Natürlich ist es richtig, dass wir neben dieser sozialpolitischen Aufgabe auch die finanziellen Interessen von Ländern und Kommunen im Auge haben müssen. Momentan finden zu diesem Gesetz Verhandlungen statt zwischen Bund und Ländern. Das sollte übrigens die CDU-Fraktion wissen, von der man ja erwarten könnte, dass sie auch hin und wieder mit ihrer Bundestagsfraktion spricht. Da zeichnet sich offenbar – wenn man das schon so sagen kann – ab, dass die neue Regelung nicht schon zum 1. Januar 2017 in Kraft tritt.
Im Übrigen besteht zwischen einer Vereinbarung, die abgeschlossen wird – die noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll, Herr Kollege Höne von der FDP –, und dem Inkrafttreten dann noch ein Unterschied. Wenn so etwas als Ziel formuliert wird, ist das noch keine Festlegung, wann dann ein Gesetz tatsächlich in Kraft tritt.
Weil ich gerade bei der FDP bin: Ich finde es schon – ich sag mal – ein bisschen hysterisch überzogen, angesichts des Finanzvolumens hier den finanziellen Kollaps der Kommunen an die Wand zu malen. Das ist eine überzogene Darstellung. Wir wollen die Interessen der Kommunen im Blick haben; das ist selbstverständlich. Ich finde es aber auch bezeichnend, dass im FDP-Antrag alles zur Sprache kommt – nur nicht die Situation der alleinerziehenden Mütter und alleinerziehenden Väter.
Sie sind aufgerufen, sich auch mal dieser sozialpolitischen Frage zu stellen und sich nicht nur hier einseitig um das Wohl der Kommunen zu kümmern.
Meine Damen und Herren, eines darf bei einer zukünftigen Lösung, die beides im Blick haben muss, nicht außer Acht gelassen werden: Der Staat darf seinen Rechtsanspruch gegenüber den säumigen Unterhaltspflichtigen – das sind in der Regel die Väter – nicht aufgeben.
Es kann nicht sein, dass der Staat dauerhaft finanziell für diejenigen eintritt, die sich einfach aus dem Staub machen. Dem Staat darf es nämlich nicht egal sein, wenn über 500.000 alleinerziehende Frauen im Stich gelassen werden. Der Unterhaltsvorschuss ist nur ein Vorschuss, der kann und der sollte auch zurückgeholt werden.
Das heißt, wir brauchen eine Lösung, die die Verantwortung der säumigen Väter nicht außer Acht lässt, zugleich aber auch – da sind wir wieder bei den Interessen von Ländern und Kommunen – ein Anreizsystem schafft, die jetzigen Rückholquoten zu verbessern.
Eines ist klar: Zwischen Bund und Ländern muss man zu einem Ergebnis kommen, das erstens die Interessen der alleinerziehenden Frauen berücksichtigt und zweitens einen adäquaten Ausgleich der finanziellen Belastungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen schafft. Außerdem brauchen wir eine sachorientierte Lösung. Innerhalb des BundLänder-Finanzausgleiches dürfen keine sachfremden Gegenstände im Vordergrund stehen.
Wir wissen, dass Herr Schäuble in diese Richtung sehr auffällig ist und dass er sehr gerne auch mal sachfremde Deals abschließt. Einen solchen darf es im Interesse der Frauen, der Alleinerziehenden und auch der Kommunen nicht geben. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Rechte Tasche/linke Tasche“ habe ich mir hier aufgeschrieben. Gesamtvolkswirtschaftlich verschieben wir Sozialkosten vom Bund in die Kommunen. Das Spielchen läuft seit 2005 ständig – davor ein bisschen verdeckter, danach an vielen Stellen sehr offensichtlich.
