Erstens. Die Integration der Wohnungsbauförderungsanstalt und die dann in der Folge wegfallende Anstaltslast und Gewährträgerhaftung sind sicherlich ein entscheidender Grund für den Niedergang der
WestLB gewesen. Die Integration an sich war bestimmt eine sinnvollere Lösung als eine etwaige Kapitalerhöhung. Ob diese jedoch unbedingt nötig gewesen wäre, um die Geschäftsbankentätigkeit der WestLB zu gewährleisten, steht auf einem anderen Blatt. Manfred Busch, unser Vertreter, hat – Frau Scharrenbach hat es eben schon erwähnt – schon Anfang der 90er-Jahre davor gewarnt und sich gegen die Entwicklung hin zu einer internationalen Großbank ausgesprochen. Auch das Kapitel der Verzinsung sahen wir damals schon äußerst kritisch. Die Wfa-Integration war das erste Kapitel einer langen Reihe von Auseinandersetzungen mit der EU.
Zweitens. Stichwort „Beihilfeproblematik“: Dass nicht das Land der direkte Ansprechpartner war, sondern der Bund, vereinfachte den Verhandlungsprozess nicht gerade. Ich erspare es mir jetzt, jedes einzelne Verfahren aufzuzählen. Herr Haardt ist auch schon darauf eingegangen. Die Aussage einer Dame vonseiten der EU ist, glaube ich, sehr bezeichnend und sehr präzise, um die Einstellungen der WestLB auf einen Punkt zu bringen. Sie sagte nämlich: The WestLB story must come to an end.
Drittens. Viele Fehlentscheidungen wurden getroffen. Die Boxclever-Investitionen sind hier nur ein sehr illustres Beispiel. Ein Zeuge schilderte anschaulich, dass dieses Geschäft sicherlich nicht angefasst worden wäre, wenn sich jemand bequemt hätte, einmal einen TV-Leasing-Laden aufzusuchen, anstatt sich nur die Papiere in der Sitzung anzusehen.
Viertens. Die Bankenkrise traf natürlich auch die WestLB und führte im Endeffekt leider dazu, dass die Versuche der Bank, den Abstieg aufzuhalten, endgültig scheiterten.
Fünftens. Weiterhin gab es ein zunehmendes Versagen in den Reihen der Bankvorstände. Die Kollegin Scharrenbach und der Kollege Zimkeit haben schon darauf hingewiesen. Niemand konnte ein tragfähiges Geschäftsmodell präsentieren und erfolgreich umsetzen. Aus heutiger Perspektive scheint es so, dass die WestLB als Ganzes nicht im Fokus stand.
Sechstens. Letztendlich muss auch die Rolle der Politik beleuchtet werden. Vielleicht hat man sich an der einen oder anderen Stelle zu wenig oder nicht energisch genug eingebracht. Möglicherweise war auch das Vertrauen an der einen oder anderen Stelle zu groß: Die Wahrnehmung der Kontroll- und Gestaltungsfunktion ist die Arbeit der Bankenvorstände; sie müssen das sinnvoll ergänzen. – Dies ist allerdings nur möglich, wenn alle Vorgänge auch transparent auf den Tisch gelegt werden. Bei solchen Großkonzernstrukturen mit ihrer Fülle an Unterfirmierungen, Tochter- und Enkelgesellschaften ist dies aber kaum
möglich. Dafür zu sorgen, ist die Aufgabe des Vorstands. Sie liegt daher auch voll in dessen Verantwortungsbereich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den späteren Privatisierungs- und Fusionsbemühungen kam die Politik dann doch noch verstärkt ins Boot. Die Eigentümer waren gefragt – nicht nur die Sparkassenverbände, sondern auch das Land –, und zwar in besonderer Weise, um die Prozesse voranzutreiben.
