Hans-Willi Körfges
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kolleginnen und Kollegen der Piraten haben sich in dieser Wahlperiode sehr intensiv dem Anliegen der informationellen Selbstbestimmung gewidmet. Ich erkenne durchaus an, dass Sie da ein ernstes Anliegen haben. Wir haben schon im Ausschuss und auch im Plenum mehrfach darüber debattiert.
Lassen Sie mich aber deutlich machen, dass das Bild, welches Sie von der Praxis in Nordrhein-Westfalen haben, nicht mit dem Bild übereinstimmt, das andere in diesem Haus davon haben. Denn Sie vergessen bei ihrer Aufzählung aus meiner Sicht zwei Dinge:
Erstens. Sie vergessen, dass es sich nicht um wahllose und unbestimmte Maßnahmen handelt.
Ich habe mich kürzlich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum § 100a der Strafprozessordnung auseinandergesetzt. Ich finde, die Leitsätze sind da wirklich instruktiv und zeigen sehr schön, dass es zum einen eines tatsächlich wichtigen Anlasses bedarf und ein Richtervorbehalt benötigt wird, und dass zum anderen bei Gefahr im Vollzug die Maßnahme auch von Staatsanwaltschaften angeordnet werden kann, dies aber innerhalb einer kurzen Frist der Überprüfung unterliegt.
Insoweit ist das nicht wahllos, sondern es unterliegt einer engen rechtsstaatlichen Kontrolle.
Dass es in diesem Bereich womöglich zu einem Abwägungsprozess kommt, ist vollkommen klar. Deshalb beschränken wir uns im Allgemeinen und insbesondere – ich sehr stolz darauf, dass der Koalitionspartner und wir hier intensiv zusammengearbeitet haben – im Bereich unseres Polizeigesetzes auch auf schwere Kriminalität. Insoweit ist eine rechtsstaatliche Kontrolle durchaus gegeben.
Zweitens. Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Maßnahmen vom Grunde her nicht erfolgen, um zu überwachen. Zu den Fällen, die mich überzeugt haben, gehörte die Verhinderung möglicher Suizide sowie das Auffinden von Personen, die sich in hilfloser Lage befinden, und Ähnliches mehr.
All das hat aber noch einen weiteren Hintergrund, und da könnte leicht eine Grenze überschritten werden: Wir reden ja nicht über Kommunikationsinhalte, sondern wir reden im Wesentlichen über Kommunikationsdaten. Die sind allerdings auch schützenswert; da sind wir ganz nah bei Ihnen.
Es war verdienstvoll und wichtig, dass Sie die Diskussion immer wieder angerissen haben. Wir können uns Ihren Bedenken jedoch nicht anschließen, wenn es darum geht, die Praxis in unserem Lande zu kritisieren. Insoweit bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion für die wertvolle Diskussionen, die wir mit Ihnen geführt haben. Im Ergebnis können wir Ihren Bedenken aber nicht beitreten. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an dieser Stelle nicht wiederholen, was wir anlässlich der Einbringung und in vielen Beratungen im Rahmen der Verfassungskommission zu dem Thema gesagt haben. Ich möchte an einen Grundgedanken anschließen, an eine Handlungsmaxime, die im Oktober 1969 durch Willy Brandt für die Sozialdemokratie formuliert worden ist. Er hat bei seiner ersten Regierungserklärung gesagt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ – Gemessen an dem Anspruch, der damals artikuliert worden ist und sich auf die Überwindung verkrusteter Strukturen bezog, ist das, was wir, die antragstellenden Fraktionen, heute zur Abstimmung stellen, ein ganz geringes Wagnis.
Es ist überhaupt kein Wagnis, wenn man Vertrauen in die Urteilsfähigkeit von 300.000 jungen Menschen hat. Wenn man Vertrauen in unsere Demokratie hat, geht man überhaupt kein Wagnis ein, dann ist keinerlei Skepsis geboten, dann muss man eigentlich auch zur Stärkung unserer eigenen Legitimation den Weg dafür freimachen, dass demnächst junge Menschen ab dem 16. Lebensjahr bei uns an Landtagswahlen teilnehmen dürfen.
Eine weitere Tatsache möchte ich in den Fokus rücken. Es geht nicht darum, dass wir hier und heute aktiv beschließen, das Wahlalter tatsächlich abzusenken. Uns geht es lediglich darum – das hat auch mit dem Ablauf der Wahlperiode zu tun –, den Weg
zu ebnen, diese verfassungsrechtlich vorgesehene Sperre zu beseitigen, sodass der Gesetzgeber ein Wahlrecht für junge Menschen ermöglichen kann. Das war der Kompromiss, auf den sich die Verfassungskommission hätte einigen können. Das ist mit nicht mehr und nicht weniger verbunden, als damit, eine absolut überflüssige Hürde in unserer Landesverfassung zu beseitigen.
Für alle, die sich ansonsten gern rechtliche Zweifel und rechtliche Skepsis zu eigen machen, kann ich absolute Entwarnung geben. Wir dürfen Ihnen versichern – darüber haben wir Hunderte Statements und Dutzende gutachterliche Stellungnahmen –, es ist nicht nur mit der Verfassung, mit unserer Rechtsordnung, vereinbar; es wird sogar von Leuten, die sich über unsere Demokratie Gedanken machen, ausdrücklich befürwortet. Ein Wahlrecht für junge Menschen ab 16 Jahren ist ein Plus für unsere Demokratie in Nordrhein-Westfalen.
Es gibt immer wieder Schutzbehauptungen nach dem Motto: Die jungen Menschen sind noch nicht reif dafür. – Dazu können Sie jede Entwicklungspsychologin und jeden Entwicklungspsychologen befragen und bekommen ganz eindeutige Antworten. – Oder aber die Behauptung: Die jungen Leute gehen doch alle nicht wählen! – Das ist erstens total falsch. Es gibt Erhebungen darüber, dass gerade die von uns angesprochene Altersgruppe eher mehr und intensiver an Wahlen interessiert ist als darauffolgende Altersgruppen. Was für ein demokratietheoretischer Blödsinn ist es darüber hinaus, zu sagen, wir stellen das Wahlrecht für eine gewisse Gruppe infrage, weil ein Teil dieser Gruppe von dem Wahlrecht keinen Gebrauch macht?
Ich möchte nicht darauf verweisen, dass uns alle wichtigen Jugendverbände in unserem Land eindringlich darum bitten, diese Option zu eröffnen, und dass alle Nachwuchsorganisationen der politischen Parteien … Entschuldigen Sie, nicht „alle“! Liebe Freunde von der Jungen Union, ihr müsst ja nicht wählen gehen. Bitte nehmt aber den anderen nicht das Recht, zur Wahl zu gehen!
Wir wollen uns an dieser Stelle vergewissern, wie wir es denn mit unseren eigenen Prinzipien halten. Ich will den Kolleginnen und Kollegen von der FDP nicht wieder ihre eigene Beschlusslage, die Praxis der vielen FDP-Fraktionen in den anderen Landesparlamenten oder gar ihre Jungen Liberalen oder ihre eigenen Parteitagsbeschlüsse vorhalten. Ich habe den Eindruck, dass es darum gar nicht geht. Vielleicht
kommt das alles nur zu einem falschen Zeitpunkt. Wir haben an einem anderen Punkt, der sicherlich von wesentlich geringerer Bedeutung ist, kurzfristig überlegt, ob es nicht sinnvoll ist, zu breiteren Mehrheiten zu kommen und den Weg für eine große Zustimmung im Haus zu eröffnen. Wenn es nur darum geht, zu verhindern, etwas mit den falschen Mehrheiten auf den Weg zu bringen, werfen Sie bitte Ihr Herz über die Hürde!
