Marcus Optendrenk

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Herzlichen Dank zunächst. – Herr Minister, Sie haben jetzt sehr ausführlich dargelegt, welche Bereinigungseffekte Sie in Ihren Vorlagen auch bezogen auf das jeweilige Stichdatum 30.06. vorgenommen haben. Könnten Sie uns genau darstellen, in welchen Arbeitnehmerbereichen in der Landesverwaltung es vorgegebene feste Einstellungstermine in dem Zeitraum zwischen 30.06. und 31.12. gibt?
Ja. Herr Minister, wenn das ein so großes Übel ist und Sie eben noch mal bestätigt haben, dass sachgrundlos befristet wird, dann stellt sich eine Reihe von Fragen. Sie haben uns in einer Anlage zu einer Vorlage am 7. März die stichtagsbezogenen Zahlen zum 31.12.2015 vorgelegt. Da ist allerdings absehbar, dass im Verhältnis zum 31.12.2016 nach Ihren eigenen Angaben 1.650 Stellen zusätzlich befristet worden sind. Können Sie uns erklären, wie das zu Ihren Aussagen bisher passt?
Ich wollte die Gelegenheit nutzen und Sie bitten, dass Sie sich in der Landesregierung, auch mit dem Innenminister, vielleicht noch einmal in der Frage hinsichtlich der 62 sachgrundlos befristeten Stellen im PP Köln abstimmen. Kann die Landesregierung den bisher sachgrundlos befristeten Beschäftigten dort eine Zusage geben, dass sie jeweils einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten?
Herr Minister, Sie haben gerade noch mal das Thema der Steuer-CDs angesprochen. Ich bin sicher, dass Sie gleich auf Nachfrage Ihren Vorgänger an der Stelle loben werden, dass er seinerzeit den Schritt gemacht hat, als Erster eine solche CD anzukaufen. Denn sonst hätten Sie diese erfolgreiche Praxis gar nicht fortsetzen können. Da ist das Geschäftsmodell ja begründet worden.
Ich habe mich aber deshalb gemeldet, weil ich Sie fragen will, ob Sie zur Kenntnis genommen haben, dass Ihr Vorgänger sich in dem Untersuchungsausschuss in Berlin zu dieser Frage, ob er im Aufsichtsrat oder in anderer Weise davon Kenntnis gehabt hat oder danach gefragt hat, dahingehend eingelassen hat, dass er tatsächlich nachgefragt habe, ihm aber 2009 explizit die Auskunft gegeben worden sei, dass dies weder in der Vergangenheit Geschäftsmodell gewesen sei noch in der Gegenwart und von daher auch keine Anhaltspunkte waren – bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie dann konkrete Anhaltspunkte auch durch Ihre bundespolitischen Diskussionen, unsere Diskussionen und die Aktivitäten im Bereich der Portigon hatten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, die Uhrzeit ist spät. Man würde vielleicht nicht unbedingt vermuten, dass man zu dieser Uhrzeit noch einen wichtigen Gesetzentwurf auf der Tagesordnung hat. Aber er ist wichtig, denn es geht um die Besoldungserhöhung für fast 300.000 Beamtinnen und Beamte. Es geht um viele Pensionärinnen und Pensionäre in unserem Land. Es geht um viele Menschen. Und es geht darum, wie wir als Land mit diesen Menschen umgehen. Hinzu kommt eine Personengruppe in den Kommunen, Beamtinnen und Beamte, für die dieses Gesetz auch gilt.
Das heißt, wir haben uns hier sehr konkret mit der Lebenswirklichkeit dieser Menschen zu beschäftigen, aber nicht nur mit der Frage, wie es dann in ihrem Portmonee aussieht, sondern auch mit der Frage, wie wir als Parlament, wie die Landesregierung die Arbeit dieser Menschen schätzt.
Denn Leistung muss sich lohnen. Gute Leistung muss anerkannt werden. Und wir brauchen auch in Zukunft – Frau Gebhard, da sind wir uns sicherlich einig, auch aus der gemeinsamen Arbeit im Haushalts- und Finanzausschuss und im Unterausschuss Personal – Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, dass junge Menschen sich heute und in Zukunft für diese Verwaltung entscheiden. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die einen Beitrag dazu leisten, dass der öffentliche Dienst in NordrheinWestfalen nicht nur wegen des Aspektes Sicherheit attraktiv ist.
Leistung muss sich lohnen. Das bedeutet auch, dass unsere Beamtinnen und Beamten auf Dauer angemessen und ordentlich bezahlt werden müssen. Aus diesem Grund haben CDU und FDP gemeinsam 2013/2014 gegen die seinerzeitigen Regelungen im Besoldungsgesetz dieses Landes geklagt.
Wir haben erreicht, dass das, was als Nullrunde daherkam, in Zukunft so nicht mehr passieren kann; denn wenn wir nicht gegen eine Regelung geklagt hätten, die damals ein Schlag ins Gesicht der Beamtinnen und Beamten war, hätten wir bei dem, was wir heute an dieser Stelle verabschieden, keine Einmütigkeit.
Es hätte wahrscheinlich auch keine Gespräche mit den Gewerkschaften und den Berufsverbänden in der Art und Weise gegeben, wie sie die Landesregierung in den letzten Monaten geführt hat, denn davor war Funkstille.
Die Frage, wie das Tarifergebnis 2013/2014 übernommen worden wäre, wäre auch anders beantwortet worden. Damals – Herr Finanzminister, das müssen Sie sich auch heute noch vorhalten lassen – hat die Landesregierung das schlicht und ergreifend in Gutsherrenart durchgezogen. Das hat das Verfassungsgericht in Münster zum Glück gestoppt. Das ist nicht schlimm, wenn Sie heute aus den Fehlern von damals gelernt haben.
Möglicherweise wäre es auch richtig gewesen, im Gegensatz zu der jetzt dreimonatigen Verzögerung bei der Übernahme des Tarifabschlusses eine Einszu-eins-Übertragung vorzunehmen. Das wäre nämlich insofern eine Wertschätzung gewesen, als wir gerade in den letzten Wochen alle miteinander festgestellt haben, dass ganz viele von den Stellen, die in den letzten zwei Jahren eingerichtet werden sollten, um besetzt zu werden, in vielen Bereichen nicht besetzt worden sind. Das hat unterschiedliche Gründe, die wir, glaube ich, um diese Uhrzeit nicht noch einmal rekapitulieren wollen. Das haben wir an anderer Stelle getan.
Wenn Sie das aber möchten, können wir das gern tun, und wenn Sie dann noch Fragen an mich haben, Herr Kollege, machen wir das in Form einer Frage oder eine Kurzintervention. Wenn Sie Zeit haben, habe ich die sicherlich auch.
Aber wir wissen alle, wenn mehr als 10.000 Stellen im Landesdienst nicht besetzt sind, müssen andere mehr arbeiten. Das, was wir in diesem Jahr an Geld ganz erkennbar nicht benötigen, hätte man durchaus einsetzen können, um den Tarifabschluss nicht mit einer dreimonatigen Verzögerung zu übertragen.
Stellen Sie sich einmal vor, wenn ich die nicht zuließe.
Herr Kollege, ich bedanke mich herzlich für die Frage. Sie gibt mir
nämlich die Möglichkeit, Ihnen noch einmal zu erklären, was Ihnen offensichtlich nur akustisch nahegebracht worden ist. Aber vielleicht kann ich Ihnen das noch einmal etwas deutlicher erklären.
Schauen Sie, wir können in Nordrhein-Westfalen froh sein, dass wir so viele Menschen haben, die über ihre Pflichten hinaus arbeiten: Menschen, die zum Beispiel Unterrichtsausfall dadurch kompensieren, dass sie Überstunden leisten. Polizistinnen und Polizisten leisten Millionen Überstunden. Wir haben das Thema „Überstundenberg“ in einem der vorherigen Tagesordnungspunkte ausführlich behandelt. Um Ihre Zeit nicht zu strapazieren, möchte ich es bei den Beispielen, die Sie sicher jetzt verstanden haben, belassen.
Um es Ihnen klar zu sagen: Wenn die Landesregierung vorgeschlagen hätte, in diesem Jahr nicht mit drei Monaten Verzögerung zu übertragen, sondern eins zu eins und zeitgleich, hätten wir als CDUFraktion diesem Gesetzentwurf auch zugestimmt.
Aber Sie wissen, Einigung ist Einigung. An der Stelle haben Sie sich auch mit den Verbänden und den Gewerkschaften geeinigt. Das ist dann so in Ordnung. Wir hätten uns an der Stelle dieses Jahr mehr vorstellen können. Wir werden diesem Gesetz auch in der zweiten Lesung zustimmen. – Danke schön.
