Herzlichen Dank! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn der Ausführungen zum Schlussbericht möchte ich meinem Vorgänger im Amt des Vorsitzenden, Sven Wolf – derjenige, der heute in der Presse schon als „Mister PUA“ bezeichnet wurde –, für die hervorragende Vorarbeit danken.
Ich möchte allen Mitgliedern im Ausschuss, insbesondere den Obleuten – das sind Herr Ganzke von der SPD, Herr Voussem von der CDU, Herr Engstfeld von Bündnis 90/Die Grünen, Herr Wedel von der FDP und Herr Olejak von den Piraten, der später zu uns stoßen wird –, für die sehr gute kollegiale Zusammenarbeit danken.
Im Namen des gesamten Ausschusses bedanke ich mich insbesondere für die sehr fürsorgliche Rundumbetreuung durch die Landtagsverwaltung, deren oftmals nicht sichtbarer Arbeit im Hintergrund viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Namentlich sind hier insbesondere Frau Kowol als Ausschussassistentin und Herr Haberland als Ausschussassistent zu nennen.
Aber auch die Leistungen des Sitzungsdokumentarischen Dienstes, namentlich von Frau Roeßgen, sind für die Arbeit eines Untersuchungsausschusses von unschätzbarem Wert; denn 132 – ich wiederhole: 132 – wörtlich protokollierte Zeugenaussagen haben den nun dem Plenum vorgelegten Abschlussbericht erst ermöglicht.
Nachdem im Jahr 2010 aufgrund der Neuwahl und mit der Regierungsübernahme durch die jetzige Landesregierung der erste Parlamentarische Untersuchungsausschuss zum BLB der Diskontinuität zum Opfer fiel, wurde bereits im Dezember 2012 der jetzige Parlamentarische Untersuchungsausschuss BLB durch alle Fraktionen neu eingesetzt.
Mit dem Antrag – der Herr Präsident hat es erwähnt – vom 13. Dezember 2012 übertrug das Parlament den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses insgesamt die Aufgabe, sechs Bauvorhaben bzw. Kaufgeschäfte des BLB, namentlich das Landesarchiv in Duisburg, das Polizeipräsidium in Köln-Kalk, die Fachhochschule in Köln, das Schloss Kellenberg, das Vodafone-Haus in Düsseldorf, das Landesbehördenhaus in Bonn und die strukturelle Ausgestaltung des BLB zu untersuchen. Im Juni 2013 erweiterten alle Fraktionen hier im Landtag den Auftrag zusätzlich um das Bauvorhaben Landeskriminalamt.
An dieser Stelle sei mir die Anmerkung erlaubt, dass die detaillierten Einzeluntersuchungsaufträge zu den jeweiligen Bauvorhaben, die sich in bis zu 16 Unteraufträge gliederten, teilweise zu einer erheblichen Einengung der Untersuchungsmöglichkeiten des Ausschusses führten und teilweise eine Auslegung des Willens unseres Auftraggebers – also Sie, sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen –, nämlich des Parlaments, erforderten. Aber auch diese Kür haben wir zusammen gelöst.
Nach Konstituierung des Ausschusses im März 2013 wurden die umfangreichen Aktenbestände aus dem BLB, den Ministerien und der Staatsanwaltschaft angefordert. Bereits über ein Jahr später, im Juni 2014, konnten alsdann zum Komplex Landesarchiv die ersten Zeugen vernommen werden.
Dass dies so schnell erfolgte, war dem Umstand geschuldet, dass neben der zügigen Übermittlung der Akten durch die entsendenden Behörden die kontinuierliche Einarbeitung in die Akten durch die Ausschussmitglieder, aber auch durch die hervorragende Unterstützung – drei sehe ich auf der linken Seite des Hauses, ich blicke einmal weiter im Saal – der jeweiligen Fraktionsreferenten erfolgte. Auch Ihnen gilt unser aller Dank.
Dennoch bleibt am Ende, nämlich heute, fast vier Jahre nach der Konstituierung des Ausschusses, trotz intensiver Arbeit und manchmal auch ambitionierter Taktung der Sitzungstermine ein fader Beigeschmack, den ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht tatsächlich in den Mund legen, sondern an ein paar Beispielen beschreiben will.