Es geht nicht darum, ein Ampelsignal zu setzen. Es geht darum, junge Menschen mit ihren Anliegen ernst zu nehmen und ihnen die Möglichkeit zu Teilhabe und Partizipation in unserer Gesellschaft zu eröffnen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um demokratisches Selbstverständnis. Deshalb werbe ich noch einmal dafür: Stimmen Sie mit uns gemeinsam für die Möglichkeit, dass wir demnächst das Wahlalter ab 16 Jahren einführen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Jostmeier, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich habe jetzt die Möglichkeit, zwischen mehreren Frageoptionen zu wählen. Ich möchte nicht nach der Bertelsmann-Studie fragen. Ich frage nur, ob Ihnen bekannt ist, dass nach den jüngsten Erhebungen zur Wahlbeteiligung – insbesondere zur Wahl in Hamburg im Jahre 2015 – deutlich erwiesen ist, dass die Wahlbeteiligung der jungen Menschen von unter 18 Jahren um zehn Prozent höher liegt als in der nächstfolgenden Alterskohorte.
Ich habe mich erst mal zu bedanken, dass die Zwischenfrage zugelassen wird. – Ich will Sie fragen, ob Ihnen die Stellungnahme des Landesjugendrings NRW zur Anhörung „Rechte von Kindern und Jugendlichen in NRW“ bekannt ist, in der ausdrücklich ausgesagt wird – ich zitiere wörtlich –:
„Die Absenkung des Wahlalters bleibt darüber hinaus deutliche Forderung aller Jugendverbände in NRW und des Landesjugendrings NRW. Wir bedauern ausdrücklich, dass es zurzeit wenig Anlass gibt auf eine entsprechende Änderung zu hoffen.“
Lieber Herr Kollege Dr. Wolf, ich bin einigermaßen entsetzt darüber, dass Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass wir an der Stelle ganz genau diese unsägliche – ich hätte beinahe etwas Schlimmeres gesagt – Verknüpfung, die zum Scheitern wesentlicher Inhalte geführt hat, aufheben wollen. Wir wollen jetzt genau das tun,
was Sie von uns verlangt haben und was nachher dann – ich will hier keine Geschichtsklitterung durchgehen lassen – an Ihnen gescheitert ist. Wir wollen jetzt nur die Möglichkeit eröffnen, dass es einfachgesetzlich geregelt werden kann.
Dann will ich noch mit ein paar anderen Dingen aufräumen. Sie haben eben „Strafmündigkeit“ gesagt. Ich sage Ihnen nur einfach mal so von Kollege zu Kollege: Die beginnt bei uns mit 14 Jahren. Wir verlangen Menschen mit 16 Jahren wesentliche Entscheidungen für ihr weiteres Leben ab. Die Menschen mit 16 Jahren dürfen bei Kommunalwahlen an den Wahlen teilnehmen. Wir verhindern an der Stelle
mehr demokratische Legitimation, mehr Partizipation, und das alles nur, weil Sie meinen, Sie als FDP hätten nicht genügend Gegenleistung bekommen.
Ich darf Ihnen noch eins mit auf den Weg geben: Ich glaube, dass das gar nicht an der Verknüpfung hängt. Nach meiner tiefen Überzeugung hängt es daran, dass die FDP es im Augenblick aus taktischen Gründen nicht über das Herz bringen kann, auch einmal etwas gegen die CDU zur Abstimmung zu bringen; denn ansonsten wäre ihr internes programmatisches Verhalten und ihr tatsächliches Verhalten hier nicht miteinander in Einklang zu bringen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir gerade hier erlebt haben, schließt sich nahtlos an den Auftritt des Herrn Laschet beim ersten Tagesordnungspunkt an. Herr Laschet, Sie haben hier aus gutem Grund nicht mehr viel zur inneren Sicherheit gesagt, weil Sie unter Tagesordnungspunkt 1 Ihre Inkompetenz schon unter Beweis gestellt haben.
Ich will an der Stelle sicherlich akzeptieren, dass Sie versuchen, hier Profil zu gewinnen. Offensichtlich zeigen uns ja Umfragen, dass es sich im Land noch nicht so rumgesprochen hat, dass Sie über alles gut erzählen können, nur die Fakten immer durcheinanderbringen. Aber das haben Sie ja gerade wieder grandios unter Beweis gestellt.
Die erste Nummer, Herr Laschet, die ich Ihnen kurz mit auf den Weg geben will: die Bürgernähe der Ministerpräsidentin. Sie können jetzt gleich, wenn Sie damit umgehen können, Ihr Handy nehmen und sich den Livemitschnitt vom Montag, vom Leserforum der „NRZ“ anschauen, als die Ministerpräsidentin mit 50 Bürgerinnen und Bürgern diskutier hat. – So weit zur Faktentreue des Armin Laschet, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Darüber hinaus, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mich an der Stelle schon fasziniert, mit welchem Selbstbewusstsein der Erfinder des KiBiz – viele von uns erinnern sich noch: KiBiz ist Mumpitz – hier seine Meisterleistung zur Zerstörung einer funktionierenden Kindertagesstättenlandschaft in NordrheinWestfalen deklariert hat.
Lieber Herr Laschet, bitte erzählen Sie doch den Bürgerinnen und Bürgern mal ganz genau, wie viel Euro Sie seinerzeit in die Kinderbildung gesteckt haben. Ich meine jetzt nicht diese Taschenspielernummer mit dem Umetikettieren; ich meine netto. Ich kann Ihnen das sagen: Null Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist Kinderförderung und Kinderbetreuung á la Armin Laschet.
Ich habe manchmal etwas den Eindruck, dass HansDieter Hüsch, wenn er bei uns Rheinländern gesprochen hat, Sie im Blick hatte – nach dem Motto „Weiß nichts, kann aber alles erklären“. Ich will an der Stelle mit ein paar anderen ehemaligen Meisterleistungen – Sie wollen es ja jetzt wohl besser machen –
aufwarten. Bitte erzählen Sie doch mal, wie die Nummer mit den Studiengebühren in Ihrer Regierungszeit war
und was Sie jetzt vorhaben als Antwort an die jungen Menschen: das Blümchenziehen „Ja, nein, vielleicht, sag ich nicht so genau“. – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das ist kein Zukunftsentwurf, das ist Mogelei kurz vor der Landtagswahl.
Ich darf dann aber auch an den ungeheuer misslungenen Versuch des „Privat vor Staat“ in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung kurz erinnern. Ich kann mich erinnern, Sie haben Arbeitnehmerrechte geschleift. Wir haben mit dem neuen Personalvertretungsgesetz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter NRW wieder zum Mitbestimmungsland Nummer eins gemacht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Oder: Kommunen. Sie haben ja wohlweislich das, was Sie in Ihrem Antrag mitgeteilt haben, in Ihrer Rede mit keinem Wort erwähnt. Das hätte ich an Ihrer Stelle auch gemacht. Das ist dann schonender Umgang mit unnützen Ressourcen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will an der Stelle noch einmal den Fokus auf die Kommunalfreundlichkeit der Opposition, die da vorne in Erwartungshaltung sitzt, werfen. In Ihrer Regierungszeit haben Sie unsere Kommunen in einer Größenordnung von 3 Milliarden Euro zur Ader gelassen.
Da beißt die Maus keinen Faden ab, wir können Ihnen das im Einzelnen nachweisen. Und was haben wir gemacht? Wir haben zum Beilspiel den Stärkungspakt Stadtfinanzen gemacht. Und jetzt zitiere ich einfach mal.
Die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion weisen zu Recht darauf hin, dass sie an der Stelle mitgemacht und mitgestimmt haben, und dafür sind wir der FDP, die damals Weitsicht bewiesen hat, ausnahmsweise mal sehr dankbar, Herr Kollege Lindner.