Ich wollte Ihnen nur die Frage stellen, ob Sie mit mir der Meinung sind, dass, wenn der Chef der Staatskanzlei den Parlamentarischen Geschäftsführern und dem Ältestenrat ein solches Anliegen stellt, um Gesetzeskraft herbeizuführen, es vielleicht nicht so angemessen ist, hier als Minister daraus einen parteipolitischen Zinnober zu machen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Papier ist geduldig. Auf Papier kann man viel aufschreiben, zum Beispiel politische Programmsätze. Man kann Sätze aufschreiben, die Ziele formulieren, ohne dass man sie zunächst einmal umsetzen muss.
Die Wahrheit ist aber: Die Bürger sind meistens nicht so geduldig, wie das Papier, auf das Programmsätze geschrieben werden. Die Bürgerinnen und Bürger wollen auch sehen, dass ein politisches Programm umgesetzt wird. Dazu hatte diese Landesregierung jetzt sieben Jahre Zeit.
Aber was ist die Bilanz beim Thema „Stellen“? Was ist die Bilanz beim Thema der Besetzung von Stellen, um politische Ziele umzusetzen? Wer Tausende neue Lehrerstellen ankündigt, muss sie auch besetzen. Denn unbesetzte Lehrerstellen können nicht unterrichten. Unbesetzte Polizistenstellen können keine Einbrüche verhindern. Unbesetzte Stellen in Finanzämtern können auch keine Steuer-CDs auswerten.
Das hat auch die damalige Oppositionsführerin und heutige Ministerpräsidentin im Jahr 2009 so formuliert – ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren – und an die damalige Schulministerin von der CDU/FDP-Landesregierung gerichtet:
„Sie haben sofort verkündet: NRW ist spitze. – Die Zahlen für das Jahr 2009 sehen auf den ersten Blick auch ganz gut aus. Das Problem ist nur: Das sind die Sollzahlen. Das sind sozusagen Wunschzahlen und Haushaltsansätze. Wir haben im Schuletat gelernt: Sollzahlen sind oft Fantasiezahlen. Deshalb schauen wir besser auf die Zahlen aus dem Jahr 2006. Das sind nämlich Ist-Zahlen. Das sind Daten und Fakten.“
Wir nehmen die heutige Landesregierung, die von SPD und Grünen getragen wird, auch wenn die Regierungsbank gerade im Plenum leider nicht besetzt ist,
beim Wort dessen, was die damalige Oppositionsführerin und heutige Ministerpräsidentin gesagt hat. Wir messen Sie an Ihren eigenen Maßstäben. Denn diese Zahlen sind Ist-Zahlen.
Auch wenn die Ministerpräsidentin und alle ihre Minister offensichtlich gerade anderes zu tun haben,
ist es so, dass diese Ist-Zahlen von ihr als die Wahrheit sowie als Zahlen, Daten und Fakten beschrieben worden sind.
Die jetzt vorliegenden Ist-Zahlen stammen aus einer Vorlage des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2017. Zu der Entstehungsgeschichte und dem Zahlendesaster werde ich nachher noch etwas sagen. Aber klar ist: Ende 2016 waren in der gesamten Landesverwaltung fast 10.000 Stellen unbesetzt. Davon sind Ende 2016 allein im Schulbereich über 4.300 Stellen unbesetzt gewesen.
Ja, bitte.
Herr Kollege Ellerbrock, ich danke Ihnen deshalb für die Zwischenfrage, weil damit deutlich wird, wie ernst diese Regierung das Parlament nimmt.
Die Bürgerinnen und Bürger wissen genau, dass es jetzt gerade nicht um die Sache zwischen Parteien und Fraktionen, sondern um ihre Angelegenheiten geht. Damit ist klar, dass offensichtlich die politischen Prioritäten bei den fachlich zuständigen Ministern ganz offensichtlich anders gesetzt werden.
Es ist keine Überraschung, dass wir heute dieses Thema hier debattieren.
Ich bin gespannt, welcher Minister zu welcher Uhrzeit hier auf die Reden der Abgeordneten reagieren will, wenn er die Reden selbst gar nicht gehört hat. Das kann nur vorgestanzter Quark werden. Der ist bekanntlich nicht stark, sondern nur breit.
Der Kollege Zimkeit ist offensichtlich ganz irritiert, dass sein eigener Minister nicht da ist. Die Schulministerin ist auch nicht da.
Ja, natürlich. Das ist in Ordnung.
Sie dürfen übrigens von der Regierungsbank nicht dazwischenrufen. Sie sind Gast im Parlament. Daher darf die zuständige Schulministerin oder der zuständige Finanzminister hier erscheinen. Ansonsten melden Sie sich bitte zu Wort. Was Sie jetzt machen, ist eine Parlamentskultur, die ich so noch nicht kennengelernt habe.
Ansonsten könnte der Kollege Ellerbrock auch demnächst bei Ihnen in der Staatssekretärsbesprechung erscheinen und seinen fachlichen Beitrag einbringen.
Wie passt das alles zu Ihren Ankündigungen? Ich möchte den Finanzminister zitieren, weil er das öffentlich und in der Zeitung getan hat.
Der Finanzminister hat sich am 8. März dieses Jahres in der Zeitung mit dem Hinweis darauf zitieren lassen, dass in den Schulen jetzt weniger Stellen gebraucht würden, weil doch nicht so viele Zuwanderer wie geplant gekommen seien.
Die Ministerpräsidentin muss sich dann schon mit ihrer ganzen Landesregierung fragen lassen, ob das die neue Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger ist. Stellenabbau ist also nicht ein Ergebnis eines Besetzungsproblems von Stellen, wie wir es in den letzten Monaten auch von der Schulministerin bei der Beratung des Haushaltsplans 2017 erkennen mussten, sondern er ist politisch gewollt und gesteuert. Er ist offensichtlich nicht etwas Zufälliges, sondern man
will genau das Gegenteil von dem suggerieren, was man sieben Jahre politisch erklärt hat.
Sieben Jahre lang haben Sie politisch erklärt – auch der dankenswerterweise jetzt eintreffende Finanzminister –, dass man den falschen Stellenabbau von Schwarz-Gelb aus 2005 bis 2010 rückgängig machen wolle.
Jetzt erklärt man Stellenabbau und Stellennichtbesetzung im Schulbereich zum politischen Programm.
Sie besetzen vorsätzlich – nach den Aussagen der Ministerpräsidentin – Stellen nicht, weil sie gar nicht besetzt werden müssen. Das ist eine neue Philosophie, die Sie uns einmal erklären müssen.
Das ist ein Zitat der Ministerpräsidentin aus der „Rheinischen Post“. Das kennen Sie ganz genau. Da können Sie noch so viel dazwischenrufen, Herr Kollege Zimkeit. Sie haben ja gleich die Möglichkeit, vom Redepult Ihre Sicht der Dinge darzustellen.
Als zwischenrufpolitischer Sprecher haben Sie sich hier wieder ausreichend qualifiziert.
In den Finanzämtern sind derzeit nach den Aussagen des Finanzministers über 1.000 Stellen nicht besetzt. Entsprechende Probleme haben wir auch bei der Polizei.
Da wissen wir übrigens – da gibt es keinen politischen Dissens in diesem Haus –, dass wir schon darauf achten müssen, die demografiefeste Einstellung von Beamtinnen und Beamten sicherzustellen, und dass wir ein riesiges Problem damit haben, im Arbeitsmarkt in der derzeitigen demografischen Situation ausreichend Personal auf Dauer zu finden.
Herr Zimkeit, da Sie offensichtlich „Verbaldiarrhö“ haben, sollten Sie sich vielleicht anderswo ausleben. Vielleicht lassen Sie mich erst einmal vortragen. Sie haben nachher genug Zeit, selbst vorzutragen.
Der Punkt ist ein anderer: Wir haben uns bei dem Thema „Zukunft der Finanzverwaltung“ darauf geeignet, einen parteiübergreifenden Konsens zu schließen – an dieser Stelle sind wir mit dem Minister auch einig –, damit junge Menschen den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen als attraktiven Arbeitgeber empfinden und wir Stellen ausreichend besetzen können, um die in Pension gehenden Beamtinnen und Beamten zu ersetzen.
Deshalb ist es besonders wichtig, jetzt auch im Haushaltsvollzug darauf zu achten, dass wir diese Stellen tatsächlich besetzen können. Da ist es ein fatales Signal, larmoyant darüber hinwegzugehen, dass man im Haushaltsvollzug 10.000 Stellen nicht besetzen kann. Das ist ein riesiges Problem. Ich bin noch nicht an Punkt, Ihnen zu sagen, das sei Ihr Problem und Ihre alleinige Schuld, bin aber schon überrascht, mit welcher Larmoyanz Sie darüber hinweggehen, dass wir hier ein echtes strukturelles Problem haben. Das wird der Situation nicht gerecht.