Zum einen berief sich unter anderem der am Montag für einige der Untersuchungskomplexe betreffenden Sachverhalte zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilte damalige Sprecher der Geschäftsführung Ferdinand Tiggemann auf sein Aussageverweigerungsrecht. Dieses strafprozessuale Recht von Beschuldigten bzw. Angeklagten hat der Ausschuss zu beachten, erschwert naturgemäß aber die Aufklärungsmöglichkeiten des Ausschusses.
Zum anderen konnte sich der Ausschuss des Eindrucks nicht erwehren, dass sich einige Zeugen immer dann nicht mehr erinnern konnten, wenn im Kern ihre Verantwortlichkeit hätte berührt sein können. Umso erstaunlicher war für den Ausschuss ebenfalls, dass einige Zeugen innerhalb des BLB sehr klar Fehlentwicklungen erkannt haben, dies womöglich noch dokumentiert haben, aber dann ihre Zuständigkeit zur Informationsweitergabe nicht sahen.
Ich möchte Ihnen sicherlich nicht das Vergnügen vorwegnehmen, die vorliegenden 823 Seiten des Ausschussberichts zu lesen. Lassen Sie mich dennoch einzelne exemplarische Ergebnisse kurz vorstellen.
Die Kostensteigerungen im Zusammenhang mit dem Landesarchiv Duisburg im Innenhafen waren Auslöser nicht nur für die Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Jahre 2010, sondern auch für die Suspendierung und dann folgende Entlassung des damaligen Geschäftsführers Tiggemann durch die jetzige Landesregierung.
Der Komplex Landesarchiv ist übrigens nicht Gegenstand des am Montag verkündeten Urteils gegen Herrn Tiggemann. Diesbezüglich ist noch ein Ermittlungsverfahren anhängig.
Dr. Rüttgers entschied der damalige Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff, eine Industriebrache mit Speichergebäude im Duisburger Innenhafen zu nutzen. Er rückte damit von der Überlegung der Vorgängerregierung eines Neubaus auf der grünen Wiese ab. Für einen solchen Neubau auf der grünen Wiese waren reine Baukosten von ca. 30 Millionen € angesetzt.
Herr Grosse-Brockhoff wollte ein herausragendes Gebäude mit architektonischer Zeichensetzung. Die Funktionalität spielte nur eine untergeordnete Rolle. Das wird bei der Verwirklichung außerordentlich sichtbar, wie der Ausschuss durch Inaugenscheinnahme des Objektes feststellen konnte. So wurden – was in einem Innenhafen sicherlich naheliegt – sogenannte Bullaugenfenster eingebaut, die heute verhängt sind, weil das Archiv ansonsten zerstört oder beschädigt werden könnte.
Das für die Errichtung benötigte Grundstück wurde dann vom Projektentwickler Kölbl Kruse – salopp gesagt – vor der Nase weggekauft. Ob hier ein Tipp an den Projektentwickler erfolgte, konnte der Ausschuss nicht feststellen.
2008 wurde HOCHTIEF mit der Planung betraut und schätzte die reinen Baukosten mittlerweile auf ca. 90 Millionen €. Der BLB selbst ging von ca. 160 Millionen € bis 170 Millionen € aus. Trotz deutlicher Bedenken aus der Staatskanzlei wurde an diesem Neubau von Herrn Grosse-Brockhoff festgehalten.
Dass sich dann der Investor Kölbl Kruse nicht mehr imstande sah, das Projekt durchzuführen, führte dazu, dass Herr Tiggemann ohne erkennbaren Grund diesem anbot, das Grundstück als BLB zu erwerben. Er sprach von einer Größenordnung von 20 Millionen € bis 30 Millionen €. Der BLB selber ging aufgrund eines geschätzten Verkehrswertes von einer Summe von 6,4 Millionen € aus. Am Ende wurden 29,9 Millionen € bezahlt.
