Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

Deshalb sprechen die Gewerkschaften verständlicherweise auch von einer Kampfansage an den öffentlichen Dienst. Alle Gerichte haben bislang ihre rot-grüne Frauenquote als verfassungswidrig verworfen. Zahlreiche Beförderungslisten werden beklagt und sind bereits zusammengebrochen. Das Ergebnis ist, dass dann weder Frauen noch Männer befördert werden. Welch ein Rohrkrepierer!

Dieses Unheil der Karrieresackgassen wollen Sie nun auch auf öffentliche Unternehmen ausdehnen, frei nach dem Motto: Gleichheit liegt dann vor, wenn Sie alle gleich schlecht behandeln. – Wenn die Frauenquote, die leistungsschwächere Frauen den leistungsstärkeren Männern vorzieht, bereits in den Behörden verfassungswidrig ist, dann ist sie es erst recht in Unternehmen. Mit sachfremden Eingriffen legt sich Rot-Grün nun mit den Beschäftigten an, insbesondere bei Sparkassen, bei der NRW.BANK und bei der LBS. Die Sparkassen sind in heller Aufregung.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Frau Kollegin, die haben Ihnen genauso geschrieben wie uns. Die wenden sich ja nicht nur an die Opposition. Deshalb kennen Sie die Sorgen. Sie haben es ja verfolgt: Der Pressesprecher des Sparkassenverbandes hat am 18. Oktober 2016 im WDR die Frage gestellt: Warum müssen wir plötzlich Bewerber einstellen, die schlechter als andere sind? – Diese Frage müssen Sie den Sparkassen beantworten.

(Beifall von der FDP und vereinzelter Beifall von der CDU)

Die Sparkassenpräsidenten weisen darauf hin, dass sie Wettbewerbsunternehmen führen, die selber die Entscheidungsfreiheit brauchen, welches Personal sie rekrutieren. Deshalb ist für uns entscheidend, dass hochkomplexe Aufgaben bei Sparkassen, bei denen es um hohe Millionenbeträge geht, für die Personal Verantwortung übernimmt, von den am besten Qualifizierten wahrgenommen werden, und das ist keine Frage von Geschlechterquote. Wenn Frauen dafür am besten qualifiziert sind, dann soll ein gesamter Vorstand aus Frauen bestehen. Aber wenn es ein differenzierteres Bild gibt, dann muss auch das vor Ort so entschieden werden können. Alles andere ist leistungsfeindlich.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Ihre Gesetzgebung wird einen negativen Einfluss auf die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für männliche Bewerber haben. Sie wird zu einem Mehr an Bürokratie und an Dokumentationspflichten führen. Sie werden eine Vielzahl von Klagen provozieren, auch durch neue Rechte, die Sie den Gleichstellungsbeauftragten geben.

Sie werden auch problematische Abwägungsentscheidungen produzieren. Wenn Sie ein Dezernat haben und es in ein und demselben Dezernat im Besoldungsrang A 7 sowohl Feuerwehrmänner als auch Sekretärinnen gibt, wollen Sie dann über Jahre keine Beförderungsperspektiven mehr bei der Feuerwehr haben, oder wie sehen Sie das?

(Beifall von der FDP)

Ist das dann ein Beitrag zur Personalgewinnung in dem Bereich? Nein, für uns als FDP-Landtagsfraktion ist klar: Moderne Genderpolitik bedeutet: Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz ist kein reines Frauengrundrecht. Es ist ein Recht auf faire Behandlung beider Geschlechter. Uns ist wichtig, dass deshalb je nach Sachverhalt jeweils das Geschlecht gefördert wird, bei dem es die individuellen Umstände im Einzelfall auch nahelegen.

