insbesondere immer dann, wenn die Piraten Anträge einbringen, die sich mit Bundespolitik beschäftigen. Beim Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, das Anlass Ihres Antrags ist, Herr Kollege Herrmann, hat NRW null, aber auch wirklich null Einwirkungsmöglichkeiten.
Das wissen Sie auch selbst. Deshalb fordern Sie in Ihrem Antrag auch gar nichts. In Ihrem Antrag – er hat vier Punkte, eine Feststellung und drei Forderungen – steht nicht einmal, dass einer etwas gegen dieses Gesetz machen soll, weil Sie wissen, dass Nordrhein-Westfalen überhaupt nichts dagegen machen kann.
Kommen wir mal zu den vier Punkten, die Sie hier fordern. Erstens: Sie behaupten, es gebe eine Kritik in Richtung des Landesdatenschutzbeauftragten. – Die gibt es nicht. Check. Zweitens: Sie wollen, dass Nordrhein-Westfalen sich für den Datenschutz einsetzt. – Das tun wir jeden Tag. Check. Drittens: Sie wollen keine Absenkung des Datenschutzes. – Das machen wir in NRW nicht. Check. Viertens: Sie wollen eine wissenschaftliche Untersuchung nur in NRW. – Das halte ich für Unsinn. Wenn, muss man sie im Bund machen. Check. Fünftens: Lehnen wir Ihren Antrag ab? – Tatsächlich ja. Check. – Besten Dank.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Herrmann, ich kann Ihnen nur sagen: Sie leben in einer Welt, die von uns so nicht wahrgenommen wird.
Das kann ich nur mit aller Deutlichkeit sagen. Das zeigt wieder, wie Sie in dieser Runde, in diesem Parlament platziert sind.
Wer behauptet, Videoüberwachung sei Ressourcenverschwendung, der sollte sich einmal mit öffentlichen Nahverkehrsunternehmen beschäftigen, und sehen, was durch den Einsatz im öffentlichen und privaten Raum verhindert wird. Ich bin seit der Zeit, in der es erstmalig Erkenntnisse darüber gab, was Videoüberwachung bedeutet, Anhänger einer solchen. Die Frankfurter Verkehrsunternehmen hatten vor Jahren – den Artikel habe ich an alle Kollegen weitergegeben, die damals im Innenausschuss waren – Schäden in Höhe von 20 Millionen €. Nach einem Jahr der Nutzung der Videoüberwachung wurde das halbiert und weiter abgesenkt.
Deshalb, was immer passiert: Sie leben in einer Welt, Herr Hermann – das merke ich auch im Innenausschuss –, na ja. Seit gestern, meine Damen und Herren, habe ich zumindest den Eindruck, dass die Piraten ein schwieriges, ein gestörtes Verhältnis zum Bildmaterial haben.
Man muss sich das einmal vorstellen. Da werden von der Zuschauertribüne aus Kollegen für die eigene Verwendung fotografiert. Für die eigene Verwendung! Und dann hat man den Eindruck, dass man sich, nachdem die Präsidentin das Ganze nach der Sitzungsunterbrechung entsprechend beantwortet hat, übergangen fühlt. Ich saß hier an meinem Platz und habe mich gefragt: Wo bin ich eigentlich? In welcher Veranstaltung bin ich?
Und dann schaue ich heute den Antrag durch. Darin steht – das muss man sich mal vorstellen; in welcher Runde bin ich eigentlich? –: „Eine Einschränkung von Grundrechten“ – die berührt ja auch die Kollegen dieser Fraktion; das ist überhaupt keine Frage – „darf nur vorgenommen werden, wenn ein sorgfältiger Abwägungsprozess stattgefunden hat und selbst dann nur, wenn die Einschränkung zweckmäßig, notwendig und verhältnismäßig ist.“ Das muss man sich mal vorstellen: So etwas wird in dem Antrag formuliert – und dann dieses Auftreten gestern Abend! Das muss man doch mal in ausreichender Weise beantworten.
Dann ist die Rede von Grundrechten der Betroffenen und berechtigten Interessen der Betreiber von Überwachungsanlagen. Mit Blick auf die Realität geht es nicht nur darum, Leben und Gesundheit zu sichern, sondern auch darum, sachgerechte Entscheidungen zu treffen. In einem Artikel vom 28. Januar 2017 – da wird darüber berichtet, dass der Bundestag das
„Die Videoüberwachung in der Bahn wirkt! Die Bundespolizei hat … im Jahr 2016 genau 1.888 Straf- und Gewalttaten (2015: 1.536) ‚mittels stationärer Videotechnik in Zügen und auf den Bahnanlagen des Bundes‘ aufgeklärt. …
Darunter fallen 827 Gewalttaten (2015: 543) wie Körperverletzung …, Raub …, Widerstand gegen Polizeibeamte …“.
Auch Diebstähle und dergleichen wurden aufgeklärt. Dass die Hälfte der verursachten Straftaten von Deutschen begangen wird, ergänzt das Ganze.
(Frank Herrmann [PIRATEN]: 800 Millionen Fahrgäste im Jahr! Wie viele gibt es, die über- wacht werden?)