Die „Rheinische Post“ schreibt:
„Zwar sitzen viele Kommunen weiterhin auf einem Berg von Altschulden,“
dazu können Sie im Regierungsprogramm nachlesen, wir wollen einen Altschuldenfonds für die Kommunen haben –
„doch sehen sie zunehmend die Chance, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, bei dem
die Ausgaben nicht höher sind als die Einnahmen. Das bedeutet: keine neuen Schulden mehr.“
„Ein wesentlicher Grund für diese positive Entwicklung“
ich zitiere die „Rheinische Post“, das ist keine SPDMitgliederzeitung, liebe Kolleginnen und Kollegen –
„ist der ‚Stärkungspakt Stadtfinanzen‘, den die rot-grüne Regierung von Hannelore Kraft … nach der Regierungsübernahme initiiert hat.“
Ende des wörtlichen Zitats aus der „Rheinischen Post“. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das erkennen sogar konservative Medien an.
Genauso wie die Tatsache, dass wir statt 138 Kommunen im Nothaushalt nur noch acht Kommunen in so einer misslichen Situation haben. Wir haben mit 138 Kommunen im Nothaushalt Regierungsverantwortung übernommen, und wir haben es geschafft, dass nur noch acht Kommunen sich im Nothaushalt befinden. Und wir haben den Kommunen das zurückgegeben, was ihnen zusteht, nämlich den Anteil an einer Grunderwerbsteuer, und sie darüber hinaus entlastet von einer Befrachtung des GFG. Jeder dritte Euro in diesem Land fließt unmittelbar in Richtung Kommunen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, außer Mäkelei haben Sie an der Stelle keine eigene Konzeption, die Sie hier vorlegen können.
Apropos eigene Konzeption: Ich hätte mich darüber gefreut, wenn Sie uns – ich habe mir fünf Punkte aufgeschrieben, lieber Herr Laschet – zum Beispiel über Ihre Perspektive im Bereich des Nichtraucherschutzes mal richtig klar und deutlich aufgeklärt hätten. Da ist auch wieder die Nummer „Ja, nein, vielleicht, jetzt besser doch nicht“.
Oder aber: Polizei. Innere Sicherheit ist Ihnen ein besonderes Anliegen. Dann tun Sie doch mal Butter bei die Fische und sagen uns, wie viele Polizistinnen und Polizisten Sie anstelle der amtierenden Landesregierung einstellen würden.
Ist alles Fehlanzeige bei Ihnen, Herr Laschet. Sie machen hier nur unsere erfolgreiche Politik mies und stellen keine einzige Alternative vor. So einfach ist das.
Dann müssten Sie aber auch die spannende Frage beantworten – allen wohl und niemand wehe! –, wie Sie es denn bitte bezahlen wollen. Auf den Punkt sind Sie auch nicht eingegangen, weil sich Ihre
Angstmacherei spätestens mit dem Haushaltsabschluss 2016 in Bezug auf das Nichteinhalten der Schuldenbremse als reines Fantasieprodukt erwiesen hat, lieber Herr Laschet. Insoweit kann ich Ihnen nur sagen: Auch die Finanzen sind bei dieser Landesregierung in guten Händen.
Und darüber hinaus erwarte ich vom ehemaligen Integrationsminister: Es gibt jetzt im Bundestagswahlprogramm – eine ganz spannende Veranstaltung – ein Islamgesetz.
Sagen Sie doch mal, Herr Laschet: Gehört der Islam zu Deutschland, ja oder nein? – Ducken Sie sich nicht weg, sondern beziehen Sie klare Kante. Oder hat bei der CDU NRW Herr Dr. Krings das Sagen?
Oder wie sieht es mit dem Einwanderungsgesetz aus?
Da sind Sie bemerkenswert still. Ich schätze Ihre Meinung zu dem Thema.
Ich glaube nicht, dass nach den Auftritten, die Sie hier heute geliefert haben, verehrter Herr Kollege, der Vorwurf der Pöbelei in meine Richtung angemessen ist. Ich würde mich an Ihrer Stelle in Ihrer Wortwahl ein bisschen beschränken oder es mit Herbert Wehner halten: Erst Kopf und dann Kehlkopf einschalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es gibt Stadtteile in unserem Bundesland, in denen es besondere Problemsituationen gibt. Diejenigen, die Stichworte – man sollte meinen, Herr Wendt sei bei innenpolitischen Auseinandersetzungen immer noch Ihr Ratgeber, lieber Herr Laschet – und
Kampfbegriffe wie „No-go-Areas“ benutzen, wissen aber offensichtlich nicht, wovon sie reden.
Die Strategie, zu versuchen, unsere Bürgerinnen und Bürger mit Kampfbegriffen, die einem Realitätscheck überhaupt nicht standhalten, zu verunsichern, kann nicht aufgehen.
Wir haben zu diesem Thema in einem Untersuchungsausschuss, über den ich heute Nachmittag
noch reden werde, sehr intensiv Sachverständige, Kommunalpolitiker und Polizistinnen und Polizisten vernommen. Diejenigen, die außer Polizeigewerkschaftern noch von No-go-Areas reden, sitzen ausschließlich auf der rechten Seite dieses Hauses, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will Ihnen sagen, was die amtierende Landesregierung gemacht hat: statt Stellenabbau bei der Polizei 800 Stellen zusätzlich!
Darüber hinaus haben wir mit „Riegel vor!“ Prävention betrieben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zeigt Wirkung. Und wir haben eine Menge mehr in diesen Bereich – gerade bezogen auf die präventive Arbeit – investiert. Ich glaube, dass Kriminalitätsbekämpfung nötig ist, aber man muss auch an die Ursachen heran. Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie das in Ihren Betrachtungen ausblenden.
Insgesamt komme ich zu dem Schluss, dass es ganz offensichtlich an der Zeit ist, dass die CDU NRW sich ein neues Wappentier zulegt. Die standen früher auf dem rückwärtigen Bereich mancher Pkw: „Wackeldackel“ heißen diese Tiere, und sie werden am ehesten dem gerecht, Herr Laschet, was Sie den Bürgerinnen und Bürgern zumuten. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade auf dem Weg hierher eine Bemerkung gehört, die stilistisch sicherlich nicht in den Bereich passt, über den wir uns heute zu unterhalten haben.
Ich will hier nicht als „Bänkelsänger vom Niederrhein“ auftreten, lieber Herr Kollege, sondern ich habe ernsthaft vor, mich mit der Frage auseinanderzusetzen, wieso das Ganze in der Silvesternacht geschehen konnte, welche Lehren wir daraus ziehen und wie darüber hinaus das Verfahren war.
Ich habe den Zuruf nicht dem Vorsitzenden zugeordnet, allerdings den einleitenden Teil Ihnen zugedacht und gewidmet, Herr Biesenbach. Ich dachte schon, den könnte ich hintanstellen, nachdem Sie sehr wohltuend und sachlich eingeführt haben. Eine Bemerkung, die Sie zum Schluss gemacht haben, ruft dann aber doch ein wenig Widerspruch hervor. Sie haben gesagt, Sie müssen nicht mehr entscheiden, wer recht hat. – Ich sagen Ihnen: Das mussten noch Sie nie.
Eines der wichtigen Missverständnisse lag offensichtlich in der Definition der Aufgabe des Vorsitzenden. Lieber Herr Biesenbach, im Parlamentarischen
Untersuchungsausschussgesetz heißt es in § 4a: „Der Vorsitzende leitet das Untersuchungsverfahren unparteiisch und gerecht.“
Die Art und Weise, wie Sie eben Ihren Bericht abgeschlossen haben, weckt einige Zweifel, die insbesondere auch im Laufe unserer Arbeit immer wieder aufgetreten sind, wenn es darum ging, eine unmittelbare Einschaltung der Medien zu ahnden – insbesondere, wenn es darum ging, dass wir vertrauliche Unterlagen – zum Teil mit geschützten Daten – von Einzelpersonen hatten, die ganz offensichtlich vollständig an Dritte weitergegeben worden sind.
