Protokoll der Sitzung vom 01.12.2016

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/13529

Ich eröffne die Aussprache. Herr Kollege Kaiser hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bevor es eine falsche Legendenbildung gibt, sage ich Folgendes – heute Morgen hat sich Frau Hendricks in dieser Frage ja schon leidlich aufgeregt –: Es waren die Fraktionen von SPD und Grünen, die 2004 G8 für die Gymnasien in Nordrhein-Westfalen beschlossen.

(Norbert Meesters [SPD]: Aber anders! – Zuruf von der SPD: Was?)

Als wir 2005 in die Regierungsverantwortung kamen und G8 umsetzen wollten, war die große Überraschung, dass nichts vorbereitet war. Die Schubladen waren leer.

(Norbert Meesters [SPD]: Ihr habt das falsch gemacht, weil Ihr das nicht konntet!)

Damit das nicht wieder passiert, stellen wir heute unseren Antrag, sich entsprechend vorzubereiten.

(Norbert Meesters [SPD]: Damit Ihr das nicht wieder falsch macht?)

Bevor die SPD auch in dieser Frage der angeblich überlasteten Mittelstufe unterwegs ist,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Angeblich überlastet?)

muss man sagen, dass der Vorschlag der Grünen weiterhin ein G8-Modell mit entsprechender Mittelstufe vorsieht.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Sigrid Beer [GRÜNE]: Nicht verstanden!)

Das in einer Vorbemerkung festzustellen, hilft vielleicht auch, zur Versachlichung beizutragen.

(Lachen von Monika Pieper [PIRATEN] – Zu- ruf von der SPD: Au!)

Die CDU hat in den letzten Wochen auf ihren Vorschlag, ein echtes G9 zu ermöglichen, positive Resonanz bekommen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Von wem?)

Frau Beer, wir hören das natürlich. – Natürlich gibt es auch Kritiker. Aber gerade außerhalb der Bildungskonferenz und in der Praxis sagen uns Lehrerinnen und Lehrer aus den Schulen: Was ihr vorschlagt, ist praktikabel.

Kommen wir zum Antrag selbst. Ich zitiere aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 13. September 2016: „Schulministerin Sylvia Löhrmann verteidigt das Turbo-Abi“. Darin warnt sie vor Aktionismus und spricht von offener Debatte am runden Tisch.

(Ministerin Sylvia Löhrmann nickt.)

Weiterhin heißt es im „Kölner Stadt-Anzeiger“:

„Eine eigene klare Neupositionierung lehnt Löhrmann derzeit ab.“

(Ministerin Sylvia Löhrmann nickt.)

„Damit würde sie alle brüskieren, die am ,Runden Tisch‘ der Regierung Verbesserungen am G8Modell erarbeitet, befürwortet und in einem Fazit vom Dezember 2015 für gut befunden hätten.“

Was sagt Frau Kraft? „Kraft legt sich in Debatte um ,Turbo-Abi‘ weiter nicht fest“. So stand es am 10. September 2016 in der „Aachener Zeitung“

Doch was passierte dann? Das war für den Beobachter ja nicht uninteressant. Die SPD legte ein Modell für G9 vor, das allerdings für die Schülerinnen und Schüler keine qualitativen Verbesserungen bringt und daher auch sehr stark diskutiert wurde.

Verpflichtender Nachmittagsunterricht wird danach weiterhin die Regel sein. Belastungen für die Qualifikationsphase der Oberstufe werden für alle Schüler im Vergleich zu heute sogar noch zunehmen. Für die G9-Schüler ändert sich damit nichts. Die Einführungsphase in Klasse 11 als bloßes zusätzliches Förderjahr ist ja auch mit „ein Jahr Sitzenbleiben für alle“ umschrieben worden.

Dann kommt Frau Löhrmann um die Ecke und verwirrt die Schullandschaft mit dem unausgewogenen und unausgegorenen Vorschlag einer Komme-ichheute-nicht-komme-ich-morgen-Schule.

(Heiterkeit von der CDU – Lachen von Minis- terin Sylvia Löhrmann)

Was ist das eigentlich für ein Regierungshandeln?

(Beifall von der CDU)

Es wird Verwirrung gestiftet, anstatt in Schulen für Ruhe zu sorgen und diese in Ruhe arbeiten zu lassen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Oh ja!)

Es werden Signale gesendet, etwa „keine Schnellschüsse“, und dann geschieht das genaue Gegenteil.

Frau Löhrmann, das Chaos in unserer Schullandschaft und die dort vorhandene Unruhe suchen ihresgleichen. Sie haben ihre Ursache bei Ihnen und dem von Ihnen geleiteten Ministerium.

(Beifall von der CDU – Ministerin Sylvia Löhr- mann: Ach nein!)

Damit sich dieses Chaos bei der G9-Frage nicht fortsetzt, haben wir diesen Antrag gestellt. Alle in diesem Landtag vertretenen Fraktionen haben sich ja entschieden, in der einen oder anderen Weise G9 an den Gymnasien zu ermöglichen. Also wird es nach der Wahl im Mai nächsten Jahres auf jeden Fall G9 an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen geben.

Insofern ist es sinnvoll und notwendig, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen und nicht einfach abzuwarten. Sie sollten nicht versuchen, durch Nichtstun in dieser Frage über die Runden zu kommen.

(Widerspruch von Ministerin Sylvia Löhrmann)

Die Lehrpläne können heute schon überarbeitet werden. Denn es sollen nicht einfach die G8-Pläne um ein Jahr verlängert werden. Wir benötigen dringend mehr Qualität. Die Zahl der Studienabbrecher gibt uns den entsprechenden Hinweis. Das hängt mit der Fachlichkeit zusammen. Man kann sehr wohl schon Vorarbeit leisten, wenn der gymnasiale Bildungsgang als Angebot ein Jahr länger dauern soll.

Die Frage des Ganztags ist für viele Eltern zentral. Auch da muss man über Flexibilisierungen nachdenken.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Diesen Aufgaben kann man sich heute stellen. Also fangen Sie an, Frau Löhrmann.

(Lachen von Ministerin Sylvia Löhrmann)

Dann kann man nach der Wahl im nächsten Jahr auch zu vernünftigen Lösungen kommen. Die Eltern, die in Sorge sind, haben Anspruch darauf, vernünftig und ernsthaft betrachtet zu werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Voigt-Küppers für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kaiser, eines schicke ich in aller Klarheit und Deutlichkeit vorweg: Wir werden heute Ihrem Antrag in keinem Fall zustimmen – bei keiner einzigen Position.

(Klaus Kaiser [CDU]: Nein, das haut uns um! – Weitere Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich will das begründen, auch wenn Sie das vielleicht nicht interessiert.

(Klaus Kaiser [CDU]: Doch!)

Fangen wir zunächst einmal mit Ihrer Aussage an, Herr Kollege, dass Sie den Antrag heute stellen würden, damit in den Schubladen etwas liege und man im neuen Schuljahr zügig mit der Umsetzung eines neuen Modells beginnen könne. Ich setze einmal voraus, dass das stimmt, was Sie gesagt haben, weil ich zu der Zeit noch nicht im Landtag war. Selbst wenn die Schubladen mit Umsetzungsvorschlägen voll gewesen wären, hätten Sie, liebe CDU- und FDP-Fraktion, diese doch nicht umgesetzt, weil Sie ein völlig anderes Modell haben wollten.