Die von den Sparkassenverbänden favorisierte Lösung einer Fusion mit der LBBW scheiterte vielleicht an der damaligen Landesregierung oder wurde nicht ernsthaft genug von ihr betrieben. Andere Fusionsgespräche waren nicht erfolgreich, weil es keine Partner für die WestLB gab. Die einen wollten nicht; sie wollten eher beim Untergang zuschauen. Die anderen, auch Landesbanken, waren mit eigenen Problemen beschäftigt; manche sind noch damit beschäftigt. Einige kamen nur mit einer Finanzspritze der jeweiligen Länder wieder auf die Beine. In NRW war dies angesichts der Haushaltslage aber nicht möglich.
Daher sind die Erkenntnisse aus den Untersuchungen des Niedergangs der WestLB auch nur noch im übertragbaren Sinne zu nutzen. Das Land tut gut daran, für die Förderung unsere NRW.BANK als wichtigstes Instrument in den Blick zu nehmen.
Die Geschichte der WestLB wird sich nicht wiederholen; ich glaube, das steht fest. Der eine oder andere Fehler im öffentlichen und privaten Bankensektor – so ist zu befürchten – wird sich vielleicht doch noch wiederholen. Aber da seien bitte wir als Politik und auch die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft noch aufmerksamer.
Der Untersuchungsauftrag – die Vorredner haben dazu schon Stellung genommen – war zu groß gefasst. Wir haben nicht alle Komplexe erfassen können. Der eine oder andere hätte mich sicherlich noch sehr interessiert. Aber die Zeit reichte nicht aus.
Das Erinnerungsvermögen mancher Zeugen – das haben die Kollegen auch schon gesagt – war sehr beschränkt. Manchmal lag das nicht nur an dem lange zurückliegenden Zeitraum von 1980 an; es betraf auch kürzere Zeiträume.
Wir haben unsere Arbeit jetzt in einem Bericht, der mehrheitlich getragen wird, dokumentiert. Man hätte vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch mehr ergänzen können. Aber dazu fehlte die Zeit.
Ich will mich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken. Auf den letzten paar Metern haben wir gemerkt, dass Frauenpower sehr hilfreich war. Bei dem Kollegen Haardt möchte ich mich für die wirklich konstruktive Zusammenfassung aller Ereignisse bedanken.
Somit darf ich schließen. Ich nehme noch kurz Stellung zu dem FDP-Antrag, den wir so leider nicht mittragen können. Ich denke, dass man sich mit diesem Entschließungsantrag einen Bärendienst erwiesen hat. „Privat vor Staat“ geht für uns gar nicht. Das spiegelt das Standing der FDP und ihre Wahrnehmung wider. Es tut mir leid.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kaum zu glauben, aber wahr: Nach vier Jahren beraten wir den Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II, des sogenannten WestLBPUA. Wir haben Tausende von Akten in digitaler Form gesichtet und Zeugen befragt. Daraus haben wir Erkenntnisse gewonnen oder auch deren Fehlen diskutiert.
Ich möchte mich auch im Namen meines Stellvertreters, Ralf Witzel, dem ich herzlich für die Begleitung und Unterstützung danke, ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten aus den anderen Fraktionen und insbesondere bei den Obleuten für die konstruktive, manchmal natürlich auch kontroverse, aber immer sehr sachliche und zielorientierte Zusammenarbeit bedanken, ebenfalls bei den unterstützenden Kollegen aus den Fraktionen, den wissenschaftlichen Referenten und natürlich auch bei der Landtagsverwaltung. In meinen Dank darf ich auch die Vorsitzenden ausdrücklich einschließen.
Ich erlaube mir an dieser Stelle eine Anmerkung: Bei einem so komplexen Untersuchungsauftrag ist schon allein ein Wechsel des Vorsitzenden keineswegs wünschenswert. Ein gleichzeitiger Wechsel des unterstützenden Referenten empfiehlt sich aber definitiv nicht zur Wiederholung oder Nachahmung.
