Der Ausschuss hatte zum Gegenstand, zu untersuchen, ob es Fehlverhalten und Versäumnisse gegeben hat. Ja, Herr Biesenbach, ich darf Ihnen eine Frage schon beantworten: Wir haben uns – und zwar nicht nur die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sondern auch eine Oppositionsfraktion – da gegen Feststellungen im Sachverhalt ausgesprochen, wo nur eine, zum Teil in der absoluten Minderheit befindliche, Ansicht zum Gegenstand der Feststellung gemacht worden ist, um danach womöglich falsche Rückschlüsse zu ziehen.
Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Da hat sich im Bereich des Regierungspräsidiums Arnsberg ein Vorfall in einem Supermarkt abgespielt, an dem zwei Menschen beteiligt waren, die – was verwerflich und auch unanständig ist – eine Verkäuferin und anwesende Kundinnen mit sexuellen Beleidigungen belegt haben. Der Zeuge, den Sie vor allen anderen genommen haben, hat daraus geschlossen, das sei eine Gruppe gewesen – weil das zwei Personen waren, die das geäußert haben –, und er würde diese verbalen Entgleisungen mit sexualisierter Gewalt gleichsetzen. Daraus hat dieser Zeuge für sich den Rückschluss gezogen, an der Stelle seien Dinge womöglich vorhersehbar gewesen.
Wir haben den Fachmann, den Profi aus dem Bereich – den Polizeidirektor der Kreispolizeibehörde – im unmittelbaren Anschluss vernommen, genau wie mehrere andere Zeuginnen und Zeugen, und diese kommen zu einer ganz anderen Bewertung, die sich im Übrigen deckt – und da komme ich jetzt auch zu unseren Einschätzungen, bezogen auf den von Ihnen aufgeworfenen und aus meiner Sicht fachlich vollkommen verfehlten Einwand der Vorhersehbarkeit – zum Beispiel mit der Aussage des Herrn Bundesinnenministers, der uns gesagt hat: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war nicht vorhersehbar.
Der Begriff des Modus Operandi ist immer wieder so aufgetaucht, dass wir nachher als Mitglieder des Ausschusses eigentlich schon Antworten antizipieren konnten, nach dem Motto: Es handelt sich da um einen vollkommen neuen Modus Operandi.
Das heißt, bei der Frage nach der Vorhersehbarkeit der Ereignisse stehen Sie mit Ihrer Feststellung nicht im Einklang mit der Mehrheit der gehörten Zeugen, und wenn Sie dann politische Vorwürfe ableiten – wir haben den Chef der Bundespolizei vernommen, den Bundesinnenminister und seinen Staatssekretär –, dann treffen diese Vorwürfe ganz offensichtlich diese beteiligten Personen auch. Davon ist im Prinzip keine Rede gewesen.
Apropos „Rede davon sein“: Ich will hier nur ganz vorsichtig andeuten, wer die inhaltlich erheblichsten Vorgaben gemacht hat, und darauf bin ich eigentlich sehr stolz: Die regierungstragenden Fraktionen und die Fraktion der Piraten haben Ihnen, bezogen auf den Bewertungsteil, ein vollständiges Bewertungskapitel zugeleitet. Sie haben das dann – ich drücke es einmal vorsichtig aus – mit einigen Adjektiven und einigen Einschüben gewürzt.
Das haben wir – und ich denke, das war durchaus auch im Sinne der Klarheit und Durchschaubarkeit – nachher wieder herausgenommen. Also, zu behaupten, wir hätten aus dem vom Vorsitzenden vorgelegten Bericht ohne Weiteres irgendetwas herausgestrichen, ist nicht ganz mit den Realitäten in Einklang zu bringen.
Wir sind, und das lässt sich leicht aus der Lektüre des Berichts ableiten, bei 80 % aller entscheidungserheblichen Fragen einer Meinung, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, nämlich bei der Frage: Was war zu verhindern, und was war nicht zu verhindern?
Ich denke, ich kann für alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses sprechen, wenn ich sage: Alle Beteiligten sehen erhebliche Mängel in den Fragen rechtzeitiger Aufklärung, früherer Meldezeiten, rechtzeitigen Eingreifens und unverzüglichen Rückgriffs auf vorhandene Personalressourcen. Die Frage ist
Des Weiteren stellt sich uns die Frage: Wurde der Einsatz vor Ort sachgerecht geführt? Wir meinen, nicht.
