Protokoll der Sitzung vom 16.03.2017

Nehmen Sie die wahr, dann kommen wir zueinander in diesem Punkt, und allen Beschäftigten der kommunalen Betriebe wäre geholfen. Ich fände es gut, wenn diese Beschlussfassung einvernehmlich stattfinden könnte. – Vielen Dank!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir erstens ab über den Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/14394, weil die antragstellenden Fraktionen die direkte Abstimmung beantragt haben, also Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen: Wer ist dafür? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piratenfraktion und der fraktionslose Kollege Schwerd. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. – Gibt es Enthaltungen? – Das ist erkennbar nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 16/14394 angenommen.

Zweitens stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/14511. Wer

möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das sind die CDU-Fraktion und die Piratenfraktion. – Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen. – Wer enthält sich? – FDP-Fraktion und der fraktionslose Kollege Schwerd. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/14511 abgelehnt.

Bevor wir in den Tagesordnungspunkt 4 eintreten, darf ich Ihnen den Hinweis geben, dass die CDUFraktion ihren Antrag Drucksache 16/14404 „Neujustierung der Hochschulpolitik für NordrheinWestfalen“, den wir unter Tagesordnungspunkt 12 debattieren wollten, zurückgezogen hat. Der Tagesordnungspunkt 12 entfällt.

Ich kann die allgemeine Enttäuschung derjenigen nachvollziehen, die sich auf die Debatte heute zu vorgerückter Stunde gefreut hätten. Aber mit dieser Enttäuschung werden wir alle leben müssen. Also bitte in die Fraktionen weiterleiten, wo das noch nicht geschehen ist: Tagesordnungspunkt 12 entfällt.

Wir kommen zu:

4 Ideologische Blockaden dürfen den Wirt

schaftsstandort NRW nicht länger beschädigen – Landesregierung muss endlich Impulse für Wachstum und Beschäftigung setzen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/14389

Ich eröffne die Aussprache und erteile als Erstes dem Redner für die antragstellende FDP-Fraktion, Herrn Kollegen Brockes, das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Brockes!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Januar dieses Jahres hat die Bezirksregierung Münster die Betriebserlaubnis für das Kraftwerk Datteln 4 erteilt. Jetzt könnte man meinen, dass mit der Entscheidung ein gut und gerne zehnjähriger Planungs- und Genehmigungszeitraum zu einem Abschluss gefunden hätte, doch dem ist mitnichten so.

Erinnern wir uns: Im Landtagswahlkampf 2010 kam der frühere Grünen-Vorsitzende Jürgen Trittin nach Datteln, um zu verkünden: Jeder, der mit den Grünen koalieren will, muss sich darauf einstellen, dass dieses Investment nicht zu Ende gebaut wird. – So wird er in der „FAZ“ zitiert.

Getreu dieser Ansage hat Umweltminister Remmel in den vergangenen sieben Jahren unentwegt die gesamte Maschinerie seines Ministeriums und der nachgeordneten Behörden eingesetzt, um die Verwirklichung des Projekts zu verhindern. Über Jahre

drohte deswegen eines der modernsten und umweltfreundlichsten Steinkohlekraftwerke der Welt zur größten Industrieruine Europas zu werden.

Und nun, kurz vor der Vollendung, haben die Grünen ein neues Verhinderungsinstrument gefunden: Auf Anweisung des Umweltministeriums wurden Emissionswerte für Quecksilber festgelegt, die sehr viel strenger sind als die künftigen, durchaus ambitionierten gesetzlichen Grenzwerte. Sie sind so gewählt, dass sie im Betrieb wohl kaum einzuhalten sein werden.

Lassen Sie mich ganz klar sagen – damit wir nicht falsch verstanden werden –: Der Gesundheitsschutz steht an erster Stelle, und Quecksilberemissionen müssen selbstverständlich gesenkt werden – aber doch bitte auf fachlicher und seriöser Grundlage!

