Angela Freimuth
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat vor etwas mehr als einem Jahr Nachbesserungen beim rechtlichen Rahmen für Akkreditierungen gefordert, die bisherige Praxis aber nicht völlig verworfen; denn sonst hätte das Gericht der Politik nicht eine großzügige Frist bis zum Ende des Jahres 2017 gesetzt, um auch tatsächlich nachbessern zu können.
Wir haben uns sehr früh auch hier im Parlament mit Fragen der Akkreditierung befasst. Auch haben wir uns mit der Notwendigkeit einer nach dem Urteil erforderlichen Neuregelung beschäftigt. Schließlich sind wir ja als Land, in dem die Akkreditierungsstiftung beheimatet ist, in besonderer Weise betroffen.
Wir hatten – das ist schon erwähnt worden – eine ausgesprochen gute und sachdienliche Anhörung im Wissenschaftsausschuss. Diese Anhörung hat sicherlich auch zu den Ergebnissen der KMK beigetragen, die seit Dezember 2016 vorliegen.
Wir Freien Demokraten können diese Ergebnisse im Wesentlichen mittragen. Das gilt auch dafür, dass die Akkreditierung künftig nicht mehr von den Akkreditierungsagenturen vorgenommen wird, sondern von dem mehrheitlich mit Professoren besetzten Akkreditierungsrat. Das erscheint uns durchaus angemessen.
Die Expertise der Agenturen bleibt auch erhalten; denn statt dass sie Entscheidungen fällen, sollen die Agenturen die Hochschulen bei der Qualitätssicherung beraten. Ebenso kann die Experimenturklausel notwendige Freiheiten bei der Gestaltung eines Studienangebots sichern, und die verfassungsrechtlichen Vorgaben werden damit aus unserer Sicht insgesamt auch erfüllt.
Ein bisschen zu kurz gekommen ist mir – das ist einer der Wermutstropfen – die Rückkopplung mit dem Parlament; denn wir wurden im Dezember letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt. Wir hatten im Parlament durchaus einen sehr breiten Konsens darüber, dass wir gemeinsam an der Ausgestaltung mitwirken. Das entsprechende Gesetz und vor allem die dazugehörigen Verordnungen werden wohl erst in der nächsten Legislaturperiode verabschiedet werden.
Wir haben allerdings das Gefühl, dass mit diesem Antrag schon einige Eckpunkte festgezurrt werden sollen, insbesondere für die Verordnung; denn im Antrag der Kollegen von SPD und Grünen gibt es nicht nur den üblichen Lobgesang auf den KMKBeschluss, sondern auch eigene, über den KMK
Beschluss hinausgehende Zwischentöne, wie ich es einmal formulieren will.
Auffällig ist, dass in diesen Forderungen zum Beispiel die Studierbarkeit besonders herausgehoben wird. Das ist schon etwas verwunderlich; denn die Priorität beim Studium muss sein – das ist für uns nach wie vor die Priorität Nummer eins –, dass es die notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen und das notwendige Wissen vermittelt. Die Studierbarkeit herzustellen, indem die inhaltlichen und methodischen Anforderungen an ein Studium gesenkt werden, weisen wir entschieden zurück. Das ist mit uns nicht zu machen. Über die Fragen der Qualität haben wir wiederholt diskutiert.
Schwer tue ich mich zudem mit den Passagen – der Kollege Bell hat sie gerade noch einmal ausdrücklich angesprochen –, bei denen es um die Ausdifferenzierung der Studienangebote geht. Die Ministerin beklagt diese Ausdifferenzierung ebenfalls regelmäßig. Ich sage nur: Wir wollen diese Ausdifferenzierung und diese Vielfalt nicht eindampfen. Wir wollen, dass die Hochschulen weiterhin die Möglichkeit haben, passgenaue Angebote zu machen, die auch berufsqualifizierend sind. Zum Beispiel bei den Fachhochschulstudiengängen ist die Verzahnung zwischen Studium und Berufsanschluss, also das Erlangen der Berufsfähigkeit, oftmals ein ganz wichtiges Anliegen.
Insofern wollen wir eher dafür Sorge tragen, dass den Studienanfängern bereits vor Studienbeginn bzw. mit dem Studienbeginn klar ist, in welche Richtung sie gehen und welche Möglichkeiten sie haben. Hier werden wir bei der Transparenz sicherlich noch ein bisschen nachhelfen können. Jedenfalls geht es nicht darum, die Ausdifferenzierung der Studiengänge als solche an den Pranger zu stellen. Jeder ist nämlich selbst der Experte für seine eigene Lebensgestaltung, und wir wollen dort niemandem irgendwelche Zukunftschancen verbauen und auch niemanden bevormunden.
Ich will deswegen zusammenfassend sagen, dass wir mit dem Staatsvertrag zwar grundsätzlich einverstanden sind, die Hinweise auf die kommende Verordnung jedoch nicht unsere Zustimmung finden. Deswegen werden wir uns insgesamt der Stimme enthalten.
Wenn es mir der Präsident gestattet – ich weiß, meine Redezeit ist beendet –, will ich wenigstens eine kurze Bemerkung an die Kollegin Ruth Seidl richten, die sich nach 17 Jahren gemeinsamer Parlamentsarbeit entschieden hat, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.
Liebe Ruth Seidl, wir haben nicht nur in den letzten fünf Jahren im Wissenschaftsausschuss gut zusammengearbeitet – auch wenn du eine von den anderen warst und bist –, sondern wir hatten auch vorher
schon, nämlich in der Vollzugskommission, das Vergnügen. Ich kann an dieser Stelle einfach nur sagen: Ich möchte mich bei dir für die menschlich immer gute, sachliche und konstruktive Zusammenarbeit herzlich bedanken. Es hat wirklich Freude gemacht, dich als Kollegin kennenlernen zu dürfen und mit dir zusammenzuarbeiten. Ich wünsche dir alles, alles Gute, und ich hoffe, wir verlieren uns nicht ganz aus den Augen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben schon zur Genese und Behandlung, insbesondere zum Inhalt der Sachverständigenanhörung im Hauptausschuss, hinreichend vorgetragen. Ich erlaube mir nur eine ganz kurze Ergänzung. Ansonsten bin ich auch mit den Darstellungen des Vorsitzenden des Hauptausschusses völlig d’accord.
Die Anhörung hat eindeutig belegt, dass die von den Piraten angestrebte Gesetzesänderung nicht nur nicht notwendig ist, sondern dass sie auch nicht sinnvoll ist. Und im Übrigen sind auch noch eine ganze Reihe handwerklicher Fehler in diesem Gesetzentwurf. Das ist, glaube ich, an dieser Stelle heute nicht mehr im Einzelfall und auch nicht von der förmlichen Seite her zu diskutieren. Fest steht einfach: Dieser Gesetzentwurf ist in keiner Weise ein sinnvoller Vorschlag. Deswegen lehnen wir ihn ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war gerade schon bemerkenswert.
Ich erlaube mir einfach nur den Hinweis – Kollege Bell war schon so freundlich, es zu erwähnen –, dass
es nicht die FDP ist, die derzeit für Verunsicherung bei Studierenden und Wissenschaftlern im Land Nordrhein-Westfalen sorgt.
Ich will mir eine kleine Bemerkung zu der Kollegin Dr. Seidl gestatten, und zwar zu dem, was ihre Parteifreunde in Baden-Württemberg unternehmen, wo Theresa Bauer von den Grünen Wissenschaftsministerin ist. Dort werden gerade Studiengebühren explizit für ausländische Studierende eingeführt – einen schönen Gruß an die Internationalisierung unseres Wissenschaftsstandortes –, und diese Mittel, die von den Studierenden erhoben werden, werden nicht etwa für Qualitätsverbesserungen verwandt, sondern, man höre und staune, zur Sanierung des Landeshaushalts herangezogen.
Meine Damen und Herren, die Frage der Konsistenz einer Argumentation, liebe Kollegen von den Grünen, sollten Sie vielleicht intern miteinander abstimmen.
