Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Jetzt habe ich das Wort. – Ich finde, es ist keine ganz einfache Situation. Sie ist ein bisschen emotionalisiert, und dann erzählt uns jemand – wo sitzt Herr Feuß jetzt? – etwas von Paragrafen, was wir vorher auch schon wussten. Ich glaube, hier hilft uns im Sinne der Kinder am ehesten ein sehr pragmatischer Ansatz. Vielleicht können Sie mir da einmal folgen.
In dem vorliegenden Antrag geht es der FDP doch nur um das Konzept zur Sicherung eines erreichbaren Förderschulangebots. Ich frage Sie: Hat der gleiche Grundsatz nicht auch gegolten, als es darum ging, die Grundschullandschaft zu entwickeln? Ich kann es mir einfach nicht verkneifen, noch einmal zu sagen: Die Förderschulen – da sind wir uns hier doch wohl alle einig – machen eine sehr, sehr gute Arbeit,
So leid es mir tut, aber mich beschleicht einfach das Gefühl: Die Förderschulen, um die es hier geht, sind dem einen oder anderen bei SPD und Grünen ein Dorn im Auge. Das ist meine Wahrnehmung auch aus dem Schulausschuss. Sie sind so eine Art ungewolltes Anhängsel in der Schullandschaft unseres Bundeslandes.
Da hilft, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, auch Ihr Entschließungsantrag nicht weiter. Er ist einfach nur der peinliche Versuch, Verantwortung abzuladen, und der Beweis dafür, dass Sie schlicht nicht bereit sind, sich gegebenenfalls mal zu korrigieren.
Der spannendste, aber auch sehr nachdenklich stimmende Satz im FDP-Antrag lautet – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin –:
„Ebenso hatte der Landesrechnungshof klar und deutlich erklärt, dass ihren Aussagen keinerlei ‚pädagogische‘ Festlegungen zugrunde lägen.“
Ich persönlich finde, dass die Punkte „Bildung von Schwerpunktschulen“, „Verankerung von Qualitätsstandards“, „Sicherung sonderpädagogischer Expertise“ in dem Antrag der FDP doch eher der zielführende Weg für ein gutes Schulleben der Kinder in unserem Land sein kann.
In den vergangenen Tagen – das ist ein Vorwurf, den Sie sich gefallen lassen müssen – ist sehr deutlich geworden, dass Sie jetzt auch Elternverbände beim Thema „Inklusion“ in eine Art Polarisierungsposition gebracht haben. Politisches Verhandeln in dieser Situation heute muss beinhalten, dass Sie die Polarisierung zwischen den Eltern aufheben und sie nicht noch weiter befeuern.
Nein, ich rede jetzt zu Ende; gleich sind Sie dran. – Ich glaube, dass wir nicht mehr und nicht weniger verlangen. In vielen Anhörungen – wir sind immer mit dabei gewesen, Frau Beer – ist deutlich geworden, dass die Zustände rund
um die Inklusion teils chaotisch sind. Da muss man, finde ich jedenfalls, als verantwortliche Regierung in irgendeiner Form gegensteuern. Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen – das ist im Grunde genommen das Paradoxe –, dass auch an Schulen des gemeinsamen Lernens im Moment Situationen entstehen, in denen statt Inklusion Exklusion auftritt. Um diesen Punkt geht es doch ganz einfach.
Es sind einfach die personellen und auch die sächlichen Ressourcen nicht gegeben. Da werden dann die Kinder, die einen Förderbedarf haben, in eine Klasse einer Jahrgangsstufe gesteckt. Das ist Exklusion und keine Inklusion. Aber daraus kann man keinem Lehrer, keiner Lehrerin einen Vorwurf machen.
Ich frage mich, wie ein Lehrer mit 25 Kindern im sechsten Schuljahr – darunter Kinder mit Förderbedarf, Kinder, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind – verantwortungsvoll zum Beispiel Schwimmunterricht geben soll. Ich finde, da muss man einfach mal hinschauen und ein bisschen in der Schullandschaft des Landes unterwegs sein.
Auch wenn es Ihnen noch so wehtut und wenn Sie es nicht hören wollen: Es gibt ganz einfach Kinder, die an Förderschulen lernen, ihren Alltag zu meistern. Das ist für diese Kinder ein erstrebenswertes Ziel. Das können Sie an allgemeinbildenden Schulen mit gemeinsamem Lernen nicht erreichen. Das ist ein Fakt, den Sie einfach mal zur Kenntnis nehmen müssen.