Nordrhein-Westfalen hinkt bei dieser Erkenntnis im Übrigen mal wieder hinterher. Sie bleiben weit hinter den Erkenntnissen zurück, die es in anderen Bundesländern längst schon gibt, die auch aufseiten der Bundesregierung, was die Bundesgesetzgebung angeht, schon entsprechend vorhanden sind. Deshalb

gehe ich an dieser Stelle jede Wette ein: Nachdem Rot-Grün im Mai 2017 abgewählt ist, wird jede neue Regierung diese Frauenquote ändern, die vor Gericht wieder scheitern wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP – Michael Hübner [SPD]: Ihre Rede war ein Hauch von nichts!)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Olejak das Wort.

(Anhaltende Zurufe von der FDP, der SPD und den GRÜNEN – Unruhe)

Meine Damen und Herren, es ist wunderbar, mit wie viel Vehemenz dieses Parlament auch um 21:34 Uhr noch debattiert. Dennoch darf ich sehr herzlich bitten, jetzt Herrn Kollegen Olejak etwas Aufmerksamkeit zu schenken. – Bitte, Herr Kollege.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Ich mache mich jetzt einmal schuldig. Das Bild mit den drei Affen, das gerade erwähnt wurde, reduziere ich einmal kurz und sage: Wir haben in dieser Angelegenheit nur noch zwei Affen hier im Plenum; denn wir als Oppositionsfraktion erkennen diesen mutigen Schritt tatsächlich an; das hatten wir auch schon mehrfach betont.

Als direkte Erwiderung sage ich, um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: Was die Sparkassenvertreterinnen und -vertreter betrifft, so haben diese, wie sich in der Anhörung gezeigt hat, ihren eigentlichen Auftrag vergessen; denn der permanente Vergleich, dass man in Wettbewerb und direkter Konkurrenz zu den privaten Banken steht, steht meines und unseres Erachtens in konkretem Widerspruch zur gesetzlichen Grundlage der Sparkassen. Von daher ist die Möglichkeit, das LGG als gesetzlichen Rahmen in einer neuen Version hier entsprechend einzubringen, einfach eine vernünftige Grundlage, und die weiteren Schritte – auch dies wurde von mehreren Seiten hier gerade schon bestätigt –, die Detailfragen werden dann in den entsprechenden Ausführungsbestimmungen festgeschrieben. Dagegen sprach auch noch niemals etwas.

Was die Grundgesetzgemäßheit betrifft – auch dies wurde mehrfach angesprochen –, so steht der Klageweg offen. Wir haben natürlich noch nicht das Individualklagerecht. Aber mit gut Glück kommt auch das noch. Von daher kann man das eventuell, wenn man denn möchte, entsprechend anfechten. Im Übrigen hatte ich Ihnen schon einmal nahegelegt: Bringen Sie es doch bitte langsam vor das Verfassungsgericht. Ansonsten habe ich nämlich das Gefühl,

dass Sie hier wieder einmal eher in Bereichen herumfischen wollen, in denen es ein bisschen schwierig wird. Stehen Sie einfach einmal zu Ihrem Wort.

Fürderhin – jetzt muss ich einmal kurz etwas nachschauen – wollte ich zu Ihren Entschließungsanträgen noch ein paar Worte verlieren. Ich finde es ja gut, dass das Wort der Handreichungen seitens RotGrün in diesem Zusammenhang gefallen ist und entsprechend der Entschließungsantrag kam. Gleichwohl erachte ich es nach wie vor eher als – ich sage einmal – prinzipiell und selbstverständlich, dass die Landesregierung nicht einfach ein Gesetz beschließt, sondern auch nach unten informiert und von vornherein Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die kommunalen Vertretungen und für alle untergeordneten Behörden vorsieht. Von daher erachte ich diesen Entschließungsantrag nicht unbedingt als zustimmungspflichtig.