Wenn man auf der anderen Seite schaut, wie Sie mit Personal umgehen, erkennt man, dass zur Wahrheit auch gehört: Im Jahr 2010 haben wir deutlich weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien des Landes gehabt als heute. Allein im Jahr 2016 ist die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien um 230 gewachsen, in der Summe um fast 5 %. Das zeigt, dass die Prioritäten dort offensichtlich verschoben sind.
Wenn wir also Probleme in den Schulen, bei der Polizei und anderswo haben, auf der anderen Seite aber einen Stellenwuchs um 5 % in den Ministerien, dann ist hier etwas, was die Landesregierung erklären muss. Das kann man nicht einfach mit dem Hinweis darauf abtun, dass die Abteilung 6 des Innenministeriums ja kein eigenes Landesamt für Verfassungsschutz sei – was übrigens wahrscheinlich ein struktureller Fehler ist. Das kann man auch nicht damit rechtfertigen, dass man sagt: Wir haben ja immer mehr Aufgaben der Koordination.
Nein, das hängt zum Beispiel auch damit zusammen, dass sich die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pressestelle des Finanzministeriums gegenüber 2010 schlicht verdoppelt hat. Das hängt auch damit zusammen, wo man politische Schwerpunkte setzt – offensichtlich eher im Beschreiben von Papier, im Verfassen von Pressemitteilungen, im Abgeben von Pressestatements als in der harten Arbeit an der Zukunft der Finanzverwaltung, Herr Minister.
Bei der Schulpolitik ist es nicht wesentlich anders. Die CDU-Fraktion hat schon vor 2015 sehr klar gesagt: Wir glauben, dass Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben entlastet werden sollen.
Wir haben das Problem mit einem Modellprojekt der Schulverwaltungsassistenten zumindest anzugehen versucht. Sie lassen das Projekt einfach auslaufen, haben aber jetzt Tausende Lehrerstellen nicht besetzt. Sie könnten Lehrer aus Verwaltungsaufgaben herausziehen und in den Unterricht zurückbringen, wenn Sie unser Projekt weitergeführt hätten.
Aber weil Sie ja 2010 nichts Besseres zu tun hatten, als die vermeintliche Episode der Landespolitik von 2005 bis 2010 radikal wie eine Damnatio memoriae rückabwickeln zu wollen, statt sich anzuschauen, was gut war und was nicht gut war, wie man das unter Profis täte, haben Sie jetzt das Problem, dass Sie das natürlich nicht wieder einführen können. Sie könnten Menschen einstellen, die Verwaltungsaufgaben erfüllen – genauso, wie Sie es bei der Polizei tun könnten, und genauso, wie wir es an anderen Stellen auch haben, beispielsweise in der Justiz.
Ich würde gern im Zusammenhang vortragen.
Sie haben in den letzten sieben Jahren die Lösung erheblicher struktureller Probleme also nicht angegangen.
Herr Finanzminister, wenn Sie dann eine Kleine Anfrage des Kollegen Stein nach vier Wochen unvollständig beantworten, wenn Sie Vorlagen mit zwei Wochen Vorlauffrist im HFA mit davon abweichenden Zahlen beantworten und wenn Sie immer wieder erklären, das sei schließlich unter hohem Zeitdruck erstellt worden, dann kann ich Ihnen nur sagen: Offensichtlich sind Sie auch beim Thema „Digitalisierung Ihrer Verwaltung“ in den letzten sieben Jahren nicht wesentlich weitergekommen.
Die Ministerpräsidentin könnte sich ihre Ausflüge nach Estland, Sie könnten sich Ihre Ausflüge nach Österreich schlichtweg noch einmal vor Augen führen. Wenn es im Nordrhein-Westfalen des 21. Jahr
hunderts nicht möglich ist, auf Tastendruck festzustellen, wie viele Mitarbeiter beim Landesamt für Besoldung und Versorgung besoldet sind, wie viele Stellen im Schulministerium besetzt sind und wie viele einzuplanen sind und wie viele in der Finanzverwaltung, wie viele Menschen von uns Geld bekommen, wie viele für uns arbeiten, dann haben wir durchaus ein paralleles Problem zu dem unter dem Tagesordnungspunkt 1 behandelten.
Das sollten wir uns bitte alle vor Augen führen. Wir sollten aufhören, so zu tun, als könne man sich ständig damit herausreden, dass alle Zahlen vier Wochen später wieder völlig andere seien. Sie haben 31 Positionen Ihrer Vorlage gegenüber dem HFA neulich korrigieren müssen und dann geschrieben: Wir haben noch einmal bei den Ressorts nachgefragt und erhielten leider an 31 Stellen andere Antworten. – Sie hatten wochenlang Zeit, das entsprechend zu prüfen. Offensichtlich fehlt es an der notwendigen Sorgfalt.
Wenn in Zeiten wie diesen eine Regierung unter den Verdacht gerät, dass sie die im Amt erforderliche Sorgfalt nicht aufbringt, dass sie es zum Beispiel auch nicht schafft, rechtzeitig zum Beginn einer Debatte hier zu sein, dann ist das durchaus bezeichnend für die Zukunft des Landes. Sie machen offensichtlich lieber PR, Propaganda und Wahlkampf, als dieses Land zu regieren.
Sie haben noch bis zum 14. Mai dieses Jahres Zeit. Sie haben eine Amtspflicht. Ich bitte Sie, diese auch zu erfüllen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was die Kollegin Gebhard hier vorgetragen hat, war eine interessante Vermischung dessen, was wir auch ansonsten immer erleben, nämlich von Soll und Ist. Das Problem dieser ganzen Debatte – deshalb will ich Ihnen das an der Stelle noch einmal sagen – ist ganz klar das Problem von Soll und Ist.
Wir haben ein schönes Verhaltensmuster, an dem wir es an einem kleinen Baustein deutlich machen können. Der Minister hat auch wieder wortreich versucht, das ein Stück weit durch Allgemeinplätze und Willensbekundungen zu relativieren.
Die Frau Ministerpräsidentin hat von diesem Pult aus hier am 14. Januar 2016 erklärt, sie wolle mit der Landesregierung – und bitte das Parlament um beschleunigte Zustimmung – ganz schnell 500 zusätzliche Polizisten einstellen, Stichwort: Charlie Hebdo. Dann haben wir ein sehr vereinfachtes Verfahren gemacht, den Haushalt schnell zu genehmigen. Die Botschaft war: Wir wollen auch mehr Sicherheit. Wir wollen mehr Polizistinnen und Polizisten. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten entsprechend erhöhen.
Ende 2016 ist der Status, dass wir etwa 1.600 Beamten- und Angestelltenstellen bei der Polizei unbesetzt haben und dass der gesamte Polizeibereich nicht nennenswert gestärkt ist. Von diesen 500 Stellen sind tatsächlich – und das ist die Auskunft der Landesregierung – nur 94 besetzt worden. Das heißt, 500 wurden Anfang 2016 versprochen, und am Ende des Jahres sind 94 besetzt. Wenn Sie in dem Tempo weitermachen würden, bräuchten wir zusammen die nächste Wahlperiode, damit die Ankündigung dieser 500 umgesetzt würde.
Das ist genau der Punkt, um den es hier geht. Sie machen Luftblasen, Wolken und Ankündigungen, und die Fakten sprechen gegen Sie. Das werden die Leute auch merken. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ein bisschen hin- und her gerissen bei dem, was der Kollege Zimkeit hier eben präsentiert hat. Zum einen finde ich es richtig, dass er darauf hingewiesen hat, dass wir es bei einer Sparkasse mit einer anderen Struktur zu tun haben als bei denen, die zwingend unter reiner Gewinnoptimierung arbeiten. Zum anderen hat er auf die Stabilität des Drei-Säulen-Modells zwar ein bisschen hingewiesen, aus meiner Sicht hätte man das aber etwas differenzierter tun können.
Aber, Herr Kollege Zimkeit, was Sie im Zusammenhang mit der Wahlperiode 2005 bis 2010 veranstaltet haben: Da haben Sie wieder auf den Märchenerzähler umgeschaltet. Das Sparkassengesetz von 2008 enthält keinerlei Regelungen zu irgendeiner Form von Privatisierung.
Ganz im Gegenteil: Es ist damals explizit von Ihrem Vorgänger Börschel mitgetragen worden, und es hat sogar Regelungen gegeben, die auf Antrag der SPD hineingekommen sind, weil wir diese Regelungen für sinnvoll hielten und sie aus der Praxis kamen.
Von daher sollten wir uns besser auf das gemeinsame Fundament stützen, das wir damals geschaffen haben.