Ich bin schon sehr dankbar, meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir die Videoüberwachung haben. Daher freue ich mich sehr, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf von Thomas de Maizière in diesen Tagen hat passieren lassen.
Insofern sage ich – das war mein Bemerken, als mir die Bitte angetragen wurde, zu diesem Thema zu reden –: Was hier heute stattfindet, findet völlig zur Unzeit statt.
Eine Bemerkung gleichwohl noch zu Ihrem Ansinnen, neuerlich eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Videoüberwachung erstellen zu lassen: Liebe Mitstreiter aus der Piratenfraktion, ich glaube, offen und ehrlich gesagt, dass das nicht viel bringen wird. Erstens gibt es zahlreiche Studien zu dem Thema, und die Ergebnisse sind mehr als eindeutig. Zweitens glaube ich nicht – und das geht in Ihre Richtung –, dass ein weiterer Stapel bedrucktes Papier dort Erkenntnisbereitschaft wecken wird, wo sie immer noch nicht vorhanden ist.
Das geht in Ihre Richtung als Antragsteller, meine Damen und Herren. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Schittges. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mir ging es, als ich den Antrag der Piratenfraktion gelesen und bearbeitet habe, ähnlich wie dem Kollegen Stotko, der sich auch gefragt hat: Was sind denn eigentlich die konkreten Forderungen dieses Antrags? Ich kann erst einmal aus grüner Sicht sagen: Die Überschrift ist gut. Dass wir uns für Datenschutz einsetzen sollen, finden wir auch ganz okay. Das machen wir seit sieben Jahren sehr konsequent. Insofern arbeiten wir genau an dem, was Sie uns da aufgeschrieben haben. Eine wirklich konkrete Forderung daraus abzuleiten, ist aber ein bisschen schwierig.
Sie haben in Ihrem Redebeitrag das sogenannte Videoüberwachungsverbesserungsgesetz angesprochen. Wir wissen nicht, was am Ende des Gesetzgebungsprozesses auf der Bundesebene dabei herauskommen mag.
(Frank Herrmann [PIRATEN]: Die Landesre- gierung hat sich schon dazu verhalten im Bun- desrat! Das wissen wir!)
Der erste Durchgang war letzte Woche im Bundesrat. Wir Grüne – das hat sich auch in der ersten Runde im Bundesrat ja schon gezeigt – nehmen die kritischen Anmerkungen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, die sie ja in den letzten Monaten immer wieder vorgebracht haben, sehr, sehr ernst. Der Ball liegt jetzt im Deutschen Bundestag. Ich bin mir sehr sicher, dass die Grünen-Bundestagsfraktion diese Bedenken dann auch in den Gesetzgebungsprozess sehr, sehr intensiv einbringen wird.
Ja, Herr Herrmann, hören Sie mir mal zu. Wir haben unsere Möglichkeiten ja schon genutzt. Letzten Freitag im Bundesrat hat Nordrhein-Westfalen einen Antrag unterstützt. Der kam aus dem Rechtsausschuss aus Hamburg. Hamburg hat einen grünen Justizsenator. Dieser Antrag setzte sich kritisch mit dem Vorhaben des Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes auseinander und hat da auch eine Initiative gestartet, die wirklich problematischen Stellen, wo wir inhaltlich durchaus beieinander sind, ein Stück weit wenigstens zu entschärfen, soweit das in diesem Setting Bundesrat möglich ist. Denn inhaltlich ist es tatsächlich durchaus ein schwieriges Vorhaben, das die Bundesregierung da auf den Weg gebracht hat.
Ich finde es, ehrlich gesagt, ein bisschen anstrengend, lieber Kollege Herrmann, wie Sie die verschie
denen Sachverhalte – auch in Ihrem Antrag im Übrigen – immer wieder in einer völlig unzulässigen Art und Weise vermischen.
Denn es ist ja tatsächlich so – das sehe ich ganz genauso wie Sie –, dass wir bei der Videoüberwachung durch Private, bei der Videoüberwachung im Rahmen von § 6b Bundesdatenschutzgesetz durchaus in den letzten Jahren eine schwierige Tendenz hatten. Gerade dann ist es aber aus meiner Sicht total falsch und total unzulässig, immer die zunehmende Videoüberwachung beispielsweise beim ÖPNV und die Bodycams zu vermischen. Das steht bei Ihnen im Antrag.
Gucken Sie sich mal an, wie die Videoüberwachung auf Basis von § 6b BDSG in den letzten Jahren ausgeufert ist und wie maßvoll Videotechnik bei der nordrhein-westfälischen Polizei eingesetzt wird! Das zeigt: Sie haben eine völlig verzerrte Wahrnehmung von dem, was Rot-Grün in den letzten Jahren hier gemacht hat.
Ich teile durchaus das, was die Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragten vorgebracht haben, dass es schwierig ist, diesen Abwägungsprozess jetzt um eine weitere Dimension zu erweitern. Wir haben in § 6b Bundesdatenschutzgesetz einen Abwägungsprozess, der bisher immer von dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung dominiert war. Jetzt droht die Gefahr – wie gesagt, wir wissen nicht, was am Ende herauskommen wird –, dass diese Dimension aufgeweicht wird. Da haben wir tatsächlich eine Schwierigkeit.