Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

Wie kam es zum endgültigen Beschluss der PkwMaut? Heute vor zwei Wochen hat der Deutsche Bundestag die Pkw-Maut mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Heute vor einer Woche hat der Bundesrat zugestimmt. Der Vermittlungsausschuss wurde nicht angerufen. Die überraschende Entscheidung Thüringens, die Pkw-Maut im Bundesrat doch nicht zu verzögern – Herr Becker wies eben schon darauf hin –, war erst nach der Zusage eines regionalen Bahnprojektes gefallen. Thüringens Ministerpräsident Ramelow hatte zugesagt, dass die Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gößnitz zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werde. Somit – fast ein bisschen Ironie – hat Rot-Grün letztlich den Weg für die Pkw-Maut freigemacht.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Hat der Rot-Grün ge- sagt?)

Lieber Christof Rasche, dir und deinen Parteifreunden sind Koalitionsabsprachen schließlich auch nicht fremd. Nimm unsere Ablehnung heute einfach mal sportlich!

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank Herr Kollege Fehring. Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile: Herr Kollege Fehring, Sie scheiden nach drei Wahlperioden aus dem Landtag aus. Das heißt, das war gerade Ihre letzte Rede, für die ich Ihnen ebenso wie für Ihr Engagement für Nordrhein-Westfalen in all den Jahren im Landtag im Namen aller Fraktionen sehr, sehr herzlich danken möchte. Ihnen alles, alles Gute!

(Allgemeiner Beifall)

Es kommt selten vor, dass Herr Kollege Klocke, bevor er an das Rednerpult tritt, dem Vorredner applaudiert. Bitte schön, Herr Klocke spricht für Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe FDP, es gab ja in dieser Wahlperiode nicht allzu viele Anlässe, wo ich bei Anträgen sehr auf Ihrer Seite war – aber bei diesem Antrag bin ich es. Da steht sehr viel Vernünftiges drin, und auch in der Rede von Christof Rasche war eben viel Vernünftiges.

Wir können dem heute nicht zustimmen, weil man das anders hätte anlegen müssen. Dem ersten Punkt des Forderungsteils könnte man noch zustimmen,

die anderen beiden Punkte haben sich einfach durch die Entscheidung des Bundesrats in der letzten Woche erübrigt. Jetzt haben Sie, Herr Kollege Rasche, eben gesagt, dass es gut sein kann, dass das Thema noch mal auf die Tagesordnung kommt. Das würde uns Grüne auch freuen. Es kann gut sein, dass das nach der Bundestagswahl noch mal zum Thema wird und dass man dann entsprechend agieren kann.

(Zuruf von der SPD: So ist es in der Tat!)

Ich finde die Kritik am Landesverkehrsminister und an der Ministerpräsidentin, die vorgebracht worden ist, in dem Fall ungerecht. Denn Nordrhein-Westfalen hat letzte Woche im Bundesrat sehr klar agiert und sich dafür eingesetzt, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Es ist, das wissen wir ja alle, am Land Thüringen gescheitert, da es dem Bundesverkehrsminister mit einer Offerte für ein wichtiges Landesprojekt gelungen ist, das Land rauszukaufen. Aber es gilt erst einmal dem Landesverkehrsminister und der Landesregierung dafür zu danken, dass sie diesbezüglich im Bundesrat vernünftig agiert haben.

