Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Herr Minister Groschek, seit über einem Jahr haben Sie Gewissheit, dass mindestens 13,8 Milliarden € zur Verfügung stehen, aber bis heute gibt es keinen Plan, wie diese Rekordsumme verbaut werden soll. Bis heute gibt es keinen Plan, welche Lücken in Nordrhein-Westfalen im Autobahnsystem als Erstes geschlossen werden.

(Jochen Ott [SPD]: In welcher Welt leben Sie denn?)

Es ist völlig klar, dass nicht 125 Projekte gleichzeitig mit der gleichen Kraft betrieben werden können. Es geht schließlich um einen Zeitraum von 13 Jahren.

Da ist es nur zu logisch, dass es Straßen gibt, die erst einmal hinten anstehen müssen. Aber bis heute gibt es keinerlei Prioritäten in Nordrhein-Westfalen, das heißt, was am dringlichsten ist und was noch warten muss.

Scheuen Sie sich etwa, vor der Wahl zu bekennen, was zuerst und was zuletzt kommen soll? Herr Minister, Sie sind planlos. Sie gehen als Minister ohne Plan in den anstehenden Wahlkampf. Wenn Sie so weitermachen – besser gesagt: nichts weitermachen –, dann gehen Sie auch als Minister ohne Plan in die Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Wie lange, meine sehr verehrten Damen und Herren, soll diese Planlosigkeit denn noch anhalten? Wie lange wollen Sie noch warten? Wie lange wollen Sie noch überlegen?

(Zuruf von der SPD: Du meine Güte!)

Nehmen Sie sich ein Beispiel an Baden-Württemberg.

(Lachen von der Regierungsbank)

In Baden-Württemberg hat der grüne Verkehrsminister Hermann bereits Anfang März 2017 der Öffentlichkeit seine Überlegungen zur Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans vorgestellt.

(Demonstrativer Beifall von Arndt Klocke [GRÜNE] – Zuruf von der SPD)

Auf so etwas wartet Nordrhein-Westfalen bis heute leider vergeblich.

(Beifall von der CDU)

Dabei trat Minister Hermann den Grünen bei, als diese noch forderten, überhaupt keine Autobahnen mehr zu bauen – das war im Jahr 1982. Ausgerechnet er zeigt Ihnen, Herr Minister Groschek, wie es geht und wie man Autobahnen zügig plant.

Meine Damen und Herren, früher gab es auch das Schwarze-Peter-Spiel zwischen Bund und Ländern. Dabei wurde immer wieder gesagt, dass die Länder gerne Straßen bauen würden, aber es würden das Geld, die Perspektive und die Zusage vom Bund fehlen. Da haben Sie auch mitgespielt, Herr Minister Groschek.

Die CDU-geführte Bundesregierung hat mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan dieses Spiel beendet. Das Geld ist da trotz der schwarzen Null beim Bund.

(Jochen Ott [SPD]: Das war aber keine Leis- tung der NRW-CDU!)

Aber die Länder und vor allem das verkehrsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen müssen jetzt liefern.

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Verkehrsminister Alexander Dobrindt:

(Zurufe von der SPD: Oho!)

„Das Nadelöhr sind heute nicht mehr die Finanzen, sondern es sind die Planungen.“ – Dieses Nadelöhr gilt es zu beseitigen. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Nach dieser lebhaften Debatte dürfte das selbstverständlich sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Dafür, dass Sie heute mit nur fünf Leuten dort sitzen, sind Sie aber ganz schön laut! – Weitere Zurufe)

Vielen Dank, Herr Kollege Voussem. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Becker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie beginnen ja jede Rede mit einem Zitat, Herr Voussem. Der Antrag erinnert auch ein bisschen an die Abteilung „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Nur, anders als der Film bleibt Ihr Antrag so überflüssig wie ein Kropf, weil Sie aus den zig Debatten im Ausschuss natürlich wissen, dass die Landesregierung mit dem Landesbetrieb Straßen.NRW längst dabei ist, ein entsprechendes Programm unter Berücksichtigung der Prioritäten und der Vorgaben des Bundes aufzustellen. Sie hat auch zugesichert, es zu entsprechender Zeit bei uns im Ausschuss vorzustellen.

Dennoch bin ich dankbar für den Antrag, gibt er mir doch Gelegenheit – nach Ihrer Rede glaube ich auch, dass es notwendig ist –, auf die verkehrspolitische Bilanz dieser Landesregierung einzugehen. Da haben Sie wohl einiges nicht mitbekommen. Es waren diese Landesregierung, es war dieser Verkehrsminister, der durch die Sperrung der Leverkusener Brücke den Zustand der Infrastruktur in unserem Land auf die politische Agenda gesetzt hat.