Darüber hinaus: Wie war die Kommunikation in der Nacht und auch in der Vorbereitung auf diese Nacht? Es gab ganz erhebliche Fehler. Ich bin nicht so vermessen, zu behaupten, dass die Ereignisse insgesamt hätten verhindert werden können, wenn die Fehler vermieden worden wären. Ich bin mir aber in einem sicher: Die Intensität und auch die Anzahl der Straftaten hätten sich, wenn man rechtzeitig eingeschritten wäre, erheblich reduzieren lassen.
Wir haben uns dann mit den Erkenntnissen zur Kräfteanforderung zu beschäftigen gehabt. Mit Verlaub, den Verlauf der Silvesternacht von dem Nichtvorhandensein von 30 Kräften abhängig zu machen, nämlich einem Zug – der Anforderung ist nicht entsprochen worden, und dem ist allerdings nicht widersprochen worden –, das ist hanebüchen und an den Haaren herbeigezogen, insbesondere wenn es in der Silvesternacht genug Ersatzkräfte gab, die nur nicht angefordert worden sind, und wenn man sich vor Augen führt, dass wir es mit einer Kreispolizeibehörde mit mehr als 4.000 Beschäftigten zu tun hatten. Nach meinem Dafürhalten wäre es leicht möglich gewesen, wenn man vor Ort der Überzeugung war, dass mehr Personen in den Einsatz müssen, dies dann durch vorhandene Kräfte zu leisten.
Ich komme für mich und für die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion zu dem Fazit: Es hätte sicherlich keine entscheidende Wirkung gehabt, wenn 30 Kolleginnen und Kollegen der Polizei mehr im Einsatz gewesen wären.
Lassen Sie mich zu all den anderen Bereichen abschließend eine Schlussfolgerung ziehen: Offensichtlich war es für Teile des PUAs nicht mehr interessant, welche Parallelen man zu Hogesa, Loveparade und, und, und hätte ziehen können; denn dazu haben wir später bei der Bewertung gar nichts mehr gehört. – Entschuldigen Sie, Herr Kollege Lürbke, an einer Stelle hat sich die FDP noch sehr intensiv eingebracht.
Ich will noch einmal darauf hinweisen: Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der Loveparade um eine Veranstaltung gehandelt hat, die von einem privaten Veranstalter angemeldet worden ist. Da sind Konsequenzen gezogen worden. Gerade diese Voraussetzung hat in der Silvesternacht nicht vorgelegen. Insoweit ist die Vergleichbarkeit nicht herzuleiten.
Abschließend möchte ich mich ausdrücklich bei all jenen bedanken, die im Ausschuss als Zeuginnen und Zeugen Betroffenheit gezeigt haben, die sich bei den Opfern entschuldigt und gesagt haben: Ja, wir sehen ein, es gab eine Mitverantwortung. – Das gilt für Bundesbehörden und Bundesbedienstete, für Landesbehörden und Landesbedienstete.
Lassen Sie mich eine kleine Ausnahme machen: Ich halte es nach wie vor für nicht hinnehmbar, dass die Hauptverwaltungsbeamtin der Stadt Köln jede Mitverantwortung der Kölner Behörden für die Ereignisse von sich gewiesen hat.
Das, was sich in der letzten Silvesternacht in der Stadt Köln gezeigt und ereignet hat, weist auch darauf hin, dass es dort erhebliche Mängel gegeben hat. Die weiteren Ausführungen zu dem Thema wird der Kollege Bialas noch aus polizeifachlicher Sicht machen.
Ich glaube, es hat sich gelohnt. Eines aber, liebe Kolleginnen und Kollegen ist Ihnen nicht gelungen: sich in Verschwörungstheorien zu ergehen, die vollkommen haltlos waren.
Das, was falsch gemacht worden ist, ist aufgeklärt worden. Deshalb war es gut und notwendig, dass wir gemeinsam in diesem Ausschuss gearbeitet haben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fehler passieren. Immer da, wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Davon kann sich niemand freisprechen. Wenn aber Fehler in der Sphäre der Polizei passieren, kann das schwerwiegende Folgen haben.
Die Kölner Silvesternacht 2015/16 war eine dieser schwerwiegenden Folgen mit über 1.200 vornehmlich weiblichen Geschädigten, die schlussendlich zu der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geführt hat, der über zwölf Monate sehr intensiv gearbeitet hat – alle Fraktionen miteinander, auch zusammen mit den Wissenschaftlichen Mitarbeitern und mit den Zuarbeitern. Deshalb vonseiten der CDU ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten für die gute Zusammenarbeit.
rechtsstaatliche Handlungsfähigkeit und in die Gefahrenabwehrfähigkeit erschüttert. – Das ist ein Satz, den SPD und Grüne aus dem Schlussbericht gestrichen haben. Und doch ist er wahr, und er bleibt wahr.
