Protokoll der Sitzung vom 16.02.2017

Wir haben inzwischen gute Ergebnisse. Das hat nichts mit der Gönnerlaune des Bundesfinanzministers zu tun, sondern sehr viel damit, dass wir dieses Ziel mit Nachdruck verfolgt haben und beharrlich an diesem Thema drangeblieben sind – zum Vorteil unserer Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die deutlich weniger Probleme haben als in der Vergangenheit. Sie können Licht am Ende des Tunnels sehen. Dieses Licht stammt nicht vom entgegenkommenden Zug, sondern tatsächlich vom blauen Himmel. Dafür haben wir einiges geleistet. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Jetzt kommen wir zur Abstimmung.

Erstens stimmen wir über den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/14160 ab. Hier ist direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – SPD und Grüne sowie der fraktionslose Abgeordnete Stüttgen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – CDU, FDP und Piraten sowie der fraktionslose Abgeordnete Schulz. Wer enthält sich? – Es enthält sich der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

Zweitens stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drucksache 16/14254 – Neudruck – ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne sowie der fraktionslose Abgeordnete Stüttgen und der fraktionslose Abgeordnete

Schwerd. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die Piraten und der fraktionslose Abgeordnete Schulz. Das Ergebnis ist gleichwohl eindeutig: Die Mehrheit hat entschieden, dass die Entschließung abgelehnt wird.

Drittens entscheiden wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/14256. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die Piraten stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, CDU und FDP sowie der fraktionslose Abgeordnete Stüttgen. Wer enthält sich? – Es enthalten sich zwei fraktionslose Abgeordnete, nämlich Herr

Schwerd und Herr Schulz. Damit ist der Entschließungsantrag mit breiter Mehrheit im Hohen Haus abgelehnt.

Ich rufe auf:

3 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und

Kommunalpolitiker vor Übergriffen schützen!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/13308

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 16/14109

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/13635

Der Antrag der Fraktion der CDU wurde gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b) unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Innenausschuss überwiesen mit der Maßgabe, dass Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgen. Mittlerweile liegen die Beschlussempfehlung und der Bericht des Innenausschusses vor.

Daher eröffne ich nun die Aussprache. Für die SPD spricht Herr Kollege Dahm.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion fordert mit ihrem Antrag, dass Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und Kommunalpolitiker besser vor Übergriffen geschützt werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihr Antrag geht nach unserer Auffassung durchaus in die richtige Richtung. Aber wir hätten uns gewünscht, dass es bei diesem, wie ich finde, wichtigen gesellschaftspolitischen Thema eine gemeinsame Initiative des Parlaments gegeben hätte. Denn wir alle wissen, dass Angriffe, Gewalt und Hassparolen ein gesamtgesellschaftliches Phänomen sind und nicht so einseitig betrachtet werden dürfen, wie Sie es hier darstellen.

(Beifall von der SPD)

Wir sind uns sicherlich darin einig, dass jegliche Gewalt, sowohl in psychischer als auch in physischer Form, zu verurteilen ist. Wir stellen auch gemeinsam fest, dass die Respektlosigkeit und die Gewalt in unserer Gesellschaft gegen den Staat und seine Organe durchaus zunehmen. Das haben wir ja heute Morgen in der Debatte rund um den Fußball hier gemeinsam erörtert. Von unserer Seite aus verurteilen wir jegliche Gewaltattacke – sowohl körperlich als

auch verbal als auch im Netz – und sind natürlich dafür, konsequent dagegen vorzugehen.

Gerade die Hetze in den Social Media nimmt immer mehr zu. Diese Zunahme ist, wie ich finde, sehr besorgniserregend. Hier wird die scheinbare Anonymität für verbale Entgleisungen genutzt, um entsprechende Attacken zu fahren. Das kennt offenbar keine Grenzen mehr. Ich bin der Auffassung, dass das konsequent verfolgt werden sollte und hier Strafanzeige erstattet werden müsste.