Ich darf mir in dem Zusammenhang die Bemerkung erlauben, dass es schwierig ist, wenn wir uns in einem Untersuchungsausschuss mit Regelverstößen auseinanderzusetzen haben und dann Regelverstöße innerhalb unserer Arbeit kommentarlos hinnehmen, die die Spielregeln eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses betreffen, sehr geehrter Herr Biesenbach.
Das zeugt von einem – ich darf Ihnen gleich einige Ihrer Fragen beantworten – Verständnis der Aufgabe, das womöglich auch von dem Bedürfnis geleitet worden ist, sich medial darzustellen, und darüber hinaus in Teilen unseres Ausschusses auch gekennzeichnet war von einem politischen Belastungseifer, der allerdings für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht verfahrensleitend sein sollte.
Der Ausschuss hatte zum Gegenstand, zu untersuchen, ob es Fehlverhalten und Versäumnisse gegeben hat. Ja, Herr Biesenbach, ich darf Ihnen eine Frage schon beantworten: Wir haben uns – und zwar nicht nur die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sondern auch eine Oppositionsfraktion – da gegen Feststellungen im Sachverhalt ausgesprochen, wo nur eine, zum Teil in der absoluten Minderheit befindliche, Ansicht zum Gegenstand der Feststellung gemacht worden ist, um danach womöglich falsche Rückschlüsse zu ziehen.
Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Da hat sich im Bereich des Regierungspräsidiums Arnsberg ein Vorfall in einem Supermarkt abgespielt, an dem zwei Menschen beteiligt waren, die – was verwerflich und auch unanständig ist – eine Verkäuferin und anwesende Kundinnen mit sexuellen Beleidigungen belegt haben. Der Zeuge, den Sie vor allen anderen genommen haben, hat daraus geschlossen, das sei eine Gruppe gewesen – weil das zwei Personen waren, die das geäußert haben –, und er würde diese verbalen Entgleisungen mit sexualisierter Gewalt gleichsetzen. Daraus hat dieser Zeuge für sich den Rückschluss gezogen, an der Stelle seien Dinge womöglich vorhersehbar gewesen.
Wir haben den Fachmann, den Profi aus dem Bereich – den Polizeidirektor der Kreispolizeibehörde – im unmittelbaren Anschluss vernommen, genau wie mehrere andere Zeuginnen und Zeugen, und diese kommen zu einer ganz anderen Bewertung, die sich im Übrigen deckt – und da komme ich jetzt auch zu unseren Einschätzungen, bezogen auf den von Ihnen aufgeworfenen und aus meiner Sicht fachlich vollkommen verfehlten Einwand der Vorhersehbarkeit – zum Beispiel mit der Aussage des Herrn Bundesinnenministers, der uns gesagt hat: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war nicht vorhersehbar.
Der Begriff des Modus Operandi ist immer wieder so aufgetaucht, dass wir nachher als Mitglieder des Ausschusses eigentlich schon Antworten antizipieren konnten, nach dem Motto: Es handelt sich da um einen vollkommen neuen Modus Operandi.
Das heißt, bei der Frage nach der Vorhersehbarkeit der Ereignisse stehen Sie mit Ihrer Feststellung nicht im Einklang mit der Mehrheit der gehörten Zeugen, und wenn Sie dann politische Vorwürfe ableiten – wir haben den Chef der Bundespolizei vernommen, den Bundesinnenminister und seinen Staatssekretär –, dann treffen diese Vorwürfe ganz offensichtlich diese beteiligten Personen auch. Davon ist im Prinzip keine Rede gewesen.
Apropos „Rede davon sein“: Ich will hier nur ganz vorsichtig andeuten, wer die inhaltlich erheblichsten Vorgaben gemacht hat, und darauf bin ich eigentlich sehr stolz: Die regierungstragenden Fraktionen und die Fraktion der Piraten haben Ihnen, bezogen auf den Bewertungsteil, ein vollständiges Bewertungskapitel zugeleitet. Sie haben das dann – ich drücke es einmal vorsichtig aus – mit einigen Adjektiven und einigen Einschüben gewürzt.
Das haben wir – und ich denke, das war durchaus auch im Sinne der Klarheit und Durchschaubarkeit – nachher wieder herausgenommen. Also, zu behaupten, wir hätten aus dem vom Vorsitzenden vorgelegten Bericht ohne Weiteres irgendetwas herausgestrichen, ist nicht ganz mit den Realitäten in Einklang zu bringen.
Wir sind, und das lässt sich leicht aus der Lektüre des Berichts ableiten, bei 80 % aller entscheidungserheblichen Fragen einer Meinung, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, nämlich bei der Frage: Was war zu verhindern, und was war nicht zu verhindern?
Ich denke, ich kann für alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses sprechen, wenn ich sage: Alle Beteiligten sehen erhebliche Mängel in den Fragen rechtzeitiger Aufklärung, früherer Meldezeiten, rechtzeitigen Eingreifens und unverzüglichen Rückgriffs auf vorhandene Personalressourcen. Die Frage ist
auch: Wer hätte wann dafür Sorge tragen müssen, dass die Hohenzollernbrücke gesperrt wird?
Es wäre im Übrigen erfreulich, wenn ich nicht durch Geräusche aus dem Hintergrund gestört würde.
Des Weiteren stellt sich uns die Frage: Wurde der Einsatz vor Ort sachgerecht geführt? Wir meinen, nicht.
Darüber hinaus: Wie war die Kommunikation in der Nacht und auch in der Vorbereitung auf diese Nacht? Es gab ganz erhebliche Fehler. Ich bin nicht so vermessen, zu behaupten, dass die Ereignisse insgesamt hätten verhindert werden können, wenn die Fehler vermieden worden wären. Ich bin mir aber in einem sicher: Die Intensität und auch die Anzahl der Straftaten hätten sich, wenn man rechtzeitig eingeschritten wäre, erheblich reduzieren lassen.
Wir haben uns dann mit den Erkenntnissen zur Kräfteanforderung zu beschäftigen gehabt. Mit Verlaub, den Verlauf der Silvesternacht von dem Nichtvorhandensein von 30 Kräften abhängig zu machen, nämlich einem Zug – der Anforderung ist nicht entsprochen worden, und dem ist allerdings nicht widersprochen worden –, das ist hanebüchen und an den Haaren herbeigezogen, insbesondere wenn es in der Silvesternacht genug Ersatzkräfte gab, die nur nicht angefordert worden sind, und wenn man sich vor Augen führt, dass wir es mit einer Kreispolizeibehörde mit mehr als 4.000 Beschäftigten zu tun hatten. Nach meinem Dafürhalten wäre es leicht möglich gewesen, wenn man vor Ort der Überzeugung war, dass mehr Personen in den Einsatz müssen, dies dann durch vorhandene Kräfte zu leisten.
Ich komme für mich und für die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion zu dem Fazit: Es hätte sicherlich keine entscheidende Wirkung gehabt, wenn 30 Kolleginnen und Kollegen der Polizei mehr im Einsatz gewesen wären.
Lassen Sie mich zu all den anderen Bereichen abschließend eine Schlussfolgerung ziehen: Offensichtlich war es für Teile des PUAs nicht mehr interessant, welche Parallelen man zu Hogesa, Loveparade und, und, und hätte ziehen können; denn dazu haben wir später bei der Bewertung gar nichts mehr gehört. – Entschuldigen Sie, Herr Kollege Lürbke, an einer Stelle hat sich die FDP noch sehr intensiv eingebracht.
