Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

(Beifall von der SPD)

Die Frage ist also nicht, ob es diese Probleme gibt – natürlich gibt es sie –, sondern vielmehr, wie man sie tatsächlich lösen kann: mit einer widerlegten Privatvor-Staat-Ideologie oder mit den mutigen Investitionen eines modernen Sozial- und Innovationsstaates. Das ist die Frage.

Herr Kollege Laschet, wir wissen – und das ist hier im Haushalt nachzulesen –, dass ein erfolgreiches Wirtschaftsland mehr denn je ein Innovationsland sein muss. Deshalb investiert Nordrhein-Westfalen heute 40 % seines Haushalts in Bildung, Wissenschaft und Forschung, mit 1.100 € pro Einwohner.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit 1.100 € pro Einwohner und Jahr liegen wir im Vergleich aller Bundesländer auf Platz zwei, knapp hinter Baden-Württemberg und vor Bayern. Insgesamt haben wir seit 2010 gut 200 Milliarden € für Kitas, Schulen und Universitäten ausgegeben. Herr Kollege Laschet, das ist mehr als das Doppelte von dem, was die abgewählte schwarzgelbe Vorgängerregierung ausgegeben hat.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir investieren in die Mobilität von Menschen, von Gütern und von Daten. Bis 2030 werden über 13 Milliarden € in Straßen, Brücken, in Bahnstrecken und in Datenleitungen fließen. Schon 2026 soll Nordrhein-Westfalen über ein flächendeckendes Glasfasernetz verfügen.

(Lachen von der CDU und der FDP)

Mit 70 Hochschulen hat Nordrhein-Westfalen die dichteste Wissenschaftslandschaft Europas. Unsere Unternehmen – und darauf kommt es an – sollen noch stärker von diesem Standortvorteil profitieren. Deshalb machen wir Nordrhein-Westfalen zu einem Vorbild für regionale Innovationsnetzwerke. Sieben

dieser Netzwerke gibt es hier bereits – im Übrigen nur hier und in keinem anderen Bundesland.

(Ministerin Svenja Schulze: Genau!)

So vernetzen wir Wirtschaft und Wissenschaft, damit besonders kleine und mittelständische Unternehmen aus neuen Technologien marktreife Produkte und Dienstleistungen entwickeln können. Wissenschaftliche Innovationen aus Nordrhein-Westfalen werden so noch schneller zu einer wirtschaftlichen Wertschöpfung in Nordrhein Westfalen führen. Auch darüber legt dieser Haushalt für das nächste Jahr beredt Zeugnis ab.

Wir nutzen die Energiewende als Fortschrittsmotor. Längst geht es nicht mehr um den Konkurrenzkampf zwischen erneuerbaren und konventionellen Energien; vielmehr geht es um eine intelligente Vernetzung aller Energiequellen, in der die erneuerbaren Energien eine dominierende und – ja klar – irgendwann die einzige Rolle spielen werden.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das habt ihr auch schon gemerkt?)

Nordrhein-Westfalen hat der Kohle – auch und besonders der Braunkohle – viel zu verdanken, und wir brauchen sie immer noch, mindestens noch 20, vielleicht sogar 30 Jahre.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Nein!)

Mit der Leitentscheidung zu Garzweiler II hat die rotgrüne Koalition für Planungssicherheit gesorgt. Die Braunkohle ist der Geleitschutz, den wir brauchen, um Nordrhein-Westfalen in die Zukunft einer klimaneutralen Energieversorgung zu führen. Wir sorgen dafür, dass das geht – bestens orientiert und sicher bis ans Ziel, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Eines der großen Probleme unseres Landes ist die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit in Großstädten, die der Strukturwandel gezeichnet hat. Ja, Herr Kollege Laschet, ich hätte von Ihnen dazu gerne einen Lösungsvorschlag gehört. Den haben Sie aber nicht gegeben.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Die Gründe für Langzeitarbeitslosigkeit sind mitnichten konjunkturelle Schwächen oder Wachstumsdellen. Verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit ist meist die Folge mangelnder Bildungsabschlüsse und mangelnder Berufsqualifikation.

Gleichzeitig droht unserer Wirtschaft ein Fachkräftemangel. Wir brauchen mehr Handwerker, Facharbeiter und Facharbeiterinnen, mehr Ingenieure. Genau hier setzt doch unsere vorbeugende Politik an. Bildungsarmut darf sich nicht mehr vererben, sie darf kein Grund für Fachkräftemangel sein. Deshalb

spannen wir ein flächendeckendes Netz aus individuellen Unterstützungsleistungen und Förderangeboten für Kinder und ihre Familien.

Dabei geht es um frühkindliche Bildung, um Lese- und Sprachförderung, um Familienbegleitung und Schulsozialarbeit. Es geht auch um individuelle Betreuung und Beratung beim Übergang von der Schule in den Beruf. Das machen wir. Schauen Sie sich das an! Unser Projekt „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ist derart erfolgreich, dass die Bundesagentur für Arbeit es nun auf das gesamte Bundesgebiet übertragen will. Es lohnt also, eine solch vorbeugende Politik zu machen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ja, wir stehen vor rasanten Veränderungen – wer wollte das bezweifeln? Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel sind passende Stichworte dafür. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen kennen Wandel. Sie haben keine Angst vor Veränderungen. Sie können Wandel auch. Sie wollen aber, dass es dabei gerecht zugeht. Und Gerechtigkeit beginnt immer mit Chancengleichheit – aber sie hört damit doch noch nicht auf!

