2015:

„Angst vor No-go-Areas im Ruhrgebiet – Clans beherrschen ganze Straßenzüge.“

„faz.net“ vom 17. März 2016:

„,No-Go-Area‘ Dortmunder Nordstadt: Dealen im Schichtdienst“

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Der Innenausschuss des Landtags hat sich jeweils auf Initiative der CDU-Fraktion am 27. August 2015 und am 29. Oktober 2015 wiederholt mit dieser Problematik befasst.

Im August 2015 hatte das Polizeipräsidium Duisburg in einer internen Lageeinschätzung die Situation vor Ort, in der Heimat unseres Innenministers, selbst wie folgt umschrieben – ich zitiere aus der Vorlage 16/3139 vom 20. August 2015 –:

„Neben den aus der südeuropäischen Zuwanderung und der Rockerproblematik entstandenen Brennpunkten gibt es unverändert Stadtbereiche, in denen größere Personengruppen versuchen, Anwohner durch massive Präsenz auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen mit einhergehenden Ordnungsstörungen und Straftaten einzuschüchtern und die Straßen für sich zu reklamieren. Es gibt Hinweise darauf, dass Anwohner und Geschäftsinhaber aus Angst vor Repressalien Straftaten durch Mitglieder dieser Gruppen nicht anzeigen, so dass das Vorhandensein eines beachtlichen Dunkelfeldes wahrscheinlich ist.

Die Straßenbahnlinien 901 und 903 werden in den Abend- und Nachtstunden auf Grund von Übergriffen aus Sicht der Bevölkerung als Angsträume wahrgenommen.

Polizeibeamten aller Direktionen und operativen städtischen Bediensteten schlägt im Rahmen ihrer Aufgabenbewältigung hier eine hohe Aggressivität und Respektlosigkeit entgegen.

Dies gilt insbesondere beim Einschreiten von weiblichen Polizeibeamten.

Der Begriff der Respektlosigkeit beschreibt die Situation nur unzureichend. Das Behindern oder Erschweren polizeilicher Maßnahmen, physische wie psychische Gewalt und Widerstandshandlungen gegenüber den eingesetzten Beamtinnen und Beamten oder aber das Zusammenrotten zur Beeinflussung des polizeilichen Handelns tangieren die Funktionsfähigkeit der Polizei und damit ein Sicherheitsgut.

Die Rechtspflicht des Staates zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ist in solchen Stadtbezirken langfristig nicht gesichert bzw. akut gefährdet. Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist bereits nachhaltig negativ beeinträchtigt.“

Zitat Ende, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Dass eine Polizeibehörde in NRW derart schonungslos ihre eigene Ohnmacht eingesteht, dürfte ein bundesweit einmaliger Vorgang sein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Als Justizminister Kutschaty im Sommer 2015 erklärte, dass es in NRW keine No-go-Areas gebe, bekam er umgehend einen Brief aus Dortmund. Der SPD-Ortsverband Dortmund-Nord

(Zuruf von der SPD: Bei uns gibt es keine Orts- verbände!)

lud ihn daraufhin zu einem Rundgang durch die Nordstadt ein, um ihm – ich zitiere aus der „FAZ“ vom 12. März 2016 – „ein besseres Urteil über die tatsächlich existierenden No-go-Areas zu ermöglichen“.

Jetzt ist es innerhalb weniger Wochen wiederholt zu äußerst bedenklichen und gefährlichen Zwischenfällen gegenüber unserer Polizei in Dortmund gekommen. Anstatt dieses Alarmsignal ernst zu nehmen, werden Abgeordnete, die den Finger in die Wunde legen, der Nestbeschmutzung verdächtigt.

(Zuruf von der SPD: Pfui, Herr Golland!)

Es heißt, sie würden Stadtteile und ganze Städte schlechtreden, meine Damen und Herren.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer Realitäten ignoriert und negiert, macht es nur noch viel schlimmer und wird am Ende scheitern. Das haben wir auch bei den rechtsfreien Räumen in der Kölner Silvesternacht gesehen. Sie, Herr Jäger, tun bis heute alles, um Ihre politische Verantwortung abzuschütteln.

