Wir müssen der Heterogenität unseres Bundeslandes, was Regionen, Wirtschaftszweige, Mentalitäten und Strukturen angeht, gerecht werden. Hierfür ist der vorliegende Bericht in seiner Struktur, seinen Analysen und seinen Maßnahmen ein hervorragendes Beispiel. Er ist ein weiterer Beleg für vorausschauende, verlässliche, erfolgreiche und damit gute Wirtschaftspolitik – für die Unternehmerinnen und Unternehmer, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Menschen in unserem Land. In diesem Sinne: Glück auf. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Land mit tollen Menschen, erfolgreichen Betrieben und innovativen Start-ups.
Ermöglicht wird das von engagierten und fleißigen Beschäftigten und von mutigen und hart arbeitenden Unternehmerinnen und Unternehmern.
Eine gute Wirtschaftspolitik schafft Rahmenbedingungen, die diesen Menschen mehr Chancen für Aufstieg, Wohlstand und Zukunftsperspektiven bieten. Sie schafft Zukunftsperspektiven auch für die Menschen, die noch auf dem Weg zum Arbeitsmarkt sind und noch keinen Zugang dazu finden konnten. Sie alle haben es verdient, dass die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen endlich den Mut zu einer Kehrtwende hat.
Denn unser Land wird unter Wert regiert. Das Land bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. NordrheinWestfalen kann aber mehr.
Der von der Landesregierung vorgelegte Wirtschaftsbericht 2016 ist ein guter Anlass, darüber zu sprechen. Die politische Einordnung, die dem Bericht vorangestellt wurde und ihn durchzieht, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen:
Nordrhein-Westfalen steht wirtschaftlich nicht gut da. Im Vergleich mit anderen großen deutschen Flächenländern fällt Nordrhein-Westfalen regelmäßig ab. So ist unser Land seit 2000 um satte zwölf Prozentpunkte schwächer gewachsen als Bayern und um zehn Prozentpunkte schwächer gewachsen als Baden-Württemberg. Aber das hat nichts mit NordSüd-Gefälle zu tun. Auch Niedersachsen hat es geschafft, Nordrhein-Westfalen bei der Wachstumsdynamik hinter sich zu lassen.
Unser Bundesland ist dagegen spitze bei Verschuldung, bei Arbeitslosigkeit und bei der Zahl der Unternehmenspleiten. Meine Damen und Herren, das kann so nicht weitergehen.
Deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute hier den Landeswirtschaftsbericht vorliegen haben. Lob haben dafür die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums verdient, aber Sie, Herr Minister, eben nicht.
Denn Sie haben diesen Wirtschaftsbericht, der eigentlich regelmäßig erscheinen sollte, um regelmäßig ein Bild über die wirtschaftliche Lage zu haben, vor vier Jahren selbst abgeschafft. Immerhin haben Sie nun die Einsicht, dass dies falsch war. Aber vier Jahre sind ein viel zu langer Zeitraum für dieses Land.
Neben den Analysen fragt man sich natürlich: Wo sind die Maßnahmen, die unser Land nach vorne bringen sollen? Nachdem vier Jahre Ihrer Amtszeit verstrichen sind, haben Sie vor einigen Monaten die Idee gehabt, industriepolitische Leitlinien auf den Tisch zu legen. Sie diskutieren diese breit mit Unternehmen, mit Verbänden und mit allen möglichen Akteuren.
Aber, Herr Minister Duin, Sie verschweigen den Menschen, dass diese industriepolitischen Leitlinien Ihre persönliche Einzelmeinung darstellen und bis heute nicht das Licht des Kabinetts erblickt haben und nicht die Position der Landesregierung sind. Das ist verlogen. Das ist eine verlogene Politik.
Ich wette auch mit Ihnen: Diese industriepolitischen Leitlinien werden nie das Licht des Kabinetts erblicken. Sie werden vielleicht noch eine Randnotiz im Wahlprogramm der SPD, aber mehr auch nicht.
Meine Damen und Herren, mit Leitlinien ist es auch nicht getan. Wir brauchen nämlich eigentlich industriepolitisches Handeln dieser Landesregierung.
Gehandelt wird leider. Während Sie, Herr Minister Duin, durchs Land reisen und die Leitlinien diskutieren, wird an anderer Stelle gehandelt. Umweltminister Johannes Remmel schafft Fakten. In der Zeit, in der Sie das diskutiert haben, hat er das Landeswassergesetz, das Landesnaturschutzgesetz und die Hygieneampel auf den Weg und durchs Kabinett gebracht.