Ich will noch einmal darauf hinweisen: Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der Loveparade um eine Veranstaltung gehandelt hat, die von einem privaten Veranstalter angemeldet worden ist. Da sind Konsequenzen gezogen worden. Gerade diese Voraussetzung hat in der Silvesternacht nicht vorgelegen. Insoweit ist die Vergleichbarkeit nicht herzuleiten.
Abschließend möchte ich mich ausdrücklich bei all jenen bedanken, die im Ausschuss als Zeuginnen und Zeugen Betroffenheit gezeigt haben, die sich bei den Opfern entschuldigt und gesagt haben: Ja, wir sehen ein, es gab eine Mitverantwortung. – Das gilt für Bundesbehörden und Bundesbedienstete, für Landesbehörden und Landesbedienstete.
Lassen Sie mich eine kleine Ausnahme machen: Ich halte es nach wie vor für nicht hinnehmbar, dass die Hauptverwaltungsbeamtin der Stadt Köln jede Mitverantwortung der Kölner Behörden für die Ereignisse von sich gewiesen hat.
Das, was sich in der letzten Silvesternacht in der Stadt Köln gezeigt und ereignet hat, weist auch darauf hin, dass es dort erhebliche Mängel gegeben hat. Die weiteren Ausführungen zu dem Thema wird der Kollege Bialas noch aus polizeifachlicher Sicht machen.
Ich glaube, es hat sich gelohnt. Eines aber, liebe Kolleginnen und Kollegen ist Ihnen nicht gelungen: sich in Verschwörungstheorien zu ergehen, die vollkommen haltlos waren.
Das, was falsch gemacht worden ist, ist aufgeklärt worden. Deshalb war es gut und notwendig, dass wir gemeinsam in diesem Ausschuss gearbeitet haben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen Punkt auf der Tagesordnung, zu dem ich bei allen vorliegenden Anträgen ein hohes Maß an grundsätzlicher Übereinstimmung sehe. Ich will, bevor ich unseren Antrag begründe, allerdings an zwei Stellen einen Hinweis auf unser Abstimmungsverhalten in der Angelegenheit geben.
Ich halte es für schwierig bis nicht nachvollziehbar, wenn die CDU mit ihrem alternativen Vorschlag kommunale Bauordnungsbehörden in die Verantwortung für die Lösung der Probleme, die wir ansprechen wollen, nehmen will. Insoweit halten wir das nicht für eine geeignete Grundlage, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Darüber hinaus hätte ich mich bei den geringen Unterschieden – in einem Punkt gibt es allerdings einen
bedeutsamen Unterschied – darüber gefreut, wenn die FDP-Fraktion sich unserem Antrag angeschlossen hätte;
denn es geht ja hier darum, auch nach innen ein Zeichen zu vermitteln. Viele Menschen in NordrheinWestfalen haben ihre Wurzeln in der Türkei. Das sind Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarn, Geschäftspartner, Unternehmerinnen und Unternehmer – eben Mitbürgerinnen und Mitbürger, die wertvoll für unser Land sind und unsere Gemeinschaft stärken.
Ich möchte an der Stelle im Zusammenhang vortragen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Türkei war über viele Jahre ein beliebtes Urlaubsziel, bekannt für Gastfreundschaft, Höflichkeit, Kultur und Urlaubsfreude. Wir sind Partner in der NATO, und zwischen der EU und der Türkei bestehen viele vertragliche Beziehungen. Es geht also nicht darum, hier ein Pauschalurteil über die Menschen in der Türkei und über die, die aus der Türkei kommen, abzugeben. Vielmehr geht es darum, die richtige Antworten auf Vorfälle in der Türkei und bei uns zu finden. Und es geht auch darum, angemessen auf die aus meiner Sicht unangemessenen Provokationen des türkischen Staatspräsidenten zu reagieren.
Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass in den Medien deutlich darauf hingewiesen worden ist, dass gerade aus der Gemeinschaft der türkischstämmigen Menschen bei uns erhebliche Kritik an dem geäußert wird, was sich in der Türkei abspielt, an dem, was dieser Staatspräsident so von sich gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratie ohne Meinungs- und Pressefreiheit geht nicht. Gewaltenteilung ist Grundvoraussetzung. Das bedingt eine unabhängige Justiz. Jedes Regierungshandeln ohne parlamentarische Kontrolle ist undemokratisch. All das sieht das von Herrn Erdogan angestrebte neue Regierungssystem in der Türkei nicht vor. Insoweit entlarven sich, glaube ich, Vorwürfe gegenüber demokratischen Regierungen und demokratischen Parteien, insbesondere gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und ihren Politikerinnen und Politikern, von selbst.
Der Umgang des türkischen Staatspräsidenten mit Kritik hat ja offensichtlich auch eine innenpolitische Komponente. Es geht ja eher darum, die Türkei durch verbale Provokation in eine Opferrolle zu bringen und dann dafür zu sorgen und zu werben, dass dieses von mir gerade kritisierte System bei dem angestrebten Referendum eine Mehrheit bekommt. Ich glaube, das können wir uns nicht gefallen lassen.
Wir können auch die Bespitzelung von Menschen in NRW nicht hinnehmen. Wir stehen an der Seite der zu Unrecht verhafteten, drangsalierten und ausspionierten Menschen in der Türkei. Wir wollen keinen Wahlkampf in unserem Bundesland für dieses Referendum in der Türkei, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will deshalb gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen dafür werben: Wir bitten die Landesregierung, die Bundesregierung dabei zu unterstützen, deutlich zu machen, dass Auftritte von Herrn Erdogan oder Kabinettsmitgliedern aus der Türkei nicht erwünscht sind, wenn es um Wahlwerbung für das Referendum geht. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Das gilt auch deshalb, weil wir unsere Gesellschaft und unsere Gemeinschaft mit den türkischstämmigen Menschen hier nicht durch innenpolitische Interessen eines anderen Landes in Gefahr bringen lassen wollen.
Deutschland hat – ich komme zum Abschluss – völkerrechtlich das Recht, die Einreise ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das ist eine Möglichkeit, die man ernsthaft in Erwägung ziehen muss.
Ich komme auf den Antrag der FDP zurück. Ich würde mir wünschen, dass das nicht nötig ist. Deshalb können wir die Absolutheit, mit der Sie Ihre Forderung aufstellen, nicht unterschreiben.
Zum Abschluss meiner Rede will ich noch einen kleinen Hinweis in Ihre Richtung loswerden: Wir sollten uns – auch in der Auseinandersetzung zwischen demokratischen Parteien innerhalb der Bundesrepublik – nicht von eigenen politischen Interessen leiten lassen, indem wir versuchen, uns an Schärfe und Härte jeweils zu überbieten.
Ich glaube trotzdem, dass dies die Stunde und die Gelegenheit ist, in dieser Angelegenheit ein eindeutiges Zeichen des Landes Nordrhein-Westfalen zu setzen. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf feststellen, dass sich – und das überrascht wenig angesichts der Tatsache, dass womöglich gemeinsame Not verbindet – die Argumentation der Linken und der CDU heute in manchen Punkten verblüffend ähnelt. Darüber hinaus lässt sich eine wechselseitige Bezugnahme auf strafrechtliche Vorermittlungen – die sind offensichtlich irgendwie untereinander ausgetauscht worden – ableiten.
Die Aufführung, die der Kollege Biesenbach hier vorhin abgeliefert hat, erinnert irgendwie an die Einleitung eines Inquisitionsprozesses. Denn das, was Sie, verehrter Herr Kollege, da unterstellt haben, ist entweder der Tatsache geschuldet, dass Sie sich Ihre feststehende Meinung nicht durch Fakten verwirren lassen wollen, oder aber es ist der plumpe, wahltaktisch faktenfreie Versuch, mit Spekulationen Dinge zu konstruieren, die sich allein aus den Zeitabläufen beim besten Willen nicht ableiten lassen.