Wem das Leben aus den Händen gleitet, verdient zweite und dritte Chancen – zum Beispiel auch durch einen sozialen Arbeitsmarkt. Gemeinnützige Aufgaben, die der Allgemeinheit zugutekommen, die bisher aber liegengeblieben sind, gibt es reichlich, genauso wie Menschen, über die der Strukturwandel hinweggegangen ist, die keine Chance mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Sie wollen aber dennoch etwas leisten, und sie können auch etwas leisten.

Ja, wir in Nordrhein-Westfalen gehen jetzt voran. Wir schaffen für 4.000 dieser Menschen neue Chancen – neue Chancen durch dauerhafte Beschäftigung auf einem sozialen Arbeitsmarkt. Auch das legen wir mit diesem Haushalt fest, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Laschet, da könnten Sie doch mithelfen. Jetzt allerdings muss der Bund endlich nachziehen, und Bundesfinanzminister Schäuble muss endlich seine ideologischen Bremsen lösen – um der Menschen Willen, die darauf warten, dass sie in Beschäftigung kommen. Das ist der entscheidende Punkt für den sozialen Arbeitsmarkt, damit er am besten flächendeckend ausgeweitet werden kann.

(Beifall von der SPD)

Jetzt habe ich vorhin bei der Rede des Kollegen Laschet darauf gewartet, dass er endlich einmal Alternativen aufzeigt. Was aber gab es? – Das alte Lied vom Bürokratieabbau; das haben Sie schon 2005 gesungen.

(Zuruf)

Hunderte von Regeln und Vorschriften – ich erinnere Sie noch einmal daran – wollten Sie damals abschaffen; ein fulminantes Streichkonzert sollte es geben. Und was haben Sie dann aufgeführt? Ein Konzert mit der Luftgitarre!

(Heiterkeit und Beifall von der SPD – Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Das Ganze war eine Riesenpleite; denn an Bürokratie wurde so gut wie nichts abgebaut. Und jetzt geht es wieder von vorn los: Viele Sprechblasen, keine Substanz.

Das Gleiche gilt für Ihre Finanzpolitik. Nach sechs Jahren Rot-Grün befinden sich die Zukunftsinvestitionen des Landes für Bildung, Forschung, Kommunen und Infrastruktur auf Rekordniveau. Gleichzeitig ist es uns gelungen, die Neuverschuldung um mehr als 75 % zu senken.

(Zuruf von der CDU)

Dass Nordrhein-Westfalen die Neuverschuldung im Jahr 2020 auf null senken wird, bezweifelt niemand mehr – auch Sie nicht. Dennoch beklagt die Opposition mit grandios gespielter Empörung das noch bestehende Haushaltssoll.

Die „Rheinische Post“ hat Sie, Herr Kollege Laschet, in der letzten Woche gefragt, wo Sie denn was einsparen wollten. Als Antwort, Herr Kollege Laschet, haben Sie wieder ein Stück auf der Luftgitarre vorgespielt: irgendwie mehr Wachstum, irgendwie Bürokratie abbauen.

(Zuruf: Ach, kommt das jetzt?)

Natürlich. – Das eine oder andere Klientelprogramm streichen. Den Journalisten der „Rheinischen Post“ – sie sind ja nicht verdächtig, schlecht über Sie und gut über uns zu schreiben – gingen diese Sprechblasen dermaßen auf die Nerven, dass sie immer und immer wieder nachsetzten. „Wo wollen Sie kürzen? Werden Sie doch mal konkret“, waren die Fragen und die Aufforderungen.

Und dann sagt Herr Laschet: Na ja, irgendwas wird sich nach der Wahl schon finden, was man einsparen könne. – Das ist entlarvend!

(Heiterkeit von der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo! Super! – Zuruf von Armin Laschet [CDU] – Weitere Zurufe)

Herr Kollege Laschet, Sie hätten ja auch sagen können – offen und ehrlich, wie Sie ab und zu mal sind –: Ich habe kein Konzept, keine Idee, keine Ahnung.

(Widerspruch von der CDU – Zuruf von Chris- tian Möbius [CDU])

Denn das ist doch die bittere Wahrheit über die NRW-CDU und über ihren Vorsitzenden: kein Konzept, keine Idee, keine Ahnung von diesem Land!

(Lebhafter Beifall von der SPD)

Bei Ihren Ausgabewünschen, meine Damen und Herren von der CDU, sieht es hingegen etwas anders aus. Es vergeht kaum ein Tag ohne Pressemitteilung, in der die CDU nicht höhere Ausgaben fordert – noch mehr Geld hier, noch mehr Personal dort.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Wie das finanziert werden soll, sagen Sie nicht. Sie wollen einfach nur mehr Geld ausgeben und gleichzeitig weniger.