Aber das hatten wir ja auch schon mal in NordrheinWestfalen:
Auch hier in Nordrhein-Westfalen hat Rot-Grün Studierende im Zweitstudium und Langzeitstudierende zur Kasse gebeten, um den maroden Landeshaushalt zu sanieren. Es ist trotzdem nicht gelungen.
Gleichwohl legen sich SPD und Grüne mit dem vorliegenden Antrag politisch fest, und unsere Haltung ist an der Stelle auch klar.
Zu den Kollegen der Union: Ja, was soll ich dazu sagen?
Ich würde sagen: Warten wir mal ab, was nächste Woche in der „Rheinischen Post“ oder anderswo für ein Interview gegeben wird. Dem Kollegen Laschet kann ich nur Folgendes sagen, weil das Interview in der „Rheinischen Post“ ja im Zusammenhang mit seinen Umfrage- und Beliebtheitswerten stand: Ich glaube, Herr Laschet, daran liegt es nicht.
Ich möchte gerne im Zusammenhang vortragen, Herr Kollege. Vielleicht erübrigt sich dann auch die eine oder andere Nachfrage.
Wir Freien Demokraten haben die Frage von Studienbeiträgen nie ideologisch diskutiert,
aber wir haben sehr wohl – daraus haben wir auch nie ein Geheimnis gemacht – die Erhebung von Studienbeiträgen für die Verbesserung von Studienbedingungen als vertretbar erachtet und unser Konzept insofern weiterentwickelt, als wir vorgeschlagen haben, dass die Hochschulen die Beiträge nachgelagert – das war ja durchaus einer der Punkte, der kontrovers diskutiert wurde –, einkommensabhängig rückzahlbar und auf 500 € pro Semester begrenzt ausgestalten können. Details dazu finden Sie auch in unserem Entschließungsantrag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum wollen wir Freie Demokraten nun eigentlich den Hochschulen wieder die Möglichkeit eröffnen, Studienbeiträge zu erheben? – Wir wollen das, weil wir bis 2011 zweifelsohne gute Erfahrungen mit ihnen gemacht haben: Es gab mehr Tutorien, mehr Übungen und mehr Bücher. Die Qualität der Lehre ist nachweislich besser geworden. – Das mussten ja auch SPD und Grüne anerkennen, denn sonst hätten sie ja nicht die sogenannten Kompensationsmittel für das Verbot der Studienbeiträge eingestellt.
Sie hatten damals versprochen, dass die zusätzlichen Angebote weiterlaufen würden. Doch was damals schon absehbar war, ist dann – leider – auch eingetreten: Die Mittel kompensieren nicht. Da die Zahl der Studierenden ist weiter angestiegen, die zur Verfügung gestellten Mittel aber nicht. – Wir müssen erleben, dass die Angebote von Jahr zu Jahr reduziert werden; und die Qualität der Lehre leidet immer mehr.
Wir Freie Demokraten wollen, dass in den Bibliotheken wieder die neuesten Bücher ausliegen, damit sich jeder bestens auf eine Klausur vorbereiten oder eine herausragende Seminararbeit schreiben kann. Das soll nämlich nicht nur denjenigen vorbehalten bleiben, die sich die Bücher im Geschäft selber kaufen können. Das verstehen wir unter sozialer Gerechtigkeit.
Auch Tutorien helfen doch gerade den Studierenden, die sich sonst alleine durch den Dschungel kämpfen müssten und denen das akademische Leben von Hause aus weniger oder gänzlich unbekannt ist. Auch das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Nein, ich möchte gerne im Zusammenhang vortragen.
Wir wollen die Studierenden nicht schröpfen, um den Landeshaushalt à la Baden-Württemberg zu sanieren. Im Übrigen habe ich die Internationalisierung der Wissenschaft schon angesprochen. Darüber werden wir uns gleich noch einmal unterhalten.
Wir wollen eine bessere Bildung und Ausbildung an den Hochschulen ermöglichen und gemeinsam mit den Studierenden in deren Zukunft investieren. Durch eine nachgelagerte Zahlung in Abhängigkeit …
… von der Einkommenshöhe im späteren Beruf wird niemand – das ist uns ein Anliegen – aus finanziellen Gründen abgehalten, ein Studium aufzunehmen und erfolgreich zu absolvieren. Diese rot-grüne Gruselgeschichte gehört in die Mottenkiste. Vielmehr besteht durch die verbesserten Studienbedingungen doch die Möglichkeit, die durch überfüllte Seminare oder auch fehlende Bücher entstehenden Mehrkosten auch durch Studienverzögerungen zu vermeiden.
Haben Sie sich im Übrigen einmal angeschaut, wie die Entwicklung im privaten Hochschulsektor ist? Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht ignorieren, dass die Attraktivität unserer Hochschulen durch hervorragende Studienbedingungen steigt. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag für ein intelligentes und sozial gerecht ausgestaltetes Studienbeitragsmodell, …
… welches beitragen kann, das Studium in Nordrhein-Westfalen attraktiver, lehrreicher und besser zu machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Darf ich, Herr Kollege Mostofizadeh?
Ich werde es mal versuchen.
Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ist ein Grundpfeiler, auch einer freiheitlichen offenen Gesellschaft, und braucht auch internationale Kooperation. Mir will aber gleichwohl nicht in den Kopf, warum Sie diesen Antrag so formuliert haben.
Ich vermisse Verhältnismäßigkeit und Augenmaß. Ihr Antrag differenziert nicht die Freiheit der Forschung,
die Internationalität der Forschung, die zwar durchaus in Teilen miteinander korrespondieren, aber dennoch nicht identisch sind, und der materiellen Förderung von Forschung.
Die Freiheit der Forschung ist ein unumstößliches Grundrecht.
Niemand darf daran gehindert werden, seine Gedanken in eine bestimmte Richtung zu entwickeln, seiner Neugier und seinem Erkenntnisinteresse nachzugehen. Wenn Ansichten und Forschungsvorhaben unter Strafe gestellt werden, dann ist die Forschungsfreiheit in höchster Not. Die Entwicklung in der Türkei ist nicht nur mit Blick auf die Presse- und Meinungsfreiheit besorgniserregend, sondern wenn vermeintlich unliebsame Wissenschaftler ausgetauscht und Menschen mit kritischen Stimmen eingesperrt werden, gibt es auch einen massiven Eingriff in die Forschungsfreiheit.
Verfolgte Wissenschaftler verdienen – das will ich in aller Ausdrücklichkeit für die FDP-Fraktion hier feststellen – den Beistand und die Solidarität der internationalen Gemeinschaft. Insofern sind wir mit Ihrem Antrag völlig d’accord.
Diese politische Verfolgung allerdings mit der Situation in den USA unter der neuen Trump-Administration oder – noch gravierender – mit der aus meiner Sicht sehr bedauerlichen Entscheidung Großbritanniens zum Verlassen der EU gleichzusetzen,
schlägt aber aus meiner Sicht absolut fehl. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Präsidentschaft Donald Trumps wird die Forschungsfreiheit sicherlich nicht prioritär auf ihrer Agenda führen; ist auch manchmal zu komplex für 140 Zeichen. Die angestrebte Neuausrichtung der Umweltbehörde ist sicherlich auch Bestandteil einer Politik, die die Forschung über den Klimawandel in Misskredit bringen soll. Das muss uns nicht gefallen; gefällt mir auch nicht.
Es soll eine Behörde umstrukturiert und auf die Aufgabenüberprüfung und Kontrolle beschränkt werden. Und ja, daraus ergeben sich möglicherweise auch andere Finanzierungsnotwendigkeiten für Forschung, entweder aus anderen Kapiteln des US-Haushalts oder gegebenenfalls durch Think-Tanks. Darin aber eine Beschneidung der Forschungsfreiheit zu sehen, ist aus meiner Sicht doch zu weitreichend.
Gleiches gilt im Übrigen auch für die geplanten Kürzungen im Bereich des wissenschaftlichen Fördertopfes National Endowment for the Humanities. Den Geisteswissenschaften in den USA droht der Verlust von 150 Millionen Dollar, aber doch nicht der Verlust der Forschungsfreiheit.