Erzählen Sie Ihre Märchen weiter. Aber Sie tun den Sparkassen und dem Anliegen, das Sie hier vorgetragen haben und angeblich vertreten, keinen Gefallen, wenn Sie den Konsens an dieser Stelle gefährden.
Auf der anderen Seite stellt sich aber die Frage – das richtet sich an die Piraten –: Ob Führungspositionen bei öffentlichen Unternehmen angemessen vergütet werden, das beschäftigt die Politik und die Öffentlichkeit in der Tat seit vielen Jahren. Diese Frage – das will ich sagen – ist auch grundsätzlich berechtigt. Da hat es in der Vergangenheit manche Übertreibungen gegeben. Ich erinnere nur daran, dass es in Nordrhein-Westfalen auch einmal eine Landesbank gegeben hat, bei der man unabhängig davon, welcher Couleur die Leute dort waren, sagen kann: Sie haben ein bisschen zu viel bekommen.
Die Wahrheit ist aber auch – das ist etwas, was Sie an der Stelle bitte ernsthaft bedenken sollten –: Auch bei öffentlichen Unternehmen gerade in kommunaler Hand und auch bei anderen haben inzwischen schon andere Maßstäbe Einzug gehalten. Da ist in der Vergangenheit vieles schon korrigiert worden, ob das bei Stadtwerken, bei Landesbanken, bei Sparkassen, bei Beteiligungsunternehmen von Kommunen und von Ländern der Fall ist. Sie sind nicht die Ersten, die auf die Idee kommen, dass man da Missstände beseitigen müsste.
Den Anspruch haben Sie auch nicht. Aber ich will an der Stelle nur sagen: Das ist etwas, wo die Diskussion in der Tat weiter ist, als es nach dem, was Sie hier beantragt haben, den Anschein hat. Unsere nordrhein-westfälischen Sparkassen sind nämlich zweifellos in dem von Herrn Zimkeit zu Recht beschriebenen Wettbewerb mit anderen. Dieser Wettbewerb wird eben nicht nur über Kunden und um Kunden geführt, sondern auch um gutes Personal: um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch um gutes Führungspersonal.
Daher sind die schon angesprochenen Verbandsempfehlungen, gerade weil sie das Thema „Versorgung“ heute anders sehen als in der Vergangenheit, sicherlich ein ganz richtiger Schritt in die richtige Richtung. Es hat in der Vergangenheit manche Regelung bei den Sparkassen gegeben, die wir als normale Arbeitnehmer, als normale Beamtinnen und Beamte, als normale Pensionäre und Rentner nicht verstehen können. Das ist für alle neuen Verträge anders geregelt, und das ist richtig so.
Die Vergütung muss insgesamt mit Augenmaß erfolgen. Trotzdem ist es richtig: Die Vorstände sind Führungspersonal, und Führungspersonal hat eine andere Qualifikation. Auch in einem bestimmten Marktsegment hat sie einen bestimmten Preis. Auch das ist Marktwirtschaft. Solange wir die Sparkassen in einem Wettbewerb antreten lassen – im Markt von Bankdienstleistungen –, müssen die sich auch ein Stück weit an diesen Markt orientieren können.
Das Thema „Gehaltsdeckel“ ist aber aus einem eben schon von Ihrem Kollegen Lindner in einem Zwischenruf richtigerweise angesprochenen Grund hochspannend. Es wäre durchaus zu fragen, ob wir uns nicht mit Beteiligungsunternehmen der öffentlichen Hand insgesamt noch einmal beschäftigen müssten. Es wäre nämlich schön, wenn die Beteiligungsunternehmen auch von Ländern und nicht nur von Kommunen in Nordrhein-Westfalen den Maßstäben entsprächen, die wir alle hier wahrscheinlich jedenfalls im Grundsatz für angemessen halten.
Da geht es um das Land Niedersachsen. Herr Wirtschaftsminister, es wäre schon sehr schön, wenn auch SPD-geführte Bundesländer und ihre Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister das Maß hielten, das wir hier gemeinsam – auch Sie, Herr Finanzminister – von Sparkassen und anderen immer wieder einfordern. Es wäre gut, wenn auch Ihre Parteifreunde mit dem gleichen Maßstab messen würden, den wir hier alle an die anderen anlegen.
Es kann doch nicht sein, dass wir 12 Millionen € Abfindung für jemanden, der für Ethik im Vorstand eines Beteiligungsunternehmens eines Bundeslandes tätig ist, als öffentlich nicht zu kritisieren bezeichnen. Das kann doch nicht wahr sein.
Deshalb wäre es auch mit Blick auf das, was die SPD zum Thema „bessere Löhne“ derzeit öffentlich erklärt, ganz gut, wenn bessere Löhne möglicherweise nicht nur bei Sparkassenvorständen, sondern auch durch Ihre Parteifreunde in der Praxis bei Beteiligungsunternehmen der öffentlichen Hand gedeckelt würden. Herr Minister, ich bin sehr gespannt, wie Sie sich dazu äußern werden.
Herzlichen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich habe in unserer gesamten Debatte bisher verstanden, dass der Kollege Zimkeit der Einzige war, der das gesagt hat, was Sie gerade kritisiert haben. Haben Sie damit den Kollegen Zimkeit kritisieren wollen?
Herr Minister, ich danke Ihnen, dass Sie die Frage noch zulassen. Könnten Sie uns vielleicht erklären, wie es angehen kann, dass wir in bestimmten Bereichen, etwa in der Flüchtlingsarbeit, und zwar gemeinsam, auch im Parlament, festgelegt haben – Sie haben das vorgeschlagen –, dass pensionierte Beamtinnen und Beamte ohne Anrechnung auf die Pension beschäftigt werden können, dies aber mehr als anderthalb Jahre lang für die Schulen als ein mehrfach erfolgter Vorschlag der Union abgelehnt worden ist, und Ihre Kollegin jetzt händeringend darum kämpft, es doch so zu machen? Könnte das einer der Gründe sein, warum Sie gerade im Schulbereich eine schlechte Stellenbesetzung vorweisen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen für Steuergerechtigkeit. Auch in Zukunft soll jeder einen angemessenen Teil zur Finanzierung öffentlicher Leistungen beitragen. Niemand darf sich seiner angemessenen Verantwortung für die Gesellschaft entziehen. Dazu werden wir weiter Steuerschlupflöcher schließen und Steuerhinterziehung bekämpfen. Das hat der CDU-Bundesvorstand am 13./14. Januar 2017 beschlossen.
Damit unterstützt die Union zu 100 % den erfolgreichen Kurs von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Wegen seiner beharrlichen Arbeit in der Bundesregierung, in Europa, in der OECD, in der G20 gehört Deutschland zu den Vorreitern im Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und unsoziale Steuergestaltung.
Seit Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister ist, hat Deutschland auf diesem Feld viel mehr erreicht
als in den 30 Jahren davor. Das schließt, Kollege Zimkeit, insbesondere die Zeit von 1998 bis 2009 mit ein. In dieser Zeit ist auf diesem Feld nämlich nichts geschehen. Bekanntermaßen hießen da die Finanzminister auf Bundesebene Hans Eichel und Peer Steinbrück und gehörten Ihrer Partei an.
In Erinnerung ist eher geblieben, dass sich Peer Steinbrück für Steuererleichterungen für Heuschrecken eingesetzt hat, um den internationalen Kapitalmarkt mehr nach Deutschland zu holen. Die Milliarden an Steuerausfällen, die daraus resultierten, haben wir heute noch gut in Erinnerung. Manches, was Sie heute als unsozial diskutieren, was wir heute gemeinsam versuchen, in Bund und Land zu korrigieren, stammt aus der Zeit von Hans Eichel und von Peer Steinbrück als Bundesfinanzminister.
Es war ganz im Gegenteil Wolfgang Schäuble, der auf europäischer Ebene das Projekt – der Fachbegriff ist BEPS – vorangetrieben hat, Gewinnverlagerungen und Gewinnverkürzungen entsprechend einzuschränken. Er hat das von Beginn an mit unterschrieben.
All das, was wir hier auf Landesebene diskutieren, kommt mir als Relativierung vor, als der Versuch, einen Popanz aufzubauen, als würde der Bundesfinanzminister nicht genug tun, und Sie hätten den Stein der Weisen erfunden.
Die Wahrheit ist aber: In der Großen Koalition in Berlin ist viel Gutes dazu passiert, übrigens auch in Zusammenarbeit mit Ihrem ehemaligen oder NochWirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Es wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie nicht immer den Eindruck erzeugen würden, dass die Bundesregierung an der Stelle nicht arbeiten würde. Das ist erstens falsch und zweitens für einen Genossen verdammt unsolidarisch gegenüber seinen Berliner Freunden.
