Was erleben wir denn dieser Tage im Hambacher Forst? Seit vier Jahren errichten dort radikale Gewalttäter Barrikaden und Fallen, verüben schwere Straftaten und Angriffe insbesondere auf Mitarbeiter der RWE. Polizeibeamte der Bereitschaftspolizei müssen dort durchs Unterholz jagen in der Gefahr,
selbst Opfer zu werden. Gerade unsere Bereitschaftspolizei, gerade unsere Hundertschaften werden doch gegen gewaltbereite Gruppen wie Hooligans, Linksautonome, einen Schwarzen Block oder rechte Gruppierungen eingesetzt.
Mittlerweile werden polizeiliche Maßnahmen von diesen Kreisen gezielt gefilmt und später ins Internet gestellt. Die Problematik ist doch, dass dort oft nicht das Vorgeschehen, sprich: die Straftat des Störers, zu sehen ist, sondern vielleicht nur, wie Polizeibeamte diesen in Gewahrsam nehmen. Sie werden dann entsprechend angefeindet. Darüber haben Sie sich in meinen Augen viel zu wenige Gedanken gemacht, liebe Kollegen von Rot-Grün.
(Beifall von der FDP – Michele Marsching [PIRATEN]: Wer sind Sie, und wo ist Herr Lürbke? Wo ist die FDP? Unglaublich!)
Ganz zum Schluss noch zwei Gedanken zu dem Entschließungsantrag: Der Entschließungsantrag ist doch schon ein ziemlicher Eiertanz und ein peinlicher Offenbarungseid. Deswegen nur kurz zwei Punkte, erstens: die Woche des Respekts.
Ja, Herr Körfges, ich habe es heute Morgen schon gesagt. Das haben Sie seit Jahren verschlafen. Nun haben Sie endlich eine solche Woche veranstaltet, und dann werden zu Beginn leider zehn Polizeibeamte schwer verletzt. Ich glaube, dass sich in der Woche des Respekts gezeigt hat, wie wenig Respekt es teilweise noch gibt.
Zweitens: die Übernahme von Schmerzensgeldforderungen durch das Land. Hier im Parlament lag jüngst ein entsprechender Gesetzentwurf der Opposition zu den Schmerzensgeldforderungen vor. Sie von SPD und Grünen haben das den Beamten verweigert. Jetzt machen Sie hier entsprechende Absichtsbekundungen, Sie würden dazu irgendwann mal einen Gesetzentwurf einbringen. Die Wahrheit ist: Auch in dieser Frage lassen Sie Ihre Bediensteten leider sehenden Auges im Regen stehen.
Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Schatz das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuschauer! Vielleicht vorweg: Da es in diesem Gesetzentwurf nicht nur um die Kennzeichnungspflicht, sondern auch um die Bodycams geht und meine Fraktion doch noch Kritik an einigen Regelungen hat, die das betrifft, werden wir uns insgesamt enthalten, auch wenn wir die Regelung insbesondere zur Kennzeichnungspflicht dem Grunde nach natürlich begrüßen. Das ist ja, denke ich, kein Geheimnis.
Inhaltlich wurde von allen Fraktionen, insbesondere von SPD und Grünen, schon einiges gesagt. Das möchte ich nicht wiederholen.
Ich möchte mich gerne auf grundsätzliche Fragen konzentrieren, insbesondere auf die Frage, die die CDU und auch die FDP immer wieder aufgeworfen hat, nämlich die alte Leier von Misstrauen und Generalverdacht gegenüber der Polizei.
Völlig egal, wie die nächste Landtagswahl ausgehen wird: Ich persönlich freue mich schon jetzt sehr darauf, danach wieder meinen alten Beruf als Polizeibeamter aufnehmen zu dürfen.
Trotzdem sage ich hier mit voller Überzeugung: Ja, die Kennzeichnungspflicht hat in gewisser Weise auch etwas mit Misstrauen gegenüber der Polizei zu tun. Und: Ja, das ist auch völlig richtig so. – Das sage ich natürlich nicht, weil ich denke, dass die Polizei marodierend durch die Straßen rennt und fortwährend Gesetze bricht. Ich kann Ihnen garantieren, dass das nicht passiert.
Aber genau darum geht es, zumindest aus meiner Sicht, bei Themen wie der Kennzeichnungspflicht oder auch dem Polizeibeauftragten, den wir immer wieder fordern, in der Hauptsache gar nicht. Es geht vielmehr um das grundsätzliche Verhältnis zwischen Bürger und Polizei sowie um die Frage nach dem Selbstverständnis der Polizei, also danach, in welcher Rolle sich die Polizei in dieser Demokratie sieht. Damit meine ich vorwiegend nicht die einzelnen Beamtinnen und Beamten, sondern die Polizei als Institution.
Es geht letztendlich auch um die Frage, welches Verständnis von Demokratie und den sich damit zwingend ergebenden Aufgaben und Pflichten wir als Parlament insgesamt, aber auch einzelne Abgeordnete haben. Eine Demokratie beruht nach meinem Verständnis gerade auf einem gesunden Verhältnis zwischen Vertrauen, aber eben auch Misstrauen, das jeder Bürger gegenüber dem Staat immer haben sollte.