Ich persönlich finde diesen Zustand höchst unbefriedigend und ärgerlich, und zwar gerade weil so viel Engagement in der Landschaft vorhanden ist – bei Eltern, bei Lehrern, bei Experten. Wenn dieses Engagement gebündelt würde, dann könnte man eine Inklusion nach Maß auf den Weg bringen. In der UNKonvention steht nirgendwo, dass man eine Inklusion nach Maß nicht machen darf. Die Stelle müssten Sie mir sonst jedenfalls einmal zeigen.
Aber das würde voraussetzen, dass Sie die Perspektive „das ziehen wir so durch; das machen wir“ ablegen. Frau Beer – jetzt spreche ich Sie einmal an –, wir beide sind aus dem Trotzalter heraus. Das müssten wir eigentlich schaffen.
Ich möchte wie folgt schließen – und das ist wirklich ehrlich gemeint –: Wir haben die Verantwortung. Im Schulausschuss habe ich auch schon oft gesagt: Man muss hinschauen, und man muss Probleme identifizieren; denn nur dann kann man Abhilfe schaf
fen. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Problematisieren oder mit Stigmatisieren zu tun. Diesen Vorwurf weise ich sehr weit von mir. Es geht an dieser Stelle einzig und allein darum, Kinder lebenstauglich zu machen, ihnen eine Perspektive zu geben und Eltern zuzutrauen, dass sie die richtige Wahl bei der Schule für ihre Kinder treffen können. Um nicht mehr und nicht weniger geht es hierbei. – Danke.
Jetzt ist Ihre Redezeit leider um. Ich hatte versucht, Sie zu unterbrechen, weil die Kollegin Hendricks Ihnen eine Zwischenfrage stellen wollte. Würden Sie die denn noch hören wollen?
Dann mache ich jetzt eine Ausnahme, und Frau Kollegin Hendricks bekommt die Gelegenheit, eine Zwischenfrage zu stellen.
Herzlichen Dank, Frau Dr. Bunse. Sie haben gerade einen sehr engagierten Vortrag für die Förderschulen gehalten. Ich glaube, die SPD hat gar nichts gegen die Förderschulen. Eine solche Unterstellung möchte ich weit von mir weisen.
Ich komme zu meiner Frage. Sie haben gerade gesagt, dass die FDP in ihrem Antrag auch noch einmal auf die Schwerpunktschulen hingewiesen hat. Genau die stehen im 9. Schulrechtsänderungsgesetz, aber die Entscheidung darüber trifft die Kommune. Nun möchte ich von Ihnen wissen: Wollen Sie die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen ein
Frau Hendricks, es hat sich nicht um eine Unterstellung gehandelt. Damit bin ich nämlich sehr vorsichtig und sehr zurückhaltend. Das müssten Sie mir auch abnehmen. Ich habe gesagt: Ich habe manchmal den Eindruck. – Das ist ein großer Unterschied. Darauf möchte ich deutlich hinweisen.
Ich bin auch in einer Kommune tätig. Da haben Sie recht. Ich möchte nicht, dass man Kommunen in ihrer Entscheidungsfähigkeit einschränkt. Aber damit eine Kommune entscheiden kann, muss sie Rahmenbedingungen haben, die stimmen. Die haben Sie ihnen genommen.
Wir konnten in Bottrop überhaupt nicht mehr entscheiden. Uns haben Sie die Möglichkeit, zu entscheiden, genommen. Darum haben wir jetzt einen Teilstandort. So sieht es aus.
Vielen Dank, Frau Dr. Bunse. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Beer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich bei dem letzten Satz von Frau Dr. Bunse anschließen, weil wir ja aus dem Trotzalter heraus sind und eine sachgerechte Debatte führen. Sie haben einen Teilstandort. Also haben Sie vor Ort eine Förderschule. Da gibt es kein flächendeckendes Schließen von Förderschulen, so wie es der Kollege Feuß eben schon gesagt hat. Wir haben dafür gesorgt, dass die Kommunen, dass die Kreise ihre Strukturierung neu aufsetzen können. Das heißt, dass man auch mit Verbundmodellen und Teilstandorten das Angebot in der Fläche und in den Kommunen sicherstellt. Sie haben ja gerade einen Beleg dafür geliefert, dass Sie genau einen solchen Standort haben. – Das war das Erste.