Im Sommer haben sich übrigens die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf weitere Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung geeinigt, und zwar wieder unter maßgeblicher Beteiligung des Bundes.
Ja.
Herr Kollege Abel, danke, dass Sie danach fragen. Der Punkt ist nur: Wir sind hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen.
Ich finde es schon bemerkenswert, was Sie hier permanent tun. Ich habe ja versucht, Ihnen darzustellen, dass es sich tatsächlich nur um eine bundespolitische Materie handelt. Das, was Sie hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen regelmäßig seit zwei, drei Jahren betreiben, geschieht doch nur, um davon abzulenken, dass Sie keine Idee haben, wo das Land hinsoll, wie Sie den Haushalt strukturell in den Griff bekommen.
Führen Sie sich einmal vor Augen, was Sie hier wissen wollen. Sie werfen eine bundespolitische Fragestellung auf, zu der das Gesetzgebungsverfahren läuft. Zusammen mit Ihren Kollegen in Berlin könnten Sie daran mitwirken. Warum diskutieren Sie es an dieser Stelle? Ich versuche, mich den Dingen zu stellen, obwohl wir im Landtag explizit nicht für Fragen der Steuerpolitik zuständig sind. Daher bitte ich herzlich, dass wir uns darauf konzentrieren, das zu tun, wofür wir gewählt worden sind.
Die Kollegen in Berlin sind für die bundespolitischen Themen gewählt worden.
Ich berichte jetzt einfach weiter. Bei den Steuervermeidungsstrategien, die wir auf Bundesebene, auf europäischer Ebene, in der OECD und G20 miteinander vereinbart haben – die Bundesregierung treibt das aus meiner Sicht sehr sinnvoll voran –, handelt es sich nicht um einfache Dinge, zu denen man mal eben im Landtag sagen kann: Lasst uns doch dieses und jenes unterstützen, dann ist es schon passiert. – Sie wissen doch selbst – und das ist nicht nur in der Steuerpolitik so –, dass die Dinge
viel mit dem Bohren ganz dicker Bretter zu tun haben.
Ich darf noch ein weiteres Beispiel vortragen. Am 21. Dezember hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Bekämpfung von Steuerumgehung beschlossen. Darin geht es unter anderem um eine Regelung für Briefkastenfirmen. Demnächst muss beim Finanzamt gemeldet werden, wenn man da sein Geld anlegt. Noch viele andere sinnvolle Dinge stehen darin.
Gerade heute ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Thema „Lizenzschranke“ vorgelegt worden. Damit – das war einer der ganz wesentlichen Punkte, die uns allen, glaube ich, sehr auf den Nägeln brennen – kann in Zukunft eine deutliche Verbesserung erreicht werden. Es geht darum, dass die Verlagerung von Patent- bzw. Lizenzgebühren innerhalb eines Konzerns in Zukunft so nicht mehr passieren kann, dass man nicht einfach die Gewinne nach Irland, in die Niederlande oder anderswohin verlagern kann, obwohl die tatsächliche Wirtschaftsleistung hier passiert; all die Stichwörter haben Sie genannt.
Damit das nicht mehr passieren kann, gibt es die Gesetzgebungsinitiative der Bundesregierung. Dafür sind wir sehr dankbar. Es wäre gut, wenn auch aus diesem Hause ein Signal käme, das wir die Arbeit der Bundesregierung an dieser Stelle unterstützen. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen sollte sich nicht mit Nebenkriegsschauplätzen beschäftigen.
Ich bin der Auffassung, dass wir in Nordrhein-Westfalen so große Aufgaben haben – ob es die innere Sicherheit, die Haushalts- und Finanzpolitik oder die Struktur- und Wirtschaftspolitik ist –, dass wir nicht solche Debatten führen sollten und die Zeit an der Stelle …
Das Thema sollten wir in Berlin miteinander diskutieren. Wir können auch gerne im Wahlkampf darüber sprechen. Es ist im Grunde Ihre Flucht in andere Themen, weil Sie hier nichts zu bieten haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in Deutschland über Malta sprechen, dann am häufigsten im Zusammenhang mit Länderspielen der deutschen Fußballnationalmannschaft. Zuletzt gab es 2010 ein Freundschaftsspiel, das 3:0 ausging. Weniger bekannt ist, dass Malta eines der 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union erst seit 2004 ist.
Woher der Name der Insel stammt, das wissen von uns vermutlich die wenigsten. Ich wusste es, ehrlich gesagt, bevor ich mich auf diesen Tagesordnungspunkt vorbereitet hatte, auch nicht. Aber in der Antike nannten die Punier, ein Handelsvolk aus Nordafrika, diesen Zufluchtsort im Mittelmeer Malet.
Mehr als 2000 Jahre später ist jetzt diese Insel augenscheinlich auch zu einem Zufluchtsort von Menschen geworden, jedenfalls virtuell, die sich selbst Reichsbürger nennen: Deutsche, die immer noch nicht wahrhaben wollen, dass das Deutsche Reiche spätestens mit der Kapitulation vor den Alliierten 1945 sein Ende gefunden hat. Sie behaupten deshalb, dass sie gegenüber dem heutigen deutschen Staat keine Pflichten haben – weder zur Zahlung von Steuern und Abgaben noch zur Befolgung sonstiger Gesetze. Wenn das, wie wir das in den Medien jetzt verfolgt haben, selbst bei der Frage der Brandschau von Schornsteinfegern gilt und da Gewalttätigkeiten ausgeübt werden, dann sehen wir, dass hier eine Grenze weit überschritten ist.
Ausgerechnet Malta ist aber inzwischen einer der beliebtesten Aktionsplätze dieser selbsternannten Reichsbürger. Warum? Reichsbürger lassen eine fiktive Forderung meist in Millionenhöhe in ein Register des amerikanischen Bundesstaates Washington eintragen. Das geht online mit wenig Aufwand und ist ohne Nachprüfung möglich. Diese vermeintliche Forderung wird in der Folge an eine in Malta gegründete Briefkastenfirma abgetreten, die als Inkassounternehmen auftritt.
In Malta wird dann der angebliche Anspruch in einem vereinfachten Verfahren geltend gemacht, der dann in Deutschland tatsächlich durchgesetzt werden soll. Und Opfer dieser Masche sind dann in der Regel diejenigen, die für unseren Staat dafür sorgen sollten, dass hier nach Recht und Gesetz und für jeden Bürger gleichmäßig alles geregelt und insbesondere abgewickelt werden soll.
Das sind nämlich Richter, Staatsanwälte, kommunale Bedienstete, Finanzbeamte und viele andere Angehörige des öffentlichen Dienstes, also Menschen, die dienstlich mit den sogenannten Reichsbürgern zu tun haben und auch gar nicht anders können, als dass sie mit denen zu tun haben, wenn sie sich da entsprechend verhalten, und die unseren Staat und die Bürger repräsentieren, die Menschen, die letztlich von uns bezahlt werden, damit eine freiheitlich-demokratische Grundordnung funktioniert.
Die Aktionen über Malta werden wie auch viele andere Aktivitäten dieser Irrläufer immer dreister und gefährlicher. Auch in der Öffentlichkeit gibt es – ich hatte es angesprochen – eine Vielzahl solcher Vorgänge.
Umso mehr muss es jetzt darauf ankommen, dass die obersten Behörden von Bund und Ländern entschlossen bei der „Malta-Masche“ und bei vielem anderen einschreiten. Unser Antrag beschreibt, dass wir zu der Auffassung gekommen sind, dass das noch nicht ausreichend geschieht.
Zugegeben, manches ist in den letzten Wochen geschehen. Zum Beispiel hat es Aktivitäten des Bundesjustizministers und des Außenministers gegeben in Bezug auf die eine Konstruktion, die da in Rede stand. Aber – ich habe das noch einmal in Berlin nachgefragt – es ist mitnichten so, dass alle Aktivitäten damit unterbunden sind, die im Zusammenhang mit Malta eine Rolle spielen. Es gibt eine Reihe weiterer offener Fragen, die nicht geklärt sind. Das ist der Grund dafür, dass wir entgegen dem Eindruck, den uns die Koalitionsfraktionen schon vor der Debatte vermitteln wollten, der Auffassung sind, dass wir noch keinen Grund haben, die beteiligten Minister in Bund und Land entsprechend zu loben. Es gibt noch erhebliche Probleme.
Wer zum Beispiel auf der Homepage des Justizministeriums von Nordrhein-Westfalen das Stichwort „Malta-Masche“ eingibt, der findet nichts, man findet aber die Europawahl-Ergebnisse von Malta aus 2004. Ganz anders in Sachsen-Anhalt. Da finden Sie auch für Amtsträger umfassende Informationen auf der Homepage des dortigen Justizministeriums.