Der Erweiterungsbau des Polizeipräsidiums in Köln war keine Erfindung der Vorgängerregierung von Schwarz-Gelb, sondern wurde bereits im Jahr 2004 geplant. Schon bei der Errichtung des Neubaus stand fest, dass es einen Erweiterungsbau geben wird. 2004 wurde also von dem Investor GSE für 5,4
Millionen € ein Grundstück erworben. Wer jedoch dafür zuständig war und diesen Kauf veranlasst hatte, ließ sich für den Ausschuss nicht erhellen.
Dieses erworbene Grundstück lag jedoch auf einer gegenüberliegenden Straße vom Neubau, und so kam es, dass sich alle nicht so wirklich mit dieser Lage des Grundstücks zufriedengaben. Der Architekt Kottmair, der bereits den Neubau im Jahr 2001 entworfen hatte, wandte sich somit Anfang 2006 an den damaligen Innenminister Dr. Wolf und forderte die Beteiligung Privater. Ob dieses Schreiben beantwortet wurde, auch das ließ sich durch den Ausschuss nicht feststellen.
Im Dezember 2006 jedoch ordnete Innenminister Dr. Wolf statt einer sogenannten In-House-Vergabe an den landeseigenen BLB auf dem dafür erworbenen Grundstück an, ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen. Dieses wurde durchgeführt. Zu den rechtlichen Ausführungen will ich nicht Stellung nehmen, sondern dazu, dass nach Ablauf des Interessenbekundungsverfahrens der Investor GSE ein weiteres Angebot einreichte und er selber in dem Interessenbekundungsverfahren den Zuschlag nicht erhielt.
Dieser erhielt somit außerhalb des Interessenbekundungsverfahrens alsdann den Zuschlag. Auch das ist zwar rechtlich nicht zu beanstanden, erweckt aber nach Auffassung des Ausschusses zumindest den Anschein einer korruptions- und manipulationsanfälligen Entscheidungsfindung. Das Innenministerium ordnete die Beendigung des Interessenbekundungsverfahrens und die Aufnahme von Verhandlungen mit dem besagten Investor an.
Auch bei diesem Bauvorhaben konnte der Ausschuss nicht nachweisen, ob die GSE einen entsprechenden Tipp erhalten hat. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat das diesbezügliche Ermittlungsverfahren mangels Tatnachweis eingestellt.
Letztendlich kaufte wiederum der BLB der GSE das Grundstück für insgesamt 17,2 Millionen € ab. BLBintern wurde ein Kaufpreis von allenfalls 8,8 Millionen € für angemessen erachtet.
Die GSE wurde daraufhin im Nachgang Generalunternehmer. Die Ausschreibung gewann eine Firma Ten Brinke, deren Mitgesellschafter wiederum die GSE war. Ten Brinke übernahm die Generalunternehmerrolle und verlangte 15 Millionen vom BLB für Arbeiten, die diese für die GSE erbracht habe. Den Erweiterungsbau konzipierte der Herr Architekt Kottmair.
Zum guten Schluss möchte ich Ihnen noch kurz das Schloss Kellenberg vorstellen. Ja, das Land ist Eigentümer des Schlosses Kellenberg, was allerdings wenig Schloss, dafür viel Ruine ist. Denn 1992 wurde das Schloss mit Ausnahme der Vorburg vollständig durch einen Brand zerstört.
Ohne Nutzungskonzept, ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung oder gar auch nur ansatzweise Planungsrecht erwarb der BLB durch ausdrückliche Erlaubnis des Geschäftsführers Tiggemann das Areal für insgesamt 3,1 Millionen €. Zusätzlich – das meine ich überhaupt nicht despektierlich – hat das Land eine Gräfin als Bewohnerin erhalten. Denn die Mutter des ehemaligen Eigentümers hat ein lebenslanges Wohnrecht in der Vorburg.
Ich will nicht beurteilen, ob sich die dargestellten Sachverhalte für ein Drehbuch eignen und womöglich eine neue Krimiserie auf Netflix gegen Bezahlung zu sehen sein wird. Die bittere Wahrheit ist: Bezahlt haben bereits andere: die Steuerzahler.