Was jetzt geschieht, ist Folgendes: Der Unterhaltsanspruch, den die Alleinerziehenden, meistens Mütter – die Kollegin Asch und der Kollege Höne haben es auch gesagt –, gegenüber den Kindsvätern haben, schieben wir jetzt in die kommunalen Unterhaltsstellen. Es ist nicht mehr so wie zuvor, dass jemand, der Unterhalt bekommen müsste, den aber nicht erhält, den Vorschuss an einer Stelle beantragen konnte. So machen wir das jetzt nicht mehr. Das ist nicht sinnvoll.
Es ist nicht sinnvoll, diejenigen, die am meisten mit dieser Situation zu kämpfen haben – alleinerziehende Mütter oder überhaupt Alleinerziehende –, jetzt noch durch die Gegend zu schicken aufgrund des finanziellen Verschiebebahnhofs im bürokratischen Spiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Das ist nicht sinnvoll; das sollten wir nicht tun.
Zur Grundintention ist zu sagen, dass die Tatsache, dass der Anspruch jetzt bis zum 18. Lebensjahr und nicht mehr bis zum 12. Lebensjahr geht – also das komplette Leben eines Kindes bis zur Volljährigkeit –,
extrem sinnvoll und zu unterstützen ist. Aber wir müssen das auch so ausgestalten, dass es für den Betroffenen sinnvoll und machbar ist. Wir dürfen die Leute nicht durch die Gegend schicken, nur weil das den bürokratischen Anforderungen entspricht. Das macht keinen Sinn.
Lassen Sie uns so verfahren, wie wir es bei der Debatte um Geflüchtete gelernt haben. So wie es bei den Integration Points gehandhabt wird, wo es nur eine Anlaufstelle gibt, die ich aufsuchen kann, wenn ich einen Anspruch geltend machen möchte – das ist eine sinnvolle Lösung, und so sollten wir das auch hier machen. Dementsprechend hoffe ich, dass das Ganze noch einmal überdacht wird.
Da müssen wir dann überlegen, wie wir die Kommunen überhaupt so ausstatten, damit sie das schaffen können. Zum einen muss das organisatorisch durchdacht werden, und das geht nicht in 14 Tagen, mal eben über die Weihnachtstage. Kollege Nettelstroth sagte, da müssten bis zu dreifache Ressourcen aufgebaut werden. Das wird nicht funktionieren.
Zum anderen muss bedacht werden: Wenn wir Gelder – Kollege Höne hat es ja mit über 600 Millionen € deutlich benannt – verschieben, dann müssen die Kommunen das auch leisten können. Unsere Kommunen in NRW sind nicht überbordend mit Geldmitteln ausgestattet. Das wirkt ein bisschen so, als wenn man versucht, einem nackten Menschen in die Tasche zu fassen. Das hilft nicht weiter.
Jetzt kommt noch hinzu, dass wir die Rückgriffsquoten steigern möchten. Das, was wir als Staat im Voraus bezahlen, möchten wir von denjenigen, die nicht zahlen – meistens den Kindsvätern –, auch wieder zurückholen. Das ist eine gute Idee. Da liegen wir aktuell zwischen 20 % und 30 %; Herr Nettelstroth sagte es. Das ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Da muss genau geschaut werden, woran es liegt.
Klar kann man organisatorisch etwas regeln, indem man sagt: Das muss jetzt nicht jedes einzelne Amt in jeder einzelnen Kommune machen, sondern das eignet sich eigentlich hervorragend für interkommunale Zusammenarbeit. Bis dahin d’accord.
Allerdings muss man jetzt nicht davon träumen, dass man das ins Unendliche steigert. Denn viele dieser Väter, die nicht zahlen, beziehen selbst Hartz-IV. Auch da wieder das Bild: einem nackten Menschen in die Tasche packen. – Das Geld bekommen wir nicht. Da können wir das organisatorisch so gut aufstellen wie wir wollen – wo nichts ist, kann man nichts holen. Die Rückgriffsquotensteigerung wird erheblich kleiner ausfallen, als das jetzt bedacht ist.