Meine Damen und Herren der CDU, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie in Ihrem Antrag noch einmal den Vorsitzenden der SPD Bocholt erwähnt haben. Sowohl er selbst als auch seine Familie wurden durch Rechtsradikale derart bedroht, dass er sich nicht mehr in der Lage sah, sein kommunalpolitisches Engagement auszuüben. Wir danken an dieser Stelle Thomas Purwin für sein politisches Handeln und bekunden noch einmal ausdrücklich Respekt für seine Entscheidung.

(Beifall von der SPD und Klaus Kaiser [CDU])

Meine Damen und Herren, Sie fordern in Ihrem Antrag ganzheitliche Sicherheitskonzepte. Wir haben das ja gemeinsam im Innenausschuss, im Ausschuss für Kommunalpolitik und im Unterausschuss Personal erörtert und sind zu der Auffassung gekommen, dass es keine maßgeschneiderten Konzepte, Vorbeugungsmaßnahmen und Präventivmaßnahmen geben kann und geben sollte. Es ist sehr deutlich geworden, dass das nicht sinnvoll zu sein scheint. Denn viel zu unterschiedlich sind die beruflichen Situationen im Arbeitsfeld des öffentlichen Dienstes. Der Arbeitsplatz im Jobcenter ist anders als der im Rettungsdienst. Der Arbeitsplatz im Bürgerbüro unserer Städte und Gemeinden ist anders als der in den Schulen. Der Arbeitsplatz im Bauamt ist anders als der bei der Polizei.

Die Übergriffe im Netz sind auch von der Hetze gegenüber den Bürgermeistern und ehrenamtlichen Kommunalpolitikern zu unterscheiden. Allein das macht schon deutlich, dass es – einmal losgelöst von der Tatsache, dass das Land nicht für den kommunalen Bereich zuständig ist – keinen Sinn macht, maßgeschneiderte Konzepte für das gesamte Land vorzulegen bzw. vorzustellen.

So unterschiedlich wie die Arbeitsplätze sind, so unterschiedlich ist auch die Region. Maßnahmen, die vielleicht für Köln richtig sind, treffen vielleicht nicht gerade auf Stemwede zu. Auch das muss man eindeutig unterscheiden.

Daher geht Ihr Antrag, meine Damen und Herren der CDU, deutlich an der Realität vorbei.

(Werner Lohn [CDU] schüttelt den Kopf.)

Herr Lohn, das sollten Sie akzeptieren. – Daher haben wir auch einen Entschließungsantrag vorgelegt,

der deutlich weiter geht. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Landesregierung und die regierungstragende Koalition tatenlos gewesen seien. Sie behaupten wahrheitswidrig wieder – das kennen wir ja schon –, dass hier keine Maßnahmen erfolgt seien.

Ich will an dieser Stelle noch einmal einige Dinge anführen. Schon heute gibt es umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen im Bereich des Konfliktmanagements, aber auch Selbstverteidigungskurse für die Rettungsdienstkräfte. Es gibt Sicherheitsmaßnahmen im Justizbereich, schon allein bei Einlasskontrollen. Schutz- und Alarmsysteme an den Arbeitsplätzen sind vorhanden. Auch bei der Polizei stehen eine verbesserte Schutzausstattung, Schutzwesten und verbesserte Einsatzschutzanzüge zur Verfügung. Alles das muss hier Erwähnung finden.

Ich will hier aber auch noch einmal ganz deutlich die Einführung der Bodycams erwähnen, die ebenfalls zu einer besseren Schutzausstattung für die Polizei gehören.