(Beifall von der SPD)

Damit hat der Minister allen den Zustand der Infrastruktur deutlicher vor Augen geführt, als es zig Kommissionen und zig Gutachten je vermochten. Am Ende der Legislatur, am Ende des Tages, stelle ich die Frage: Wo stehen wir denn heute? 40 % aller Sofortmaßnahmen zur Staubeseitigung finden in Nordrhein-Westfalen statt. 14 Milliarden € werden für Bundesfernstraßen ausgegeben. Wir haben einen Rekordumsatz bei Bundesfernstraßen von 1,1 Milliarden €. Wir haben neue Maßnahmen für 1,43 Milliarden € geplant, freigegeben und finanziert. Wir haben in den letzten drei Jahren 137 Millionen € mehr Bundesfernstraßenmittel ausgegeben, als uns zugewiesen wurden. Und wir wollen auch nicht vergessen, dass wir erstmals seit 2007 mehr als 1.600 Ingenieure bei Straßen.NRW – an der Schüppe, hätte ist fast gesagt – am Schreibtisch haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir geben 95 % mehr für externe Planungen aus, als wir es 2010 getan haben. Wir haben seit 2010 für den Erhalt der Landesstraßen 68 % mehr Geld zur Verfügung gestellt. – Von Ihnen brauchen wir keine Belehrungen, was das Kümmern um die Infrastruktur in unserem Land angeht.

(Zuruf von der SPD: Sehr richtig! – Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Weil heute so ein bisschen der Tag der Abschiede ist, will ich angesichts dieser Bilanz einmal sagen: Ich freue mich darauf, diese Arbeit in den nächsten fünf Jahren – ich hoffe, gemeinsam mit dem Verkehrsminister und mit einer rot-grünen Landesregierung – fortzusetzen. Das wird zukunftssicher sein, Sie werden dabei keine Rolle spielen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Nun spricht Herr Kollege Klocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe CDU! Es wäre ja bemerkenswert gewesen, wenn wir am Ende unserer Plenarzeit nicht noch einen Antrag zum Bundesverkehrswegeplan bekommen hätten, auch mit Zitaten von Herrn Voussem, wie wir das gewöhnt sind.

Ich muss ehrlich sagen: Sie haben mich ein bisschen enttäuscht, aber wiederum auch erfreut. Es gibt einen Satz, den ich gerne aus Ihrem Antrag zitieren möchte – ich habe extra mein iPad mit nach vorne genommen; papierloses Büro ist nach fünf Jahren Piraten im Landtag jetzt auch bei uns eingezogen

(Zuruf)

Nein, nein, ich hatte das einfach nicht ausgedruckt. Das tut mir leid; das hat auch nichts mit den Piraten zu tun.

Dieser Satz steht auf Seite 2. Wir haben in den letzten fünf Jahren intensiv über Verkehrspolitik gestritten und insbesondere über die Straßenpriorisierung, die 2011 vom damaligen Landesverkehrsminister Fuchsberger und seinem grünen Staatssekretär Becker vorgenommen worden ist. Das wurde von Ihrer Seite – insbesondere von der CDU, aber gerne auch von der FDP – immer kritisiert.

Die Idee dieser Straßenpriorisierung bestand darin, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die aufgrund der Finanzlage und der Stellensituation bei Straßen.NRW wirklich umsetzbar, realisierbar, machbar und auch dringend notwendig sind. Jetzt lese ich im CDU-Antrag folgenden Satz:

„Jetzt muss entschieden werden, mit welchem der vielen vordringlichen Projekte begonnen und in welcher Reihenfolge weitergemacht wird. Dabei ist völlig klar, dass nicht 125 Projekte gleichzeitig mit der gleichen Kraft betrieben werden können.“

(Zuruf: Ach nee!)

„Dafür muss die Landesregierung ein Konzept vorlegen.“

Lieber Herr Voussem, dass Sie uns den Gefallen tun, mit diesem Antrag im Nachhinein die Straßenpriorisierung der rot-grünen Koalition doch noch zu unterstützen, nachdem Sie das so lange kritisiert haben – das ist wirklich ein Entgegenkommen, da haben wir uns jetzt endlich doch durchgesetzt.

Denn das war – und das ist auch gar nicht ironisch gemeint – der Hintergrund, warum wir das Manöver damals gemacht haben: Die Straßen, die es nötig haben, die Straßen, die dringend sanierungsbedürftig sind, die Umgehungsstraßen, die dringend gebaut werden müssen, priorisieren wir, und die Projekte, die nicht notwendig sind, stellen wir zurück und machen das zu einem späteren Zeitpunkt. – Dass Sie uns nachträglich noch recht geben, ist natürlich ein großer Erfolg.

Herr Kollege Klocke, der Herr Kollege Schemmer hat sich für eine Zwischenfrage gemeldet.

Es hätte mich auch wirklich geärgert, wenn ich das hier nicht noch erlebt hätte. Die lasse ich natürlich zu.

Bitte schön.

Schönen Dank! Erklären Sie uns dann mal bitte – wenn das alles so stattgefunden hätte, wie Sie es gerade vorgetragen haben –, warum sich bei der Straßenpriorisierung, bei der wir seinerzeit massiv die Begründung für jede einzelne Straße nachgefragt haben, die Landesregierung immer geweigert hat, uns für die einzelnen betroffenen Straßen eine Begründung zu geben.

Herr Kollege Schemmer, da muss ich zugeben – ich bin ja nicht Teil der Regierung, sondern Abgeordneter wie Sie selber –: Ich kann jetzt auch nicht für jede Straße die Begründung nachliefern.

Mit meiner Rede eben habe ich deutlich gemacht, was das Grundprinzip der Straßenpriorisierung war: Es gibt vordringliche Maßnahmen; es gibt Dinge, die unbedingt umgesetzt werden müssen, wofür auch

Geld und Personal vorhanden sind, und es gibt andere Dinge, die zurückstehen können.

Die Begründung seitens des Verkehrsministeriums im Detail kann ich Ihnen als Abgeordneter leider auch nicht nachliefern.