Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Bereits im Januar 2013 gab es einen Antrag der Piraten, im Falle der Leverkusener Brücke auf eine Kombilösung zu setzen, die für die Berufspendelnden, die den Großteil des Verkehrs auf der Brücke ausmachen, die Wahlfreiheit der Verkehrsmittel angeboten, das Verkehrssystem insgesamt entlastet und Leverkusen an das Stadtbahnnetz Köln angebunden hätte. Das war auch der richtige Zeitpunkt für Forderungen nach Stadtbahngleisen oder Radschnellwegen über den Rhein, Herr Klocke.

Wir haben damals auch die große Tunnellösung diskutiert, die die Öffnung der Deponie vermeiden würde. Auch das Recht der Stadt Leverkusen auf eine gesunde Stadtentwicklung wurde von uns immer wieder betont. Damals hieß es allerdings bereits relativ schnell, das Kind sei in den Brunnen gefallen. Alles, was über einen schnellen Ersatzbau hinausgehe, sei nicht drin. Bei Autobahnen könne man sowieso nichts kombinieren.

Wir wissen, dass das nicht ganz richtig war. Wir waren unerfahren und haben uns einlullen lassen. Das war damals ein Fehler!

Nun sind fast vier Jahre verstrichen, und wir bekommen natürlich keinen reinen Ersatzneubau, sondern einen Ausbau. Die achtstreifige Brücke wird uns einfach so als gegeben vorgesetzt. Die Verbreiterung der A1 quer durch Leverkusen scheint alternativlos zu sein. – Sie ist es aber nicht!

Noch im März 2014 hieß es auf unsere Anfrage hin im Verkehrsausschuss, die Deponie würde kaum angetastet. Am letzten Donnerstag dagegen – eben schon oft erwähnt – wurde uns gezeigt, dass der achtstreifige Ausbau auch bedeutet, dass die Deponie Dhünnaue deutlich mehr aufgerissen wird, als wenn einfach nur ein Ersatz vorgenommen würde. So muss deutlich mehr Aufwand betrieben werden.

An dieser Stelle betone ich noch mal – so, wie ich es am Ende des Ausschusses auch tun musste –: Nur, weil wir uns im Ausschuss intensiv informieren lassen, heißt das nicht, dass wir dem scheinbar alternativlosen Ausbau und der Zerschneidung Leverkusens stillschweigend zustimmen. Dieser Schluss des

Ministeriums, jetzt aber auch des Ministers und implizit auch von Herrn Klocke und Herrn Becker, ist falsch.

Leverkusens Stadtentwicklung kann nicht daraus bestehen, weiterhin um sich automatisch verbreiternde Autobahnen herumzubauen. Auch Leverkusen muss einen Luftreinhalteplan aufstellen, auch Leverkusen möchte alte Bausünden lieber loswerden, anstatt sie zu verbreitern. Was in Düsseldorf selbstverständlich ist, darf in Leverkusen nicht hinter einem Mechanismus der politischen Alternativlosigkeit veralteter Verkehrspolitik zurückstehen.

Ich verlange, dass wir nach vier Jahren im Landtag auch mal ernsthaft über die Stelze in Leverkusen sprechen. Das scheint leider ein Thema zu sein, welches mal wieder nach dem Kirchturmprinzip verhandelt wird. Es handelt sich dabei aber um ein Thema von Landesinteresse und von Landesverantwortung.

Jetzt soll die Brücke im laufenden Betrieb ausgebaut werden; aber was folgt – ob nun Tunnel, Senke, Stelze oder Looping –, soll einfach offen bleiben? Eigentlich ist das planerisch doch gar nicht möglich, zumal dann wieder bei laufendem Betrieb weitergebaut werden müsste.

