Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Das Verfahren der Landesregierung, ihre Norm höchstrichterlich prüfen zu lassen, um Rechtssicherheit zu bekommen, ist ein Weg, den man gehen kann. Danach kann man sich vielleicht überlegen, ob man zu dem Vorschlag kommt, den die FDP gemacht hat: alles wieder auf Anfang.

Es ist kein gutes Wahlkampfthema. Dazu sind die Dinge, die schon von meinen Vorrednern genannt worden sind, zu komplex. Meine Empfehlung an den nächsten Landtag wäre, direkt von Anfang an die Landesregierung aufzufordern, eine ordentliche, vernünftige, umfassende Dienstrechtsreform auf den Weg zu bringen, in der auch diese Dinge vernünftig geregelt werden – abhängig davon, wie das Verfassungsgericht entscheiden wird.

Dass ich meiner Fraktion empfehle, den Gesetzentwurf abzulehnen, habe ich bereits gesagt. Ich empfehle meiner Fraktion – vielleicht zu Ihrer Überraschung –, sich zum FDP-Antrag zu enthalten.

(Ralf Witzel [FDP]: „Zustimmen“ meinen Sie!)

Nein, enthalten! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Witzel, Sie hatten gerade ausgeführt – so habe ich Sie zumindest verstanden –, dass es Behörden gebe, in denen sich Männer, die von ihrem Klagerecht Gebrauch machen, über repressive Maßnahmen beschweren.

(Ralf Witzel [FDP]: So ist es!)

Ich fordere Sie auf, Herr Witzel, zu belegen, dass es solche Vorgänge gibt, damit wir dem nachgehen können.

(Ralf Witzel [FDP]: In der Anhörung! Das be- kommen Sie dann im Wortprotokoll!)

Ja, wunderbar, und nicht nur blumig beschrieben, sondern möglichst klar mit Behörde und Namen, damit wir dem ganz konkret nachgehen können, Herr Witzel. Herzlichen Dank, darauf freuen wir uns.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Herr Lohn, an Sie möchte ich appellieren. Sie haben in Ihrer Rede zweimal das Wort „verfassungswidrig“ gebraucht. Ich finde, aus Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalens sollten – die Landesregierung ohnehin – möglicherweise auch Abgeordnete des nordrhein-westfälischen Landtags solche Vorfestlegungen nicht vollziehen.

(Angela Freimuth [FDP]: Das hat doch Frau Kollegin Kopp-Herr gemacht!)

Das sollte dem Gerichtshof überlassen bleiben. Denn Verwaltungsgerichte – das wissen Sie, Herr Lohn – können eine Verfassungswidrigkeit gar nicht feststellen, sondern sie sozusagen nur bei ihrer Entscheidung zugrunde legen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Lohn, es hat zu Ihrem Gesetzentwurf mehrere Diskussionen und auch eine Anhörung gegeben. Experten haben Ihren Gesetzentwurf bewertet – in dem Frauenförderung übrigens gar nicht mehr vorkommt. Sie sagen vielmehr: Wir müssen an die Ursachen der Benachteiligung von Frauen im öffentlichen Dienst heran. Sehr schöne Idee! Ich glaube, darauf warten die Frauen inzwischen seit ungefähr 200 Jahren.

(Ralf Witzel [FDP]: Aber nicht die Polizeibeam- tinnen! Die gibt es noch gar nicht so lange!)

Sie können sie die nächsten 200 Jahre lang weiter vertrösten. Wenn Sie aber anerkennen – das haben Sie in Ihrem Redebeitrag getan –, dass es in der Tat eine strukturelle Benachteiligung von Frauen im öffentlichen Dienst gibt, können Sie nicht mal eben sagen: Wir warten auf ein anderes Rollenverständnis in

unserer Gesellschaft. – Wenn Sie diese Benachteiligung von Frauen angehen wollen, dann müssen Sie schon ein bisschen mutiger vorgehen, als Sie es mit diesem Gesetzentwurf tun,

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

der im Übrigen von Herrn Prof. Dr. Battis wie folgt bewertet wird:

„Der Gesetzentwurf, um den es hier heute geht, beruht auf der unrichtigen Annahme, dass § 19 Abs. 6 verfassungsrechtlich nicht haltbar sei.“

Herr Dr. Heidebach, ein weiterer Experte, kommt zu folgendem Schluss:

„Es kommt überhaupt nicht darauf an, wie die Verwaltungsgerichte diese Frage verfassungsrechtlich bewerten.“

Da hat er übrigens auch Recht. – Deshalb werden wir dieses Normenbestätigungsverfahren in Münster betreiben, das es nicht nur abstrakt gibt, Herr Lohn. Es gibt auch einen historischen Beleg dafür.

