Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein anderer Bereich, der noch als ein wenig defizitär zu bezeichnen ist, ist der der Gleichstellung im beruflichen Spektrum.

Der Gleichstellungsbericht des Weltwirtschaftsforums hat Deutschland ein – freundlich formuliert – durchwachsenes Zeugnis bei der Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern ausgestellt.

Bei der Entgeltgleichheit und der Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt bleibt nach wie vor einiges zu tun. Frau Schneider, ich habe eigentlich vermisst, dass Sie in diesem Jahr wieder die Kompetenzzentren zur Disposition stellen.

(Susanne Schneider [FDP]: Oh!)

Ja, keine Enttäuschung. Ich mache das jetzt einfach: Selbst wenn Sie das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, haben wir mit den 16 landesweiten Kompetenzzentren eine wichtige Struktur wieder eingerichtet, die insbesondere im Bereich der KMU dabei unterstützen soll, eine frauenfördernde Personalpolitik umzusetzen. Gleichstellung und Chancengleichheit fallen eben nicht vom Himmel, auch wenn Sie das vielleicht nach wie vor denken. Viele Betriebe wissen aber, dass Chancengleichheit nicht vom Himmel fällt, und deshalb nehmen sie die Unterstützung durch die Kompetenzzentren auch gerne an.

(Beifall von den GRÜNEN)

Doch Chancengleichheit – das haben Sie zu Recht gesagt – beginnt nicht erst beim Eintritt in den Beruf, sondern schon bei der Berufswahl und bei der Be

rufswahlorientierung. Auch hier zeigt sich: Klassische Rollenstereotype prägen auch weiterhin das Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen.

Mit dem Projekt „Genderkompetent.NRW“ wird ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, gendersensible Berufswahlorientierung voranzutreiben. Das, Frau Schneider, kommt nicht nur Mädchen, sondern vor allem auch den Jungen zugute.

In diesem Haushalt – Frau Kopp-Herr hat das bereits angesprochen – reden wir auch über die Emanzipation und die Gleichstellung von LSBTTI. Homo- und Transphobie sind auch weiterhin aktuelle Herausforderungen, wenn es um den Kampf für die offene Gesellschaft geht. Der Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie und dessen Fortschreibung bilden auch weiterhin die Blaupause für mehr Akzeptanz bei sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in NRW.

Ich bin besonders froh, dass es in diesem Jahr endlich gelungen ist, mit dem „Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW“ auch eine Vernetzung für die Trans*menschen in diesem Land auf den Weg zu bringen. Diese Vernetzung und Koordinierung der Trans*selbsthilfe wurde auch mit Mitteln aus diesem Haushalt unterstützt. Das ist ein ganz wichtiges Signal für eine Gruppe, die ansonsten nach wie vor sehr stark marginalisiert ist.

Rundum bleibt festzuhalten, Frau Schneider: Dieser Haushaltsplan ist kein ideologisches Unkraut, wie Sie ihn hier bezeichnet haben, sondern mit diesem Haushaltsplanentwurf übernimmt NRW auch finanziell Verantwortung für die Gleichstellung von Frauen und Mädchen, aber auch Jungen und Männern und die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Paul. – Für die Piratenfraktion hat Herr Olejak das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Vielen Dank erst einmal für die grundlegenden Erläuterungen hier in aller Kürze der positiven Aspekte des anstehenden Haushaltsplans für den Bereich der Gleichstellung und auch – sehr, sehr wichtig – den Bereich LSBTTI.

In diesem Zusammenhang ist mir etwas zu oft gerade der Aspekt „Opfer“ erwähnt worden. Immer nur dieses Negative so stark hervorzuheben, halte ich nicht wirklich für zielführend. Es eventuell als ideologischen Unsinn abzuwerten, ist auch nicht wirklich zielführend. Sie könnten es gerne als ideologisch bezeichnen, wenn dieser Haushaltsplan – wie es in anderen Bundesländern schon der Fall ist – zum Bei

spiel unter den Aspekten des reinen Gender-Budgeting stünde. Dies ist in Nordrhein-Westfalen leider noch nicht der Fall. Also bis dahin können Sie diese Floskel gerne noch einmal beiseitelegen.