Lieber Kollege Fehring, jetzt scheiden Sie aus. Deswegen will ich nicht zu hart mit Ihnen und der CDU umgehen. Aber man muss doch schon feststellen: Wenn die Landes-CDU – mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden und derzeitigen Spitzenkandidaten für NRW Armin Laschet – in Berlin ein Standing hätte und Sie bei der Maut so klar aufgestellt sind, wie Sie es eben gesagt haben, dann hätten Sie doch als stärkster Landesverband in Berlin auf Bundesebene dafür sorgen müssen, dass diese Maut vom Tisch kommt, lieber Kollege Fehring.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Ich habe mich gewundert, als Sie hier eben sagten, das sei alles so ein Kompromiss gewesen. In meiner Erinnerung – und die Kollegin Sarah Philipp hat, glaube ich, eben am lautesten neben mir gelacht – bezüglich der Koalitionsverhandlungen für die Große Koalition war es doch so, dass der Vorschlag für die Einführung einer Pkw-Maut nicht von der SPD kam, sondern vonseiten der CDU. Also, wenn Sie in Nordrhein-Westfalen so klar aufgestellt wären, wie Sie das eben gesagt haben, dann hätte man doch diese Maut in Berlin verhindern müssen.

So, jetzt haben wir die Masut, und wir haben sie auf jeden Fall in der unsinnigsten Variante. Denn wenn man verkehrspolitisch diskutiert, dann könnte man ja – wenn man sagt, wir brauchen mehr Geld für die Infrastruktur – zu der Erkenntnis kommen: Wenn man eine Infrastrukturabgabe einführt, dann führt man sie so ein, dass alle sie zu zahlen haben, also, dass sowohl die inländischen wie auch die ausländischen Verkehrsteilnehmer sie zu zahlen haben.

(Zuruf von Bernhard Schemmer [CDU])

Nein, das ist eben nicht so, Herr Kollege Schemmer. Das wäre ja noch ein Vorschlag, über den man diskutieren könnte, so wie das in Frankreich beispielsweise der Fall ist oder wie in Österreich etc. Aber das, was da jetzt verabschiedet worden ist, das ist wirklich das Dümmste, was man in diesem Bereich beschließen konnte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Man hat die Bevölkerung gegen sich aufgebracht. Über 80 % lehnen diese Maut ab. Man hätte doch mit einem Werben für eine vernünftige Infrastrukturabgabe angesichts all der Aufgaben, die in den nächsten Jahren anstehen, all der Sanierungsleistungen, die zu tätigen sind, das Projekt doch nicht so vor die Wand fahren dürfen, wie das jetzt passiert ist.

Alle sind jetzt auf der Zinne. Irgendwie ist es über eine politische Klüngelei gelungen, das Ding noch zu verabschieden – aber keiner weiß, wann es in Betrieb geht, und was definitiv niemand weiß: Bringt es am Ende real auch nur einen Euro in die Haushaltskasse ein? Das ist doch völlig offen.

Deswegen ist diese Pkw-Maut, so wie sie vom Bundesrat in der letzten Woche leider verabschiedet worden ist, kein Fortschritt, was unsere Infrastruktur angeht, sondern das Gegenteil. Das hat dazu geführt, dass alle Leute verunsichert sind; in der Bevölkerung herrscht eine große Verunsicherung darüber, was nun auf sie zukommt.

Die Kritik seitens der FDP an dieser Stelle ist völlig berechtigt. Ich würde mir wünschen, dass es noch eine Chance gibt, diesen Unsinn zu verhindern. Wenn es uns gelingt, in einer neuen Legislaturperiode gemeinsam zu agieren, wären wir, glaube ich, alle gut beraten, entsprechend vorzugehen.

Vonseiten Nordrhein-Westfalens ist alles unternommen worden, was man machen konnte, würde ich jedenfalls an dieser Stelle sagen. Wenn die Chance besteht, dann sollten wir in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam fraktionsübergreifend agieren. Für diesen Fall kann der FDP-Antrag erneut vorgelegt werden; wir sollten dann aber noch den Forderungsteil umschreiben. Wir können dem Antrag jedenfalls nicht zustimmen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Danke für die Aufmerksamkeit. Es war auch meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode. Ich hoffe, in der nächsten Legislaturperiode werden weitere folgen. Auch ich danke an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit in den letzten sieben Jahren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – ver- einzelter Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. Ich habe Sie aber so verstanden, dass ich Ihnen jetzt doch noch nicht für die geleistete parlamentarische Arbeit danken soll. – Gut.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Groschek das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Hätte, hätte, Fahrradkette – man muss aufpassen, dass man nicht den Zeitpunkt verpasst, wo man zum Don Quijote wird, weil man nur noch Windmühlen bekämpft. In Sachen Maut ist das heute eine solche Don-Quijoterie, die da betrieben wird,

