Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir – mit „wir“ meine ich das gesamte Parlament – es ermöglichen, dass der konstruktive Dialog, den alle Fraktionen dieses Hauses gemeinsam mit dem Landesjugendring, mit der LandesschülerInnenvertretung und mit dem Kinder- und Jugendrat NRW in den letzten Jahren geführt haben, auch in der nächsten Wahlperiode fortgeführt wird.

Die CDU hat sich seit Jahren im Arbeitskreis, in der Fraktion und auch in der Partei sowie in unzähligen Gesprächen mit der Frage beschäftigt, wie verbindlichere Beteiligungsformen und Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche auf Landesebene geschaffen werden können.

Ausgangspunkt und Grundlage für unsere Vorstellungen zur Ausgestaltung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene stellt für uns das Positionspapier des Kinder- und Jugendrats NRW vom September 2012 dar, in dem es heißt – ich zitiere –:

Eine … institutionalisierte, dauerhafte und wirklich funktionsfähige Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Prozessen kann aus unserer Sicht nur im Rahmen eines allgemein demokratisch legitimierten Gremiums stattfinden. Die Struktur des politischen Systems und der repräsentativen Demokratie sollte sich in der Struktur des Beteiligungsgremiums wiederspiegeln. Eine Jugendselbstvertretung als zentraler Ansprechpartner für Politik und Öffentlichkeit kann daher nicht auf Strukturen allgemeiner demokratischer Wahlen verzichten.“

Bisher wurde sowohl die Errichtung eines Landesjugendbeirats basierend auf einem Delegiertensystem als auch ein überwiegend direkt gewähltes Landesjugendparlament diskutiert. Meine Fraktion – und seit dem 1. April auch meine Partei – befürwortet ein Landesjugendparlament ausgerichtet an dem schottischen Modell.

Aber die letztendliche Entscheidung über die Form und Struktur einer modernen, zeitgemäßen Beteiligungsform sollten die Jugendlichen selber treffen.

(Beifall von der CDU)

Unser gemeinsamer Antrag schafft dafür eine gute Grundlage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem gemeinsamen Antrag bin ich auch in der Schlussphase meiner 22-jährigen Abgeordnetentätigkeit. Beim Abschied wird die Zuneigung zu den Dingen, die uns lieb sind, immer ein wenig größer. Ich habe viele Menschen durch die Abgeordnetentätigkeit kennenlernen dürfen. Von den allermeisten habe ich viel mitnehmen dürfen, habe immer wieder etwas dazugelernt, meine Position, Wolfgang, nach Diskussionen oft selbstkritisch überdenken und manchmal so entscheiden müssen, wie andere es nicht erwartet haben.

Ich danke daher allen, die ich in den letzten 22 Jahren kennenlernen durfte. Alle haben mein Leben bereichert – einige weniger, einige mehr,

(Beifall von Walter Kern [CDU])

aber per saldo ist es ein deutliches Plus geworden. Es war für mich immer eine Ehre, diesem Hohen Hause anzugehören. Ich möchte nun nach Hape Kerkeling sagen: Ich bin dann mal weg!

(Anhaltender Beifall von allen Fraktionen)

Vielen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Erlauben Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich jetzt „lieber Bernhard“ sage. Wir haben ja 1995 einen gemeinsamen Start in die Kinder- und Jugendpolitik von NordrheinWestfalen gehabt, und ich kann mich auch an viele wunderbare Situationen erinnern. Ich weiß vor allen Dingen auch, wann wir begonnen haben, uns außerhalb des Plenarsaals zu duzen. Das war eine sehr schöne Informationsreise, die uns allen weitergeholfen hat, dem gesamten Ausschuss.

(Zuruf von Wolfgang Jörg [SPD] – Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich wünsche dir im Namen des Hohen Hauses alles Gute. Bleibe einfach ein feiner Kerl, wie du es bist.

(Beifall von allen Fraktionen)

Die nächste Rednerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Frau Kollegin Hanses von Bünd

nis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Es fällt mir nach diesen pathetischen Worten vieler Kolleginnen und Kollegen richtig schwer, etwas zur Sache zu sagen. Ich versuche es trotzdem.

Zu dem Kollegen Tenhumberg darf ich vielleicht Folgendes sagen: Viele in meiner Fraktion, die sich nicht in jedem Zipfel von Nordrhein-Westfalen so gut auskennen, behaupten, dass dein Dialekt sauerländisch sei.

(Zurufe)

Dem musste ich vehement widersprechen und erkläre meiner Fraktion gerne noch weiter die Unterschiede zwischen den nordrhein-westfälischen Dialekten. Du bist das beste Beispiel für das nördliche Münsterland ist, was wir sehr eindeutig hören.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ganz genau!)