Zu dem Bereich der Leistungsbeurteilung sowie den Schlagwörtern „Leistungsfeindlichkeit“ und „Leistung muss sich wieder lohnen“ möchte ich gerne daran erinnern – vielleicht auch im Rahmen der Ausführungsbestimmungen, die dann zu fassen sind –, wie wichtig es ist, dass wir auch und gerade im Sinne der gleichgeschlechtlichen Behandlung auf den Bereich der möglichen Korruption und der Antikorruption stets ein Auge haben. Denn wer überwacht die Überwacher? Wer prüft die Prüferinnen und Prüfer?

Diesen Aspekt gilt es nicht zu vernachlässigen, denn die entsprechenden Gremien sind unserer Meinung nach bis dato nicht ausreichend in den Blick genommen worden. Auch dies hat sich im Rahmen der Anhörung ergeben, ließe sich aber ebenfalls im Rahmen von Ausführungsbestimmungen entsprechend umsetzen. Von daher kann ich meiner Fraktion nur empfehlen, dieses LGG in der derzeitigen Fassung anzunehmen, und alles Weitere wird dann folgen. – Vielen Dank und einen schönen Abend. Wir sind ja noch ein bisschen hier.

(Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Allerdings, Herr Kollege. Vielen Dank. – Jetzt hat das Wort für die Landesregierung Frau Ministerin Steffens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau van Dinther, ich fand es jetzt sehr schade und finde es auch weiterhin schade, dass Sie diesen Entschließungsantrag erst heute eingebracht haben.

Das schließt ein bisschen an die Debatte an, die wir eben im Haushalt hatten, in der Sie im Grunde genommen immer sagten: Wir sind uns ja eigentlich im Frauenausschuss alle so einig, aber erstens stimmen wir keinem Haushaltsantrag zu, und zweitens

halten wir uns da, wo wir eigentlich den Diskurs zu einem solchen Gesetz führen, zurück. – Am Ende kritisieren Sie aber, ohne konkret zu werden; denn Sie haben ja noch nicht einmal mehr das, was Sie beklagt haben – wir würden ja zum Beispiel keine Quote angeben – konkret benannt. Sie hätten auch ganz konkrete Änderungsanträge im Ausschuss mit einbringen können, und wir hätten sie bestimmt gerne mit Ihnen diskutiert.

In Ihrer Rede haben Sie dann gesagt, es ginge Ihnen um Gerechtigkeit und Transparenz. Auch uns geht es um Gerechtigkeit und Transparenz, und heute haben wir eine Situation, in der es für Frauen keine Gerechtigkeit und keine Transparenz gibt. Deswegen sehe ich das Gesetz als einen wirklich wesentlichen und wichtigen Schritt nach vorne an.

(Beifall von den GRÜNEN)

Spannender aber als die Einlassung von Frau van Dinther fand ich gerade die Rede von Herrn Witzel, der über „rückwärtsgewandt“ redet. Im Grunde genommen war Ihre Rede eine Zusammenfassung der Textbausteine der Reden, die damals für das Gesetz, das 1989 in Kraft getreten ist, gehalten wurden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das waren genau dieselben Argumente und Fragen. Sie haben ja nebenbei gesagt, dass das alles im Moment verfassungswidrig sei. Zum Glück entscheiden das nicht Sie, sondern das Bundesverfassungsgericht. Damals war das genauso; denn das Gesetz, das 1989 in Kraft getreten ist, wurde 1997 vom EuGH bestätigt. Auch damals gab es die Unkenrufer, die die Welt untergehen sahen und die gesagt haben, dieses Gesetz würde uns nicht voranbringen, es wäre verfassungswidrig und nicht akzeptabel.

Das alte Gleichstellungsgesetz ist vom EuGH bestätigt worden, und ich glaube, das wird auch mit unserem neuen Gesetz geschehen; denn es ist ein Gesetz, das die Gleichberechtigung fördert und das nicht – wie Sie immer vorzugeben versuchen – Frauen gegenüber Männern bevorzugt.