Auf der einen Seite haben wir hier die scheinbare Alternativlosigkeit, und auf der anderen Seite die SPDtypische Nichtaussage bezüglich Tunnel und Stelze. Das führt weder zur besten Lösung noch zu Planungssicherheit. Ganz im Gegenteil handelt es sich dabei um genau die Verkehrspolitik, die uns die Infrastrukturproblematik erst eingebrockt hat.

Jetzt erwarte ich, dass Sie mal klare Worte an Leverkusen richten und etwas zu den verschiedenen Tunnellösungen sagen, Herr Minister. Ob man allerdings – das muss ich auf der anderen Seite sagen – von der Landesregierung erwarten kann, wie es der Antrag fordert, hier und heute das Ende der Befahrbarkeit der Brücke zu verkünden, wage ich zu bezweifeln.

Wenn Sie jetzt nämlich sagen: „Am 13. April 2019 müssen wir die Brücke endgültig sperren“, dann würde das zwar den Neubau erheblich erleichtern, Stress mit der Deponie und eine Menge Kosten sparen, aber die empörungspolitischen Sprecher der CDU und FDP würde das wahrscheinlich nicht beruhigen.

Herr Minister, es geht hier um neue Mobilität, vernetzte Mobilität, den Ausbau von Schienen und Wasserstraßen, und daher möchte ich an dieser Stelle an meine Rede von vorhin erinnern, in der ich forderte: keine Placebos mehr, kein Ankündigungsminister, Butter bei die Fische – übrigens auch im Landeshaushalt – und keine reinen Wunschlisten mehr!

Feiern Sie ruhig Ihre neue Rheinbrücke zwischen Wesseling und Niederkassel. Ich fand es damals auch schön, als die A44-Rheinquerung geöffnet

wurde. Allerdings möchte ich dann auch sehen, dass sich die Priorität für andere Verkehrswege tatsächlich in Projekten niederschlägt und auch im Haushalt widerspiegelt – Projekte, die aufholen und nicht nur hinterherhecheln. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Groschek.

Wenn doch nur alles so einfach wäre, wie es in einem vorgetragenen Text geschildert werden kann! – Wir haben ein Jahrzehnt der Baustellen vor der Brust. Das ist keine Drohung, sondern ein Versprechen. Das ist meine feste Überzeugung, und der verleihe ich auch überall Ausdruck.

Wenn ich bei der Einweihung der Sperranlage vor Ort war, dann deshalb, weil ich eben kein Minister bin, der sich nur dann streicheln lässt, wenn er mit der Schere die roten Bänder durchschneidet, sondern ich stelle mich auch dann der Öffentlichkeit, wenn es unbequem und ungemütlich wird. Das muss Teil einer glaubwürdigen Politik sein.

(Beifall von der SPD)

Selbstverständlich werden wir den Dialog mit den unterschiedlichen Initiativen in Leverkusen führen.

Was die Brücke angeht: Da war Holland in Not; da war dringend eine Sofortmaßnahme erforderlich. Ich habe vom ersten Tag an gesagt: Ich als Verkehrsminister kann und werde keine Garantieerklärung abgeben, die nicht fundiert wäre, was den Erhalt der Brücke angeht.

Andersherum wird ein Schuh daraus. Würden wir die Lkw-Verkehre nicht von der Brücke fernhalten, wäre sicher, dass die Brücke nicht hält. Weil wir die LkwVerkehre fast komplett von der Brücke fernhalten – Verrückte, die trotzdem durchbrechen, wird es sicher immer geben –, ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich größer, dass sie für die vielen Pkw-Verkehre offengehalten werden kann. Das ist gut und wichtig.

Nächste Anmerkung: Ich wollte auf die Güterverlagerung von der Straße auf die Schiene eingehen. Welche Größenordnungen gibt es da? Wir haben in der Bundesrepublik rund 3,6 Milliarden t Güter auf der Straße und 365 Millionen t auf der Schiene. Das heißt, wenn es uns gelänge, lediglich 10 % der Straßenlast auf die Schiene zu bringen, bedeutete das eine Verdoppelung des Schienenverkehrs.