Lieber Herr Kollege Biesenbach, ich erwarte von dem eingeleiteten Verfahren tatsächlich eine Klärung, und zwar insbesondere im Hinblick auf einen hier mehrfach angesprochenen Zeitraum, der eine Reihe von wesentlichen Ereignissen umfasst. Ich darf vier Ereignisse nennen, die bezogen auf den Herrn Wendt sicherlich eine Rolle spielen werden: zwei Versetzungen, eine Wahl und eine Beförderung.
Wir haben hier eben vernommen, dass es an einer Stelle offensichtlich gewisse Schwierigkeiten im Verhältnis zum unmittelbaren Vorgesetzten beim PP Duisburg gegeben hat; daraufhin ist dann versetzt worden. Dies fällt in eine Zeit, in welcher der Kollege Wolf Innenminister war.
Die zweite wichtige Nummer war dann die Versetzung zum LZPD, die genau im gleichen Zeitraum stattgefunden hat.
Und dann kommt eine Nummer, die ich wirklich bemerkenswert finde, nämlich eine Beförderung. Die muss ja irgendjemand veranlasst haben.
Da muss doch irgendjemand eine Beurteilung abgegeben haben, und dieser Vorgang muss auch irgendwo festgehalten worden sein.
Herr Innenminister Jäger hat vorgetragen, was sich in der Personalakte findet. Ja, ich bin auf die Ermittlungen gespannt. Und ich bin sehr gespannt darauf, was Ingo Wolf zu diesen Fakten sagen wird.
Herr Kollege Biesenbach, darüber hinaus habe ich bei Ihnen einen fragwürdigen kleinen Irrtum in Bezug auf die Zeitabläufe feststellen dürfen: 2007 ist Herr
Wendt Bundesvorsitzender seiner Organisation geworden – 2007. Das haben Sie vorhin zeitlich auch in einen anderen Zusammenhang gebracht.
Lieber Herr Kollege Lürbke, wenn Sie Ihren derzeitigen Wahlkampfhelfer Herrn Clement ein wenig – ich sage es mal so – für die Sache mitverantwortlich machen wollen, ist das Ihr Problem. Eines aber können wir Ihnen – darauf haben verschiedene Kolleginnen und Kollegen schon hingewiesen – nicht durchgehen lassen, nämlich dass Sie den verschleiernden Versuch unternehmen, das Landespersonalvertretungsgesetz bzw. die dort getroffenen Regelungen zur Freistellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Personalratstätigkeit – einfach nach dem Motto: Merkt schon keiner – mit dem durcheinanderzuwirbeln, womit wir uns im Zusammenhang mit Gewerkschaften und deren Arbeit beschäftigen. Daraus würde sich dann eine ganz andere Geschichte ergeben.
Lieber Herr Kollege Lürbke, ich weiß, dass die FDP mit der Mitbestimmung, mit Freistellungen und Personalratstätigkeiten ziemliche Probleme hat.
Das ist kein Schwachsinn! Ich kann mich an die Debatten erinnern, die wir hier mit Ihnen über das Landespersonalvertretungsgesetz geführt haben. Lieber Herr Kollege, gerade Sie von der FDP haben soeben noch versucht, die Tatsache der Freistellungen zu skandalisieren. Ich kann Ihnen sagen: Das können Sie hier nicht wettmachen!
Eines will ich Ihnen noch ins Stammbuch schreiben: Wenn Sie so sehr an gewerkschaftlicher Arbeit interessiert sind, nehmen wir das gerne entgegen. Dann können Sie sich ja demnächst konstruktiv in die Diskussion einbringen.
Ich habe das, was damals geschah, ganz anders in Erinnerung.
Lassen wir darüber hinaus die wirklich spannende Vermutung, es könne sich bei dem Herrn Wendt um einen geheimen Sympathisanten der Landesregierung gehandelt haben, doch noch einmal auf uns wirken. Ich empfehle – das habe ich gestern Abend selbst gemacht – Folgendes: Geben Sie einfach mal bei Google „Wendt“ und „CDU“ ein. Wissen Sie, was dann passiert? Dann bekommen Sie eine Veranstaltungsliste, die jedem Tourneekünstler im Bereich der Kleinkunst zur Ehre gereichen würde. Da sind Dutzende von Veranstaltungen aufgeführt, welche die CDU mit dem Hauptredner, ihrem Parteifreund Wendt, in den letzten Monaten durchgeführt hat, und
die jetzt, sofern sie in der Zukunft liegen, peinlicherweise abgesagt werden.
Darüber hinaus hat Herr Wendt unlängst noch die Öffentlichkeit wissen lassen, dass er die CDU – und vor allen Dingen die CSU – im Wahlkampf nach Kräften unterstützen werde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie kommen Sie auf das schmale Brett, uns eine Nähe zu – ich sage das mal so – einem Menschen zu unterstellen, der mit rechtspopulistischen Phrasen um sich geworfen hat wie kaum ein Zweiter in diesem Land? Ich kann das nicht nachvollziehen.
Das lässt sich durch eine Reihe von kleinen Beispielen unterlegen. Zum Beispiel ist Herr Thierse, der ehemalige Bundestagspräsident, schon mal von Herrn Wendt zum Rücktritt aufgefordert worden. Zum Beispiel ist auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung schon mal von Herrn Wendt zum Rücktritt aufgefordert worden. Darüber hinaus haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in zahlreichen Anträgen hier im Landtag versucht, genau den Unsinn, den dieser Herr Wendt vorformuliert hat, zum Maßstab Ihrer Innenpolitik zu machen.
Da gibt es keine Nähe zu uns. Sie müssen sich für ihn schämen.
Zum Abschluss möchte ich dann noch – das ist der wirklich wichtige Punkt – auf die Konsequenzen zu sprechen kommen. Ja, wir waren uns über alle Fraktionen hinweg in der Innenausschusssitzung einig, dass es sinnvoll ist, gewerkschaftliche Arbeit, soweit sie mit dem Dienst zu vereinbaren ist, unter gewissen Bestimmungen auch zu fördern. Das ist ein gutes Anliegen.
Wir haben uns in diesem Zusammenhang einige Regelungen aus anderen Bundesländern angeschaut. Ich kann Ihnen nur sagen: Das alles ist noch nicht so überzeugend. Denn einen Fakt, der zu Beginn der Debatte auch schon einmal erwähnt worden ist, müssen wir sicherlich mitnehmen: Ohne die Mitarbeit der Gewerkschaften – auch der kleinen Gewerkschaften – wären wir bei der parlamentarischen Willensbildung in einer ganz schwierigen Situation.
Ich weiß nicht, wie viele Anhörungen es in den letzten Monaten und Jahren im Innenausschuss gegeben hat. Es gab kaum eine Anhörung, bei der keine Vertreter sämtlicher Polizeigewerkschaften anwesend waren. Diese Menschen müssen sich darauf auch vorbereiten. Genau solche Fakten und Sachverhalte sind nur ganz schwer in jeweils individualisierten Freistellungsregelungen abzubilden. Insoweit können wir gemeinsam den Versuch unternehmen, die bisherige und nicht missbräuchliche Praxis in eine rechtlich zulässige Form zu gießen und uns gleichzeitig ganz deutlich von dem abzugrenzen, was missbräuchlich ist.
Die kreative Dienstgestaltung des Herrn Wendt ist nicht im Sinne der Gewerkschaften, nicht im Sinne der Allgemeinheit und hat im Prinzip, wenn Sie es auf den Punkt bringen wollen, nur in einem Interesse gelegen: im persönlichen Interesse von Herrn Wendt. Ich hoffe, dass die Gewerkschaft auch entsprechende Konsequenzen ziehen wird.