Unter Ihrer Regierungsverantwortung wird in Nordrhein-Westfalen bundesweit am wenigsten für Lehre und Forschung je Student ausgegeben.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung betragen in Nordrhein-Westfalen gerade einmal 2 % vom BIP
und liegen damit deutlich unter denen der USA. Es ist schon erstaunlich, welches selbstgerechte Urteil Sie hier fällen.
Aufgrund dieser unzureichenden Finanzierung müssen Sie sich zwar viele Vorwürfe anhören, aber den
Vorwurf einer Beschneidung der Forschungsfreiheit würde ich jedenfalls daraus nicht ableiten. Aber wenn Sie sich den Schuh selbst anziehen, dann bitte. Ich sehe keine Flüchtlingswelle US-amerikanischer Wissenschaftler nach Nordrhein-Westfalen. Oder glauben Sie ernsthaft, dass die Forschungsbedingungen in Nordrhein-Westfalen besser und attraktiver sind als in Harvard oder Yale?
Aber völlig daneben – das will ich hier doch anmerken – ist die Einbeziehung von Großbritannien. Ja, der Brexit wird internationale Forschungskooperationen ganz sicher nicht erleichtern. Kooperationen mit britischen Wissenschaftlern haben je nach Ausgestaltung des Brexit – wir wissen da ja noch keine Details – möglicherweise die gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Kooperationen mit der Schweiz, mit Japan oder auch mit australischen Wissenschaftlern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aber das ist doch nicht das Ende der Forschungsfreiheit.
Besteht aus Ihrer Sicht nur in den EU-Mitgliedstaaten Forschungsfreiheit? Das ist doch absurd. Dieser Antrag ist auch ein Affront gegenüber dem Vereinigten Königreich.
Ich zitiere in aller Deutlichkeit aus Ihrem Antrag:
„Auch wenn die Entwicklungen für sich genommen sehr unterschiedlich sind, so richten sie sich doch alle gegen die unverzichtbare Freiheit der Wissenschaft (…).“
Meine Damen und Herren, wie groß wäre hierzulande die Empörung, wenn im britischen Unterhaus die Situation in der Türkei in einem Kontext mit den schlechten Betreuungsrelationen an unseren Hochschulen oder der Zwangseinführung von Zivilklauseln diskutiert würde.
Deswegen können wir Freie Demokraten einem Antrag, dem es aus unserer Sicht völlig an Fingerspitzengefühl und Verhältnismäßigkeit fehlt, nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Lieber Kollege Bell, wenn es darum geht, die Freiheit von Wissenschaft und Forschung zu verteidigen und auch international der Freiheit von Wissenschaft und Forschung zu Recht zu verhelfen, finden Sie die Freie Demokraten immer engagiert auf der Seite der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit.
Liebe Kollegen, man muss bitte auch einmal die Kirche im Dorf lassen.
Sie vermengen hier Dinge, die in dieser Form nicht miteinander vermengt gehören.
Ich hätte es sehr begrüßt, wenn hier tatsächlich versucht worden wäre, eine gemeinsame Position zu finden.
Vielen Dank, Herr Präsident – Liebe Kollegen, in der Tat haben Sie uns diesen Antragsentwurf zugeleitet. Auch wenn wir mit dem Hinweis, dass hier Dinge nicht miteinander zusammenzubringen sind, dem nicht zustimmen, möchte ich sagen: Die Situation in der Türkei ist im Augenblick grundsätzlich anders zu bewerten als die
souveräne Entscheidung – auch wenn sie mir noch so wenig gefällt – der Briten zum Verlassen der Europäischen Union.
Das sind Dinge, die nicht einfach miteinander vermengt gehören.
Da dürfen die Wissenschaftsfreiheit und die Forschungsfreiheit in dem Zusammenhang nicht genutzt werden, um Dinge in einen Topf zu schmeißen.
Ich stelle hier für die FDP noch einmal ganz unmissverständlich klar: Wir Freie Demokraten stehen für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Die von Eingriffen und Verfolgung bedrohten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben unsere Solidarität, unsere Unterstützung und unseren Beistand, aber nicht dieser Antrag. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kaum zu glauben, aber wahr: Nach vier Jahren beraten wir den Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II, des sogenannten WestLBPUA. Wir haben Tausende von Akten in digitaler Form gesichtet und Zeugen befragt. Daraus haben wir Erkenntnisse gewonnen oder auch deren Fehlen diskutiert.
Ich möchte mich auch im Namen meines Stellvertreters, Ralf Witzel, dem ich herzlich für die Begleitung und Unterstützung danke, ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten aus den anderen Fraktionen und insbesondere bei den Obleuten für die konstruktive, manchmal natürlich auch kontroverse, aber immer sehr sachliche und zielorientierte Zusammenarbeit bedanken, ebenfalls bei den unterstützenden Kollegen aus den Fraktionen, den wissenschaftlichen Referenten und natürlich auch bei der Landtagsverwaltung. In meinen Dank darf ich auch die Vorsitzenden ausdrücklich einschließen.
Ich erlaube mir an dieser Stelle eine Anmerkung: Bei einem so komplexen Untersuchungsauftrag ist schon allein ein Wechsel des Vorsitzenden keineswegs wünschenswert. Ein gleichzeitiger Wechsel des unterstützenden Referenten empfiehlt sich aber definitiv nicht zur Wiederholung oder Nachahmung.
Im Wesentlichen aus Zeitgründen konnten leider nicht alle Untersuchungsgegenstände bearbeitet werden, sodass auch deshalb viele Fragen ohne Antwort blieben. Erschwerend kam hinzu – es wurde schon erwähnt –, dass Zeugen behaupteten, sich an
Sachverhalte nicht mehr erinnern zu können, was nur zum Teil durch die lange zurückliegenden Geschehnisse nachvollziehbar erschien.
Es gelang in einem ganz speziellen Fall – ich ahne, Frau Kollegin Zentis, dass wir vielleicht sogar denselben im Blick haben – aber auch nicht, das Gegenteil zu beweisen, obwohl ich an der Erinnerungslücke auch heute noch erhebliche Zweifel habe. Denn das gemeinsame Frühstück mit der frisch Angetrauten war sehr wohl noch erinnerlich, während das fehlende Erinnerungsvermögen zu einer Besprechung, bei der es dann doch um mehrere Hundert Arbeitsplätze ging, fröhlich behauptet wurde.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss hat festgestellt, dass die Entwicklung der WestLB zu einer internationalen Großbank mit dem Anspruch verbunden war, mit den deutschen Privatbanken mitzuhalten – von Rechts wegen nicht zu beanstanden und auch seinerzeit politisch gewollt. Umso klarer sehe ich aber in der Ex-post-Bewertung nach der Beweisaufnahme die seit 2000 von der FDP hier im Parlament wiederholt vorgenommene ordnungspolitische Bewertung bestätigt, dass eine mit Steuergeldern immer wieder zu unterstützende Landesbank nicht mit internationalem Anspruch auf den Kapitalmärkten im Wettbewerb und mit Risiko für den Steuerzahler hätte agieren dürfen.
Wenn hier von Risiko die Rede ist: Der Zeuge Schauerte bezifferte die Haftungslast aus dem Desaster des Großbankentraums mit 21 Milliarden €. Soweit ich weiß, verwendet der amtierende Finanzminister dieses Landes immerhin die Zahl von 18 Milliarden €.
Lassen Sie mich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit zur Veranschaulichung auf einen Sachverhalt lenken, der exemplarisch belegt, dass die Landesbank im ordnungspolitischen Blindflug und in Großmannssucht die Ebene der Daseinsvorsorge verlassen hatte. Denn weder mit Daseinsvorsorge noch mit nordrhein-westfälischer Struktur- oder Industriepolitik lässt sich das seinerzeit offensichtlich von der Landesregierung und der Bank gewollte Engagement bei der Schaffung eines internationalen Touristikkonzerns in Niedersachsen begründen.