Wir waren am 31. Dezember 2015 bereits in einer sehr breiten gesellschaftspolitischen Debatte über Zuwanderung und deren Folgen. Die Kölner Silvesternacht hat viele Debatten politisch noch einmal aufgeheizt, sowohl in der Gesellschaft wie auch in der Politik. – Auch diese Sätze haben Sie gestrichen.
CDU und FDP haben eines in diesem Ausschuss durchaus sehr ernst genommen: die Ankündigung sowohl vom Innenminister als auch von der Ministerpräsidentin, mit einer offenen Fehlerkultur auf die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht reagieren zu wollen. Eine offene Fehlerkultur bezieht sich aber nicht nur auf die Polizeibehörden – Herr Kollege, Sie haben es angesprochen –, sondern sie muss sich auch auf Regierungshandeln und auf Landesbehörden erstrecken.
CDU und FDP haben während der letzten zwölf Monate den Eindruck gewonnen, dass insbesondere dann, wenn es um die Aufarbeitung von Fehlern in der Landesregierung und in Landesbehörden ging, die Landesregierung nicht an der Seite dieses Untersuchungsausschusses stand, nicht an der Seite der Aufklärung stand.
Warum werfen wir Ihnen das vor? Wir haben immer noch einen Streit um zurückbehaltene Unterlagen aus der Staatskanzlei. CDU und FDP haben vor dem Verfassungsgerichtshof auf Herausgabe geklagt. Wir haben keine wirkliche Aufarbeitung des von diesem Haus erteilten Kontrollauftrages in Bezug auf die Reaktion der Mitglieder der Landesregierung sowie inner- und intraministerielle Abläufe; denn diese Unterlagen fehlen. Wir halten den parlamentarischen Kontrollauftrag sehr hoch; denn er bezieht sich auch auf die politische Verantwortlichkeit für Ereignisse, die wir zu untersuchen haben.
Darüber hinaus – auch diesen Punkt waren Sie nicht bereit in den Schlussbericht aufzunehmen – geht es um die Frage: Wie wurde mit der Speicherung von Verbindungsdaten im Falle des Stornoanrufs auf der Kriminalwache in Köln umgegangen?
Wie oft haben wir diese Verbindungsdaten beantragt! Selbst aus Ihren Fraktionen wurden den Zeugen entsprechende Fragen gestellt. Sie verhalten sich weder im Schlussbericht dazu noch äußern Sie sich dazu, dass nach mehrfacher Aufforderung Daten kommen sollen. Und leider wurden just die Daten des 1. Januar 2016 gelöscht, sodass der Anrufer nicht mehr identifiziert werden konnte. Das halten wir für einen deutlichen Fehler.
Meine Damen und Herren, ich habe hier am 27. Januar 2016 gesagt: Unser Anspruch sollte es sein, dass wir versuchen, das verloren gegangene Vertrauen über die Arbeit des Ausschusses wiederherzustellen.
Im Großen und Ganzen ist das aus Sicht der CDU durchaus geklungen. Auch die Kölner Polizei hat mit ihrem beherzten Einsatz an Silvester 2016/17 dazu beigetragen, Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit, in Demokratie, in demokratische Organe wiederherzustellen, und dafür gebührt der Kölner Polizei der ausdrückliche Dank.
(Beifall von der CDU und der FDP – Michele Marsching [PIRATEN]: Außer für die, die im Kessel gestanden haben! Die haben jetzt kein Vertrauen mehr!)
Sie wissen, dass wir insbesondere aus der CDUFraktion heraus im Zusammenhang mit der Wichtigen-Ereignis-Meldung vom 1. Januar gegen die Mittagszeit immer eine Frage gestellt haben: Wie viele Übergriffe gegen Frauen braucht es, bis das Innenministerium reagiert?
Wir haben von der Hausspitze des Innenministeriums – und das trifft mich besonders – eine übereinstimmende Verteidigungslinie gehört, die da heißt: Übergriffe gegen Frauen sind in Köln nichts Ungewöhnliches. – Diese Argumentation können SPD und Grüne doch nicht ernsthaft mittragen; denn jeder Übergriff auf ein Mädchen, auf eine Frau ist zu viel.
Wenn Sie dann selbst von höchster politischer Ebene so eine Verteidigungslinie fahren: Übergriffe in Köln sind nichts Ungewöhnliches,