Trotz dieser bitteren Erkenntnis kann sich der Ausschuss zum guten Schluss nur den Worten des Vorsitzenden Richters am Landgericht Düsseldorf anschließen, der in seiner mündlichen Begründung zum Urteil zu Herrn Tiggemann gesagt hat: Auch wir haben nur die Spitze des Eisbergs gesehen.
Um diese Spitze erblicken zu können, haben wir alle im Ausschuss hart gearbeitet, wobei der Umgang miteinander immer fair war, was sich auch in einem gemeinsamen Abschlussbericht zeigt, ohne dass Sondervoten erforderlich waren. Dafür möchte ich mich bei Ihnen, liebe Ausschussmitglieder, liebe Referenten, und insbesondere bei dem Ausschusssekretariat noch einmal ganz herzlich bedanken.
Vielen Dank Ihnen, Frau Kollegin Lüders, für Ihren Bericht. Ich danke im Namen des Parlaments noch einmal ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen, die in diesem wichtigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine solch intensive, wichtige Arbeit geleistet haben.
Wir treten in die Aussprache ein, und ich erteile als erstem Redner für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Ganzke das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! 823 Seiten Bericht, 65 Sitzungen des Untersuchungsausschusses – davon vier Ortstermine –, 132 Zeugenvernehmungen, zwei Sachverständigenbefragungen, Sichtung von 2.300 Akten und ca. 62.500 Seiten Akten und Beiakten der Staatsanwaltschaft Wuppertal – das sind Zahlen und Daten zum BLB-Untersuchungsausschuss.
Einvernehmen ist zwischen allen Fraktionen über den jetzt vorliegenden Abschlussbericht erzielt worden. Alle Fraktionen im Untersuchungsausschusses stimmen dem Bericht im Ganzen zu – bestimmt auch
ein Zeichen für die fraktionsübergreifend gute Zusammenarbeit im Ausschuss, die auch die Frau Vorsitzende gerade schon thematisiert hat.
Das war, liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Start in den ersten Untersuchungsausschuss in dieser 16. Legislaturperiode – heute wurde der fünfte eingesetzt – nicht unbedingt absehbar. Jedoch: Als ich mich zur Vorbereitung dieser Rede noch einmal mit unseren Reden zur Einsetzung im Dezember 2012 beschäftigt habe, stellte ich fest, dass alle Redner ausnahmslos eine – Zitat – „sachliche Zusammenarbeit“, eine – Zitat – „lückenlose Aufklärung“ und ein – Zitat – „konstruktives Miteinander“ versprachen. Versprechen und ankündigen ist das eine, sich daran zu halten und zu handeln, das andere. Ich glaube aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich nach über vierjähriger Arbeit in diesem Gremium ohne zu zögern sagen kann, dass wir uns daran gehalten haben. Wir haben nämlich unseren Ankündigungen Taten folgen lassen.
Die Vorsitzende des PUA, Frau Kollegin Lüders, hat schon zu einigen Ergebnissen Ausführungen gemacht. Ich glaube auch nicht, dass wir alle in unseren Redezeiten alle Facetten des Berichts beleuchten können; aber einige besondere Momente der zurückliegenden Zeit werde auch ich so schnell nicht vergessen. Da wäre einmal der Ortstermin im Schloss Kellenberg zu erwähnen, bei dem wahrscheinlich nicht nur ich mich fragte, was Menschen dazu bringen konnte, dieses Objekt zu erwerben und – was noch weitaus unverständlicher war – daran zu glauben, aus eben diesem Objekt die geäußerten Wunschvorstellungen wahr werden zu lassen.
Besonders aber werde ich die Vernehmung eines Zeugen nicht vergessen, der bei der Befragung mit seinen weitreichenden Kontakten in ganz Europa kokettierte, jedoch auf die Frage, was er denn konkret für das Projekt getan habe, dem damaligen Ausschussvorsitzenden – und ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Abschlussbericht – antwortete:
„Die Stärke, die ich habe oder hatte, die vielleicht andere nicht haben, im In- und Ausland ist, dass ich mit Partnern Termine und Gespräche koordinieren konnte, die mit anderen Verbindungen sehr lange gedauert oder vielleicht überhaupt nicht funktioniert hätten.“