Sehr bezeichnend fand ich auch, dass Sie nämlich das Verfahren in Verwaltungen, wie denn eigentlich Vergleichsgruppen gebildet werden und Beurteilungen stattfinden, scheinbar nicht verstanden haben. Damit wird auch klar, warum Sie diese Konsequenzen daraus ziehen; denn Sie haben gesagt, die Feuerwehrbeschäftigten würden mit den Sekretärinnen verglichen. Solche Vergleichsgruppen gibt es bei den Bewertungen und den Beförderungen nicht. Von daher haben Sie einfach die Systematik in Verwaltungen nicht verstanden, und damit können Sie auch nie dazu kommen, wie eigentlich solche Sachen adäquat umgesetzt werden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Witzel, es wäre also schön, wenn Sie sich mit den Themen intensiv beschäftigten.

Ich komme zum letzten und dritten Punkt, bei dem Sie auch von einer völlig falschen Voraussetzung ausgehen und es nach wie vor nicht verstanden haben: Es geht darum, dass wir eine geschlechtsbedingte Benachteiligung von Frauen im öffentlichen Dienst haben,

(Ralf Witzel [FDP]: Wo denn?)

und bei Männern ist dies im öffentlichen Dienst nach wie vor nirgendwo zu sehen. Das können Sie in den gesamten Führungsbereichen sehen. Egal ob wir uns die Polizei, die Finanzverwaltung, die Gerichte oder die Staatsanwaltschaften ansehen, wir haben in den höheren Gruppierungen immer die Benachteiligung der Frauen. Es gibt sie in zahlreichen Bereichen.

Sie bringen das Beispiel mit den Sparkassen – Mein Gott, wo sind die Frauen? Es mag so sein, dass Sie sich in Ihrer Fraktion daran gewöhnt haben, dass es frauenfreie Zonen gibt.

(Unruhe von der CDU und der FDP)

Wir wollen das in der Landesregierung nicht akzeptieren. Wir wollen Gleichberechtigung und Chancengleichheit für Frauen.

Das Gleichstellungsgesetz bietet aber mehr als die Beantwortung dieser Frage. Es bietet vor allen Dingen neben der Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen und der Weiterentwicklung der Gremienregelung eine Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten. An dieser Stelle möchte ich sagen: Es ist eine Weiterentwicklung, eine Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten.

Wir haben immer gesagt: Wir wollen Zähne für den Tiger haben. – Eben hat die Kollegin Paul gesagt: Es ist ein Zahnen. Wir hätten in der Tat gerne noch mehr rechtliche Möglichkeiten für die Gleichstellungsbeauftragten gehabt, aber wir sind auf dem richtigen Weg und haben hierfür die Gleichstellungsbeauftragten, die hohe Verdienste haben. Für das, was in den Kommunen an Gleichstellungspolitik umgesetzt wird, haben wir eine Stärkung sowohl in den Bereichen der Fort- und Weiterbildung und der Unterstützung als auch darin, wie sie rechtlich stehen.

Deswegen kann ich, meine Damen und Herren, nur sagen: Gleichstellungspolitik hat es nicht immer leicht. Es werden ihr viele Steine in den Weg gelegt. Es ist ein wichtiger Bereich, und ich glaube, dass wir mit diesem weiterentwickelten Gleichstellungsgesetz für Nordrhein-Westfalen, das von all denjenigen, die uns Gutachten geschrieben haben, als ein wichtiger und richtiger Schritt bezeichnet wird, Neuland betreten. Wir können und müssen dieses Neuland gut betreten.

Unser altes Gleichstellungsgesetz war bundesweit Vorbild, unser neues Gleichstellungsgesetz wird es auch wieder werden. Ich freue mich, dass wir diesen Schritt in Nordrhein-Westfalen gemeinsam gehen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung erstens über den Gesetzentwurf Drucksache 16/12366. Der Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation empfiehlt in Drucksache 16/13546, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf selbst und nicht über die Beschlussempfehlung.