Im Wesentlichen aus Zeitgründen konnten leider nicht alle Untersuchungsgegenstände bearbeitet werden, sodass auch deshalb viele Fragen ohne Antwort blieben. Erschwerend kam hinzu – es wurde schon erwähnt –, dass Zeugen behaupteten, sich an
Sachverhalte nicht mehr erinnern zu können, was nur zum Teil durch die lange zurückliegenden Geschehnisse nachvollziehbar erschien.
Es gelang in einem ganz speziellen Fall – ich ahne, Frau Kollegin Zentis, dass wir vielleicht sogar denselben im Blick haben – aber auch nicht, das Gegenteil zu beweisen, obwohl ich an der Erinnerungslücke auch heute noch erhebliche Zweifel habe. Denn das gemeinsame Frühstück mit der frisch Angetrauten war sehr wohl noch erinnerlich, während das fehlende Erinnerungsvermögen zu einer Besprechung, bei der es dann doch um mehrere Hundert Arbeitsplätze ging, fröhlich behauptet wurde.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss hat festgestellt, dass die Entwicklung der WestLB zu einer internationalen Großbank mit dem Anspruch verbunden war, mit den deutschen Privatbanken mitzuhalten – von Rechts wegen nicht zu beanstanden und auch seinerzeit politisch gewollt. Umso klarer sehe ich aber in der Ex-post-Bewertung nach der Beweisaufnahme die seit 2000 von der FDP hier im Parlament wiederholt vorgenommene ordnungspolitische Bewertung bestätigt, dass eine mit Steuergeldern immer wieder zu unterstützende Landesbank nicht mit internationalem Anspruch auf den Kapitalmärkten im Wettbewerb und mit Risiko für den Steuerzahler hätte agieren dürfen.
Wenn hier von Risiko die Rede ist: Der Zeuge Schauerte bezifferte die Haftungslast aus dem Desaster des Großbankentraums mit 21 Milliarden €. Soweit ich weiß, verwendet der amtierende Finanzminister dieses Landes immerhin die Zahl von 18 Milliarden €.
Lassen Sie mich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit zur Veranschaulichung auf einen Sachverhalt lenken, der exemplarisch belegt, dass die Landesbank im ordnungspolitischen Blindflug und in Großmannssucht die Ebene der Daseinsvorsorge verlassen hatte. Denn weder mit Daseinsvorsorge noch mit nordrhein-westfälischer Struktur- oder Industriepolitik lässt sich das seinerzeit offensichtlich von der Landesregierung und der Bank gewollte Engagement bei der Schaffung eines internationalen Touristikkonzerns in Niedersachsen begründen.
Noch weniger wäre es dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen, wenn wir die Schilderung eines Zeugen hätten unterlegen können, dass damit die SPD-Kanzlerkandidatur eines damaligen Ministerpräsidenten hätte verhindert werden sollen. Auch ein Engagement der Bank auf den Cayman Islands oder anderen Offshore-Destinationen lässt sich in keiner Weise unter Daseinsvorsorge subsumieren.
Wir alle werden immer wieder gefragt – alleine in den letzten Tagen ist es mir jedenfalls mehrfach passiert –: Wer oder was hat denn diese Westdeutsche Landesbank, die einst so stolze, mit ihren qualifizierten Mitarbeitern hier in Nordrhein-Westfalen, dem Untergang geweiht? Wer ist schuld?
Nun, eine einzige Ursache gibt es wohl nicht. Es ist eine ganze Kette von Fehlentscheidungen und Fehleinschätzungen, die aber eben an vielen Stellen durch viele ungenutzte Chancen zur Schadensminderung nicht unterbrochen wurde. Zu nennen wäre hier – das ist schon genannt worden – die handwerklich schlecht gemachte Integration der Wohnungsbauförderungsanstalt in Verbindung mit einem oftmals, sagen wir einmal, rustikal-selbstbewussten Auftreten mit Absolutheitsanspruch in Brüssel, was ja bis heute nachwirkt.
