Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Das müssen Sie entscheiden.

Wenn die Uhr läuft, sehen wir mal...

Sehr verehrte Kollegen der FDP, Herr Rasche, aber auch Herr Voussem von der CDU, dies ist ein untauglicher Versuch, erneut Keile in die Koalition und die regierungstragenden Fraktionen zu treiben – bei einem Thema und einem Verhältnis, die weniger belastet sind, als Sie hoffen.

Unsere gute Zusammenarbeit mit dem Minister – das haben Sie gestern an einem Beispiel erlebt – zeigt sich auch an unserem Geschenk zum 60. Geburtstag von Herrn Groschek, dem Bagger. Es ist eine völlige Fehlinterpretation, dass wir Grünen gegen Bauen und Bagger seien. Das hätten Sie gerne, das wollen Sie gerne haben, aber das ist nicht der Fall.

Ich kann mich natürlich daran erinnern, dass auch wir Infrastrukturausbauten fordern, etwa den Ausbau des Radwegenetzes oder von Schienenstrecken.

Dabei sind wir der Meinung, dass es absolut notwendig ist, dort etwas zu tun.

Es ist ebenfalls notwendig, das Straßennetz zu erhalten. Der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ ist in dieser Koalition so manifestiert worden, wie es bisher nie war. Deshalb sind wir auch der Meinung, dass das Bündnis für Infrastruktur tatsächlich als freiwilliger Zusammenschluss nicht gegen irgendjemanden gerichtet ist, sondern sich nur der Problemstellung widmet. Diese Problemstellung ist in diesem Land nun einmal absolut vorhanden.

Deshalb: Vielen Dank. Ich möchte meine restliche Redezeit von dreieinhalb Minuten gerne an meinen Kollegen weitergeben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Beu. – Nun spricht der Minister Groschek für die Landesregierung. Danach hat Herr Klocke noch ein paar Minuten. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Im Grunde, lieber Herr Voussem, lieber Christof Rasche, waren das jetzt Beispiele dafür, was uns im Wahlkampf bis zum 14. Mai droht. Weil dieses Niveau an Auseinandersetzung beim Kampf um mehr Infrastruktur schaden würde, haben wir drei gesagt: Das müssen wir jetzt in andere Hände geben. Nach dem 14. Mai können wir dann sehen, wer noch alles mitmachen kann. Aber bis dahin keine Stolperdrähte und keine Bremsen! Wir müssen jetzt das vollenden, was wir begonnen haben.

Was haben wir begonnen? – Der Finanzminister, der Wirtschaftsminister und ich haben schon vor mehreren Jahren begonnen, mit der nordrhein-westfälischen Wirtschaft intensiv darüber zu diskutieren, wo im Bundesverkehrswegeplan welche Schwerpunkte für Nordrhein-Westfalen gesetzt werden müssen und wie wir eine strukturelle Benachteiligung des Landes verhindern können, indem wir deutlich finanzielle Akzente pro NRW legen.

Die Operation ist überzeugend geglückt. Der Staatssekretär des Bundes war dann froh, zu verkünden, wie reich der Bund dieses Land zu beschenken gedenkt, wenn der Bundestag zustimmt. Der Bundestag hat zugestimmt. Deshalb hat der Staatssekretär dieses Mal Wort gehalten und gesagt: Schienen, Straßen und selbst die Wasserstraßen werden üppiger denn je bedacht. – Es ist das größte Antistauprogramm in der Geschichte des Landes. Die Berufspendler und die Wirtschaft haben es sich redlich durch – in Anführungszeichen – in der Schlange stehen verdient.

(Klaus Kaiser [CDU]: Sieben Jahre ist nichts passiert! – Zuruf von der FDP)

Redlich verdient! – Nachdem jetzt die große Überweisung auf dem Konto ist, geht es darum, es schnellstmöglich umzusetzen. Wir haben Planungskapazitäten aufgebaut. Wir haben externe zusätzliche Expertise eingekauft. Alexander Dobrindt hat mir gerade noch mitgeteilt, dass das Land wieder außer der Reihe großzügig mit Geld bedacht wird. Das heißt auf Deutsch gesagt: Wir schwimmen im nächsten Jahrzehnt in Geld für den Ausbau unserer Infrastruktur.

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Jetzt geht es darum, dass wir keine Staudämme bauen, sondern das Geld fließen lassen. Da gibt es unterschiedliche Hürden. Eine Hürde ist zunehmend, dass sich diese Gesellschaft aus der Mitverantwortung verabschiedet und sagt, das soll die Politik mal machen. Dann werden Politiker als Prügelknabe in die Arena gestellt. Dann wird entweder gejohlt und gepfiffen oder mit Tomaten und Eiern auf die Politik geschmissen. So eine Arbeitsteilung kann nicht funktionieren.

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Sehr richtig!)

Deshalb haben wir die Wirtschaft und die Gewerkschaften eingeladen, aktiv Mitverantwortung zu übernehmen, weil wir gemeinsam deutlich machen müssen, dass der Erhalt der Infrastruktur und die Beseitigung von Engpässen eine gemeinsame verantwortliche Position sind.

(Dietmar Brockes [FDP]: Dann gucken Sie mal, wer die Eier schmeißt! Gucken Sie, wer die Eier schmeißt!)

Jetzt komme ich auf Ihren Eierschmiss, lieber Kollege Brockes.