(Widerspruch von Christof Rasche [FDP])

weil die Entscheidungen im Bundesrat leider Gottes gegen unsere Interessen ausgefallen sind. Die Herleitung haben Herr Klocke und Herr Fehring gerade dargestellt.

(Dietmar Brockes [FDP]: Dann sind Sie aber doch der Don Quijote!)

Herr Brockes, nach dem Auftritt von Herrn Witzel hoffe ich, dass bei Ihnen in der Verkehrspolitik jemand gefunden wird, der auf der Höhe der Zeit bleibt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ansonsten würde ich Herrn Rasche bitten, hierzubleiben und Herrn Witzel nach Berlin zu schicken. Eine solche dinosaurierhafte Perspektive von Mobilität – und das von jemandem, der aus der Grünen Hauptstadt Essen kommt – hätte ich mir im Jahr 2017 nicht mehr vorstellen können.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Voussem, seitdem sind Sie in meiner Wertschätzung noch weiter gestiegen. Ich kann nur sagen: Uns Eifeler trennt nur eine Bundesländergrenze im Vergleich zu dem Auftritt von Herrn Witzel. Unglaublich!

(Heiterkeit von der CDU)

Aber jetzt zurück zur Maut: Herr Busen, Herr Rasche, Herr Lindner und andere werden wahrscheinlich im Deutschen Bundestag politische Verantwortung übernehmen. Sie werden dort die Diskussionen führen können. Nur, angesichts Ihrer Historie fürchte ich Schlimmeres; denn Sie werden dann die Tür öffnen zur Privatisierung von Infrastruktur. Das war das große liberale Credo, und das war im Grunde auch das Abfallprodukt der Rede von Herrn Witzel, zu sagen: „Privat vor Staat“ ist doch die überlegene Prämisse.

Das ist das Gegenteil dessen, was auch nur annähernd meine Überzeugung trifft, auch aufgrund der Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen.

(Zurufe von Dr. Joachim Stamp [FDP] und Christof Rasche [FDP])

Deshalb finde ich es wichtig, an zwei Stellen Klarheit zu haben.

Erstens. Wir brauchen eine solide Finanzierung der Infrastruktur. Diese Form von Maut ist keine solide Finanzierung. Im Haushalt landet sowieso nichts. Das ist aber auch nicht vorgesehen, weil die Mittel ja unmittelbar in die Infrastrukturgesellschaft fließen sollen.

Zweitens. Eine weitere Aufgabe wird darin bestehen, dafür zu sorgen, dass Sie nicht die Möglichkeit bekommen, in der Bundespolitik die Privatisierung der Infrastrukturgesellschaft hinzubekommen. Deshalb müssen wir jetzt grundgesetzliche Regelungen treffen, die verhindern, dass eine Bundestagsmehrheit – welche auch immer – eine Privatisierung der Infrastruktur vornehmen könnte. Staatliche öffentliche Verantwortung für Infrastruktur muss bleiben!

(Karlheinz Busen [FDP]: Funktioniert aber nicht!)

Alles andere wäre Murks. Dagegen wäre selbst die Murks-Maut eine Kleinigkeit.

Lassen Sie uns daher über die Perspektiven reden! Wir haben hier eigentlich gute Ansätze gehabt. Meine Bitte wäre nur: Herr Witzel sollte Finanzpolitiker bleiben

(Zurufe von der SPD: Nein! Davon hat er auch keine Ahnung!)

und den Verkehr anderen überlassen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)