Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Vielen Dank, Herr Minister Lersch-Mense. – Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Hübner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal kurz das Wort ergreifen, weil mir ein Zwischenruf nicht gefallen hat, der von Lutz Lienenkämper in Richtung Markus Töns ging, als er für die durchaus vernünftige wirtschaftliche Entwicklung Partei ergriffen hat, die wir dank Europa in den letzten 60 Jahren auf den Weg gebracht haben, seit die Römischen Verträge geschlossen wurden. Der Zwischenruf stellte einen Zusammenhang zwischen Gelsenkirchen und der angeblich schlechten wirtschaftlichen Entwicklung her.

Markus hat das gerade nicht ausgeführt, aber ich möchte daran erinnern, dass einer der größten Arbeitgeber in der gesamten Region British Petrol ist. Das Unternehmen hat vor mittlerweile einigen Jahrzehnten die Vereinigten Kraftwerke Ruhr übernommen und ist eines unserer größten Chemieagglomerationen. Alleine das macht deutlich, meine Damen und Herren, wie verflochten die wirtschaftlichen Beziehungen in der Europäischen Union auch in Bezug auf die Stadt Gelsenkirchen sind.

Wichtig sind aber eben nicht nur die Wirtschaftlichkeit – das hat Markus Töns in seiner letzten Rede versucht, herauszuarbeiten – und die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Europäischen Union, sondern auch Ereignisse, die wir auf kommunaler Ebene haben. Es sind die vielen Schulpartnerschaften, auf die Minister Lersch-Mense gerade hingewiesen hatte, die wir dazu nutzen, um Europa zum Leben zu bekommen.

Ich möchte tagesaktuell berichten, dass sich der Bürgermeister von Marcq-en-Barœul bei uns in Gladbeck gemeldet hat. Das ist Bernard Gérard. Er ist ein konservativer Politiker und hat sich sehr darüber geärgert, in welcher Art und Weise Europa mittlerweile auch von Kräften außerhalb Europas – damit war Herr Erdogan gemeint – unter Feuer genommen wird. Dieses Europa ist seit den Römischen Verträgen, also seit den letzten 60 Jahren, ein Erfolgsmodell. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass alle Fraktionen das auch so intoniert haben. Ich freue mich darüber.

Es ist aber auch Zeit, sich bei jemandem zu bedanken, der dafür gekämpft hat. Markus Töns hat heute seine letzte europapolitische Rede in diesem Hohen Haus gehalten. Er hat sich aber nicht nur in diesem

Haus und für die SPD-Fraktion als Sprecher für den Arbeitskreis Europa engagiert, sondern er hat das auch in seiner Rolle im Ausschuss der Regionen in Brüssel gemacht. Er war deshalb häufiger ortsabwesend, hat aber immer für Europa Partei ergriffen. Dafür hast du meinen ganz großen Dank verdient, Markus.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Im Gegensatz zu den anderen ausscheidenden Kollegen bin ich mir ziemlich sicher, dass Markus Töns weiter für Europa Partei ergreifen wird, wie es FrankWalter Steinmeier gestern in seiner sehr bemerkenswerten Rede in Brüssel ausgedrückt hat. Er wird uns nämlich demnächst mit seinen Positionen im Deutschen Bundestag vertreten. Daher möchte ich ihm von dieser Stelle alles Gute wünschen.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Sofern der Wähler das zulässt. Herr Kollege Lienenkämper, seien Sie versichert, dass jemand aus Gelsenkirchen mit seiner Erfahrung mit einem ganz großen Vertrauensvotum ausgestattet sein wird, um nach Berlin zu kommen.

Das wünschen wir dir von dieser Stelle. Ich bedanke mich für dein Engagement noch einmal ganz ausdrücklich. Vielen Dank für die kurze Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte aber natürlich auch allen anderen ausscheidenden Kollegen das Beste für die Zukunft wünschen. Klar ist auch: Bleiben Sie mit dem Herzen Europäer. Ich glaube, das ist in diesen Zeiten wichtiger denn je, Frau von Boeselager und Herr Wolf.

(Der Redner wendet sich an die Piratenfrak- tion)

Hier habe ich immer noch den Ohrwurm „Wunder gibt es immer wieder“ im Kopf. Aber bleiben Sie als Europäer uns auf jeden Fall gewogen.

Ich wünsche dem Haus heute noch gute Debatten.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen, dafür aber vier Abstimmungen.

Die erste Abstimmung findet über den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/14652 statt. Die CDU hat die direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die CDU-Fraktion stimmt zu. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – SPD, Grüne, Herr Stüttgen, fraktionslos, sowie die Piraten. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die FDP und Herr Schulz, fraktionslos. Damit ist der Antrag mit breiter Mehrheit abgelehnt.