Ja.
Ja.
Ich bin nicht nur bereit, das zur Kenntnis zu nehmen, sondern ich glaube, ich habe seinerzeit sogar persönlich geredet. Ich denke, dass Herr Engel sich noch gut daran erinnern wird, was wir ihm damals ins Stammbuch geschrieben haben. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In vielen EU-Ländern dürfen Menschen, die nicht aus einem Mitgliedstaat der EU stammen, bereits seit Langem an Kommunalwahlen teilnehmen. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die seit drei Monaten in Deutschland leben und hier gemeldet sind, dürfen ohne Weiteres an Kommunalwahlen teilnehmen. Im Gegensatz dazu können Menschen, die nicht aus der EU stammen, seit vielen Jahren in Deutschland leben, Teil der örtlichen Gemeinschaft sind, im Ehrenamt und im Verein aktiv sind sowie am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft verankert sind, nicht an der Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes teilhaben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das halten wir für falsch.
„Wer seinen Lebensmittelpunkt seit fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland hat, der soll auch die Chance erhalten, das unmittelbare Lebensumfeld mitzugestalten.“ Ich finde, das ist ein guter Satz. Der ist nicht von mir. Man kann ihn auf www.liberale.de nachlesen. Er ist von Herrn Dürr, dem Bundesvorstandsmitglied der FDP, gesagt worden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir vertreten diese Ansicht ähnlich wie die FDP seit vielen Jahren. Es gibt Parteitagsbeschlüsse bei den Liberalen dazu. Es gibt eine Initiative in Niedersachsen, der die FDP im Jahr 2015 zugestimmt hat. Vor diesem Hintergrund hatten wir natürlich die Hoffnung, dass es gelingen würde, eine rechtssichere Verankerung eines kommunalen Wahlrechts für Migrantinnen und Migranten durch eine Verfassungsänderung hier in Nordrhein-Westfalen auf den Weg zu bringen. Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie da ähnlich prinzipientreu sind wie zum Beispiel Ihre Kolleginnen und Kollegen in Niedersachsen.
Es gibt auch eine mächtige Anzahl von Organisationen und Institutionen, die das seit langem gemeinsam mit Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Grünen und Piraten, über alle Parteigrenzen hinweg fordern. Ich zähle nur Pars pro Toto auf: Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Diakonie, die Caritas, die Arbeiterwohlfahrt, 31 Resolutionen aus Kommunalparlamenten in unserem Bundesland, darüber hinaus fast einhellig, einstimmig alle Integrationsräte, die es in Nordrhein-Westfalen gibt. Sie alle sehen es genauso wie wir.
Das ist ein Thema – an diejenigen, die meinen, wir hätten das gerade erfunden, lieber Kollege Laschet –, das den Landtag in Nordrhein-Westfalen schon seit 1989 umtreibt, wie man das in „Landtag intern“ nachlesen kann.
Ich habe die schöne Formulierung gefunden – leider auch wieder von einer FDP-Vertreterin – das passe nicht in die Zeit. Lieber Herr Lindner, vielleicht sind Sie mal so freundlich und teilen uns mit, wann denn Ihre eigene Beschlusslage in die Zeit passt.
Wir wollen die Verfassung gerade deshalb ändern, um juristischen Bedenken gegen eine einfachgesetzliche Regelung entgegenzutreten. Diejenigen, die sich Nachhilfeunterricht aus Berlin bestellen, hätten mal besser aktiv an den Beratungen unserer Verfassungskommission teilgenommen, denn dort haben uns zahlreiche renommierte Sachverständige bestätigt, dass es durchaus Handlungsspieleräume gibt.
Herr Laschet, Sie waren kein einziges Mal bei diesen Beratungen anwesend. Ich finde, dass angesichts Ihrer Zwischenrufe der alte Herbert-WehnerSpruch „Erst Kopf, dann Kehlkopf“ durchaus angebracht ist.
Ich darf Ihnen nicht vorenthalten, dass der ekelhafte Versuch – das sage ich ganz deutlich –, das auf ein Türkenwahlrecht zu reduzieren und die Gefahr von AKP-Beteiligungen in Kommunalparlamenten an die Wand zu werfen,
nichts anderes ist, als ein demagogischer Versuch, eine vernünftige Initiative vor dem Hintergrund sinkender Wahlumfragen madig zu machen, lieber Herr Laschet.
Im Übrigen lassen wir als NRW-Politikerinnen und Politiker uns sicherlich nicht von Herrn Erdogan und seiner AKP vorschreiben, wann für was der richtige Zeitpunkt ist; denn wir wollen doch genau das Gegenteil.
Die Art und Weise Ihrer Aufgeregtheit zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir wollen die Teilhabe von Menschen an einer lebendigen Demokratie. Wir wollen in Nordrhein-Westfalen eine Teilhabe, die gemeinsam gestaltet und nicht spaltet.
Zum Schluss meiner Ausführungen kann ich es Ihnen nicht ersparen, lieber Herr Laschet, Ihnen einen prima Kommentar von WDR 1 von gestern vorzuhalten.
Von www1.wdr.de – Unter dem Titel „Bei der CDU liegen die Nerven blank – Türkei-Krise soll nutzen“ führt Herr Lauscher als neuestes Beispiel das geplante Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Ausländer an.
Ich komme zum Ende.
„Die CDU hat das noch nie gewollt, schon richtig. Aber die aktuelle Krise mit der Türkei zu nutzen, um – wie Laschet es jetzt tut – das düstere Schreckgespenst von Erdogan-getreuen AKPAktivisten in allen Stadträten an die Wand zu malen … mein lieber Scholli, das ist schon starker Tobak.“
Recht hat er, der Herr Lauscher – Unrecht haben Sie, Herr Laschet. – Vielen Dank.
Ich bedanke mich ganz herzlich für die Möglichkeit, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen, und frage nach Niedersachsen: Bedeutet Ihre Ausführung zum Stimmverhalten der FDP Niedersachsen, dass Sie prinzipiell nach wie vor als FDP die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für Migrantinnen und Migranten begrüßen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Irgendwie kommt mir die Rede meines verehrten Vorredners bekannt vor.
Ich glaube, ich habe sie bis jetzt mit unterschiedlichen Versatzstücken ca. vier- bis fünfmal gehört. Die Steigerung solcher Reden ist dann immer noch die Erwägung, einen Parlamentarischen Untersu
chungsausschuss ins Leben zu rufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier wird vollkommen sachfremd – in Ansehung der Tatsache, dass wir alle wesentlichen Fragen inhaltlich im Innenausschuss intensiv beraten haben – zweierlei gemacht:
Erstens. Sie biegen sich die Tatsachen so – im Ruhrgebiet sagt man: was nicht passt, wird passend gemacht –, dass Sie Ihre Geschichte weiter erzählen können.
Zweitens. Sie versuchen, und zwar diesmal an einem wirklich total untauglichen Objekt, hier ein bisschen Wahlkampf mit dem Thema „innere Sicherheit“ zu inszenieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das geht so nicht.
Ich möchte an dieser Stelle freimütig bekennen: Ja, es ist für uns eine schockierende Tatsache, dass
zwar ganz viele Menschen Fußballkultur und -tradition leben wollen – das gilt hier fraktionsübergreifend für viele von uns, die sich dem Fußballsport verbunden fühlen und zum Teil wie ich eine Dauerkarte für einen Stehplatz besitzen –, aber ganz wenige ganz offensichtlich ein erhebliches Missverständnis haben. Tradition hat mit Gewalt, mit Prügeleien, mit Attacken auf unbeteiligte Zuschauerinnen und Zuschauer nichts zu tun. Das gehört nicht in unsere Stadien. Wer so etwas macht, ist ein krimineller Gewalttäter. Er gehört nicht in die Kurve, sondern in den Knast.