Deshalb freue ich mich auch, dass darüber nicht direkt abgestimmt, sondern zunächst überwiesen wird. Dann werden wir das alles sehr schön herausarbeiten können. Darauf freue ich mich tatsächlich. Wir
können nicht zulassen, dass unseren Kommunen wieder Aufgaben aufgebürdet werden, die eigentlich in Bundesverantwortung liegen. Wir können es auch nicht zulassen, dass diejenigen, die unsere größte Unterstützung bräuchten, wieder durch die Gegend geschickt werden, nur damit wir hier unsere bürokratischen Spielchen treiben können. – Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege Sommer. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Kampmann das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gestern in meiner Haushaltsrede über Gerechtigkeit gesprochen. Zu den großen Gerechtigkeitsthemen unserer Zeit gehört die Frage, wie wir Alleinerziehende und ihre Kinder besser unterstützen können.
Das hat auch der Familienbericht in Nordrhein-Westfalen gezeigt: Alleinerziehende haben mit weitaus stärkeren Belastungen zu kämpfen als alle anderen Familien, und das vor allem in finanzieller Hinsicht. Alleinerziehende geben doppelt so häufig wie Paarfamilien an, immer oder häufig unter Geldsorgen zu leiden. Das ist besonders belastend – Stefan Kämmerling hat es eben dargestellt –, wenn für die Kinder kein Unterhalt gezahlt wird.
Die Gesamtevaluation der familienpolitischen Leistungen auf Bundesebene hat hierbei gezeigt, dass der Unterhaltsvorschuss ganz effektiv zur Vermeidung von Armut beiträgt. Genau deshalb ist der Beschluss vom 14. Oktober 2016 ein großer familienpolitischer Fortschritt. Wir stehen an dieser Stelle nämlich gemeinsam in der Verantwortung, und da hätte ich mir von der FDP und von der CDU ganz konkret größere Unterstützung gewünscht.
Die FDP-Fraktion – das muss man hier noch einmal so deutlich sagen – fordert nämlich die Ablehnung der geplanten Änderung im Unterhaltsvorschussgesetz im Bundesrat. Das heißt: Während Sie über einen Kommunalkollaps reden, reden wir über Unterstützung für Alleinerziehende. Wenn Sie eine Verdoppelung der Fallzahlen heraufbeschwören, Herr Höne, dann sage ich Ihnen: Wir möchten denjenigen, die am meisten Unterstützung brauchen, ganz konkret helfen.
Herr Hafke hat sich gestern in der Haushaltsdebatte hier hingestellt und mehr Engagement gegen Kinderarmut gefordert. Jetzt haben wir einen Vorschlag, mit dem wir ganz konkret helfen können – und Sie fordern die Ablehnung im Bundesrat. Das ist Politik gegen Familien und gegen Kinder in unserem Land. Dafür werden Sie die Quittung bekommen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Hen- ning Höne [FDP]: Sie hätten mir zuhören müs- sen und nicht einfach nur ablesen!)
Ich habe sehr gut zugehört, Herr Höne! Jetzt hören Sie mir mal zu, damit ich Ihnen noch weiter darlegen kann, warum Ihr Antrag ansonsten vollkommen an der Sache vorbeigeht.
Frau Ministerin, entschuldigen Sie. Würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sommer von der Piratenfraktion zulassen?
Vielen Dank, Frau Ministerin Kampmann, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Sie sagten gerade, dass diejenigen, die unsere größte Unterstützung brauchen, diese auch bekommen sollen. Nach dem aktuell vorliegenden Gesetzentwurf werden diejenigen, die unsere Unterstützung wirklich am nötigsten haben, nämlich Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug, am Ende des Gesetzgebungsverfahrens leider nicht einen Cent mehr in der Tasche haben.
Ja, die kommt. An welcher Stelle haben diese Menschen dann tatsächlich mehr Unterstützung? Das hätte ich gerne gewusst.
die von diesen Verbesserungen profitieren, im SGBII-Bezug sind. Das heißt, denjenigen können wir damit ganz konkret helfen.