Ich bin dir auch für diese Bereicherung hier dankbar.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kurz zur Jugendpartizipation, einem Herzensanliegen von vielen hier: Je mehr Kinder und Jugendliche wir heute glaubhaft verbindlich beteiligten, desto stabiler ist unsere Demokratie von morgen. Das wissen wir alle.

Die Beteiligung von Jugendlichen ist nicht nur Spaß und nettes Beiwerk, sondern Pflicht. Sie ist verankert in der UN-Kinderrechtskonvention, in der die Beteiligung eine der tragenden Säulen ist, aber auch in unserer NRW-Verfassung und im Kinder- und Jugendförderungsgesetz. Kinder und Jugendliche sind umfassend und rechtzeitig bei allen Belangen, die sie betreffen, zu beteiligen. Ich behaupte immer noch: Das ist leider das am häufigsten ignorierte Gesetz in Nordrhein-Westfalen, weil es so noch nicht stattfindet.

Wir haben in den letzten fünf bzw. in den letzten sieben Jahren einiges auf den Weg gebracht:

Wir haben die Drittelparität in den Schulkonferenzen wiederhergestellt.

Wir haben den Anteil an Partizipation im Kinder- und Jugendförderplan besser ausgestattet.

Wir haben die Servicestelle Jugendbeteiligung für Träger, Kommunen und Jugendliche eingerichtet, die beraten, wie Partizipationsprozesse vor Ort angestoßen werden können.

Die Landesregierung hat zweimal eine Jugendkonferenz durchgeführt.

All das ist sicherlich sinnvoll.

Hier im Landtag, Frau Präsidentin, findet der Jugendlandtag statt. Das ist auch ein wunderbares Planspiel.

Mit unserem Antrag wollen wir das Ergebnis eines Dialogs, eines Prozesses sichern, in den sich die jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprecher in Workshops mit dem Landesjugendring, mit der LandesschülerInnenvertretung und mit Vertreterinnen und Vertretern des Kinder- und Jugendrates NRW begeben haben. Das war gut, das war spannend. Das war sehr auf Augenhöhe, das hat Spaß gemacht.

Diesen Prozess wollen wir sichern, damit der nächste Landtag die Instrumente auf den Weg bringen kann, um das Ganze tatsächlich umzusetzen. Denn genau bei den Instrumenten haben wir uns ein bisschen verhakt; so ehrlich müssen wir an dem letzten Plenartag auch sein:

Die CDU will in der Regel ein Kinder- und Jugendparlament als dauerhaftes Gremium, so wie ein Planspiel.

Wir sind der Auffassung: Der Instrumentenkoffer muss offen sein und darf nicht von uns vorgegeben werden. Er mag sich auch verändern. Vielleicht möchten Jugendliche nicht ausschließlich unsere „Spiele“ hier nachspielen.

Die Verpflichtung für den nächsten Landtag ist, sich das genau anzugucken.

Wir Grüne werden auch für das Wahlalter 16 weiterkämpfen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir werden weiter dafür kämpfen, dass das Kinder- und Jugendförderungsgesetz das am häufigsten beachtete Gesetz in Nordrhein-Westfalen wird. – Vielen Dank. Tschüss!

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hanses. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Dr. Kerbein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein paar nette Worte an die Ausgeschiedenen kommen bei mir zum Schluss.

Die erste Initiative für mehr Jugendbeteiligung kam von der FDP bereits im Jahr 2011. Seit sechs Jahren wird hier im Landtag über Jugendbeteiligung gestritten, diskutiert und auch viel versprochen. Doch die Bilanz ist nach sechs Jahren nicht immer das, was wir alle uns 2011 wohl erhofft hatten.

Einen großen Fortschritt haben wir bei der Jugendbeteiligung vor Ort gemacht, indem dankenswerterweise die Initiative der FDP aufgenommen und die Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung eingerichtet wurde.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Dort wird hervorragende Arbeit geleistet. Unser Dank gilt hier den Jugendlichen und Mitarbeiterinnen, die die Idee der Jugendbeteiligung in alle Ecken unseres Landes tragen. Doch es bedarf leider vielerorts noch viel Überzeugungskraft, damit Jugendbeteiligung tatsächlich gelebt wird.

Kleine Schritte in die richtige Richtung haben wir auch auf Landesebene gemacht. Dass sich der Familienausschuss dazu verpflichtet hat, bei Expertenanhörungen zu jugendpolitischen Themen auch tatsächlich bei den Kindern und Jugendlichen Rat einzuholen, zeigt, welches Potenzial Jugendbeteiligung bei uns in NRW hat. Die dort auftretenden Jugendlichen waren selbstbewusst und eloquent, aber auch abwägend und – Sie haben es gemerkt – selbstkritisch. Für unsere Arbeit war das eine enorme Bereicherung, meine Damen und Herren.