Darüber sind wir alle uns einig. Wir sind uns jedoch in einem Punkt nicht einig, nämlich in der Frage: Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass bei vielen Sportereignissen, insbesondere im Profifußball, Polizeikräfte intensiv gebunden sind, obwohl die jeweilige Lage den Anlass dazu nicht geboten hat?
Wir haben ein bundesweit beachtetes Konzept der lageangepassten Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen. Seit wir es haben, unterlassen Sie keinen Versuch, dieses Konzept zu diskreditieren, und zwar gegen alle Fakten, gegen alle Erkenntnisse, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Als SPD-Landtagsfraktion haben wir unlängst eine höchst interessante Veranstaltung durchgeführt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre lehrreich gewesen, wenn Sie so etwas auch einmal gemacht hätten. – Dabei ging es um Sicherheitskonzepte im internationalen Vergleich. Wir haben Fachleute aus dem Bereich des Fußballs, aus den Fanszenen, von der Polizei und internationale Experten bei uns gehabt. Sie alle haben uns gesagt – inklusive DFB –: Das, was Ihr da macht, liebe Kolleginnen und Kollegen im deutschen Profifußball und in NordrheinWestfalen bei der Polizei, ist ein gutes und geeignetes Konzept, angemessen auf die Dinge zu reagieren.
Lassen Sie uns jetzt einmal die Ereignisse, die von Ihnen hier bemüht werden, etwas genauer anschauen. Ja, es hat ein Schreiben gegeben. Dieses Schreiben – der Kollege, der nach mir für unsere Fraktion redet, wird näher darauf eingehen – wird entweder falsch oder unvollständig zitiert. Der Innenminister hat nämlich im Innenausschuss überzeugend dargelegt, dass genau das, was der Verein mit dem Schreiben beabsichtigt hat, erfüllt worden ist und es da kein Sicherheitsdefizit gegeben hat.
Darüber hinaus können Sie ja einmal in der „WAZ“ nachlesen, was der Leitende Polizeidirektor und Einsatzleiter in Dortmund zu der Sache gesagt hat. Auch er sagt, dass es in dem Zusammenhang tatsächlich zu einem Ereignis gekommen ist, das aus seiner
Sicht nicht vorhersehbar gewesen ist. Wir führen das, ähnlich wie die Experten, darauf zurück, dass das ursprünglich anvisierte Ziel, nämlich der FanBus, für diese Wahnsinnigen nicht zur Verfügung stand und es dann zu einem spontanen Gewaltausbruch gekommen ist.
Dieser Gewaltausbruch hat – Herr Sieveke, diesen Hinweis hätte ich mir von Ihnen auch gewünscht –
dank des Einsatzes der Polizei vor Ort gerade einmal zehn Minuten gedauert. Sie hat die Lage mit den verfügbaren Kräften in den Griff bekommen. Leider sind die Beamten zum Teil dabei verletzt worden. Unser Dank und unsere Anerkennung gelten den Polizeikräften, die sich hier vor Ort so hervorragend bewährt haben.
Aber es wird ja noch eine Spur abstruser. Zur Begründung dieser Aktuellen Stunde bemühen Sie das Spiel Preußen Münster gegen Hansa Rostock. liebe Kolleginnen und Kollegen.
Was ist da passiert? Es hat im Gästefanblock eine Auseinandersetzung zwischen Rostock-Fans gegeben. Da ist die Polizei sofort reingegangen. Dann hat es einen Solidarisierungseffekt gegeben. Und was ist passiert? Auch dort ist innerhalb von kurzer Zeit Ruhe gewesen. Die lokalen Medien haben sich sogar lobend darüber geäußert. Insofern ist das für Versuche politischer Diskreditierung denkbar ungeeignet.
Was ich in Ihrem Wortbeitrag im Übrigen noch vermisst habe, ist die Frage: Wie geht denn der betreffende Verein mit der Situation um?
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Da gibt es eine Arbeitsteilung, die ganz wichtig ist, zwischen Polizei, Kommune, Verein, Fans und Fanbeauftragten.
Wenn ich dann im Vorfeld von dem Geschäftsführer einer börsennotierten Aktiengesellschaft fundamentalistische Kapitalismuskritik höre, frage ich mich: Muss man nicht einmal mit dem Menschen reden? Ich hoffe auch, dass das passiert. Denn bei aller nachvollziehbaren Kritik an dem Experiment „RasenBallsport Leipzig“ ist es in der von Ihnen beschriebenen Situation, liebe Kolleginnen und Kollegen, alles andere als vernünftig, dann auch noch Öl ins Feuer zu gießen. Das hätte ich mir anders gewünscht.
Es gibt noch zwei Fragen, die ich total spannend finde. Die Polizei – auch das haben wir im Innenausschuss gehört – hat vor dem Stadion und in der Innenstadt ganz massiv diese Hassplakate und Hassbanner eingezogen. Wer sich die Fernsehbilder anschaut, muss sich fragen: Wieso hat die Polizei vor dem Stadion gute Arbeit geleistet, und wieso waren
im Stadion Hassparolen zu lesen, die das Maß des Erträglichen wirklich gesprengt haben? Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch dafür habe ich kein Verständnis.
Drittens werden wir uns alle fragen müssen, wie es mit Ordnungsdiensten in Stadien und der Professionalität aussieht.
Ich kann mir an dieser Stelle einen letzten Appell nicht verkneifen, nämlich bezogen auf diejenigen, die zwar meinen, sie seien Fußballfans, aber Gewalttäter sind. Denen kann man nicht helfen, aber den Fans in der Kurve, die in Zukunft weiterhin erstens eine stimmungsvolle Choreografie, …
… zweitens preiswerte Eintrittskarten für Stehplätze und drittens ein Fußballvergnügen für alle haben wollen. Denen rate ich – und das würde ich mir wünschen –: Beschäftigt euch doch in euren Kurven auch einmal intensiv mit denjenigen, die da immer wieder diese Kriminalität veranstalten.
Ich glaube, dass das ein Gemeinschaftserlebnis ist.
Aber jetzt der Polizei und dem Innenminister die Schuld für diese Dinge in die Schuhe schieben zu wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein untauglicher Versuch am untauglichen Objekt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Och! Trotzdem halte ich es hier mit der gebotenen Höflichkeit und Sachlichkeit.
Der Kollege Laschet hat hier gerade zwei Dinge eindeutig unter Beweis gestellt:
Erstens. Vom Thema der Aktuellen Stunde hat er offensichtlich so wenig Ahnung, dass er kein einziges Wort darüber
verloren hat.
Zweitens. Als neuer „empörungspolitischer“ Sprecher der CDU hatte er hier einen leider sehr vorhersehbaren Auftritt.
Dass Sie das jetzt nicht hören wollen, ist vollkommen klar.
Sie sind vielleicht vom Klatschen noch müde. Aber Sie hätten einmal hinhören sollen, wie wenig intensiv sich Ihr Fraktionsvorsitzender mit den Themen beschäftigt hat. Hier wird ein Vehikel für ewig gleiche Rituale gesucht.
Es war vorhersehbar, was Sie machen würden, Herr Laschet.
Dass Sie Ihre spontane Erregung zum Teil vom Blatt abgelesen haben, sehe ich Ihnen auch nach.
Nur eines, lieber Herr Laschet,
sehe ich Ihnen nicht nach, nämlich dass Sie den Fußball, die Fankultur, Probleme in unseren Stadien und damit Fragen, die es wert wären, hier sachlich diskutiert zu werden,
für solch eine üble, kleinkarierte parteipolitische Nummer missbrauchen.