Protokoll der Sitzung vom 12.09.2014

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer heutigen Sitzung. Es ist die 67. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Ich begrüße auch herzlich die Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 13 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.

Heute gibt es vor Eintritt in die Tagesordnung keine Vorbemerkungen. Wir kommen deshalb gleich zu

1 Islamistische Propaganda erreicht mit Scha

ria-Polizei neue Qualität – Die rot-grüne Landesregierung muss endlich handeln

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/6728

In Verbindung mit:

Frontalangriff auf den Rechtsstaat: „SchariaPolizei“ patrouilliert in Nordrhein-Westfalen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/6729

Und:

Gewaltbereitem Salafismus mit Repression und Prävention begegnen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/6730

Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 8. September dieses Jahres gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der oben genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ebenfalls mit Schreiben vom 8. September 2014 hat die Fraktion der CDU gemäß § 95 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung zum selben Themenkomplex eine Aktuelle Stunde beantragt.

Auch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben mit Schreiben vom 8. September dieses Jahres gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Aussprache im gleichen Sachzusammenhang beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktionen – in der Reihenfolge der Antragseingänge – für die FDP-Fraktion Herrn Dr. Stamp das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde ist leider notwendig, weil die Bedrohung durch den Islamismus in Form von Dschihadismus und politischem Salafismus eine neue Qualität gewonnen hat. Bei vielen Menschen wächst die Angst, die Angst vor Anschlägen, die 2008 in Köln und 2012 am Bonner Hauptbahnhof nur knapp gescheitert sind. Sie haben aber auch Angst vor religiösen Extremisten, die der Mehrheitsgesellschaft ihr unmenschliches Weltbild aufzwingen wollen wie jüngst die SchariaPolizei in Wuppertal.

Meine Damen und Herren, es ist ein wichtiges Zeichen, dass sich prominente Muslime wie Aiman Mazyek diesen Extremisten entgegenstellen und zu Demonstrationen der Muslime gegen Gewalt und einen Missbrauch ihres Glaubens aufrufen. Das darf auch in dieser Debatte nicht unerwähnt bleiben.

(Beifall von der FDP, Dr. Joachim Paul [PIRATEN] und Robert Stein [fraktionslos])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, leider wird dem Kampf gegen den gewaltbereiten Islamismus von der Landesregierung NordrheinWestfalen nicht die notwendige Priorität eingeräumt.

Auch deswegen jagen sich in Herford IS

Sympathisanten und Jesiden durch die Straßen. Auch deswegen finden in immer mehr Städten in Nordrhein-Westfalen salafistische Grillfeste statt, bei denen für den Dschihad rekrutiert wird. Auch deswegen trauen sich Islamisten, Wuppertal zur schariakontrollierten Zone zu erklären und dort als Scharia-Polizei uniformiert aufzutreten. Auch deswegen sind gerade in NRW Hassprediger auf den Straßen unterwegs.

Obwohl Aktionen religiöser Extremisten in Nordrhein-Westfalen wie Pilze aus dem Boden schießen, bieten Sie, Herr Minister Jäger, keine geeignete Gegenstrategie an. Sie behaupten zwar öffentlich, Sie würden eine Doppelstrategie aus Prävention und Repression verfolgen; leider ist es in Wahrheit eher eine Doppelstrategie aus Abwarten und Teetrinken.

Herr Minister, Sie rühmen öffentlich Ihr Präventionsprogramm „Wegweiser“ als einzigartig. Es wird Zeit, dass wir uns dieses Programm einmal näher anschauen:

Dieses Präventionsprogramm besteht nämlich aus insgesamt ganzen drei Stellen, einer in Düsseldorf, einer in Bochum und einer in Bonn. Ich habe mir die Projekte angesehen: In Düsseldorf haben die Mitarbeiter verteilt auf zwei halbe Stellen nach Monaten

12.09.2014

gerade einmal damit begonnen, sich den städtischen Gremien vorzustellen. In Bochum waren sie für mein Büro weder per E-Mail noch per Telefon erreichbar. Ich kann nur hoffen, dass diejenigen, die bei religiösem Extremismus Hilfe suchen, mehr Erfolg gehabt haben.

Nur in Bonn hat die Arbeit wirklich begonnen. Doch beklagt man dort aus meiner Sicht völlig zu Recht, dass zwei halbe Stellen in einer Salafistenhochburg nicht ausreichen.

Meine Damen und Herren, was ist denn mit Wuppertal? Was ist mit Solingen? Was ist mit Mönchengladbach? Was ist mit Dinslaken? Da gibt es kein Präventionsprogramm, nicht eine einzige Stelle in den Hochburgen dieser Szene.