Die positiven Aspekte überwiegen tatsächlich die negativen Aspekte in diesem Haushaltsentwurf. Gleichwohl gibt es einen grundsätzlichen Problempunkt, der immer wieder angesprochen wird, auch von den Vertreterinnen und Vertretern der Frauenhäuser. Es fehlt auch aus unserer Sicht – und seit Jahren führen wir das hier an – die sogenannte Regelfinanzierung. Jahr für Jahr müssen die entsprechenden Gelder neu beantragt werden. Unabhängig von der Frage, ob wir dies für gesamte Familien Betroffener machen, also mit Kindern von Gewaltopfern, in der Regel Frauen – die Stelle in Bielefeld für Männer ist ja auch schon erwähnt worden –, sollte dies regelmäßig finanziert sein und nicht immer nur auf Antrag.

Zudem würde ich zur Opferbetreuung noch einen Vorschlag machen. Wir haben demnächst ein Sachverständigengespräch in dem Zusammenhang, gerade mit Bezug auf langfristige Opferbetreuung. Ich persönlich würde mir wünschen – auch für eine kommende Legislatur –, dass dieses Thema nicht untergeht, sondern vielleicht zukünftig da angesiedelt wird, wo es meines Erachtens hingehört und auch in Bayern und Sachsen-Anhalt bereits aufgehängt ist, nämlich – dies für Sie als Denksportaufgabe – an der neutralsten Stelle aus Sicht dieser Länder, und diese ist das Justizministerium. Dort sollte auch aus meiner persönlichen Sicht der gesamte Haushaltsbereich und das gesamte Ressort der Gleichstellung zukünftig angesiedelt werden.

Vielen Dank so weit. Einen schönen Tag noch!

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Olejak. – Für die Landesregierung hat noch einmal Frau Ministerin Steffens das Wort.

Herr Kollege! Meine Damen und Herren! Frau Schneider, zu sagen, das sei ideologisches Unkraut, das ist, wenn man sich anguckt, dass der größte Teil dieses Haushalts in den Bereich Gewaltschutz fällt – und das nach Diskussionen, die auch hier in diesem Plenum lang und breit geführt worden sind –, wie ich finde, schon harter Tobak. Das ist eine klare Aussage, wo Sie eigentlich frauenpolitisch stehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zweiter Punkt, in Richtung CDU-Fraktion: Frau van Dinther, ich finde es schön, dass Sie immer wieder betonen, dass wir im Frauenausschuss sehr viel Konsens haben. Ja, das haben wir. Das finde ich gut. Aber gerade beim Gewaltschutz, wo Ihrer Aussage

nach Konsens besteht, haben Sie in den letzten Jahren, seit wir damit begonnen haben, die Haushaltskürzungen mit der vierten Frauenhausstelle rückgängig zu machen, seit wir angefangen haben, die Infrastruktur zu stabilisieren, nicht ein einziges Mal dem Haushalt, diesem Einzelplan zugestimmt. Ich finde es schon fatal, zu sagen: Wir sind zwar einer Meinung, aber Geld für das, was Sie alles machen und umsetzen, sind wir als CDU-Fraktion nicht bereit auszugeben. – Das ist eine nicht klare und nicht deutliche Position. Dann müssten Sie wenigstens diesem Einzelplan zustimmen.

Zu den anderen Schwerpunkten ist schon viel gesagt worden. Neben dem Gewaltschutz sind das die digitale Gesellschaft und gerade die Frage von Gewalt im Netz und von Strategien zum Onlinefeminismus, wie wir diese Bereiche miteinander vernetzen. Das ist wichtig. Wir müssen gerade hier unsere Strukturen vor Ort stärken und auch Schutz- und Hilfesysteme mit Onlineberatung qualifizieren. Das ist die Aufgabe des Kompetenzzentrums Frau und Beruf, wo wir gerade Unterstützung auch von kleinen und mittleren Unternehmen in frauenfördernder Personalpolitik brauchen, als weiterer Schwerpunkt.