Noch weniger wäre es dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen, wenn wir die Schilderung eines Zeugen hätten unterlegen können, dass damit die SPD-Kanzlerkandidatur eines damaligen Ministerpräsidenten hätte verhindert werden sollen. Auch ein Engagement der Bank auf den Cayman Islands oder anderen Offshore-Destinationen lässt sich in keiner Weise unter Daseinsvorsorge subsumieren.
Wir alle werden immer wieder gefragt – alleine in den letzten Tagen ist es mir jedenfalls mehrfach passiert –: Wer oder was hat denn diese Westdeutsche Landesbank, die einst so stolze, mit ihren qualifizierten Mitarbeitern hier in Nordrhein-Westfalen, dem Untergang geweiht? Wer ist schuld?
Nun, eine einzige Ursache gibt es wohl nicht. Es ist eine ganze Kette von Fehlentscheidungen und Fehleinschätzungen, die aber eben an vielen Stellen durch viele ungenutzte Chancen zur Schadensminderung nicht unterbrochen wurde. Zu nennen wäre hier – das ist schon genannt worden – die handwerklich schlecht gemachte Integration der Wohnungsbauförderungsanstalt in Verbindung mit einem oftmals, sagen wir einmal, rustikal-selbstbewussten Auftreten mit Absolutheitsanspruch in Brüssel, was ja bis heute nachwirkt.
Zudem gelang es auch der Bank und ihren Eigentümern nach der Etablierung des sogenannten MutterTochter-Modells nicht, für die neue AG ein tragfähiges Geschäftsmodell zu finden. Die Bank wurde auf der einen Seite von den großen Sparkassen und auf der anderen Seite von den internationalen Geschäftsbanken in die Zange genommen. Unkonventionelle Ideen wie zum Beispiel die Idee einer Metropol-Sparkasse bzw. die Vertikalisierung, der Zugang zum Retailgeschäft scheiterten in jedem Fall an politischen Vorgaben.
Alle Bemühungen um angedachte Fusionen im Landesbankensektor wie auch die von der FDP stets favorisierte Verwertung des Landesanteils auch unter Einbeziehung des Kapitalmarktes, also sprich der Verkauf des Landesanteils, scheiterten. Das Fehlen eines tragfähigen Geschäftsmodells war zu keinem Zeitpunkt hilfreich.
Die Beiträge der Eigentümer spielten dann ja auch eine Rolle bei der Einschätzung der Haftungskaskade der Phoenix-Ausgliederung als quotal oder disquotal, das heißt nicht im Verhältnis zum jeweiligen Anteilsbesitz an der WestLB. Einige Zeugen untermauerten den im Raum stehenden Vorwurf, die Sparkassen seien, wenngleich Mehrheitseigner, zulasten des nordrhein-westfälischen Steuerzahlers – in Anführungszeichen – zu gut weggekommen, mit guten Argumenten. Die disquotale Haftung wäre aber erst bei über fünf Milliarden € bewiesen, so dass wir im Abschlussbericht lediglich eine sachliche Beschreibung des Sachverhalts haben vornehmen können.
Beim Themenkomplex „Offshore“ zeigte sich, dass die WestLB aus ihrem internationalen Anspruch, mit in- und ausländischen Privatbanken zu konkurrieren, Maßnahmen traf, die vom heutigen Finanzminister in fast jeder Rede jedenfalls bei anderen gegeißelt werden. Mit Ausnahme der Jahre 2005 bis 2010 waren sozialdemokratische Minister in den Gremien der WestLB vertreten, die keineswegs durch kritische Äußerungen zu diesen Offshore-Aktivitäten in den Gremiensitzungen aufgefallen sind. Und nur am Rande sei mir der Hinweis gestattet, dass das – auch wenn es nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrags war – auch in der jetzigen Verantwortungssphäre noch nicht so hundertprozentig beendet erscheint.
Verstörend war die Beobachtung bei den Zeugenbefragungen, dass die Vorstände nicht als Kollegialorgane auf Augenhöhe zu agieren schienen, sondern sich in Arglosigkeit und Devotismus dem Vorstandsvorsitzenden hingaben. Befragt nach den eigenen Verantwortungssphären der Vorstände wurden bemerkenswert oft …
Vielen Dank für den Hinweis, Frau Präsidentin.
… Erinnerungslücken oder formaljuristische Zuständigkeiten bemüht. Nicht nur mich beschlich dort ein etwas befremdliches Gefühl. Einer der Kollegen fasste es mit der Feststellung zusammen: Sie waren Vorstand und kein Azubi!
Was also bleibt zum Schluss? – Das ist dann auch, Frau Präsidentin, meine letzte Bemerkung. – Es bleibt mir, die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II mit dem Zitat eines Zeugen zu beenden. Es ist der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident und frühere Landes- und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der seine Erkenntnis wie folgt formulierte – ich darf zitieren –:
„Sie bezieht sich generell auf öffentliche Unternehmen. Ich bin heute der Überzeugung – auch aus der Erfahrung, nicht mit der WestLB, sondern generell aus der Erfahrung –, dass die Politik, die den Rahmen zu setzen hat, der für die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben gilt, sich tunlichst aus den Unternehmen heraushält.“
Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Das gilt auch heute für mich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Digitalisierung ist eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft, bietet aber auch große Chancen, auch und gerade für unsere Wissenschaftslandschaft. Wir haben das nicht zuletzt in der Diskussion und auch im gemeinsamen Kampf für die Nutzungsrechte Digitaler Semesterapparate anerkannt.
Der heute vorliegende Antrag ist Bestandteil einer ganzen Serie der antragstellenden Fraktion, zum Beispiel zur Digitalisierung der Hochschulbibliotheken oder auch zum E-Learning. In ihnen wurden oftmals Forderungen erhoben, die die bereits bestehende Realität an unseren Hochschulen beschreiben. In einem stimmen wir aber uneingeschränkt zu: In Sachen Digitalisierung können und müssen wir in Nordrhein-Westfalen mehr erreichen!
Zu dem vorliegenden Antrag, der nun zur Abstimmung steht, haben wir uns im Fachausschuss sehr intensiv und in einem sehr aufschlussreichen Expertengespräch ausgetauscht. Dabei haben wir zahlreiche Hinweise auf die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für den Wissenschaftsbereich bekommen. An dieser Stelle noch einmal allen Experten einen herzlichen Dank!
Eine landesweit einheitliche Matrikelnummer wurde aber im Kontext des Antrags nicht für notwendig und auch in weiten Teilen nicht für sinnvoll bewertet.
Nach der Lektüre der Überschrift fällt mir natürlich – wie vielen Kolleginnen und Kollegen wahrscheinlich auch – spontan eine ganze Reihe von Bereichen ein,
in denen eine einheitliche Matrikelnummer Sinn machen könnte. Die BAföG-Ämter fordern sie zum Beispiel, um Hochschulwechsler damit schneller zuordnen zu können. Auch Hochschulstatistiker haben daran ein Interesse, damit sich Studienverläufe besser erklären lassen.
Derlei sinnvolle Ziele werden aber in dem Antrag nicht benannt. Die von der antragstellenden Fraktion aufgeworfenen Problemkreise werden in der Praxis oftmals bereits gelöst. Eine Chipkarte für alles braucht keine landesweite Matrikelnummer. Der Antrag fand deshalb auch bei den Sachverständigen keine Zustimmung.
Datenschutzrechtliche Bedenken sind in dem Expertengespräch ebenfalls massiv erhoben worden.
Das Konstrukt eines landesweiten Vorlesungsverzeichnisses, bei dem sich Studierende die besten Kurse, Seminare und Vorlesungen aller Hochschulen im Rahmen einer fiktiven übergeordneten Studienordnung selbst zusammenstellen, stieß auf wenig Gegenliebe. Das würde unser Hochschulsystem komplett umkrempeln, eine Vielzahl neuer Probleme schaffen und wenig Nutzen stiften.
Das nahezu einhellige Expertenecho lautete: Zu ineffektiv; zu teuer; brauchen wir nicht.