(Ralf Witzel [FDP]: 50er-Jahre!)

Seinerzeit hat eine Landesregierung den Beitritt Lippes zum nordrhein-westfälischen Gebiet im Rahmen einer

(Ralf Witzel [FDP]: 50er-Jahre! Zurück in die 50er!)

Normenbestätigungsprüfung dem Landesverfas

sungsgerichtshof vorgelegt. Das ist also etwas, was durchaus schon vorgekommen ist.

Im Übrigen, Herr Lohn, ist das, was Sie hier mit diesem Gesetzentwurf veranstalten, in der Tat etwas, was nicht mehr ins 21. Jahrhundert hineinpasst. Das mag Ihrer konservativen Wählerschaft möglicherweise genügen. Aber Tatsache ist, dass Sie einerseits eine strukturelle Benachteiligung der Frauen in öffentlichem Dienst anerkennen, aber anderseits nichts anderes tun, als einen Gesetzentwurf vorzulegen, der diese Benachteiligung manifestiert, und zwar auf Dauer. Das werden wir natürlich nicht mitmachen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir erstens über den Gesetzentwurf der CDU Drucksache 16/13532 ab. Der Innenausschuss empfiehlt in Drucksache 16/14690, den Gesetzentwurf Drucksache 16/13532 abzulehnen. Wir stimmen über den

Gesetzentwurf selbst und nicht über die Beschlussempfehlung ab. Wer ist für den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion? – Das ist die CDU-Fraktion.

(Dietmar Bell [SPD]: Zehn Mitglieder der CDU- Fraktion!)

Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piratenfraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 16/13532 abgelehnt.

Zweitens stimmen wir über den Entschließungsantrag der FDP-Fraktion Drucksache 16/14779 ab. Wer ist für den Entschließungsantrag der FDP? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die Kollegen der Piratenfraktion. Damit ist auch der Entschließungsantrag der FDP-Fraktion Drucksache 16/14779 abgelehnt.

Ich rufe auf:

14 Landesregierung muss wachsende Überstun

denberge sicher vor Verfall schützen – Beamte haben Kompensation ihrer unvermeidbar anfallenden Mehrarbeit verdient

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/13694

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/14675

Ich darf Ihnen folgenden Hinweis geben: Der Antrag der FDP-Fraktion wurde gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b) unserer Geschäftsordnung an den Haushalts- und Finanzausschuss mit der Maßgabe überwiesen, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgen sollen. Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses liegen als Drucksache 16/14675 nunmehr vor.

Das heißt, wir können jetzt in die Aussprache eintreten. Das tun wir auch, und erste Rednerin für die SPD-Fraktion ist Frau Kollegin Lux.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir alle sind sehr dankbar dafür, dass unsere Landesbediensteten – in dem FDP-Antrag wurde insbesondere unsere Polizei herausgestellt – ihre Arbeit mit großem persönlichen Einsatz versehen und mehr tun als Dienst nach Stundentafel.

Interessant war, dass ausgerechnet von der FDP als Verfechterin eines schlanken Staates nun der Ruf nach mehr Sicherheit für unser Landespersonal kam.

Ich persönlich finde es aber sehr lobenswert, dass vielleicht doch noch ein Umdenken bei Ihnen dahin gehend eingesetzt hat, Ihr jahrelanges personelles Ausbluten des öffentlichen Dienstes nicht mehr als Bürokratieabbau verkaufen zu können oder sogar zu wollen.

Zu Ihrem recht schlichten Vorschlag, angefallene Mehrarbeit bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufhäufen und irgendwann in ferner Zeit abfeiern zu können, haben wir eine andere und vor allen Dingen weitreichendere Auffassung von Fürsorgeverpflichtung gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie wollen sie verfallen las- sen!)