Ich weiß, dass dies den Kollegen von den Grünen schwerfällt. Deshalb hören Sie gut zu: Sie fordern bei diesem Thema stets, die amerikanischen Grenzwerte zu übernehmen, wohl wissend, dass die Werte mit anderen Reinigungsverfahren bei uns nicht eins zu eins umgesetzt werden können, und wohl wissend, dass das Gutachten, auf das sich die Genehmigung bezieht, auch in diesem Punkt fehlerhaft ist.

Aber, meine Damen und Herren, Datteln 4 ist kein Einzelfall. Es ist vielmehr nichts anderes als ein Symbol für die grüne Industriepolitik. Der Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände

Arndt Kirchhoff fragte kürzlich: Soll Nordrhein-Westfalen Industrieland bleiben oder Naturschutzreservat werden? NRW brauche ein neues Grundempfinden für Wirtschaft. – Recht hat er! Und wenn Sie heute die Mitteilung des Bundesverbands Mittelständischer Wirtschaft lesen, dann stellt man fest: Dort wird das genauso eingefordert.

Bleiben wir aber zunächst in Datteln und bei der Blutgrätsche von Minister Remmel, Herr Kollege Müller. Das landwirtschaftliche Vorkaufsrecht sollte instrumentalisiert werden, um das von den Ideologen bekämpfte newPark-Projekt nach vielen Anläufen im letzten Moment doch noch zum Scheitern zu bringen. Dieses Kunstgriffs bedarf es heute übrigens nicht mehr: Mit dem neuen Naturschutzgesetz haben die Grünen ein Vorkaufsrecht für die Stiftungen der Naturschutzverbände geschaffen; das Verhindern von Investitionen wurde auf diese Weise von Rot-Grün gesetzlich geregelt.

Ganz ähnlich wurde die von den Grünen erzwungene Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler mit der Leitentscheidung besiegelt. Zu Recht warnt Verkehrsminister Groschek allenthalben vor der „Durchgrünung“ der Gesellschaft, die der für unser Land lebensnotwendigen Infrastruktur immer neue Hürden auferlegt. Wirtschaftsminister Duin sprach derweil von „grünen Verhinderern“. In der Zeitung konnte

man ihn mit den Worten lesen, man müsse Genehmigungsverfahren entgrünen, entschlacken und verkürzen.

Die Realität dieser Landesregierung sieht jedoch anders aus –

(Zuruf von Kai Schmalenbach [PIRATEN])

sei es bei den Veröffentlichungspflichten im Internet, bei Beschränkungen im neuen Landesentwicklungsplan, beim Klimaschutzgesetz oder bei Grenzwerten wie bei Datteln, die weit über die gesetzlichen Maximalstandards hinausgehen.

Damit muss endlich Schluss sein! Hier muss endlich gegengesteuert werden. Deshalb bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die SPD-Fraktion spricht als nächster Redner Herr Kollege Hübner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brockes, das war ein wirklich fulminanter – wie haben Sie das vor einigen Jahren mal genannt? – Entfesselungsimpuls, den Sie hier zum Besten gegeben haben. Wirklich fulminant!

(Heiterkeit von Torsten Sommer [PIRATEN] und Minister Johannes Remmel)

Falls Sie sich an den Entfesselungsimpuls nicht mehr erinnern, frische ich Ihre Erinnerung ein wenig auf: Das war Ihr Vorschlag zur Wirtschaftspolitik. Ihre Partei hat seinerzeit gesagt: Wir müssen eine Ausgabe in den Haushalt einstellen und die Wirtschaft so richtig entfesseln. – An diesen Impuls habe ich mich gerade erinnert gefühlt.

Im Titel Ihres Antrag heißt es: „Ideologische Blockaden dürfen den Wirtschaftsstandort NRW nicht länger beschädigen“. Dazu haben Sie sich ein Beispiel herausgesucht.