Zweitens stimmen wir über den Antrag der Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/14663 ab. Auch hier ist direkte Abstimmung beantragt worden. Wer stimmt dem Inhalt dieses Antrags zu? – SPD, Grüne und Herr Stüttgen, fraktionslos, stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – Die CDU und die Fraktion der Piraten stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die FDP und Herr Schulz, fraktionslos. Damit ist der Antrag mit breiter Mehrheit im Hohen Haus angenommen.

Drittens entscheiden wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/14758. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, die FDP und Herr Stüttgen, fraktionslos. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die CDUFraktion und Herr Schulz, fraktionslos. Der Entschließungsantrag ist mit breiter Mehrheit abgelehnt.

Viertens rufen wir auf den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/14762. Wer stimmt dieser Entschließung der FDP-Fraktion zu? – Die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die Piratenfraktion, die SPD und die Grünen stimmen dagegen sowie Herr Stüttgen, fraktionslos. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die CDU-Fraktion und Herr Schulz, fraktionslos. Damit ist auch dieser Entschließungsantrag mit breiter Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe auf:

3 Rot-grüne Schusslichtbilanz – NRW braucht

den politischen Wechsel!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/14655

Es spricht für die antragstellende Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Laschet.

(Zuruf von der SPD: Vorsicht, Faktencheck!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Vorsicht, Faktencheck!“, rief ein Kollege der SPD gerade. Den wollen wir jetzt mal vornehmen. Wir sind am Ende einer siebenjährigen rot-grünen Regierungszeit, am Ende einer fünfjährigen Wahlperiode. Deshalb ist es in der Tat der Zeitpunkt, einen Faktencheck vorzunehmen: Wo steht heute das Land Nordrhein-Westfalen bei den wichtigen Themen „Sicherheit“, „Bildung“ und „Wirtschaft“?

Frau Ministerpräsidentin, dieses Wort vom „Kinkerlitzchen“, was Sie da erfunden haben, wodurch vieles, was schiefläuft, nicht mehr wahrgenommen wird, weil Sie sagen: „Das sind nur Kinkerlitzchen“, dazu sage ich Ihnen: Vieles von dem, was die Bürger aufregt, was in den Schulen schiefläuft, was auf den

Straßen und Plätzen schiefläuft, sind keine Kinkerlitzchen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir müssen uns darum kümmern, dass das besser wird.

Ich habe auch keine Lust, alle paar Wochen irgendeine Zeitung aufzuschlagen und zu lesen, wir seien das Griechenland Deutschlands und ähnliches.

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Wenn das irgendwo geschrieben wird, muss man sagen: Da sollen mal andere Länder stehen, aber nicht immer unser Land mit unseren Zahlen und mit unserer Bilanz!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie haben dann über die Frau Bundeskanzlerin gesagt, entweder hätte sie ein schlechtes Gedächtnis oder ihr lägen falsche Zahlen vor. – Das ist schon eine starke Aussage. Ich hoffe, dass wir heute mal die richtigen Zahlen hören. Mein Eindruck ist, dass die Bundeskanzlerin mit sehr präzisen Zahlen das gemessen hat, was hier in Nordrhein-Westfalen schiefläuft. Ich glaube eher, dass das Problem darin liegt, dass Sie den Menschen im Land nicht mehr zuhören,

(Beifall von der CDU und der FDP)

die diese Probleme beschreiben, über die wir jetzt reden werden.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Ich fange bei der Bildung an, Herr Ott, bei ausreichender, flexibler, qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen. Es ist nirgendwo in Deutschland so schwierig, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, wie in Nordrhein-Westfalen. Wir sind 16. von 16 bei den U3-Plätzen.

Jetzt habe ich beim DGB gelernt, als wir dort miteinander diskutiert haben: Das Argument ist jetzt nicht mehr: „Ja, wir wollen da besser werden, wir mussten viel aufholen, die schwarz-gelbe Regierung war besonders schlecht“, also alles das, was man da immer …

(Beifall von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Das stimmt! Absolut!)

Ja, ja, ja. Sie wissen genau, dass wir, als ich Familienminister wurde, nach 39 Jahren Rot-Grün eine U3-Quote von 2,8 % hatten.

(Beifall von der CDU)

Wir haben das erst nach oben getrieben. Familien haben Sie doch überhaupt nicht interessiert. Aber das sei jetzt dahingestellt.

Bisher gab es dieses

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Schwarze-Peter-Spiel, was die Öffentlichkeit inzwischen langweilt: Vor sieben Jahren hat mal eine andere Regierung dieses und jenes falsch gemacht, und wir sind in der Aufholjagd.