(Beifall von der CDU)

Wenn es um Probleme bei der inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen geht, gibt es ein immer wiederkehrendes Muster der Landesregierung bzw. des Innenministers. Phase eins: Probleme ignorieren. Phase zwei: Probleme leugnen. Phase drei: Probleme schönreden. Und schließlich, wenn der Druck zu groß wird und Entschlossenheit gezeigt werden muss, Phase vier: hektische Aktivitäten und Entwicklung von wohlklingenden Programmen wie „Kurve kriegen“, „Kurs“, „Wegweiser“ oder „Riegel vor“, ohne die Kriminalitätsbekämpfung in NRW nachhaltig und substanziell zu stärken.

Als die CDU in 2015 die Brisanz der Entwicklung insbesondere in Duisburg im Innenausschuss thematisiert hat, wurde genauso damit umgegangen. Erst als es die mediale Berichterstattung gab und damit der Handlungsdruck zu groß wurde, kündigte Innenminister Jäger an, eine Hundertschaft in die Problemviertel zu schicken. Am Ende war es dann ein Einsatzzug.

Immer wieder hören wir, dass die Polizei in NRW überall in jede Straße fahre und dass Straftaten konsequent verfolgt würden. In der Realität nimmt die Bevölkerung dies leider anders wahr.

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Unterschied zwischen Wahrnehmung und Realität!)

Daraufhin ändern Sie nun die Begrifflichkeiten. Nogo-Areas gebe es nicht, lediglich Angsträume und gefährliche Orte. Fakt ist: In einen Angstraum oder an einen gefährlichen Ort geht niemand gern. Damit sind diese Räume für die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens faktische No-go-Areas.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Als CDU haben wir eine einfache Forderung an Sie als verantwortlichen Minister: Hören Sie auf mit der Wortklauberei und sorgen Sie endlich dafür, dass es keine Angsträume und gefährliche Orte mehr in unserem Land gibt!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Rechtsfreie Räume, in denen ausländische Familienclans das staatliche Gewaltmonopol unter sich aufteilen, darf es in Nordrhein-Westfalen nicht geben.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das Gewaltmonopol muss ausschließlich beim Staat bleiben. Er muss Flagge zeigen mit einer erhöhten Polizeipräsenz und einer konsequenten Strafverfolgung. Es darf keine Toleranz gegenüber Intoleranten und gegenüber solchen geben, die unseren Staat verachten und herausfordern.

Handeln Sie daher endlich konsequent, wirksam und nachhaltig. Lassen Sie nicht zu, dass ganze Stadtteile abrutschen! – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Golland. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Bialas.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mir keine Polizei in Nordrhein-Westfalen vorstellen, die nicht gewillt und geeignet ist, das staatliche Gewaltmonopol in jeder Ecke und in jedem Winkel unseres Landes durchzusetzen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich brauche mir das auch nicht vorzustellen, denn es gibt in Nordrhein-Westfalen keine rechtsfreien Räume.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Marc Lürbke [FDP]: Was war denn Silvester? Was war mit Hogesa?)

Es gibt keinen Ort, an welchem der Staat und an welchem die Polizei nicht vorkommt. Es gibt keinen Fleck, zu dem die Polizei nicht hingehen würde.

(Marc Lürbke [FDP]: Was war Silvester?)

Es gibt keinen Zipfel Landes, den Sie oder wir aufzugeben bereit oder genötigt wären. Es gibt keinen Zipfel, in dem das Recht in unserem Land nicht gilt oder nicht durchgesetzt wird.

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Jeden Samstag beim Fußball!)

Es gab schon immer und es gibt auch weiterhin Einsätze, zu denen nicht eine einzige Streife allein fährt oder die eine einzige Streife allein bewältigen kann: ausufernde Feiern, meistens mit Alkohol, besonders häusliche Gewalt, Streitigkeiten am Samstag in der Disco – immer nicht gut –, Rockerkriminalität. Und es gibt in der Tat auch räumliche Unterschiede in unserem Land.