Protokoll der Sitzung vom 16.03.2017

Herr Kollege Ellerbrock, ich danke Ihnen deshalb für die Zwischenfrage, weil damit deutlich wird, wie ernst diese Regierung das Parlament nimmt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Bürgerinnen und Bürger wissen genau, dass es jetzt gerade nicht um die Sache zwischen Parteien und Fraktionen, sondern um ihre Angelegenheiten geht. Damit ist klar, dass offensichtlich die politischen Prioritäten bei den fachlich zuständigen Ministern ganz offensichtlich anders gesetzt werden.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Mein Gott, muss Ihre Panik groß sein, dass Sie zu solchen Mitteln greifen! – Gegenruf von der CDU)

Es ist keine Überraschung, dass wir heute dieses Thema hier debattieren.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Unterirdisch! Panik und Angst bei der CDU! – Zuruf von Dagmar Han- ses [GRÜNE])

Ich bin gespannt, welcher Minister zu welcher Uhrzeit hier auf die Reden der Abgeordneten reagieren will, wenn er die Reden selbst gar nicht gehört hat. Das kann nur vorgestanzter Quark werden. Der ist bekanntlich nicht stark, sondern nur breit.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Meine Güte! – Weitere Zurufe)

Der Kollege Zimkeit ist offensichtlich ganz irritiert, dass sein eigener Minister nicht da ist. Die Schulministerin ist auch nicht da.

(Zuruf von der Regierungsbank: Sie ist ent- schuldigt!)

Ja, natürlich. Das ist in Ordnung.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Sie wissen doch, wo die Ministerin ist! Unglaublich!)

Sie dürfen übrigens von der Regierungsbank nicht dazwischenrufen. Sie sind Gast im Parlament. Daher darf die zuständige Schulministerin oder der zuständige Finanzminister hier erscheinen. Ansonsten melden Sie sich bitte zu Wort. Was Sie jetzt machen, ist eine Parlamentskultur, die ich so noch nicht kennengelernt habe.

(Beifall von der CDU und der FDP – Holger El- lerbrock [FDP]: Ja, unerhört!)

Ansonsten könnte der Kollege Ellerbrock auch demnächst bei Ihnen in der Staatssekretärsbesprechung erscheinen und seinen fachlichen Beitrag einbringen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Man kann die Angst vor den Wählern bei Ihnen von der CDU förmlich riechen!)

Wie passt das alles zu Ihren Ankündigungen? Ich möchte den Finanzminister zitieren, weil er das öffentlich und in der Zeitung getan hat.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Die Angst vor dem Wähler!)

Der Finanzminister hat sich am 8. März dieses Jahres in der Zeitung mit dem Hinweis darauf zitieren lassen, dass in den Schulen jetzt weniger Stellen gebraucht würden, weil doch nicht so viele Zuwanderer wie geplant gekommen seien.

Die Ministerpräsidentin muss sich dann schon mit ihrer ganzen Landesregierung fragen lassen, ob das die neue Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger ist. Stellenabbau ist also nicht ein Ergebnis eines Besetzungsproblems von Stellen, wie wir es in den letzten Monaten auch von der Schulministerin bei der Beratung des Haushaltsplans 2017 erkennen mussten, sondern er ist politisch gewollt und gesteuert. Er ist offensichtlich nicht etwas Zufälliges, sondern man

will genau das Gegenteil von dem suggerieren, was man sieben Jahre politisch erklärt hat.

(Minister Dr. Norbert Walter-Borjans betritt den Plenarsaal. – Zuruf von der CDU: Guten Morgen!)

Sieben Jahre lang haben Sie politisch erklärt – auch der dankenswerterweise jetzt eintreffende Finanzminister –, dass man den falschen Stellenabbau von Schwarz-Gelb aus 2005 bis 2010 rückgängig machen wolle.

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Stefan Zim- keit [SPD]: Bravo!)

Jetzt erklärt man Stellenabbau und Stellennichtbesetzung im Schulbereich zum politischen Programm.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Was denn jetzt? Stel- lenabbau oder Nichtbesetzung? Sie kennen doch den Unterschied!)

Sie besetzen vorsätzlich – nach den Aussagen der Ministerpräsidentin – Stellen nicht, weil sie gar nicht besetzt werden müssen. Das ist eine neue Philosophie, die Sie uns einmal erklären müssen.

(Beifall von den GRÜNEN – Stefan Zimkeit [SPD]: Frei erfunden!)

Das ist ein Zitat der Ministerpräsidentin aus der „Rheinischen Post“. Das kennen Sie ganz genau. Da können Sie noch so viel dazwischenrufen, Herr Kollege Zimkeit. Sie haben ja gleich die Möglichkeit, vom Redepult Ihre Sicht der Dinge darzustellen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Leider nicht!)

Als zwischenrufpolitischer Sprecher haben Sie sich hier wieder ausreichend qualifiziert.