Er sorgt mit diesen Maßnahmen dafür, dass die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen weiter belastet wird durch höhere Kosten und mehr Bürokratie.
Dann wundert man sich ja doch, wenn Herr Minister Groschek vor der Handwerkskammer einen Auftritt hinlegt wie Rumpelstilzchen und von einer „durchgrünten Gesellschaft“ spricht, oder wenn Sie, Herr Minister, davon reden, die Genehmigungsverfahren müssten entgrünt, entschlackt und verkürzt werden. Genau das Gegenteil ist durch das Landesnaturschutzgesetz geschehen.
(Zuruf von der SPD: Nein, nein, das Parla- ment! – Frank Sundermann [SPD]: Noch ha- ben die alle Chancen!)
Dieses Landesnaturschutzgesetz mit seiner beispiellosen Ausweitung der Mitwirkungsklage und der Vorkaufsrechte sorgt für eine deutliche Verschlechterung und mehr Rechtsunsicherheit für unsere Unternehmen.
Haben Sie das etwa nicht mitbeschlossen im Kabinett? – Ich dachte immer, alle Entscheidungen im Kabinett würden einstimmig beschlossen.
Oder ist das etwa so abgelaufen wie letzte Woche im Wirtschaftsausschuss? Da haben wir nämlich auch über dieses Gesetz gesprochen. Der Minister war anwesend.
Er war zu diesem Punkt anwesend; ich habe extra darauf geachtet. Und während unsere Kritik geäußert wurde, hat der Minister schweigend dagesessen und alles über sich ergehen lassen. So, Herr Minister, macht man keine Wirtschaftspolitik im Land. Wir erwarten, dass Sie sich im Kabinett, aber auch hier in diesem Hohen Hause für die Wirtschaft einsetzen!
Sie, Herr Minister, hatten die Halbjahreszahlen in den höchsten Tönen gelobt; der Kollege Wüst hat es eben schon erwähnt. Nachdem Sie seinerzeit noch die Ganzjahreszahlen 2015 angegriffen und behauptet haben, diese würden sich noch verändern und das Bild sei gar nicht so schlimm, wie es sich darstelle, werden die Halbjahreszahlen 2016 jetzt zum Allerheiligsten erklärt.
Aber auch zu diesen Zahlen haben Sie festgestellt, dass neben dem überdurchschnittlichen Wachstum in den Bereichen Dienstleistungen und Logistik enorme Rückstände in den klassischen Branchen – Stahl, Chemie und metallverarbeitendes Gewerbe – bestünden. An dieser Stelle sage ich: Da müssten Sie als Minister doch aufschrecken. Das sind Basisindustrien in Nordrhein-Westfalen, und davon hängen ganze Wertschöpfungsketten ab. Da muss endlich gegengesteuert und gehandelt werden!
Meine Damen und Herren, wenn dort der Baum brennt, dann brennt hier bald der ganze Wald, und deshalb muss hier endlich gegengesteuert werden.
Wir müssen Investitionshemmnisse abschaffen. Wir müssen investitionsfördernde Maßnahmen einleiten. Wo bleibt das? Ich habe da bis heute leider nichts gesehen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Viele der Unternehmen, die bei uns ansässig sind, investieren derzeit – aber sie investieren nicht bei uns; sie investieren anderenorts. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass sich das ändert, dass wieder bei uns im Land investiert wird. Dafür benötigen wir die notwendigen Rahmenbedingungen.
Neben all diesen Maßnahmen, die leider in die falsche Richtung weisen, kommt dann auch noch der Landesentwicklungsplan hinzu, der auf 230 Seiten plus 430 Seiten Anhang detailliert schreibt, was in diesem Land alles nicht geht und was nicht gehen darf.
Da muss ich in diesem Hohen Hause eines sagen: Die Landesregierung hat jetzt sechs Jahre für den LEP benötigt – ich weiß, andere Regierungen haben das nicht geschafft –; wenn sich daraufhin aber das Parlament selbst beschränkt und die normale Beratungszeit von zehn Wochen auf sieben Sitzungswochen verkürzt, dann ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Da beschränken wir uns unnötig selbst. Es kann nicht angehen, dass das Parlament sich seiner Rechte beraubt, nur damit bei Rot-Grün an Weihnachten Frieden unter dem Weihnachtsbaum herrscht.