Kommen wir zu den einzelnen Aspekten.

(Christof Rasche [FDP]: Unglaublich!)

Nein. – Die Deutsche Bahn hat ein Güterschienenverkehrskonzept vorgelegt. Das ist inzwischen zurückgezogen worden, weil aus unterschiedlichen Gründen viele Einspruch erhoben haben. Wir haben in unserem Ministerium zusammengesessen und sind zu dem Schluss gekommen: Dieses Konzept reicht nicht; denn es ist ein Güterverkehrseinsparkonzept, und es bietet keine Perspektive nach vorne, hin zu mehr Güterumschlag auf der Schiene.

Deshalb haben wir im Einvernehmen mit Pofalla – Bahnvorstand –, der verladenden Wirtschaft, der Handelsindustrie in Nordrhein-Westfalen und der richtigen Industrie ein Gutachten beauftragt, um zu erfahren, welche Potenziale die Schiene unter welchen Ausbaumaßnahmen bietet.

Dazu stellt sich die Frage: Wie können wir private Schienenverkehre optimieren und Synergieeffekte durch Vernetzung mit der DB hinbekommen? – Ein großes Problem im Zusammenhang mit der Enthaltsamkeit der verladenden Wirtschaft besteht darin, dass es keine Garantieerklärung der Bahn gibt, innerhalb von 48 Stunden einen bestimmten Punkt über die Schiene zu beliefern.

Wie absurd das ist, wird zum Beispiel daran deutlich, dass UPS von Köln aus die Lieferung an einen beliebigen Punkt in den USA, einschließlich Alaska, innerhalb von 24 Stunden garantiert, wenn das Paket bis 21 Uhr des Vortages angeliefert wird. Daran wird deutlich, wie groß der Qualitätsunterschied bei der logistischen Versorgung ist.

Deshalb ist es nicht akzeptabel, dass sich die Schiene selbst wegrationalisiert, weil die Dienstleistungsfunktion so vorgestrig ist. Das muss verbessert werden, das soll verbessert werden.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir werden Ihnen dieses Gutachten Anfang des kommenden Jahres vorstellen können und werden dann wissen, wie ein realistisches Maß an Wachstum unter bestimmten Investitions- und Organisationsbedingungen aussehen kann.

Schon heute verfügen wir über ergänzende Privatverkehre zur DB. Zum Teil sind unsere Hafenbetreiber selbst längst Bahnbetreiber geworden, weil sie ansonsten keinen Modal Split hinbekämen. Das ist also kein neunmalkluges leeres Versprechen, sondern der Verweis auf ein Gutachten, das wir gemeinsam zu Jahresbeginn diskutieren können, um dann endlich realistisch einschätzen zu können, wie viel von der Forderung „Mehr Güter auf die Schiene“ überhaupt und unter welchen Voraussetzungen umgesetzt werden kann.

Was Leverkusen angeht, so sind alle Maßnahmen eins zu eins mit dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesverkehrsminister in Person abgestimmt. Er selbst hat noch einen parallelen Prüfprozess zur Frage „Tunnel oder Stelze?“ eingeleitet.

Nach dem gesetzlich gültigen Regelwerk technischer Bauanleitungen wäre eigentlich die Stelzenlösung vorzusehen. Die Tunnellösung wird an dieser Stelle erneut geprüft. Ich vermag nicht zu beurteilen, wie lange die bundesseitige Prüfung jetzt dauern wird. Irgendwann wird ein Prüfergebnis vorliegen, und dann muss der Bund entscheiden, welchen Auftrag er uns gibt. Wir sind Bundesauftragsverwaltung und bauen das, was der Bund beauftragt.