(Beifall von der FDP, der CDU und Robert Stein [fraktionslos])

Ihr vielgepriesenes Präventionsprogramm ist eine Chimäre, im Grunde ein schlechter Witz, über den nur die Salafisten lachen können.

Herr Minister, bei der Repression sieht es ganz ähnlich aus. Den polizeibekannten al-Qaida- und Terrorsympathisanten Silvio K. konnten Sie nicht an der Ausreise hindern. Dafür verhöhnt er Sie jetzt im Internet und ruft junge Deutsche zum Dschihad auf.

Das ist im Übrigen kein Einzelfall, wie die „Westdeutsche Allgemeine“ vorgestern berichtete. Erst durch ein Foto in der „WAZ“ – so das Zitat – wurde Mario S. identifiziert, ein Salafist aus Leverkusen, den die Ermittler verloren hatten. Das Bild wies ihn als Begleiter von Silvio K. aus – im syrischen Sand, Seite an Seite, Kalaschnikow an Kalaschnikow.

Meine Damen und Herren, diese Jungs werden dort zu Mördern. Sie erleben Gräueltaten, und wenn sie wiederkommen, sind sie entweder traumatisiert oder noch weiter fanatisiert oder gar beides. Auf jeden Fall stellen sie für unsere Gesellschaft ein hohes Risiko dar.

Herr Minister, wie gehen Sie mit denen um? Ein Aussteigerprogramm fehlt bis heute völlig. Das ist unverantwortlich. Wollen Sie die Rückkehrer zukünftig lückenlos überwachen? Dazu bräuchten Sie pro Gefährder eine zweistellige Anzahl von Polizeibeamten. Hochgerechnet brauchen Sie über 1.000 Polizeibeamte allein für die Überwachung derjenigen, die verroht aus dem Krieg zurückkommen. Und dann haben Sie noch niemand in die Moscheen geschickt, da haben Sie noch niemand in die Schulen geschickt, noch niemand in die Jugendzentren, noch niemand zu den Grillfesten, noch niemand zu all den anderen Orten, wo die gewaltbereiten Fanatiker ihren Nachwuchs rekrutieren.

Sie ziehen aber hier weiterhin nach Schema F ihre Kräfteverteilung bei der Polizei durch und berücksichtigen nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre, zusätzliche Stellen für die betroffenen Kommunen. Jetzt haben Sie heute, passend zur Debatte,

ein paar Stellen in Bonn – ganze drei – ermöglicht, damit die lokale SPD-Abgeordnete vor Ort das entsprechend verkünden kann. Das ist aber eindeutig zu wenig, und wir müssen sehen, dass wir Sie, Herr Jäger, noch anders zum Jagen tragen.

(Beifall von der FDP, der CDU und Robert Stein [fraktionslos] – Zurufe von der SPD: Oh!)

Insgesamt haben Sie in den vergangenen drei Jahren gerade mal 40 Personen an der Ausreise in den Dschihad in Syrien und im Irak gehindert. Laut „Bonner Generalanzeiger“ wurden zehn Ausreisen allein aus Bonn verhindert. Was ist mit all den anderen Städten, wenn man das ins Verhältnis setzt? Bonn hat 300.000 Einwohner, Nordrhein-Westfalen fast 18 Millionen. Man gewinnt den Eindruck, dass nur dort etwas passiert, wo die lokalen Behörden auch wirklich hinterher sind.

Sie tun zu wenig, und wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich hier nicht immer nur breitbeinig hinstellen und sagen, Sie haben alles im Griff. Das ist eben nicht der Fall. Sie nutzen die Möglichkeiten, die Sie haben, nicht aus. Sie kommunizieren zu wenig mit denjenigen, die vor Ort die Präventionsarbeit machen. Es gibt keine konzeptionelle Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und den für Integration und Prävention zuständigen Stellen. Es gibt nur sporadische Zusammenarbeit mit den Moscheegemeinden, und die Repression findet nur punktuell und nicht flächendeckend statt. Ein Aussteigerprogramm – ich habe es erwähnt – fehlt völlig.

Herr Minister, Sie können über Promillegrenzen für Fahrradfahrer schwadronieren, Sie können auch Tausende Mannstunden bei der Polizei für Blitzmarathons vergeuden, …

Die Redezeit.

… aber bitte machen Sie zuerst Ihre Hausaufgaben bei der Terrorbekämpfung und der Bedrohung durch die religiösen Extremisten. Die Abwehr von Terror muss auch in NRW Vorrang vor der Verkehrserziehung haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU und Robert Stein [fraktionslos])

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kruse das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Einhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie die Be

Landtag

12.09.2014

kämpfung von Kriminalität ist in Deutschland die Polizei zuständig.

(Beifall von der CDU)