Ich fange aber erst einmal mit Folgendem an: Sie haben gerade von der „Blutgrätsche von Herrn Remmel“ gesprochen. Richtig wäre gewesen: „an Herrn Remmel“. Denn die Blutgrätsche – da muss ich meinen Kollegen Hans-Peter Müller ausdrücklich in Schutz nehmen – hat er ausgesprochen.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Da applaudiert Ihre Fraktion jetzt sehr bescheiden, wie ich finde.

(Heiterkeit von der SPD)

Wir haben die eine oder andere Diskussion mit dem Kollegen Müller darüber gehabt. Ich sage ganz offen: Auch der Kollege Müller erkennt an, dass sich diese

Landesregierung auf den Weg gemacht hat, das in der Tat modernste Steinkohlekraftwerk, das aktuell leider keinen Bahnstrom produzieren kann, zu genehmigen. Die vorherige Landesregierung hat das allenfalls behauptet. Auch E.ON hat sich allenfalls auf mündliche Zusagen von der damaligen Landeswirtschaftsministerin verlassen. Das war die Sachlage, vor der wir 2010 gestanden haben. Wir hatten keinen vernünftigen Landesentwicklungsplan, der ermöglicht hätte, ein Kraftwerk mit dieser Kapazität und in dieser Größenordnung zu genehmigen.

Wir haben seitdem sehr aufwendig – der Kollege Ellerbrock weiß, wie schwierig es ist, die Ausgleiche anzustellen –

(Zustimmung von Holger Ellerbrock [FDP])

und sehr intensiv geschaut, wie wir ein Zielabweichungsverfahren – das ist die technische Art und Weise, wie man so etwas auf den Weg bringt – durchführen können. Dazu gehörte übrigens auch, dass wir die Gespräche – ich beziehe den Kollegen Hovenjürgen ein – auch beim RVR darüber geführt haben; das ist mittlerweile die zuständige Planungsbehörde, die sich früher in Münster befand. Das macht darüber hinaus deutlich, dass das ein sehr schwieriges Verfahren ist. Dass man sich nicht auf mündliche Zusagen verlassen kann, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Dieser Landesregierung und auch Herrn Remmel gebührt großer Respekt, sich dieses Themas angenommen zu haben. Das hat nichts mit ideologischen Scheuklappen zu tun, sondern das hat etwas damit zu tun, dass wir anerkennen, dass wir in dieser Region große Stromproduzenten brauchen – insbesondere auch für die Lieferung von Bahnstrom. Das will ich ausdrücklich sagen. Die Landesregierung ist hier einen richtigen Weg gegangen.

Wenn wir uns dieser Region nähern – das wäre bei allen ideologischen Scheuklappen, die Sie früher bei „Privat vor Staat“ gern vor sich hergetragen haben –,

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Wie eine Monstranz!)

wäre es sinnvoll, dass Sie sich zunächst in der Region anschauen, was darüber hinaus notwendig ist.

Lieber Herr Kollege Hovenjürgen, dazu gehört auch, dass wir die Infrastrukturmaßnahmen in der Region auf den Weg bringen. Dazu gehört die B474n. Eingeleitet wurde die Planfeststellung für Teilbereiche der B474n. Das ist ein richtiger Weg. Wir brauchen die Infrastruktur, um newPark zu ermöglichen. Auch da wird, ideologisch gefärbt, gesagt, die Landesregierung sei gar nicht so sehr dafür. – Wir haben andere Probleme, die sich auch aus der Landesplanung ergeben – im Zusammenhang mit Datteln 4, aber auch mit anderen Emittenten aus der Region. Auch da werden wir einen nachvollziehbaren Weg beschreiten, um zu ermöglichen, dass in dieser Region auch

weiterhin großindustrielle Ansiedlungen möglich sind.

Dazu gehört – das ist keine Frage – Datteln 4 als einer der Standorte. Dazu gehört übrigens auch – das wird gerne vergessen – die Fernwärmeversorgung von großen Teilen des nördlichen Ruhrgebiets. Wir sind froh, dass wir die Initiative gestartet haben, um die Fernwärmeversorgung im gesamten Ruhrgebiet auf den Weg zu bringen. Wir sind da einen richtigen Weg gegangen.