Das haben die Hochschulen in der Anhörung sehr überzeugend dargelegt. Unzählige Systeme müssten aneinander angepasst, synchronisiert und miteinander kompatibel gemacht werden. Das wäre ein enormer Aufwand – auch finanziell.
Eine landesweite Matrikelnummer und insbesondere dieses NRW-weite Vorlesungsverzeichnis machten Investitionen erheblichen Umfangs erforderlich, die angesichts des geringen zusätzlichen Nutzens aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, setzen wir das vorhandene Geld lieber klug für Investitionen in die WLAN-Netze, in die digitale Lehre, in Glasfaser oder zur Verbesserung der Betreuungsrelation ein. Wir haben im Bereich der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft ja genügend Herausforderungen.
Mit sinnvollen Maßnahmen lässt sich für unsere Studierenden und Wissenschaftler wirklich einiges erreichen. Die CDU-Fantasterei bedeutet jedoch aus unserer Sicht keinen Mehrgewinn. Wir Freien Demokraten stimmen deshalb dem Antrag der CDU auch nicht zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Da Sie selber gerade davon sprachen, dass hier Dinge eingeführt werden, die nicht zum Thema gehören, möchte ich Sie fragen, wie Sie sich dazu verhalten, dass Sie in Ihrem Redebeitrag zu Sachverhalten sprechen, die Kollegin Schulze Föcking in ihrem Redebeitrag überhaupt nicht erwähnt hat.
Ist das darauf zurückzuführen, dass Ihr Textbaustein an der Stelle vorauseilend ist?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe hier gerade fast eine Stunde sehr aufmerksam zugehört.
Der Tenor der Unterrichtung überrascht mich nicht wirklich: Forschungsland Nordrhein-Westfalen – Land, in dem Milch und Honig fließen, ein innovatives Paradies, in dem die Zukunft der Menschheit entwickelt wird. Kein Vorwurf an eine Landesregierung, die ein solches Ziel verfolgt!
Erlauben Sie mir aber einige etwas differenziertere Betrachtungen unserer Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Ich bin davon überzeugt, dass Forscherinnen und Forscher es verdient haben, dass wir die politischen Rahmenbedingungen etwas kritischer und etwas differenzierter hinterfragen und letztendlich auch verantwortungsvoll ausgestalten.
Nordrhein-Westfalen ist ein Land mit starken Regionen, aber wir sind nicht das Silicon Valley Deutschlands, auch nicht Greater Chicago, und unsere Hochschulen sind auch nicht alle kleine Harvards oder MITs. Ich weiß, das internationale Ranking ist keine perfekte Abbildung der Stärke unserer Hochschulen – ihre Ergebnisse aber völlig außer Acht zu lassen und zu ignorieren, wäre trotzdem falsch.
Erlauben Sie mir deshalb, einige Bezüge herzustellen. Beim aktuellen Times Higher Education Ranking ist die RWTH Aachen als beste – auch als einzige – nordrhein-westfälische Universität in den weltweiten Top 100 aufgeführt, nämlich auf Platz 78. Das ist ein gutes Ergebnis – keine Frage. Aber die Hochschulen, mit denen die RWTH Aachen konkurriert, kommen nicht allein aus Großbritannien oder den USA, sondern auch aus New South Wales in Australien, aus Honkong, aus Singapur oder auch aus unserer direkten Nachbarschaft, den Niederlanden.
Und dann gibt es eben doch einige Hinweise zu einer realistischen Einordnung. Insbesondere wenn andere deutsche Hochschulen, zum Beispiel aus dem süddeutschen Raum oder aus Berlin, besser abschneiden, lohnt es sich doch, einmal genauer hinzuschauen. Ein ganz ähnliches Bild – es hätte ja sein können, dass das nur in dem einen Ranking so wäre – zeigt sich beim QS-Ranking: Universitäten aus Süddeutschland und Berlin rangieren in den Top 100. Unsere beste Hochschule in dem Ranking, die RWTH Aachen, folgt auf Platz 146.
Nochmals: Ich will ausdrücklich diese Rankings nicht überbewerten, aber sie verdeutlichen auch: Wir können besser werden, und die Rahmenbedingungen für unsere Hochschulen können besser sein und werden, zumindest im innerdeutschen Vergleich.
Ich kann aus Zeitgründen hier nur einige Anmerkungen machen: Forschung verlangt qualifizierte und engagierte Forscher und damit eben auch den entsprechenden wissenschaftlichen Nachwuchs. Wie aber sieht es in Nordrhein-Westfalen aus? Betrachten wir zum Beispiel einmal die Betreuungsrelationen an unseren Hochschulen.
Die Betreuungsrelation ist sowohl für die Lehrenden als auch für die Lernenden grundlegend für eine funktionierende Lernbeziehung zwischen Professoren und Studierenden. Leider ist das unter der jetzigen Landesregierung nicht mehr so gewährleistet. Unter Ihrer Regierungsverantwortung muss ein Professor mittlerweile 15 Studierende mehr betreuen. 15! Darunter leiden alle Beteiligten, und natürlich auch Lehre und Forschung.
Frau Ministerin, Sie selbst haben entgegen Ihren Behauptungen im Ausschuss in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage zugestanden, dass wir bei der Herausrechnung der Fernuniversität Hagen mit ihrer spezifischen Betreuungsrelation eben nicht im Mittelfeld des innerdeutschen Vergleichs liegen, sondern auch im nationalen Vergleich das Schlusslicht bilden. Der Negativtrend in Sachen Betreuungsrelation wird im Übrigen auch bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern fortgesetzt. Hier verzeichnen wir eine Verschlechterung von 25 %.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das darf uns doch nicht zufriedenstellen. 15 Studierende pro Professor mehr – das hat ganz konkrete Auswirkungen: Hörsäle und Seminare werden noch voller. Das bedeutet eine höhere Prüfungs- und Korrekturlast für den einzelnen Hochschullehrer. Lehre, Gremienarbeit, und insbesondere Forschung leiden. Gute Arbeitsbedingungen sehen ganz sicher anders aus. Und über Fragen der Aufteilung zwischen Lehrdeputaten und Forschungsaufwand sprechen wir heute auch nicht.
Mit einer anderen Kleinen Anfrage konnten wir von Ihnen auch erfahren, dass Nordrhein-Westfalen im bundesweiten Vergleich bei den Grundmitteln für Lehre und Forschung je Studierenden auf dem vorletzten Platz landet und damit lediglich vor Bremen liegt. Auch hier taugt die Fernuniversität Hagen nicht als Ausrede; denn auch wenn wir diese herausrechnen, bleibt es nach wie vor beim vorletzten Platz, auch nachdem Sie kürzlich – was ich gerne anerkenne als richtige und überfällige Schritte – Mittel umgewidmet und zur Verstärkung der Grundmittel eingesetzt haben.
In Niedersachsen zum Beispiel werden pro Studierenden 3.000 € mehr an Grundfinanzierung ausgegeben. Angesichts dieser von Ihnen selbst mitgeteilten Fakten ist es doch absurd, von einer Wissenschafts- und Forschungshoheit zu sprechen. Hoheitlich ist hier allenfalls der Habitus.
Kommen wir zum Bereich der Preise, Stipendien und Fördermittel. Diese werden im deutschlandweiten Vergleich hier am meisten eingeworben; wir haben das gerade wieder sowohl von Frau Ministerin als auch vom Kollegen Bell gehört. Es wäre in der Tat traurig, wenn das, in absoluten Zahlen gerechnet, nicht so wäre. Wir sind doch das bevölkerungsreichste Bundesland mit der dichtesten Hochschullandschaft. Aber allein aus den absoluten Beträgen können wir doch nicht allen Ernstes auf die besten Forschungsbedingungen schließen.
Erlauben Sie mir, Frau Ministerin, Ihnen in Ihrem ansonsten immer wiederholten Hinweis auf die Anlehnung an den Königsteiner Schlüssel zu folgen und diesen auch bei der Analyse und Bewertung der eingeworbenen Forschungspreise und Anerkennungen heranzuziehen.
Es heißt, NRW sei auf Platz eins bei der Einwerbung von Sonderforschungsbereichen und EUFörderpreisen.
