Protokoll der Sitzung vom 16.03.2017

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dass Sie dann ernsthaft an der wahren Aussage des Ministers, er habe am 24. Februar das erste Mal davon gehört, zweifeln, ist doch nur dem Wahlkampf geschuldet; das wissen Sie doch auch. Genau wie diese Geschichte, der Innenminister sei in Berlin mit Herrn Wendt bei irgendeiner Jury gewesen. – Ja, jetzt mal ganz ehrlich: Der hat 44.000 Beschäftigte,

(Armin Laschet [CDU]: Und einer lobt ihn nur!)

und einer der Kommissare und Hauptkommissare ist Herr Wendt. Jetzt trifft er den in Berlin. Glauben Sie denn ernsthaft, dass der dann sagt: Schönen guten Morgen, Herr Wendt, sind Sie heute freigestellt? Haben Sie heute einen Tag Urlaub? Haben Sie heute einen Tag Sonderurlaub?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Feiern Sie heute Ihre Überstunden ab? – Das ist doch Unsinn. Man muss sagen, dass er ernsthaft geneigt ist, zu fragen. Dann wird von Ihnen unterstellt, er hätte sich informieren müssen. Da will ich Ihnen ganz deutlich als Parlamentarier, der an die Arbeit der Gewerkschaften glaubt, etwas sagen. Wenn ein Minister, egal, welcher das ist – das kann auch eine Schulministerin sein –, sich eine Personalakte eines einfachen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen vorlegen lassen würde, weil er Bundesvorsitzender einer Gewerkschaft geworden ist, dann könnten Sie die Medien informieren. Das wäre nämlich mal eine Nummer, wenn sich ein Minister in die gewerkschaftliche Arbeit einmischt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Glauben Sie ernsthaft, Herr Biesenbach und liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU … In 2005 und

2006, Herr Laschet, saßen Sie ja auf anderen Bänken; da haben Sie damit nichts zu tun gehabt.

(Armin Laschet [CDU] zeigt zur Regierungs- bank.)

Ja, auf der Regierungsbank. Da kommen Sie ja jetzt nicht hin; dafür kann ich auch nichts.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Ich will nur sagen, da haben Sie ja nichts … Aber der Kollege Biesenbach hat Ihren Herrn Wendt, Ihr CDUParteimitglied Wendt in 2005 und 2006 mehrfach als Sachverständigen in den Innenausschuss, in den Unterausschuss Personal, in den HFA eingeladen. Haben Sie da einmal gefragt, ob der den Tag frei hat, damit er zu Ihnen kommen kann?

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Es war Ihr Sachverständigen in den Jahren. Ich will das nur einmal sagen. Sie haben sich null über die Frage gekümmert, ob der eigentlich kommen kann oder in Duisburg oder in Mönchengladbach seine Arbeit machen muss. Das ist doch ein Witz der Treppengeschichte. Das will ich Ihnen einmal deutlich sagen.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Sie wussten ja noch eher als der Innenminister, dass der gar nicht arbeitet. So deutlich muss man das formulieren.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Damit das klar wird: Ich unterstelle auch keinem anderen, dass er das wisse. Ich unterstelle auch dem ARD-Intendanten nicht, dass er nicht weiß, was seine 30.000 Mitarbeiter überall machen. Ich unterstelle Frau Merkel nicht, dass sie über alle ihre Mitarbeiter im Bundeskanzleramt oder dass Herr Zetsche über seine 282.000 Mitarbeiter bei Daimler informiert ist. Es ist doch ein Witz, dass Sie glauben, dass der Chef eines Unternehmens – in diesem Fall der Minister in einem Ministerium – wisse, was 44.000 einzelne Beschäftigte machen. Wir reden ja nicht über einen Spitzenmann. Das ist absurd.

Noch absurder, weil Sie es noch einmal wiederholt haben, Herr Biesenbach: Sie können doch nicht ernsthaft sagen, dass Herr Wendt nahegelegt hat, dass er durch die Bezahlung des Landes NordrheinWestfalen Gesinnungspolitik für die Landesregierung beitreibt.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Dann behaupten Sie auch noch, er habe nichts Böses gesagt. Ja, da will ich Ihnen einmal helfen.

„Neue Westfälische“, 17. Januar 2017; vor seinen schwierigen Zeiten, die er jetzt hat: NRW hat große

Probleme, insbesondere in den Ballungsräumen, sagt der in NRW beschäftigte Polizeibeamte.

„Siegener Zeitung“, 9. März 2016: Die Aufklärungsrate in NRW ist beschämend. „Das Risiko, Opfer eines Einbruchs zu werden, ist in NRW sechsmal so hoch wie in Bayern.“

Erst seit dem Jahr 2016 dürfe man in NRW sagen, dass Täter kriminelle Ausländer seien. Vorher sei das untersagt worden. Da hat er nicht nur bei „Hart aber fair“ der Ministerpräsidentin – in diesem Fall dem Minister – unterstellt, man sei als Beamter gezwungen, die Wahrheit nicht zu sagen. Und das sagt einer, der bezahlt ist und Gesinnungspolitik für die NRW-Landesregierung macht? Das können Sie doch nicht ernst meinen. Jetzt mal ganz ehrlich!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Aber wenn man ein bisschen nach vorn schaut. Hätten Sie Ihren Humorvortrag andersherum gedreht – das Orakel von Delphi, Herr Biesenbach –, dann hätte ich das auch anders machen können. Aber wenn wir nach vorn schauen, finde ich zumindest Ihr Angebot auch richtig und wichtig, zu sagen: In der neuen Legislaturperiode muss sich dieses Parlament mit dieser Frage beschäftigen. Denn in einem, hoffe ich, sind wir alle im Rund des Parlaments uns einig: Auf die Sachkenntnis, die Beratung, die Mahnung, die Warnung und auch die Leitlinien von Gewerkschaften wollen wir doch ernsthaft, egal, in welchem Ministerium, in welchem Ausschuss und auch hier im Parlament, nicht verzichten. Daran will ich erinnern.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Dann sind Sie ja nicht mehr dabei!)