Bei den Handwerkern habe ich schon darauf hingewiesen, dass es kurzsichtig ist und man eines Sehtests bedarf, wenn man glaubt, man könnte sagen: Remmel gleich Behinderung von Baumaßnahmen. – Remmel ist die eigene Tante, ist der eigene Sohn, ist die eigene Schwiegertochter, weil sich diese so Gesellschaft formiert,

(Dietmar Brockes [FDP]: Da beleidigen Sie die Falschen! – Weitere Zurufe von der FDP – Ge- genruf Jochen Ott [SPD]: Gebt doch mal Ruhe!)

dass zunehmend mehr Menschen sagen: Interessiert mich nicht! Hauptsache, vor meiner Haustür gibt es keine Veränderung.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Deshalb brauchen wir einen breiten Diskurs in dieser Gesellschaft darüber, was die Grundlagen unseres Wachstums und unserer Wirtschaft sind.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Herr Kollege Bayer hat Recht. Wir werden durch das Reparieren ein Jahrzehnt der Baustelle haben, sage ich verkürzt. Mindestens ein Jahrzehnt der Baustelle! Dann möchte ich, dass möglichst viele sagen: Ja, die Bagger müssen rollen. – Wir sind nämlich die Guten. Wir verbessern auch die Klimabilanz dadurch, dass Stau beseitigt und relativiert wird.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Dann geht es einen Schritt weiter.

(Ralf Witzel [FDP]: Erklärt das mal Herrn Rem- mel!)

Der niederländische Telekom-Vorstand hat darauf hingewiesen, welche Vorteile die Niederlande im Vergleich zur Bundesrepublik haben. Aber er hat auch darauf hingewiesen, dass Ausbau alleine das Problem nicht löst, sondern dass dieses Land eine Verkehrswende braucht, dass wir neu über Mobilität nachdenken und neue Inhalte setzen müssen. Das heißt, wir brauchen eine Vernetzung. Wir werden neben dem Jahrzehnt der Baustelle ein Jahrzehnt der Umorganisation unseres Verkehrs bekommen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Seit 20 Jahren schon! – Zuruf: Immer noch Stau!)

Ja. Wir werden in den nächsten fünf Jahren endgültig die „autogerechte Stadt“ beerdigen. Wir werden eine E-Mobilität beim ÖPNV realisieren. Wir werden in unseren Städten Platz für Radfahrer und Fußgänger schaffen, wie es die modernsten Metropolen weltweit tun.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Da sind wir bis auf Bocholt und Münster heute leider Gottes noch Nachzügler.

Dann werden wir erreichen, dass auch Sie begriffen haben, dass die Ansiedlung der Logistikunternehmen nirgendwo so dicht erfolgt wie in NordrheinWestfalen. Nirgendwo gab es in den letzten viereinhalb Jahren mehr Ansiedlungen von Logistikunternehmen als in unserem Land. Das ist für uns Leistungsbilanz und Ansporn. Ihr Antrag ist Wahlkampfklamauk. So etwas brauchen wir nicht.

(Dietmar Brockes [FDP]: Na, na, na!)

Wir brauchen eine klare Perspektive für rollende Bagger und eine Bürgerbeteiligung, die neue Formate bringt. Die heute geltende Bürgerbeteiligung stammt aus den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Da waren wir weit, weit weg von Smartphone und iPad. Das gab es alles noch nicht einmal in der Vorstellung. Deshalb sind die formalisierten Bürgerbeteiligungsformate von gestern. Wir brauchen neue Qualitäten von Bürgerbeteiligung, die früher einsetzt und aus Betroffenen dann eben auch Mitverantwortliche für die Ausgestaltung von Infrastruktur macht.

(Christof Rasche [FDP]: Konkrete Vor- schläge!)

Diese Vorschläge werden wir erörtern, und dann sind wir gespannt, wer dabei sein wird. Die Godorfer Brücke ist schon heute ein wichtiges Anliegen bei Menschen, die behaupten, sie seien einem bereits einem Terror durch Verkehrslärm ausgesetzt, der durch den Bau der neuen Brücke noch gesteigert würde. Wir werden die Godorfer Brücke zu einem Thema des Bündnisses für Infrastruktur machen. Und dann möchte ich sehen, wer sich denn vor Ort konkret mitverantwortlich zeigt.

(Jochen Ott [SPD]: Sehr richtig!)

Kölner Flughafen – wer war denn dagegen? Das war doch das Mitglied der Bundesregierung, Frau Dr. Heinen! Sie hat in Berlin mitgestimmt und in Bonn so getan, als sei sie immer dagegen gewesen. Solche Doppelmoral dürfen wir nicht durchgehen lassen. Mehr Disziplin, mehr Dialog, mehr Qualität im MiteinanderReden sind notwendig, damit Infrastrukturausbau wirklich gelingt. Wahlkampfklamauk können Sie in den Bierzelten machen, aber nicht in diesem Hohen Haus!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Groschek. – Jetzt gibt es eine Wortmeldung von der FDP.

(Zuruf von Christoph Rasche [FDP])

Bitte? Ich habe nicht verstanden.

(Christof Rasche [FDP]: Ich schätze, er hat überzogen!)

Das wollte ich gerade sagen. War das auch Ihre Frage? – Ich hätte jetzt gesagt: Die Landesregierung in Person von Herrn Minister Groschek hat um 2 Minuten 31 Sekunden überzogen.