Auch der Bundesjustizminister muss an der Stelle noch nacharbeiten, was nicht in dem Sinne als Vorwurf gemeint ist, sondern wir haben, glaube ich, einen gemeinsamen Eindruck davon, dass es höchste Zeit ist, entschlossen zu handeln. Wir müssen unseren Amtsträgern auf allen Ebenen bis in die Kommunen hinein auch das an Informationen zur Verfügung stellen, was zur Durchsetzung dieser Ziele erforderlich ist.
Deshalb, Herr Präsident, bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Ich darf das verbinden mit den allerbesten Wünschen an alle hier im Haus für ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute, vor allen Dingen Gesundheit im neuen Jahr. – Herzlichen Dank.
Wären Sie in der Sache etwas nachsichtiger mit uns, wenn wir Ihnen sagen würden, dass es nicht um die inhaltlichen Formulierungen des eigentlichen Textes, sondern um das Schönreden der Situation in den Beschlusspunkten ging? Aus meiner Sicht haben wir keinen Dissens bei der Beschreibung im Textteil, sondern – wie ich eben in meiner Rede deutlich gemacht habe – eher im Beschlussteil.
Herr Kollege, wären Sie so nett, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir uns natürlich angesichts der Medienlage der letzten Tage die Frage gestellt haben, ob er wirklich überholt ist? Ich hatte in meiner Rede darauf hingewiesen, dass wir uns zusätzlich zu unserem Antrag Informationen aufgrund der Medienlage geholt haben und zu der Überzeugung gekommen sind, dass der Sachverhalt entgegen der Medienberichterstattung und der Behauptung der Koalitionsfraktionen nicht erledigt ist, weil das Problem eben noch nicht umfassend gelöst ist. Ansonsten hätten Sie natürlich recht, dass er erledigt wäre. Aber vielleicht folgen Sie nicht so willenlos den Koalitionsfraktionen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern. Dieser Satz stammt von Benjamin Franklin. Obwohl der Satz über 200 Jahre alt ist, passt er ganz gut zu dem aktuellen Antrag der Koalitionsfraktionen.
Mit dem Antrag soll nämlich der Eindruck erweckt werden, als wolle die Landesregierung tatsächlich Erben zu ihrem berechtigten Erbe verhelfen. Wenn es tatsächlich um diese Erben gehen würde, wie
meine beiden Vorredner das dargestellt haben, wäre das in der Tat sehr zu begrüßen. Dagegen spricht allerdings schon die Zuordnung der Zuständigkeit. Denn offensichtlich ist in der Landesregierung nicht der Verbraucherschutzminister, sondern der Finanzminister federführend. An der Stelle muss man zumindest schon mal zum Nachdenken kommen.
Diese „nachrichtenlosen Konten“ – in Anführungszeichen – haben einen regelrechten Wettlauf ausgelöst, wer denn die höchste Zahl des vererbbaren, aber vermeintlich unauffindbaren Vermögens bieten kann. Das wirkt fast wie samstagsabends bei der Ziehung der Lottozahlen.
In Baden-Württemberg ging die grüne Finanzministerin ursprünglich von 16 Millionen € aus, die auf solchen Konten schlummern sollen. Bundesweit wären das, wenn man es nach der Bevölkerung hochrechnet, 125 Millionen €. Das hat im Sommer auch den NRW-Finanzminister aufhorchen lassen, der zwischenzeitlich 2 Milliarden € auf solchen Konten vermutete. Vielleicht war er sogar noch früher dran; jedenfalls habe ich die Zahl von 2 Milliarden € in Ihren Pressemitteilungen gefunden.
Dann gibt es diesen sehr großen Fachverband aus neun Firmen, die eben zitiert worden sind und 10 bis 30 % dessen, was sie da finden, einsacken – ein ganz toller Laden, der sogar von 9 Milliarden € spricht. Mit 10 bis 30 % davon wären wir alle saniert – wunderbar. Dieser Verband hat also das 70-fache dessen ausgerechnet, was Frau Sitzmann aus Baden-Württemberg errechnet hat. Es kann nicht mehr werden.
Und das weckt Begehrlichkeiten, offensichtlich auch in der zuständigen Fachabteilung des Finanzministeriums, das für Fiskalerbschaften zuständig ist. Das verwundert nicht, wenn man sieht, dass wir in der Haushaltsplanung des Landes – jedenfalls in der mittelfristigen Finanzplanung – Loch an Loch reihen, und das ist das Verbindungsstück überhaupt.
Herr Minister, ich verstehe, dass Sie auch im Sinne Ihres Haushalts Witterung aufgenommen haben. Aber dann heißt das Thema eben nicht „Verbraucherschutz und Erben ermitteln“, sondern es heißt: So lange ermitteln, bis sich herausstellt, dass man doch eine Fiskalerbschaft machen kann. Denn die Gelder aus diesen nachrichtenlosen Konten müssen irgendwohin.
Das Ziel, Erben zu ihrem Erbe zu verhelfen, wäre richtig. Aber ich fürchte, das ist nicht das wirkliche Motiv. Jedenfalls kann man ahnen, dass der rotgrüne Weg am Schluss direkt zum Fiskus führen soll. Dann gilt: Nichts ist so sicher wie der Tod und die
Steuern. – In diesem Fall beträgt die Steuer- und Abgabenlast 100 % dieser Konten. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege, Sie möchten ja Sachlichkeit in diese Debatte bringen. Daher frage ich Sie, ob Sie mir zustimmen, dass der Bund insbesondere unter Führung des Auswärtigen Amtes für 2016 und 2017 jeweils 21 Milliarden € für die Flüchtlingskosten ausgibt und unter diesem Gesichtspunkt die Aufwendungen des Bundes sogar höher sind als die des Landes, selbst wenn wir die Bundeszuweisung herauslassen.
Ich wiederhole: Sind Sie mit mir der Meinung, dass der Bund seine Verantwortung für die Flüchtlingskosten – 21 Milliarden € in 2016, 21 Milliarden € in 2017 – unter wesentlicher Beteiligung insbesondere des SPDgeführten Auswärtigen Amtes wahrnimmt, und zwar unabhängig davon, dass die Kosten, die wir hier als Land und Kommunen natürlich auch haben, auch belastend für den Haushalt sind?
Danke schön. – Guten Morgen! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute die Schlussbilanz von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen. Nach sieben Haushalten steht unser Land schlecht da. Trotz Rekordsteuereinnahmen, trotz historisch niedriger Zinsen, trotz Bundeszuschüssen in Rekordhöhe will diese rot-grüne Landesregierung auch im nächsten Jahr immer noch 1,6 Milliarden € neue Schulden machen.
Nicht einmal unter diesen ungewöhnlich günstigen Rahmenbedingungen schafft es die Regierung, einen soliden Haushalt für 2017 vorzulegen. Die Schulden des Landes belaufen sich inzwischen auf fast 144 Milliarden €. Seit dem Jahr 1973 haben wir dafür 136 Milliarden € an Zinsen bezahlen müssen. Das heißt, nur 8 Milliarden € netto sind für Zukunftsinvestitionen eingesetzt worden. Das sind 5,5 % der dafür aufgenommenen Kredite. Den Rest haben die Finanzminister seit 1973 zu den Banken zurückbringen müssen.
Schulden aufnehmen ist also nachweislich keine präventive Politik, sondern nimmt – im Gegenteil – unseren Kindern und Enkeln die Zukunftschancen.
Die Schulden seit Heinz Kühn und Johannes Rau haben unser Land nicht vorangebracht. Die Schulden haben den Strukturwandel nicht gefördert, dafür aber jedem neuen Landtag einen immer schwereren Mühlstein um den Hals gehängt.
Welchen Spielraum hätten die Regierung und das Parlament heute im Jahr 2016 für Investitionen in Breitbrand, für neue Technologien, für den schnelleren Ausbau von Kitas, für bessere Schulen und für bessere Ausstattung der Polizei, wenn nicht Generationen von Politikern seit 1973 jedes Jahr auf Pump gewirtschaftet hätten?
Wie könnten wir heute alle gemeinsam Zukunft aus Landesmitteln gestalten, wenn da nicht diese Milliardenlasten der Vergangenheit wären, für die wir nur Zinsen zahlen, die wir aber nicht netto tilgen?
Wie wenig wäre die Regierung Kraft immer wieder in der Versuchung, Landesinteressen aufzugeben, um an zusätzliche Bundesmittel zu kommen? Herr Minister Groschek, ich nenne nur das Thema „Autobahnen“.
Dann müsste der Regierungssprecher a. D. von Johannes Rau und heutige Finanzminister nicht immer das Märchen vom erfolgreichen Strukturwandel und von den fortdauernden Lasten dieses Strukturwandels erzählen – als eine gewissermaßen gebetsmühlenartige Rechtfertigung für die mangelhafte Leistung dieser Regierung.