(Beifall von der CDU)

In den Finanzämtern sind derzeit nach den Aussagen des Finanzministers über 1.000 Stellen nicht besetzt. Entsprechende Probleme haben wir auch bei der Polizei.

Da wissen wir übrigens – da gibt es keinen politischen Dissens in diesem Haus –, dass wir schon darauf achten müssen, die demografiefeste Einstellung von Beamtinnen und Beamten sicherzustellen, und dass wir ein riesiges Problem damit haben, im Arbeitsmarkt in der derzeitigen demografischen Situation ausreichend Personal auf Dauer zu finden.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das hatten wir früher gesagt! Das hätten Sie früher gewusst, wenn Sie die Demografieberichte gelesen hätten!)

Herr Zimkeit, da Sie offensichtlich „Verbaldiarrhö“ haben, sollten Sie sich vielleicht anderswo ausleben. Vielleicht lassen Sie mich erst einmal vortragen. Sie haben nachher genug Zeit, selbst vorzutragen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Außer Beleidigungen fällt Ihnen nichts ein!)

Der Punkt ist ein anderer: Wir haben uns bei dem Thema „Zukunft der Finanzverwaltung“ darauf geeignet, einen parteiübergreifenden Konsens zu schließen – an dieser Stelle sind wir mit dem Minister auch einig –, damit junge Menschen den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen als attraktiven Arbeitgeber empfinden und wir Stellen ausreichend besetzen können, um die in Pension gehenden Beamtinnen und Beamten zu ersetzen.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Ihr habt doch gar keine eingestellt!)

Deshalb ist es besonders wichtig, jetzt auch im Haushaltsvollzug darauf zu achten, dass wir diese Stellen tatsächlich besetzen können. Da ist es ein fatales Signal, larmoyant darüber hinwegzugehen, dass man im Haushaltsvollzug 10.000 Stellen nicht besetzen kann. Das ist ein riesiges Problem. Ich bin noch nicht an Punkt, Ihnen zu sagen, das sei Ihr Problem und Ihre alleinige Schuld, bin aber schon überrascht, mit welcher Larmoyanz Sie darüber hinweggehen, dass wir hier ein echtes strukturelles Problem haben. Das wird der Situation nicht gerecht.

(Beifall von der CDU)

Wenn man auf der anderen Seite schaut, wie Sie mit Personal umgehen, erkennt man, dass zur Wahrheit auch gehört: Im Jahr 2010 haben wir deutlich weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien des Landes gehabt als heute. Allein im Jahr 2016 ist die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien um 230 gewachsen, in der Summe um fast 5 %. Das zeigt, dass die Prioritäten dort offensichtlich verschoben sind.

Wenn wir also Probleme in den Schulen, bei der Polizei und anderswo haben, auf der anderen Seite aber einen Stellenwuchs um 5 % in den Ministerien, dann ist hier etwas, was die Landesregierung erklären muss. Das kann man nicht einfach mit dem Hinweis darauf abtun, dass die Abteilung 6 des Innenministeriums ja kein eigenes Landesamt für Verfassungsschutz sei – was übrigens wahrscheinlich ein struktureller Fehler ist. Das kann man auch nicht damit rechtfertigen, dass man sagt: Wir haben ja immer mehr Aufgaben der Koordination.

Nein, das hängt zum Beispiel auch damit zusammen, dass sich die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pressestelle des Finanzministeriums gegenüber 2010 schlicht verdoppelt hat. Das hängt auch damit zusammen, wo man politische Schwerpunkte setzt – offensichtlich eher im Beschreiben von Papier, im Verfassen von Pressemitteilungen, im Abgeben von Pressestatements als in der harten Arbeit an der Zukunft der Finanzverwaltung, Herr Minister.

(Beifall von der CDU)

Bei der Schulpolitik ist es nicht wesentlich anders. Die CDU-Fraktion hat schon vor 2015 sehr klar gesagt: Wir glauben, dass Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben entlastet werden sollen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Und hat dafür Lehrer- stellen gestrichen!)

Wir haben das Problem mit einem Modellprojekt der Schulverwaltungsassistenten zumindest anzugehen versucht. Sie lassen das Projekt einfach auslaufen, haben aber jetzt Tausende Lehrerstellen nicht besetzt. Sie könnten Lehrer aus Verwaltungsaufgaben herausziehen und in den Unterricht zurückbringen, wenn Sie unser Projekt weitergeführt hätten.

(Beifall von der CDU)

Aber weil Sie ja 2010 nichts Besseres zu tun hatten, als die vermeintliche Episode der Landespolitik von 2005 bis 2010 radikal wie eine Damnatio memoriae rückabwickeln zu wollen, statt sich anzuschauen, was gut war und was nicht gut war, wie man das unter Profis täte, haben Sie jetzt das Problem, dass Sie das natürlich nicht wieder einführen können. Sie könnten Menschen einstellen, die Verwaltungsaufgaben erfüllen – genauso, wie Sie es bei der Polizei tun könnten, und genauso, wie wir es an anderen Stellen auch haben, beispielsweise in der Justiz.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Hendricks?