In über 50 Terminen im Innenausschuss, im Unterausschuss Personal und im HFA haben uns Gewerkschaftsvorsitzende hier in Anhörungen geholfen – ehrenamtlich, mit Stunden der Vor- und Nachbereitung und mit dem stundenlangen Sitzen hier im Parlament. Wer von Ihnen hat denn ernsthaft geglaubt, dass sie das alles ehrenamtlich machen und bei ihrem Arbeitgeber ständig unbezahlten Urlaub nehmen können? Wir wollen darauf nicht verzichten, wir dürfen darauf nicht verzichten, und wir müssen das klären.

Deshalb komme ich auch zum letzten Punkt: Was sollen wir denn in Zukunft machen? Ich finde wichtig, dass sich das neue Parlament damit auseinandersetzt, aber so, wie es derzeit ist – hat der Minister zu Recht gesagt –, kann es nicht weitergehen. Intransparente Regelungen, unterschiedliche Anwendungen, mangelnde Verbindlichkeiten sind alles keine Grundlagen für eine Zusammenarbeit zwischen einem Beschäftigten im öffentlichen Dienst und seinem jeweiligen Dienstherrn. Daher ist der Appell des Ministers an uns, da Regelungen zu schaffen, auch richtig, und der Gesetzgeber sollte – wie ich finde –

auch zusehen, das fraktionsübergreifend zu machen.

Ich will aber auch deutlich formulieren: Wir können und wir werden Gewerkschaften nicht subventionieren – das halte ich für falsch –, aber wir müssen ihren Sachverstand nutzen, können darauf nicht verzichten, und dafür muss es Regelungen geben.

Als Letztes, Herr Biesenbach, will ich Ihnen noch mitgeben: Die CDU Schildesche – ich hatte das letzte Woche im Innenausschuss schon angedeutet, und sie hat es tatsächlich getan – hatte Herrn Wendt gestern als Gast eingeladen und hat die Veranstaltung abgesagt. Wer hätte es gedacht? Dort, bei der CDU in Schildesche, ist man weiter als Sie. Denn Sie haben heute hier nur eines getan: eine Verteidigungsrede für Herrn Wendt gehalten, für jemanden, der nach meiner festen Einschätzung, nach Meinung unserer Fraktion mit seinem Verhalten die wichtige Arbeit der Gewerkschaften in der Bundesrepublik Deutschland schwer beschädigt hat, so wie Sie heute das Ansehen der CDU beschädigt haben. – Besten Dank.

(Anhaltender Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Stotko. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Lürbke.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Stotko, ich fange einmal mit Ihrem letzten Satz an – der war ja auch der beste in Ihrer Rede –, in dem es darum ging, dass Herr Wendt tatsächlich einen echten Bärendienst für die gute, ehrenamtliche und wichtige Arbeit aller Polizeigewerkschaften in Nordrhein-Westfalen geleistet hat.

Ich fange mit dem Positiven an. Ich bin auch bei Ihnen, wir dürfen nicht zulassen, dass durch die nicht entschuldbaren falschen Einlassungen vor laufender Kamera und dem Verschweigen der dubiosen Nebeneinkünfte dieser medial schillernden Figur wirklich diese gute und wichtige Arbeit der Polizeigewerkschaften auch hier in Nordrhein-Westfalen in die Schmuddel-Ecke gestellt wird. Das dürfen wir nicht zulassen.

Wenn man Raum gibt für Gewerkschaftsarbeit, dann muss man das aber auch rechtlich sauber machen, und dann darf sich, Herr Minister, so etwas nicht verselbstständigen. Mich ärgert deshalb, dass Deals, fragwürdige Absprachen offenbar nicht einfach so möglich sind, sondern dann tatsächlich ohne Rechtsgrundlage erfolgten.

Ich will nicht verschweigen, was mich dabei ärgert, Herr Minister: Das ist Ihr Umgang damit, Ihre fast patentreife Strategie nach altbekanntem Muster, fast der typische Reflex, den wir bei Ihnen kennen: Wenn

mal etwas schiefläuft – und es läuft sehr häufig etwas schief in Nordrhein-Westfalen in Ihrem Verantwortungsbereich –, dann zeigt man immer sofort auf andere, aber bloß nicht auf sich selbst und auf den eigenen Verantwortungsbereich. Das ist Ihr typischer Reflex.

(Beifall von der FDP)

Das war so in Köln nach der Silvesternacht. Da waren es der Polizeipräsident, die Polizeibeamten in Köln, die Bundespolizei, die Stadt Köln.

(Zuruf von der SPD: Kommen Sie zur Sache!)

Im Fall Amri waren es sofort die Berliner. Und auch in diesem Fall sind es natürlich wieder die anderen.

a) glaubt Ihnen das keiner mehr, und b) stimmt es nun auch gar nicht. Denn mittlerweile wissen wir: Die Regelung Wendt wurde nicht etwa in Zeiten schwarz-gelber Regierung getroffen, sondern ganz offensichtlich unter der rot-grünen Regierungszeit von Wolfgang Clement und seinem Innenminister Fritz Behrens. So weit zur Klarstellung!

(Zurufe – Unruhe)

Wenn wir schon bei Reflexen sind, schaue ich einmal in Richtung der Grünen.

Herr Lürbke, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Engstfeld würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Ich würde erst gerne fortfahren.

Alles klar.