Dieses Land braucht endlich eine Regierung, die ehrlich über die Fehler der Vergangenheit spricht – etwa den Größenwahn der landeseigenen WestLB in der Ära Neuber/Schleußer/Rau –, in der Gegenwart nicht nur Durchhalteparolen ausgibt und dann auch noch klare Ziele für die Zukunft unseres schönen Landes definiert. Auf allen diesen Feldern aber ist seit 2010 schlicht Sendepause.
Die präventive Schuldenpolitik hat sich inzwischen auch als Seifenblase erwiesen; denn eine Präventionsrendite gibt es erkennbar überhaupt nicht, dafür aber weiter neue Schulden.
Während selbst Niedersachsen, das mit seiner Beteiligung an VW – wir kennen die kleinen Schwierigkeiten, die dieser Konzern im Moment hat – auch seine erheblichen Probleme hat, ob das nun auf der Seite der Lohnsteuereinnahmen, der Beteiligung oder des Kapitals ist, trotzdem mit dem Geld auskommt – und das auch noch unter einer rot-grünen Regierung; das tut mir ja fast schon weh –, flüchtet sich die Regierung Kraft weiter in Tricksen und Kaschieren, um so wenigstens den Muttertag 2017 zu erreichen.
Da werden die zu erwartenden Steuereinnahmen schön hochgeschrieben, die Vorsorge – das ist noch viel schlimmer – für zukünftige Pensionslasten wird drastisch gekürzt, globale Mehrausgaben werden erhöht, und der Bau- und Liegenschaftsbetrieb wird weiter als Melkkuh der Nation benutzt.
Mittlerweile ist der Finanzminister an der Stelle sogar so weit, dass er alle diese Tricksereien und Sondereffekte braucht. Er muss sein ganzes Repertoire aufbieten, um wenigstens den Anschein eines gerade eben noch soliden Haushalts aufzubieten. Das ist keine verantwortungsvolle Politik, Herr Minister.
Schauen wir uns beispielsweise an, wie das mit der Beteiligung des Bundes an allen möglichen Lasten ist. Natürlich gibt es ganz viele Lasten, die derzeit das Land und die Kommunen zu tragen haben. Wenn aber alleine der Bund seit 2010 seine Zuweisungen an das Land um 4,1 Milliarden € – von 5,8 Milliarden € auf 9,9 Milliarden € – erhöht hat und Sie jetzt
gleichzeitig 55 Milliarden € Steuereinnahmen pro Jahr erwarten – 2010 waren es im Ist 38 Milliarden € –, die Neuverschuldung in einem Jahr aber nur um 3,3 Milliarden € – von 4,9 Milliarden € auf 1,6 Milliarden €; das ist ja wohl die realistische Vergleichssumme – senken, dann stehen Ihnen, muss man sagen, in dieser Zeit rechnerisch 51 Milliarden € Mehreinnahmen zur Verfügung. Sie senken aber die gesamte Neuverschuldung über Ihre Wahlperiode hinweg nur um 17 Milliarden €.
Nach Adam Riese werden also 34 Milliarden € für etwas anderes verwendet – sicherlich zum Teil für sinnvolle Dinge wie die Finanzierung der Kommunen. Dabei handelt es sich um den Anteil von 23 % am GFG-Steuerverbund. Aber das erklärt es bei Weitem nicht. Sie alle – auch in der Regierung – wissen: In guten Zeiten sorgt man für schwierige Zeiten vor.
Wir hatten insbesondere in der Zeit zwischen 2010 und 2015 gute Zeiten, bevor die Sonderlasten kamen, die wir jetzt alle miteinander zu schultern haben. Und auch heute haben Sie Steuereinnahmen, von denen andere Generationen nur zu träumen wagten. Da wurde über ein durchschnittliches Steuerwachstum von 1 % gesprochen. Sie kommen gar nicht unter 4 % pro Jahr daher. Wann, wenn nicht in solchen Zeiten, wollen Sie denn mit dem Geld sparsam umgehen?
Kein Wunder, dass der PwC-Nachhaltigkeitsindex, der jedes Jahr für alle Länder unabhängig erstellt wird, Nordrhein-Westfalen inzwischen auf Platz 11 sieht. Das Land ist von 2015 auf 2016 von Platz 8 auf Platz 11 abgesunken.
Wenn man einmal den neuen Verteilungsschlüssel des Länderfinanzausgleichs bzw. der Bund-LänderFinanzbeziehungen zugrunde legen würde, dann würden wir ab 2020 damit, wenn es so bleibt, nur noch auf Platz 13 liegen. Das ist doch nicht der Anspruch unseres Landes. Es kann auch nicht der Anspruch Ihrer Landespolitik sein, im Vergleich der Haushaltspolitik aller Bundesländer auf Platz 13 zu liegen – noch ganz knapp vor Bremen.
Das alles zeigt, dass Sie mit Ihrer Haushaltspolitik am Ende sind. Leider zieht sich dieses Ende aber noch bis zum 14. Mai 2017 hin.
Deshalb ist auch eine solide und robuste Schuldenbremse umso wichtiger. Die in der Landesverfassung verankerte Schuldenbremse ist ja kein Selbstzweck, sondern konkretisiert das Prinzip der finanziellen Nachhaltigkeit.
Wohin es geht, wenn man das so macht, wie es in der letzten Plenardebatte hier von Rot-Grün eingebracht worden ist, sehen Sie ganz deutlich bei der Koalitionsbildung von Rot-Rot-Grün im Land Berlin.
Jede löchrige Schuldenbremse wird bei passender Gelegenheit sofort ausgehebelt. Das ist ja offensichtlich Ihre Blaupause hier. So verstehen wir jedenfalls Ihren Antrag, den Sie da eingebracht haben. Denn Sie haben schon in der Verfassungskommission mit der 5-Milliarden-€-Kreditermächtigung für den BLB versucht, durch ein Hintertürchen zu gehen. Ausgerechnet der besondere Schweiz-Freund Minister Walter-Borjans soll also eine Schuldenbremse bekommen, die löchriger ist als ein Schweizer Käse.
Herr Minister, wenn Sie in der Zeitung mit dem Satz „Eine schwarze Null heißt, wir schaffen den Staat ab“ zitiert werden, dann will ich an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Das mag ihr Grundverständnis sein.
Das haben Sie gegenüber der „Rheinischen Post“ als Zitat freigegeben.
Sie können gerne nachher erklären, dass Sie es anders gesagt haben. Aber damals haben Sie es nicht dementiert.
Das Zitat stammt aus der „Rheinischen Post“ vom 7. März 2016. Da steht:
„Finanzminister Walter-Borjans: Eine schwarze Null heißt, wir schaffen den Staat ab.“
Und das ist das Grundverständnis vom Staat? Wir haben ein anderes Staatsverständnis, Herr Minister.
Aber weil Ihnen inzwischen an allen Ecken und Enden das Hemd zu kurz wird, kürzen Sie bei der Zukunftsvorsorge. Sie erzählen, Bayern habe eine geringere Zukunftsvorsorge bei Pensionslasten als Nordrhein-Westfalen. Wer aber keine Schulden macht und Schulden tilgt, muss auch nicht so viel für das vorsorgen, was er später nicht mehr bezahlen kann. Sie leben weiter auf Pump.
Hätten Sie nicht die Koalitionsfraktionen veranlasst, dass wir inzwischen eine Änderung des fraktionsübergreifenden Konsens aus dem Jahre 2005 haben, den damals noch Minister Groschek als Sprecher im Unterausschuss Personal mit eingeführt hat. Damals haben wir vereinbart, dass wir Zukunftsvorsorge für jede neu eingestellte Beamtin und jeden neu eingestellten Beamten treffen wollen, und zwar mit dem Ziel, 70 % der zukünftigen Pensionslasten im Haushalt aus einem solchen Fonds zu decken. Wenn Sie das nicht im letzten Jahr gekündigt hätten, dann müssten wir jetzt nicht in den Jahren 2017 und 2018 jeweils 1 Milliarde € mehr in diesen Fonds einzahlen.
Sie haben das auf 200 Millionen € gedeckelt und gesagt: Das ist ja gar nicht so hoch verzinslich; da können wir das Geld besser ausgeben. – Sie sparen es ja nicht; Sie geben es einfach mehr aus. Damit produzieren Sie ein weiteres Loch von bis zu 9 Milliarden € bis zum Jahr 2025, und Sie hängen dem nächsten Parlament den nächsten Mühlstein um den Hals.