Ich bin sicher, wir werden die Brücke so zügig wie möglich bauen und werden dann Zeit haben, über die beiden anderen Bauabschnitte, die noch folgen, miteinander zu diskutieren. Wir werden mit der Stadt Leverkusen, den Verantwortlichen und den Bürgerinnen und Bürgern die bestmögliche Lösung finden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion hat sich noch einmal der Kollege Ott gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal an den Anfang der Debatte zurückkommen. Heute sind alle Radiosender und alle Zeitungen voll mit diesem Thema, und alle diskutieren darüber, wie es dazu kommen konnte.

Ich glaube tatsächlich, dass wir eine neue Besonnenheit an den Tag legen müssen, wenn wir solche Themen politisch diskutieren. Bei Themen wie „Stau in Nordrhein-Westfalen“ usw. bin ich der festen Überzeugung, dass die Menschen draußen wissen, dass es sämtliche politischen Kräfte in den letzten 30, 40 Jahren im Grunde nicht geschafft haben, Versprechungen einzuhalten, was Ortsumgehungen und Ähnliches anbelangt.

Ihnen ist bewusst, dass in der Verkehrspolitik viele Fehler gemacht worden sind. Bei der Instandsetzung von vielen Brücken hat man sich viel zu viel Zeit gelassen.

Das heißt, ein Aufrechnen von gegenseitigen Fehlern oder die Skalps, von denen der Minister eben gesprochen hat, das bringt überhaupt nichts. Das möchte ich deutlich machen. Es werden nur diejenigen nutzen, die das viel radikaler und noch viel deutlicher machen können.

Ich freue mich, dass Christian Möbius hier ist. Wir waren ja gemeinsam – auch mit dem Kollegen Andreas Kossiski – bei den Menschen im Kölner Norden. Die CDU-Ratskollegin aus Köln war auch dabei. Sie haben das also mitbekommen. Wir haben gemeinsam überlegt, was man tun kann, welche Lösungen es gibt. Das halte ich für den besseren Weg.

Die Kölner müssen wissen, dass auch sie in die Kommunikation der Bezirksregierung eingebunden werden müssen, also das Wirtschaftsforum.

Die Leverkusener müssen wissen, wie wichtig die viele Öffentlichkeitsarbeit ist, die schon stattgefunden hat. Es gibt Bürgerzeitungen, Veranstaltungen in der Fußgängerzone, jede Menge Redaktionsbesuche bei den Medien und ganz viele andere Dinge. Es ist ja nicht so, als ob da keine Öffentlichkeitsarbeit stattfindet. Trotzdem müssen wir dem Leverkusener Rat sagen: Ja, ihr habt recht. Eine intensive Öffentlichkeitsarbeit – auch jetzt und begleitend – ist uns ganz wichtig, damit wir da gut zusammenarbeiten. Ich bitte wirklich darum: Lassen Sie uns diesen Weg auf sachlicher und fachlicher Ebene gehen.

Last, but not least, lieber Christof: Ich finde schon, dass du dich von der Diskussion absetzt, die andere hier führen.

Ich möchte aber auf eins hinweisen: Schon bei der Tunnellösung müssen wir Politiker ganz sauber kommunizieren, weil es nämlich, wie wir alle zusammen gelernt haben, verschiedene Diskussionen darüber gibt. Die einen sagen, dass von Niehl ein Tunnel unter der Mülldeponie hindurch gebaut werden soll. Man muss den Menschen erklären, dass das absolut unrealistisch ist. Es wird keinen Riesentunnel vom Nordkreuz unter dem Rhein her geben.

(Beifall von Christian Möbius [CDU])

Der Minister hat trotzdem gesagt, dass der dritte Bauabschnitt – wir bauen ja erst die Brücke, dann das Kreuz und kommen dann zu der Lösung durch Leverkusen – jetzt noch einmal geprüft wird, ob es da eine städtebauliche Lösung geben kann. Natürlich wären Lösungen schön wie in Hamburg oder in anderen Städten. Das wird jetzt geprüft. Wir müssen uns die präzise Darstellung vornehmen, weil wir in dem Feld ansonsten noch mehr Vertrauen verlieren.