Der Bereich der geschlechterbezogenen Gesundheitspolitik ist auch ein wichtiger Bereich, in dem wir uns nicht erst, Frau Schneider, durch Ihre Initiativen, sondern schon vorher, als das noch in der Gesundheitsabteilung verankert war, mit der Gesundheitspolitik für Jungen und mit der Jungengesundheit beschäftigen.

Gewaltschutz: CDU und FDP haben das eben mehrfach angesprochen. Gewalt ist auch ein Thema von Männern. Deswegen haben wir mit unserem EFREProjekt versucht, auch Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Männer zu erfassen. Aber die Strukturen, die Männer brauchen, werden andere sein und gerade welche, die nicht unbedingt in einem Frauenetat und in einem Frauenbereich verankert werden müssen.

Letzter Punkt: Homo- und Transphobie. Wir haben unseren Aktionsplan. Ich bin nach wie vor all den Akteuren im Land sehr dankbar dafür, dass sie den mit uns erarbeitet haben und unterstützt haben. Wir werden einen Schwerpunkt auch auf die Gruppe der Trans- und Intersexuellen legen müssen, weil sie im System noch mehr diskriminiert sind als alle anderen. Aber das heißt nicht, dass die anderen Bereiche hinten runterfallen. Wir werden das Maßnahmenpaket weiter umsetzen. Dieser Haushalt gibt uns dazu die Möglichkeit. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Steffens. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung erstens über den Einzelplan 15. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 16/13515, den Einzelplan 15 in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses anzunehmen. Wer stimmt dem so zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und Piraten. Gibt es Enthaltungen? – Das sehe ich nicht. Fraktionslose Abgeordnete haben den Raum nicht betreten. Damit ist der Einzelplan 15 in der zweiten Lesung angenommen.

Wir stimmen zweitens über den Antrag der Piratenfraktion Drucksache 16/13523 ab. Die antragstellende Piratenfraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer also stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Enthaltungen gibt es nicht. Damit ist der Antrag mit der breiten Mehrheit des Hohen Hauses bei Zustimmung der Piratenfraktion abgelehnt.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich für das Protokoll das Ergebnis der vorhin durchgeführten Abstimmung über den Einzelplan 10 – Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz – noch mal deklaratorisch feststellen.

Der Einzelplan 10 wurde entsprechend der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/13510 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und des fraktionslosen Abgeordneten Stüttgen gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP und des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd bei Enthaltung der Piratenfraktion in der Fassung der Beschlüsse des Haushalts- und Finanzausschusses in zweiter Lesung angenommen. – Das zu Protokoll.

Ich rufe auf:

Einzelplan 02 Ministerpräsidentin und Staatskanzlei (Minis- terpräsidentin und Staatskanzlei, Landespla- nung, Europa und Eine Welt, Medien)

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/13502

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Jostmeier das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir behandeln nun den Einzelplan 02, den Haushaltsplan der Staatskanzlei der Landesregierung. Wodurch zeichnet sich dieser Einzelplan 02 und der Haushalt der Landesregierung in diesem

Jahr und seit Jahren aus? – Die Landesregierung weitet das Stellensoll massiv aus. Es findet keine Aufgabenkritik statt. Probleme werden mit kw-Vermerken auf die Zukunft verschoben, deren Realisierung bereits heute der Lebenswirklichkeit nicht mehr entspricht.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Seit der Übernahme der Regierungsverantwortung vor knapp sieben Jahren

(Zuruf von Markus Töns [SPD])

hat die rot-grüne Landesregierung – Herr Kollege Töns, lieber Markus, jetzt hör‘ gut zu! –

(Markus Töns [SPD]: Ich höre gut zu!)

in ihren Ministerien 1.255 neue Stellen geschaffen.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört! – Zuruf: Bravo!)

Ich kann unserem finanzpolitischen Sprecher Marcus Optendrenk nur zustimmen, wenn er dazu bemerkte: Noch nie – das Land ist in diesem Jahr 70 Jahre alt geworden – hat sich eine Landesregierung so deutlich mit Personal ausgestattet wie das Kabinett von Ministerpräsidentin Kraft.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])