Für die absoluten Zahlen stelle ich das gar nicht streitig.
Herr Kollege, Sie würden doch der Frau Ministerin nicht widersprechen. Setzen wir das doch mal in Relation zum Königsteiner Schlüssel: Pi mal Daumen müsste NRW etwas über 21 % der Preise und Förderungen erreichen, um sozusagen national auf der durchschnittlichen Linie zu liegen.
54 von 268 Forschungsbereichen der DFG befinden sich in Nordrhein-Westfalen. Das macht 20,1 %, ist also leicht unterdurchschnittlich.
Von den 2006 DFG-geförderten Graduiertenkollegs sind 38 in Nordrhein-Westfalen ansässig. Das sind 18,4 %, und das ist nach Königsteiner Schlüssel unterdurchschnittlich.
Seit 2010 wurde der Leibniz-Preis insgesamt 78 Mal verliehen, 16 davon gingen nach Nordrhein-Westfalen. Das sind 20,5 %; das ist leicht unterdurchschnittlich.
Der Nachwuchspreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde seit 2010 insgesamt 57 Mal vergeben, aber nur an acht nordrhein-westfälische Preisträger. Das sind 14 %, und da können wir nach dem Königsteiner Schlüssel wirklich erheblich besser werden.
An anderer Stelle hat der Kollege Bell – er hat auf die Haushaltsberatungen Bezug genommen – auf die Advanced Grants 2016 hingewiesen. Zehn der 47 Preisträger aus Deutschland kommen aus NRW. Das sind 21,3 %. Das ist zwar toll, aber eben auch nur Durchschnitt nach dem Königsteiner Schlüssel.
Bei den Consolidator Grants der EU kommen zehn von 50 deutschen Preisträgern aus Nordrhein-Westfalen, also 20 %. Auch damit liegen wir nur auf der Linie des Königsteiner Schlüssels. Frau Ministerin hat heute in der Unterrichtung auf die Patente hingewiesen – mit einem Anteil von 20% liegen wir auch hier nur im Schnitt des Königsteiner Schlüssels.
Es gibt exzellente und geniale Forscherinnen und Forscher in Nordrhein-Westfalen, die Anerkennung und Wertschätzung verdienen, und es ist unangemessen, die klügsten Köpfe des Landes für eine solche PR-Posse wie diese Unterrichtung zu vereinnahmen. Wir schulden es unseren Forschern, dass zumindest wir die Rahmenbedingungen kontinuierlich und kritisch überprüfen, weiterentwickeln und verbessern.
Geforscht wird – darauf ist schon hingewiesen worden – nicht nur an unseren Hochschulen und Forschungsinstituten, sondern auch in den innovativen Unternehmen unseres Landes. Ja, es gibt sie noch, auch wenn man bei Landesentwicklungsplan, Tariftreue- und Vergabegesetz, mangelhafter Breitbandversorgung und Diskussionen um Verbote von Forschungskooperationen manches Mal den Eindruck haben könnte, dass man eigentlich auch diese innovativen Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen vergraulen will. Aber es gibt sie, und das ist toll. Das ist
der Leistung der Menschen zu verdanken, die als Unternehmer oder Beschäftigte in diesen Unternehmen Verantwortung tragen. Sie haben es verdient, dass wir uns mit den Rahmenbedingungen für die Forschung und Entwicklung auch in diesen Unternehmen befassen.
Die Forschungs- und Entwicklungsquote ist gerade schon angesprochen worden, also die Ausgaben eines Landes für Forschung und Entwicklung gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Deutschland hat sich selbst das Ziel gesetzt, eine 3-%-Quote zu erreichen. Diese Hürde ist deutschlandweit nahezu geknackt; in Nordrhein-Westfalen werden – auch das wurde schon gesagt – jedoch nur 1,9 % des Bruttoinlandprodukts für Forschung und Entwicklung aufgewandt. Und leider fällt auch die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen zurück. Unternehmen investieren bundesweit 1,9 % des BIP, in Nordrhein-Westfalen aber nur 1,1 %.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie kommen Sie eigentlich dazu, Nordrhein-Westfalen als das Forschungsland Nummer eins zu feiern, wenn hier in Nordrhein-Westfalen nur unterdurchschnittlich in Forschung investiert wird? In Bayern wird pro Kopf das 2,5-Fache in Forschung investiert, in BadenWürttemberg ist es sogar das Vierfache. Manches Mal wäre die Bezeichnung „Forschungsland“ für diese Bundesländer wohl wesentlich angebrachter.
Warum arbeiten wir nicht daran, warum arbeiten Sie nicht daran, dass innovative Unternehmen wieder in Nordrhein-Westfalen ihre Heimat finden sowie entsprechende Rahmenbedingungen für ihre Investitionen auch in Forschung und Entwicklung?
Seit Jahren diskutieren wir über eine steuerliche Forschungsförderung als zweite Säule zur Erleichterung der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Diese würde dringend benötigt. Aber: Fehlanzeige!
Ein bewährtes Instrument zur Forschungsförderung von Unternehmen, das technologieoffene und bürokratiearme Programm „Mittelstand.innovativ!“, haben Sie in Ihrer Regierungszeit zugunsten von „Fortschritt NRW“ erheblich gekürzt. „Fortschritt NRW“ wird aber von weiten Teilen der Wirtschaft abgelehnt, und zwar plausibel begründet. Denn Projekte werden danach nur dann von der Landesregierung gefördert, wenn sie nachhaltig sind, Gender-Mainstreaming umsetzen und interdisziplinär ausgerichtet sind und – Achtung! – aus von Rot-Grün ernannten Leitmärkten stammen.
Frau Ministerin, wenn jemand eine geniale Idee in der Materialwirtschaft hat, warum braucht er dann zunächst einen Sozialwissenschaftler, der die Auswirkungen des Materials auf die Geschlechtergerechtigkeit begründet, um dann letztlich gefördert zu werden? Das ist doch bürokratischer Unsinn!
Sie maßen sich an, besser zu wissen, was, woran und wie geforscht werden soll. Dieses Verständnis von Forschungs- und Wissenschaftspolitik lehnen wir Freie Demokraten ab.
Mit der Leitmarktidee befinden Sie sich historisch aber in netter Gesellschaft, war es doch Kaiser Wilhelm, der seinerzeit ebenfalls einen Leitmarkt definierte. Ich darf zitieren: „Ich glaube an das Pferd, das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“
An diesem Beispiel wird doch ganz deutlich, dass sich eine politische Leitmarktproklamation verbietet. Politik hat Anfang der 90er-Jahre jedenfalls kaum die Bedeutung des Internets und die sich daraus ergebenden Folgen vorhergesehen, oder? Heute drohen wir im Bereich „Digitalisierung“ den Anschluss an die Welt zu verlieren.
Erlauben Sie mir auch den Hinweis auf die Opfer Ihrer Leitmarktideologie, zum Beispiel aus dem Bereich der Lebenswissenschaften. Die Ansiedlung des Care Instituts ist gerade schon genannt geworden. Entgegen der anfänglichen Bereitstellung von Haushaltsmitteln und Sympathiebekundungen scheiterte die Landesförderung an behaupteter Unvereinbarkeit mit europäischem Recht. Offensichtlich gelten in Bayern jedoch andere EU-Regelungen, denn dort wird Care realisiert. Damit hat Rot-Grün aus meiner Sicht ganz eindeutig die Chance auf Forschungsexzellenz in Nordrhein-Westfalen zunichte gemacht.
Aus unserer Sicht gibt es eine ganze Reihe gesellschaftlich relevanter Fragen über die Ergebnisse von Forschung, die wir auch im politischen Raum diskutieren. Ich habe zum Beispiel in Ihrer Unterrichtung eine Stellungnahme zum CRISPR/Cas-Verfahren vermisst. Dieses ist in der Tat revolutionär und bietet eine Riesenchance. Sie diskutieren hier leider mit keinem Wort die ethischen Fragestellungen und auch nicht den Aspekt, welche gesetzgeberischen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen sich möglicherweise daraus ergeben, damit gute, rechtssichere Forschungsrahmenbedingungen entstehen können.