Gerade in der heutigen Zeit, in der ein neues Überwachungsgesetz auf das nächste folgt, wird genau dieses gesunde Misstrauen immer wichtiger.
Wenn wir eines aus unserer eigenen Vergangenheit gelernt haben sollten, dann ist es hoffentlich genau das: Es ist für eine Demokratie, für einen demokratischen Rechtsstaat eminent wichtig, für jede neue Eingriffsbefugnis auch ein entsprechendes Gegengewicht zu schaffen, damit die Gleichheit der Waffen zwischen Staat und Bürger gewahrt bleibt.
Mindestens ebenso wichtig ist es deshalb, eine unserer primären Aufgaben im Rahmen der Gewaltenteilung wahrzunehmen, nämlich die Kontrolle der anderen Gewalten, insbesondere der Exekutive. Zu einer effektiven Kontrolle gehört es aber zwingend auch, die gesetzlichen Grundlagen für entsprechende Kontroll- und Abwehrmechanismen zu schaffen, und zwar sowohl für uns als Parlament selbst – zum Beispiel einen Polizeibeauftragten – als auch für die Gerichte und insbesondere für die Bürger. Dieses essenzielle Grundprinzip einer Demokratie, nämlich das eines gesunden Misstrauens im Verhältnis von Bürger zu Staat, aber auch der Gewalten untereinander, haben Sie, liebe CDU, liebe FDP, offenkundig nicht verstanden.
Wenn wir gar kein Misstrauen untereinander hätten, dann bräuchten wir auch keine gegenseitigen Kontrollen, dann wären die völlig unnötig. Aber sie sind in einer Demokratie vorgesehen, und das ist auch richtig so.
Wie ich bereits sagte, geht es auch um das Selbstverständnis der Polizei und darum, wie sie nach außen hin wahrgenommen werden möchte, und zwar nicht nur von den Bürgern, die ihr ohnehin schon vertrauen, sondern vor allem auch von den Bürgern, die ihr gerade nicht das Vertrauen entgegenbringen, das ihr eigentlich gebührt. Das Problem mit der Wahrnehmung ist leider, dass es immer ein höchst subjektiver Vorgang ist. Deshalb ist es egal, wie oft Sie hier sagen, dass es keinen Grund für derartige Regelungen gibt. Das wird an dem mangelnden Vertrauen der Menschen, über die wir reden, gegenüber der Polizei absolut nichts ändern.
Über eines sollten Sie sich, werte CDU und liebe FDP und vielleicht auch die Polizeigewerkschaft, ebenfalls bewusst sein: Wenn wir von einem derart starken Anstieg von Gewalt gegen Polizei sprechen – die behauptet wird –, dann muss jedem klar sein, dass genau dieser Anstieg mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Ausdruck fehlenden Vertrauens gegenüber der Polizei ist.
Ja. Diejenigen, die der Polizei mit Gewalt gegenübertreten, vertrauen ihr wohl nicht, oder sehe ich das falsch? Das sehe ich doch richtig, oder nicht?
Ja, selbstverständlich. Wenn der Polizei mit Gewalt gegenübergetreten wird, dann werden diejenigen, die Gewalt anwenden, ihr wohl nicht vertrauen. Dabei ist es auch völlig egal, ob das gerechtfertigt ist. Es ist einfach so.
Gerade in solchen Zeiten wäre es eher kontraproduktiv, sich quasi nicht selbstkritisch und völlig unantastbar wirkend hinter einer Mauer zu verschanzen; denn es ist wichtig, dass die Polizei jetzt selbstkritisch und bürgernah auch auf die Bürger zugeht, die ihr nicht vertrauen.
Maßnahmen wie die Kennzeichnungspflicht können dazu beitragen, das Verhältnis zu verbessern, weil Vertrauen immer subjektiv begründet ist.
Auch wenn die Kennzeichnungspflicht sicherlich nicht dazu beitragen wird, dass von heute auf morgen plötzlich alles Friede, Freude, Eierkuchen ist – …
Der letzte Satz. – … denn dazu bedarf es Zeit und vermutlich auch noch weiterer Maßnahmen –, muss dennoch irgendwann und irgendwie ein Anfang gemacht werden. Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt, …
… um die Bürgernähe der Polizei und damit deren Außenwirkung noch weiter zu verbessern. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten habe ich eine Vielzahl von Dialogveranstaltungen bei der Polizei organisieren lassen, um direkt mit den Beamtinnen und Beamten ins Gespräch zu kommen. Ich meine, es waren acht oder
neun solcher Veranstaltungen. Darunter waren Führungskräfte, aber auch sehr viele Polizeibeamtinnen und -beamte, die täglich auf der Straße Dienst tun.
Mir ging es darum, in einem direkten Gespräch ungefiltert zu erfahren: Was bewegt die Polizeibeamtinnen und -beamten? Wo gibt es Kritik? Was kann die Landesregierung tun? Übrigens drückte sich das, was wir getan haben, auch gelegentlich in Lob aus.