Wir begrüßen – das will ich hier noch einmal sehr deutlich betonen – an dieser Stelle ausdrücklich die Initiative der Landesregierung im Bundesrat bezüglich der Strafzumessung gemäß § 46 Strafgesetzbuch. Richtig ist, dass hier Amtsträger wie Lehrer und Gerichtsvollzieher, aber auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte mit einzubeziehen sind. Auch Personen ohne Amtsträgerschaft – wie Angehörige von Hilfsdiensten – müssen hier berücksichtigt werden. Die vorgesehene Strafzumessung soll nicht erst bei Angriffen – auch im Rahmen von Vollstreckungshandlungen –, sondern bereits bei Beleidigungen oder Bedrohungen greifen. Damit wird sehr deutlich, dass wir hier hinter allen Berufsgruppen stehen und der Staat sie schützen will.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Als letzten Punkt möchte ich die Erstattung von Schmerzensgeld ansprechen. In Ihrem seinerzeitigen Antrag hatten Sie ausschließlich die Beamten im Blick. Wir hingegen berücksichtigen den gesamten Bereich des öffentlichen Dienstes und beziehen auch die Tarifbeschäftigten mit ein. Wir sollten alle gleichbehandeln und nicht die Berufsgruppen spalten. Die Angestellten sind uns genauso so viel wert wie die Beamten. Daher werden wir Ihren Antrag heute ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dahm. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Lohn.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Dahm hat ja einigermaßen sachlich und auch auf Konsens ausge

richtet angefangen. Am Ende hörte sich das allerdings schon nicht mehr so an. Deshalb muss ich einige Punkte noch einmal in Erinnerung rufen.

Wir haben hier schon oft – meistens auf Initiative der CDU – über Gewalt gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gesprochen, zuletzt noch heute Morgen unter Tagesordnungspunkt 1. Es ist auch richtig, dass wir möglichst oft darüber öffentlich debattieren. Denn die schlimme Tatsache, dass Menschen, die unseren Staat vertreten und sich für unser Gemeinwesen einsetzen, immer häufiger Opfer von Gewalt, Respektlosigkeit und Beleidigungen werden, muss eigentlich von allen Demokraten hier im Saal aufs Schärfste angeprangert und bekämpft werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen mit konkreten Maßnahmen, mit konkreten Konzepten und auch – das sage ich ganz bewusst – mit klarer Kommunikation für einen Bewusstseinswandel und für das Ende von Respektlosigkeit und Gewalt eintreten.

Da reicht es nicht aus, liebe Kollegen von der SPD, wenn Sie sagen, Gewalt sei ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, während Sie das gleichzeitig als Argumentation dafür benutzen, nichts zu tun. Beides schließt sich nicht aus. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen; aber trotzdem müssen wir handeln.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das tun wir!)

Verehrte Kollegen, bestimmte Bevölkerungsgruppen treten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres öffentlichen Dienstes zunehmend mit Verachtung und einem überzogenen Anspruchsdenken entgegen. Und wenn nicht alle Wünsche sofort und am besten kostenlos erfüllt werden, treten sie ihnen leider auch mit immer mehr Aggressivität und Gewalt gegenüber.

Ich sage ganz bewusst, dass für mich Folgendes eigentlich unvorstellbar ist: In jeder Stunde eines jeden Tages in einem jeden Jahr wird in Nordrhein-Westfalen ein Polizist gewaltsam attackiert.

Verehrte Kollegen, deswegen haben wir als CDU bereits vor zwei Jahren die gegen Gewalt gerichtete Initiative „Respekt und Anerkennung für unsere Polizei und Rettungskräfte“ ins Leben gerufen. Im vergangenen Jahr hat dann insbesondere die Jugendorganisation des Deutschen Beamtenbundes Öffentlichkeitsaktionen gestartet, die auch dazu geführt haben, dass in den überregionalen Medien über das Gewaltphänomen gegenüber dem öffentlichen Dienst gesprochen wird.

Aber leider verlaufen nicht alle öffentlichen Diskussionen gut. Ich erinnere an die TV-Talkrunde von Sandra Maischberger vom 1. Februar dieses Jahres zum Thema „Polizisten – Prügelknaben der Nation?“.

Da versuchten ein Bundesrichter und ein selbst ernannter Berliner SPD-Polizeiexperte, die Ge

walteskalation gegenüber unseren Einsatzkräften herunterzuspielen – weitestgehend, ohne überhaupt irgendwelche Fakten zu kennen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])