Wir könnten hier auch – das hätte ich in der Unterrichtung erwartet – über die gesellschaftlich relevanten Fragen nach der IT-Sicherheitsforschung oder nach dem autonomen Fahren diskutieren. Hier geht es nicht um die Frage, ob geforscht wird – viel zu oft wird die Debatte darüber geführt –, sondern um die Auswirkungen und deren gesellschaftliche Relevanz. Diese Fragen sind hier im Parlament anzusiedeln, ebenso wie die, welche gesetzgeberischen Handhabungen sich daraus ergeben.
Beste Forschung braucht Freiheit und kein Korsett.
Die Zivilklauseln sind schon angesprochen worden. Wir sind davon überzeugt, dass wir unseren Hochschulen wieder ihre Autonomie zurückgeben müssen und dass forschungsfeindliche Zivilklauseln eben mehr intrinsische Forschungszensur sind als ein tatsächlicher Beitrag zu einer besseren Welt. Wir brauchen eine technologieoffen ausgestaltete Forschungsförderung. Freie Forschung bewirkt auch eine starke Forschung.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Nordrhein-Westfalen ein tolles Land ist, dass Nordrhein-Westfalen voller wissbegieriger und neugieriger Menschen steckt, die daran mitwirken wollen, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu beantworten.
Wir müssen dafür die Rahmenbedingungen setzen.
Hierzu habe ich heute leider viel zu wenig gehört. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unterschriften im Rahmen von Volksbegehren können in zweierlei Verfahren gesammelt werden – das wurde schon gesagt –, eben durch die Listenauslegung bei den Gemeinden und durch freie Unterschriftensammlungen in der Öffentlichkeit.
Der Gesetzentwurf betrifft in der Tat nur die Listenauslegung bei den Gemeinden und trifft als einzige Regelung dort eine Verlängerung des Auslegungszeitraums für die Eintragungslisten bei den Volksbegehren nach Art. 68 der Landesverfassung.
Bisher ist die verbindliche Auslegung bei den Kommunen im Zeitraum zwischen der fünften und 22. Woche nach öffentlicher Bekanntmachung des zugrunde liegenden und mit Gründen versehenen Gesetzentwurfs vorgesehen.
Diese Frist wollen die Piraten mit ihrem Entwurf ändern und an die in § 18a Absatz 1 Satz 1 VIVBVEG vorgesehene Höchstfrist von 12 Monaten ab Bekanntmachung anpassen, indem die kommunalen Auslegungsbeschränkungen entfallen.
Zur Begründung geben die Piraten an, die meisten Unterschriften würden ohnehin – das ist ja auch gerade von dem Kollegen vorgetragen worden – erst in der Spätphase des Volksbegehrens geleistet.
Aus unserer Sicht ist die vorgeschlagene Änderung und Angleichung nicht zwingend notwendig. Die freie Unterschriftensammlung gewährleistet bereits einen hinreichend langen Sammlungszeitraum für Unterschriften und ist in der Regel auch weitaus öffentlichkeitswirksamer als eine Auslage beim Bürgeramt oder Rathaus zum Beispiel. Zudem entsteht für die Gemeinden durch ein längeres Vorhalten der Listen zusätzlicher, wenngleich sicherlich noch überschaubarer Aufwand.
Die Verlängerung des Auslegungszeitraums würde zwar bewirken, dass eine feste örtliche Anlaufstelle für eintragungswillige Unterstützer eines Volksbegehrens zu jedem Zeitpunkt im Verfahren besteht, das widerspricht jedoch dem gesetzlichen Leitgedanken der grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Initiators des Volksbegehrens für dessen Durchführung etwa durch § 15 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes, der für die Fälle einer freien Unterschriftensammlung die Übersendung der bei den Gemeinden abgeschlossenen Listen an die Verantwortlichen des Volksbegehrens und eben nicht an den Wahlleiter oder die Wahlleiterin vorsieht.
Eine Auslage bei den Gemeinden für die gesamte Dauer des Verfahrens würde aus unserer Sicht die Verantwortlichkeit zurückdrängen, da die Initiatoren des Begehrens auf die freie Unterschriftensammlung auch komplett verzichten und auch im Falle eines hohen Interesses der Bevölkerung an dem Gegenstand des Volksbegehrens an die Gemeinden verweisen könnten. Letztlich läge dann die Durchführungslast nicht mehr beim Initiator, sondern faktisch bei den Kommunen, obgleich diese das Begehren oftmals gerade nicht initiiert haben.
Vor diesem Hintergrund haben wir erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit des Gesetzentwurfs. Zudem erweist sich der Entwurf auch als unvollständig, da eine Übersendung der abgeschlossenen gemeindlichen Listen an andere Personen als an den Wahlleiter bei identischer Verfahrensdauer von gemeindlichen und freien Unterschriftensammlungen keinen Sinn mehr ergibt. Insofern müssten also auch noch andere Regelungen aufgehoben werden.
Das können wir gerne und werden wir sicherlich auch im Fachausschuss noch einmal diskutieren. Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich habe noch eine Nachfrage. Sie haben gerade mehrfach den Begriff Teilmengen benutzt. Mich würde interessieren, warum Sie, obwohl die Meldefrist doch noch bis Ende Februar läuft, wenn ich das richtig verstanden habe, offensichtlich sehr gesichert davon ausgehen, dass Sie nur Teilmengen der Krankenstandsdaten gemeldet bekommen.
Herr Minister, wenn Sie die Erfahrungen aus Ihrem Ressort für die Erwartung, für die Schätzung zugrunde legen, wie groß wird denn dann Ihrer Meinung nach die Teilmenge sein? Liegen wir dann bei 60 oder gar 80 %? 100 % werden es ja eben offensichtlich nicht sein. Wie groß ist die Fehlerquote?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist nicht neu. Der erste Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort und den Ländern stammt aus dem Jahr 2009. Trotzdem hat das Thema jetzt eine Aktualität erhalten, weil die Nutzung von digitalen Dokumenten, die in den Intranets unserer Hochschulen zur Verfügung gestellt werden, zum 1. Januar 2017 infrage stand. Die Hochschulen haben aktuell ganz zu Recht auf die nicht vorhandene Praktikabilität der neuen Vereinbarung hingewiesen, die die Länder mit der Verwertungsgesellschaft Wort kürzlich getroffen haben.
Ich weiß, dass sich die Länder insgesamt – und auch das Land Nordrhein-Westfalen – immer sehr für eine Fortsetzung der pauschalen Vergütungssysteme stark gemacht haben, wie sie im Übrigen für die anderen Verwertungsgesellschaften noch gelten. Aber die VG Wort – das war Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung – hat in Wahrnehmung der von ihr vertretenen berechtigten Interessen der Urheber das Thema anders vertreten und auch durchgefochten.
Insofern eine kleine Anmerkung: Ich finde die Formulierung „Wir fordern Sie auf“ in dem Entschließungsantrag, den uns SPD und Grüne heute vorgelegt haben, wenig angebracht. Die VG Wort nimmt berechtigte Interessen der Urheber war. Gleichwohl haben wir, um die Interessen der Hochschulen und der Studierenden wahrzunehmen, das Recht und in gewisser Weise auch die Verpflichtung, digitale Semesterapparate sicherzustellen, sodass wir in eine Verhandlung neu eintreten müssen, um einen Ausgleich zu erzielen. Da ist es nicht sonderlich hilfreich, für verhärtete Fronten zu sorgen und letztlich die Verhandlungsposition zu schwächen.
Seit der Antragstellung haben wir aber auch zur Kenntnis genommen, dass Bewegung in die Szenerie gekommen ist. Sowohl die Länder als auch die Hochschulrektorenkonferenz und die Verwertungsgesellschaft Wort wollen noch einmal an einen Tisch kommen und eine praktikable Lösung entwickeln.