Deshalb brauchen Sie auch in diesem Haushaltsplan wieder Sondertilgungen des Bau- und Liegenschaftsbetriebs. Das innere Darlehen ist dann schneller getilgt. Das mag für den Bau- und Liegenschaftsbetrieb sogar gut sein. Eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen Sie ja nicht. Aber 2019 fehlt dann das Geld in der mittelfristigen Finanzplanung. Um es rheinisch auszudrücken: Wat fott es, es fott.
Deshalb veranschlagen Sie alle möglichen Positionen, verschieben alles Mögliche in die Zukunft und etatisieren bei den Herausforderungen, die wir aktuell haben – innere Sicherheit und Ähnliches –, dann kw-Vermerke. Diese kw-Vermerke gelten für Stellen, die im Konsens dieses Hohen Hauses eingerichtet worden sind, wofür wir sogar beschleunigte Verfahren durchgeführt haben. Da tun Sie so, als wäre die Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen ab 2019 wieder völlig harmlos, sodass man die Stellen einfach wieder abbauen könnte. Sie realisieren in der mittelfristigen Finanzplanung auf einmal diese kw-Vermerke alle wieder. Wer soll Ihnen denn glauben, dass diese mittelfristige Finanzplanung solide ist? Kein Mensch!
Herr Finanzminister, dieses Land muss wieder auf den Boden einer soliden Finanzpolitik und nicht nur einer intensiven Finanzkommunikation. Hören Sie endlich auf, entschlossen auf Kosten der Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder zu konsumieren, und tun Sie das, was Ihre Hauptaufgabe ist. Diese besteht nämlich nicht darin, ganz viel Kommunikation irgendwo außerhalb des Parlamentes und außerhalb des Ministeriums zu machen. Sie sind doch der Haushaltsminister des Landes. Das kann man nicht in Teilzeit machen.
Ihre Kommunikationsblase „Effizienzteam“ ist inzwischen auch geplatzt. Inzwischen geben Sie wieder mehr Geld für alle möglichen Mieten aus, als Sie beim Effizienzteam angeblich einsparen wollten. Sie hatten in der vorhergehenden mittelfristigen Finanzplanung noch behauptet, entsprechend einsparen zu wollen.
Ich kann nur folgendes Fazit ziehen: Offensichtlich setzen Sie – außer beim Ausgabenwachstum – nur in einem einzigen Bereich in Nordrhein-Westfalen auf Wachstum, nämlich bei den Stellen in den Ministerien; ganz nach dem Motto – analog zu Willy Brandt, nur leider falsch verstanden –: Mehr Bürokratie wagen!
In Ihrer Wahlperiode sind 567 Stellen netto neu dazugekommen. Noch nie gab es mehr Stellen in den Ministerien; noch nie gab es so viel Ministerialbürokratie; noch nie war der Anteil der Ministerialbeamten am Gesamtpersonal des Landes so hoch. Es geht offensichtlich nicht um mehr Polizisten, mehr Lehrer und mehr andere Mitarbeiter in unserem Landesdienst, sondern um mehr Ministerialbürokratie, um mehr in Ihrem Umfeld. Und das ist nicht mehr Leistung, sondern das ist mehr Bürokratie.
Wer sich dann noch wundert, dass die Steuerung dieses Landes dazu führt, dass wir im Grunde einen Stillstand haben, der muss sich gar nicht mehr wundern; denn die Leute arbeiten zwar, aber sie arbeiten mehr gegeneinander als für das Land. Das ist nicht ein Vorwurf an die Mitarbeiter, sondern liegt am Steuerungsversagen dieser Regierung.
Am Haushalt von Rot-Grün erkennt man eines: Ihr Haltbarkeitsdatum ist am 14. Mai 2017 abgelaufen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben versucht, sehr wortreich darzulegen, warum das alles völlig anders ist, als die Opposition es hier darstellt. Ich möchte Ihnen gerne mit einem Zitat von Johannes Rau ein weiteres Beispiel geben, warum man bei Ihnen inzwischen skeptisch wird. Der hat 2004 gesagt:
„Und nichts stärkt das Vertrauen der Menschen mehr als die Übereinstimmung von Wort und Tat. Das ist der einfachste Weg, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen – und der ist schwer genug –: Sagen, was man tut, und tun, was man sagt.“
Herr Minister, ich will Ihnen an der Stelle sagen: Die Tatsache, dass Sie der Öffentlichkeit verkaufen, dass die Zuweisungen des Bundes, die über die Umsatzsteuer abgewickelt werden, alles Steuermehreinnahmen des Landes sind, ist genau der Grund, warum man Ihnen an der Stelle nicht über den Weg traut.
Das ist genau der Punkt, über den wir hier im Haushalt an mehreren Stellen reden. Genau das ist an mehreren Stellen passiert. Fragen Sie mal die Öffentlichkeit!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Schuldenbremse geht es um die Wurst. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Wurst und Sie tun so, als ob es nicht darum ginge, als wäre alles gar nicht so wichtig, und trotzdem bringen Sie einen entsprechenden Gesetzentwurf ein. Herr Zimkeit, Herr Abel, ich bin schon ein bisschen überrascht, wie Sie das hier darstellen.
Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat gerade zu diesem Thema, warum er eigentlich nicht wollte, dass wir in der Verfassung eine scharfe Schuldenbremse haben, am 7. März – es ist zitiert in der „Rheinischen Post“ – gesagt – Zitat –: Eine
schwarze Null heißt: Wir schaffen den Start ab. – Zitat Ende. Von dieser Behauptung haben Sie sich nie distanziert.
Herr Zimkeit, melden Sie sich doch zu Wort. Sie haben eben fünf Minuten das Wort gehabt. Können Sie nicht einmal den Rand halten?
Wenn Sie sich hier hinstellen und doch eine Schuldenbremse wollen – einfachgesetzlich, Herr Kollege –, darf ich Sie dann so verstehen, dass Sie doch der Meinung sind, Sie wollten den Staat abschaffen?
Der Finanzminister hat erklärt, wer die schwarze Null will, schafft den Staat ab. Sie wollen die Schuldenbremse jetzt auf einmal im Gegensatz zum Finanzminister einhalten. Das ist aber abenteuerlich!
Das soll Ihnen einer glauben?
Wenn Sie sich anschauen, was Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen seit 1995 mit einer kurzen Ausnahme, als wir regiert haben, geleistet hat, dann waren das Schuldenhaushalte und Konsum auf Kosten der Zukunft, auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder.
Sie haben immer eine Begründung dafür gefunden, warum das Sparen in der Gegenwart nicht so wichtig ist, weil man ja eigentlich doch etwas Gutes tue, und haben das Sparen immer in die Zukunft verschoben.
Und jetzt kommen Sie und wollen sogar, Herr Kollege Abel, eine einfachgesetzliche Schuldenbremse. Sie hätten sie in der Verfassung haben können, aber dann nur um den Preis, dass Sie Altkreditermächtigungen nicht noch in Milliardenhöhe darin hätten haben können.
Da ging es überhaupt nicht um die Kommunen. Da ging es vielmehr um die Frage, ob Sie sich dort noch Altkreditermächtigungen in Milliardenhöhe hineinschreiben lassen, damit man Spielräume hat. Wir haben gesagt, das wollen wir nicht. Um den Punkt ging es,
und um diesen einen Punkt geht es auch jetzt wieder.
Bei der Ausgestaltung Ihrer einfachgesetzlichen Regelung – wir können das gerne noch in den weiteren Beratungen in den Ausschüssen vertiefen – geht es wieder darum, Hintertürchen zu haben, die Sie über eine Verfassung anders regeln müssten und nicht mal eben einfachgesetzlich ändern könnten.
Sie wollen im Kern die Möglichkeit haben, jederzeit, wenn es Ihnen gerade nicht mehr passt, eine einfachgesetzliche Regelung zu ändern, und Sie wollen gerade deshalb keine verfassungsrechtliche Regelung.
Das ist doch die Wahrheit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, entscheidend in Nordrhein-Westfalen ist: Ihnen glaubt, nachdem Sie so mit dem Geld anderer Leute umgegangen sind, keiner mehr, dass Sie diese Schuldenbremse dauerhaft und nicht nur für ein Jahr nach 2020 einhalten wollen. Das glaubt Ihnen kein Mensch.
Und weil Ihnen das kein Mensch glaubt, sollten wir hier meiner Meinung nach über Verfassungsänderungen reden und nicht über die Frage, ob wir einfachgesetzlich einen PR-Gag machen und in einer Kaskade von Regelungen, die nur dazu dienen, zu kaschieren, dass Sie in der Verfassungskommission eine scharfe Regelung nicht wollten, darüber abstimmen.
Es geht wirklich um die Wurst. Die Wahrheit ist: Eher legt ein Hund einen Wurstvorrat an, Herr Zimkeit, als dass ein Sozialdemokrat in Nordrhein-Westfalen nachhaltige Finanzpolitik macht. – Herzlichen Dank.