Wie das finanziert werden soll, sagen Sie nicht. Sie wollen einfach nur mehr Geld ausgeben und gleichzeitig weniger.
Sehr geehrter Herr Kollege Laschet, wer immer auch die Rolle des Finanzministers in Ihrem sogenannten Schattenkabinett übernehmen muss – es wird ein Superschattenminister sein müssen, zuständig für Finanzen und Zauberei. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.
Ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik besteht nur aus Überschriften, aus Phrasen, aus Floskeln – Bürokratieabbau, Fesseln lösen – und Klientelprogrammen. Sie verpacken Rhetorikhohlkörper und Wortleichen zu Wahlprogrammen, genauso wie einst Lehman Brothers Immobilienkredite zu Wertpapieren – leider auch mit der gleichen Bonität und Nachhaltigkeit.
Was Sie den Menschen in Nordrhein-Westfalen anbieten, Herr Kollege Laschet, ist nichts anderes als Subprime-Politik. Das Perfide der Subprime-Papiere war ja, dass hinter leeren Renditeversprechen enorme Risiken und Nachteile versteckt wurden, die niemand auf Anhieb erkennen sollte.
Genau das werfe ich Ihnen vor, Herr Kollege Laschet. Sie verschleiern die wenig konkreten Pläne, die Sie tatsächlich haben, von denen Sie aber wissen, dass sie nicht mehrheitsfähig sind. Wenn wir über Bürokratieabbau sprechen, dann meinen wir schnellere Genehmigungsverfahren, bessere Planverfahren, die Vermeidung unnötiger Doppelungen und Warteschleifen.
Wenn Sie über Bürokratieabbau sprechen, dann meinen Sie in Wahrheit die Absenkung von Standards im Verbraucher-, im Umweltschutz, ein Ende der Frauenförderung und nicht zuletzt die Beschneidung von Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist Ihr Bürokratieabbau!
Lassen Sie mich dazu eine grundsätzliche Bemerkung machen: Wer heute immer noch glaubt, moderne Regeln für Umwelt- und Gewässerschutz seien eine Fessel für die Industrie, wer glaubt, Arbeitnehmerrechte seien ein Wachstumshindernis für den
Mittelstand, der ist ja nur noch 1 cm von der Behauptung entfernt, öffentliche Gesundheitsfürsorge sei eine Wachstumsbremse für Bestattungsunternehmen.
Damit, Herr Kollege Laschet, ist an dieser Stelle alles Notwendige zu Ihrem ideologischen Unsinn gesagt.
Mit Ihrer Subprime-Politik bin ich aber noch nicht fertig. Sie sind ja fest entschlossen, die Gebührenbefreiung für das letzte Kitajahr wieder aufzuheben. Sie wollen Studiengebühren wieder einführen; ein Medizinstudium dürfe nicht länger gebührenfrei sein. Das haben Sie in der „Rheinischen Post“ gefordert.
Wie viel Tausend Euro im Jahr soll es denn kosten? Das Doppelte eines Physikstudiums? Das Dreifache eines Germanistikstudiums? Wollen Sie an jedes Studienfach ein Preisschild heften? Werden Abiturienten und Abiturientinnen in Zukunft nachrechnen müssen, ob sich ihr Wunschfach lohnt, ob sie sich das überhaupt noch leisten können?
Ich kann Ihnen schon mal sagen, Herr Kollege Laschet, was die Wiedereinführung der Kitagebühren für das letzte Kitajahr junge Eltern in Nordrhein-Westfalen kosten würde. Das wird teuer. Es geht – abhängig von Wohnort und Einkommen – um 2.000, 3.000, oft sogar um mehr als 4.000 € im Jahr.
Ich spreche hier nicht von besserverdienenden Eltern, sondern von ganz normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: von Krankenschwestern, Maschinenführern oder Angestellten im öffentlichen Dienst.
Wenn Sie wirklich glauben, Herr Kollege Laschet, dass diese Belastungen notwendig und richtig sind, dann seien Sie doch mutig. Dann sagen Sie das in aller Klarheit. Hören Sie auf, sich mit ein paar Nebensätzen über diese Fragen hinwegretten zu wollen.
Sie wollen doch Ministerpräsident werden, haben Sie vorhin erzählt. In diesem Amt, Herr Kollege Laschet, darf man nicht ängstlich sein. Beweisen Sie doch endlich, dass Sie die Führungsstärke haben, die man für dieses Amt braucht. Sagen Sie den Menschen in Nordrhein-Westfalen die Wahrheit: Mit wie viel Tausend Euro im Jahr wollen Sie Studierende und Eltern kleiner Kinder belasten? Sagen Sie das hier!