Noch weiß niemand, wie diese Vereinbarung oder das Ergebnis dieser Arbeitsgruppe aussehen kann. Da ist von einem Moratorium die Rede. Die Frage ist aber, ob die gleichen pauschalen Vergütungssätze gelten oder höhere angesetzt werden. Wird also das Moratorium in irgendeiner Form – in Anführungszeichen – „erkauft“? Und welche Präzedenzen setzen
wir letztlich auch für die anderen Verwertungsgesellschaften?
Es lohnt sich deshalb, die Verhandlungen mit den anderen Beteiligten und Partnern sehr sorgsam vorzunehmen, um auch die anderen Verwertungsgesellschaften und dortige mögliche Veränderungen im Blick zu behalten. Deswegen haben die nun begonnenen Gespräche auch eine grundsätzliche Bedeutung.
Wir haben immer klar gesagt, dass die Bereitstellung der digitalen Semesterapparate in den Intranets der Hochschulen für eine zeitgemäße Ausbildung und Bildung der Studierenden an unseren Hochschulen notwendig ist. Das ist ein Ziel, dem wir stärker Rechnung tragen müssen als bislang. Die Möglichkeit, mit der das sicherlich am angemessensten passieren kann, besteht darin, zum Beispiel auf der Bundesebene auf eine Veränderung im Urheberrecht hinzuwirken, um eine allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht durchzusetzen. Was wir momentan an Problematik sehen, muss der Aufhänger dafür sein, mit mehr Nachdruck auf die Bundesebene einzuwirken.
Wenn SPD und Grüne in ihrem Entschließungsantrag unter Punkt II.5 formulieren: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, ihre Bemühungen auf der Bundesebene um die Einführung der allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht intensiv fortzusetzen“, ist das zwar nicht falsch, es reicht aber bei Weitem nicht aus.
Wir hätten auch die Möglichkeit, etwas selbstbewusster heranzugehen und zum Beispiel über eine Bundesratsinitiative aller Länder ein Initial auf die Bundesregierung und den Bundestag auszuüben,
um zu einer klarstellenden Regelung zu bekommen, die längerfristig trägt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einer Anhörung des Hauptausschusses zu einem Antrag zur Einführung eines Transparenzregisters im September dieses Jahres haben uns die geladenen Sachverständigen wissen lassen, dass die Begriffe Lobbying und Lobbyismus gerade in der Bundesrepublik Deutschland sehr häufig ausgesprochen negativ belegt sind.
Mit Lobbytätigkeiten wird in der bundesdeutschen Wahrnehmung häufig die versuchte Einflussnahme – „versuchte“ in Klammern; da bin ich ganz bei dem Kollegen Keymis, was das Selbstbewusstsein unserer Parlamente angeht – monetär oder meinungsmächtig aufgestellter Vertreter von Partikularinteres
sen auf die politische Meinungsbildung in den Parlamenten, Regierungen in der Öffentlichkeit verbunden.
Das bedeutet nicht, dass es solche Versuche der Einflussnahme nicht geben mag. Das zeigt aber nicht die ganze Bandbreite möglicher Interessenartikulationen auf. Jenseits von Wahlen und Abstimmungen erscheint aber das Herantragen von Ideen und Interessen an Verantwortungsträger stets dann aussichtsreicher, wenn es in irgendeiner Form organisiert und strukturiert erfolgt.
Bei den mittels Lobbying verfolgten Interessen muss es sich nicht nur um Partikularinteressen handeln. Lobbying kann auch zugunsten von Gemeinwohlinteressen erfolgen. Lassen Sie uns nur einmal die Beispiele im Naturschutz, beispielsweise im Umweltschutz, aufgreifen. Auch im Gemeinwohlinteresse wird Lobbying betrieben.
Kein Abgeordneter oder keine Abgeordnete wird von sich behaupten wollen oder können, Experte oder Expertin für jedes erdenkliche Sachgebiet zu sein. Deswegen bedarf es auch gelegentlich des Rückgriffs auf externen Sachverstand. Sonst würden zum Beispiel auch unsere Sachverständigenanhörungen im parlamentarischen Beratungsverfahren eigenartig anmuten. Deswegen ist Lobbying nicht per se negativ zu beurteilen.
Auch bei der Bertelsmann Stiftung haben wir es mit einem Akteur zu tun, der zu einem umfassend verstandenen Begriff des Lobbying zuzurechnen ist. Offen und im Internet für jedermann recherchierbar verfolgt die Stiftung auch politische Ziele. Dagegen ist gar nichts einzuwenden. Bertelsmann tut hier nur das, was andere Lobbygruppen ebenfalls tun. Sie sagen es auch klar.
Die Große Anfrage der Piraten zielt allerdings scheinbar darauf ab, Bertelsmann mit Blick auf das Sitzland Nordrhein-Westfalen und die hiesige Landespolitik ein – so will ich es einmal beschreiben – unlauteres Mehr zu unterstellen, also eine Art verdeckte Steuerung oder Beeinflussung politischer Prozesse in diesem Land. Diesbezüglich gibt die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage nichts, aber auch gar nichts her.
Wir wissen nun, dass das Lehrerfortbildungsprojekt „Vielfalt fördern“ zur individuellen Förderung von Schülern in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung ausgeführt wurde. Auch die Projekte „Kein Kind zurücklassen!“ und „Musikalische Grundschule“ fallen in diesen Bereich, ebenso Expertisen mit Blick auf das Hochschulfreiheitsgesetz und die Gründung von Hochschulgesellschaften.
Wir wissen ebenfalls, dass vereinzelt natürliche Personen, die einmal für ein Bertelsmann-Unternehmen oder die Stiftung tätig waren, nunmehr Tätigkeiten in
der Landesverwaltung ausüben. Wir wissen schließlich, dass es Kontakte und Treffen zwischen Mitgliedern der Landesregierung und Angehörigen der Bertelsmann Stiftung gegeben hat.
Meine Damen und Herren, was ich der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage entnehmen kann, erschüttert mich keineswegs. Erkenntnisse dahin gehend, dass es sich bei der Bertelsmann Stiftung um ein – in Anführungszeichen – „schwarzes Schaf“ des Lobbyismus handeln könnte, finde ich in der Antwort nicht.
Eine Beeinflussung landespolitischer Prozesse ist für mich ebenfalls nicht zu erkennen – auch nicht bei den Einzelprojekten, da diese offensichtlich politisch intendiert waren und ohne Bertelsmann dann eben mit Unterstützung anderer, externer Dritter, realisiert worden wären. Im Übrigen haben wir auch hier im Parlament darüber letztlich noch abgestimmt und befunden.
Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt im Ergebnis also lediglich auf, dass die Bertelsmann Stiftung und Teile des Konzerns dem Stiftungs- und Unternehmenszweck entsprechend Lobbyaufgaben wahrnehmen.
Dabei handelt es sich auch um eine rechtlich zulässige Verhaltensweise. Die Bertelsmann Stiftung ist auch mit keinem US-amerikanischen Super-PAC zu vergleichen, das ohne irgendeine Offenlegungspflicht Spenden in sich aufsaugt und derartig ausgestattet dann Einfluss auf politische Prozesse nehmen kann.
Die Stiftung ist im Übrigen – das sage ich, weil wir das ja unter dem Gesichtspunkt Transparenzregister und Lobbyregister diskutiert haben – im Transparenzregister der Europäischen Union eingetragen.
Letztlich versuchen die Piraten hier – so stellt sich mir das dar – eine Skandalisierung, die aber ohne Erfolg bleibt.
Was der Antwort auf die Große Anfrage aber sehr wohl entnommen werden kann, sind Anforderungen an Transparenz und Öffentlichkeit von Lobbytätigkeiten.
Die Antwort enthält im Übrigen keine anderen Informationen als die, die sich auch in einem öffentlichen Lobbyregister oder einem „Legislativen Fußabdruck“ finden würden.
Gäbe es diese Instrumente zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, hätte es der Anfrage und damit der heutigen Debatte wahrscheinlich nicht bedurft.
Aus freidemokratischer Sicht ist es deshalb wirklich an der Zeit, in der kommenden Wahlperiode – auch das aufgreifend, was wir in den letzten Monaten dazu