Zudem gelang es auch der Bank und ihren Eigentümern nach der Etablierung des sogenannten MutterTochter-Modells nicht, für die neue AG ein tragfähiges Geschäftsmodell zu finden. Die Bank wurde auf der einen Seite von den großen Sparkassen und auf der anderen Seite von den internationalen Geschäftsbanken in die Zange genommen. Unkonventionelle Ideen wie zum Beispiel die Idee einer Metropol-Sparkasse bzw. die Vertikalisierung, der Zugang zum Retailgeschäft scheiterten in jedem Fall an politischen Vorgaben.
Alle Bemühungen um angedachte Fusionen im Landesbankensektor wie auch die von der FDP stets favorisierte Verwertung des Landesanteils auch unter Einbeziehung des Kapitalmarktes, also sprich der Verkauf des Landesanteils, scheiterten. Das Fehlen eines tragfähigen Geschäftsmodells war zu keinem Zeitpunkt hilfreich.
Die Beiträge der Eigentümer spielten dann ja auch eine Rolle bei der Einschätzung der Haftungskaskade der Phoenix-Ausgliederung als quotal oder disquotal, das heißt nicht im Verhältnis zum jeweiligen Anteilsbesitz an der WestLB. Einige Zeugen untermauerten den im Raum stehenden Vorwurf, die Sparkassen seien, wenngleich Mehrheitseigner, zulasten des nordrhein-westfälischen Steuerzahlers – in Anführungszeichen – zu gut weggekommen, mit guten Argumenten. Die disquotale Haftung wäre aber erst bei über fünf Milliarden € bewiesen, so dass wir im Abschlussbericht lediglich eine sachliche Beschreibung des Sachverhalts haben vornehmen können.
Beim Themenkomplex „Offshore“ zeigte sich, dass die WestLB aus ihrem internationalen Anspruch, mit in- und ausländischen Privatbanken zu konkurrieren, Maßnahmen traf, die vom heutigen Finanzminister in fast jeder Rede jedenfalls bei anderen gegeißelt werden. Mit Ausnahme der Jahre 2005 bis 2010 waren sozialdemokratische Minister in den Gremien der WestLB vertreten, die keineswegs durch kritische Äußerungen zu diesen Offshore-Aktivitäten in den Gremiensitzungen aufgefallen sind. Und nur am Rande sei mir der Hinweis gestattet, dass das – auch wenn es nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrags war – auch in der jetzigen Verantwortungssphäre noch nicht so hundertprozentig beendet erscheint.
Verstörend war die Beobachtung bei den Zeugenbefragungen, dass die Vorstände nicht als Kollegialorgane auf Augenhöhe zu agieren schienen, sondern sich in Arglosigkeit und Devotismus dem Vorstandsvorsitzenden hingaben. Befragt nach den eigenen Verantwortungssphären der Vorstände wurden bemerkenswert oft …
… Erinnerungslücken oder formaljuristische Zuständigkeiten bemüht. Nicht nur mich beschlich dort ein etwas befremdliches Gefühl. Einer der Kollegen fasste es mit der Feststellung zusammen: Sie waren Vorstand und kein Azubi!
Was also bleibt zum Schluss? – Das ist dann auch, Frau Präsidentin, meine letzte Bemerkung. – Es bleibt mir, die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II mit dem Zitat eines Zeugen zu beenden. Es ist der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident und frühere Landes- und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der seine Erkenntnis wie folgt formulierte – ich darf zitieren –:
„Sie bezieht sich generell auf öffentliche Unternehmen. Ich bin heute der Überzeugung – auch aus der Erfahrung, nicht mit der WestLB, sondern generell aus der Erfahrung –, dass die Politik, die den Rahmen zu setzen hat, der für die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben gilt, sich tunlichst aus den Unternehmen heraushält.“
Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Das gilt auch heute für mich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.