Gerade habe ich von der Präsidentin gehört, dass Sie Ihre Redezeit überschritten haben. Wenn da also nichts mehr übrig ist, dann gebe ich Ihnen etwas von meiner Zeit ab.
Stellen Sie sich hierhin und schaffen Sie Klarheit! Dafür brauchen Sie nicht mehr als zwei Minuten, Herr Kollege Laschet. Ich gebe Ihnen vier. Kommen Sie her und sagen Sie das! Die Menschen warten darauf, endlich von Ihnen zu hören, was Sie wollen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Lutz Lienenkämper [CDU]: Die Opposition freut sich, wenn Sie kürzer reden!)
Während Herr Laschet noch überlegt und zaudert, will ich Ihnen sagen, was wir für die Zukunft planen.
Aber auch junge Eltern, die in der Rushhour ihres Lebens stehen, verdienen Entlastung. Sie haben vorhin darüber gesprochen, dass sie auch Entlastung brauchen, um sich Eigentum anzuschaffen. – Ja. Deshalb, Herr Kollege Laschet, werden wir Eltern mit kleinen Kindern weiterhin von Kitagebühren entlasten.
Den rasanten Ausbau von Betreuungsplätzen in den Kitas werden wir fortsetzen. Gleichzeitig investieren wir in die Qualität. Seit 2010 haben wir die Mittel für die frühkindliche Bildung verdoppelt. Schon heute gehört Nordrhein-Westfalen zu den Bundesländern mit den besten Betreuungsschlüsseln im U3-Bereich. Wir werden dafür sorgen – die Menschen können sich darauf verlassen –, dass das schon bald auch bei den über Dreijährigen der Fall sein wird.
Eine gute Kinderbetreuung muss es auch in der Schule geben. Seit 2010 haben wir 80.000 zusätzliche Plätze im offenen Ganztag geschaffen. Den Ausbau setzen wir fort.
Wir alle wissen, dass erfolgreiches Lernen auch intakte Schulgebäude mit einer modernen Ausstattung erfordert. Bis 2020 werden unseren Städten und Gemeinden zusätzliche Investitionsmittel – wir werden nachher die Entscheidung treffen – in Höhe von 2 Milliarden € zur Verfügung stehen.
Das sind 2 Milliarden € zusätzlich für die Erneuerung von Schulgebäuden, Klassenräumen, Toiletten, für die Modernisierung der naturwissenschaftlichen Ausstattung oder für den Ausbau des offenen Ganztags.
Zusammen mit den Mitteln der Schulpauschale summieren sich die Investitionshilfen des Landes damit auf mehr als 4 Milliarden € in den kommenden vier Jahren. Ich will es noch einmal herausstellen: Das Programm „Gute Schule 2020“ ist nicht nur das größte seiner Art in der Geschichte unseres Landes, es ist auch im Bundesländervergleich ohne Beispiel, weil wir es zu den Kernaufgaben unseres Landes erklärt haben.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Mi- chele Marsching [PIRATEN]: Warum bringen Sie es dann erst in diesem Landeshaushalt, wenn es zu den Kernaufgaben gehört?)
Es waren CDU und FDP, Herr Kollege Lindner, die im blinden Eifer trotz aller Warnungen eine Verkürzung der Sekundarstufe I durchdrückten.
(Christian Lindner [FDP]: Sieben Jahre sind Sie dran! – Eva Voigt-Küppers [SPD]: Die FDP hat am lautesten geschrien: Wir bleiben bei G8! – Gegenruf Christian Lindner [FDP])
Das Ergebnis war, dass die Verdichtung des Unterrichts in den Klassen 5 bis 9 gerade die jüngsten Schülerinnen und Schüler am stärksten belastet hat und – der Kardinalfehler – es nach der Sekundarstufe I keinen qualifizierten Abschluss gibt. Das ist der Kardinalfehler der schwarz-gelben Landesregierung, des schwarz-gelben G8. Daran wollen CDU und FDP bis heute nichts ändern. Deshalb ist doch die Empörung über Ihre Pläne bei Eltern- und Lehrerverbänden so groß. Zurecht ist die Empörung so groß, meine Damen und Herren!
Wir werden dieses Grundproblem beseitigen. Die Sekundarstufe I muss wieder sechs Jahre dauern, und sie muss vor allem einen qualifizierten Abschluss ermöglichen. Das brauchen die Kinder.