Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Wir bekommen vom Bund für den Erhalt unserer Bundesstraßen und Bundesstraßenbrücken im Jahr im Durchschnitt 330 Millionen €. Wir bräuchten aber allein für die Ertüchtigung der notwendigsten Erneuerungsmaßnahmen bei Brücken – 375 von insgesamt über 6.000 – 3,5 Milliarden € oder, ratierlich in ein 10-Jahres-Programm übersetzt, rund 350 Millionen € jährlich nur für die Brücken. Wir bekommen aber insgesamt für den Erhalt nur 330 Millionen €. Das Delta spricht Bände.

Zusätzlich brauchen wir mehrere Milliarden Euro für die Schiene, sowohl im Bundesbahnverkehr wie im schienengebundenen Nahverkehr. Das macht deutlich: Steuerfinanzierung allein wird es nicht bringen – völlig gleichgültig, wer ab Oktober nächsten Jahres Finanzminister in Berlin ist. Deshalb appelliere ich für eine breite Unterstützung, die Nutzungsgebühren zu erhöhen. Auf Deutsch gesagt: Wir brauchen mehr Mauteinnahmen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ramsauer will die Pkw-Maut, ich will die Verbreiterung und Vertiefung der Lkw-Maut. Ich finde, dass hier das Verursacherprinzip Platz greifen soll. Das Verursacherprinzip heißt: Die Lkw-Verkehre verursachen das Gros an Schäden. Auch der Schuhkarton von Zalando wird nicht durchs Netz, sondern mit dem Lkw gebracht. Also werden wir eine weitere Zunahme von Lkw-Verkehren haben. Deshalb muss hier auch nach dem Tenor der Gerechtigkeit das Mautprinzip herhalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Akzeptanz ist die Voraussetzung dafür. Das heißt, wir müssen eine Fondskonstruktion finden, die zugriffsicher vor den Finanzministern ist. Denn die Menschen werden nämlich eine solche Maut nur dann akzeptieren, wenn sie sicher sind, dass diese Einnahmen zielgerichtet in den Erhalt und in die Reparatur der Verkehrsinfrastruktur wandern. Sonst wird es keine Akzeptanz geben. Deshalb kann ich nur – auch an die Bundespolitik – appellieren: Lassen Sie uns gemeinsam im nächsten Jahr damit beginnen, einen „Rettungsschirm Infrastruktur“ zu spannen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich persönlich würde mir für die Bundestagswahl parteiübergreifend das Motto wünschen: Wir reparieren Deutschland! – Das Land und seine Menschen hätten es verdient. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Groschek. Auch wenn Sie das eben sehr charmant und eloquent gemacht haben – aber ein

unparlamentarischer Ausdruck bleibt trotz Entschuldigung ein unparlamentarischer Ausdruck. Das muss ich Ihnen leider sagen.

Wir haben die Unterrichtung gehört. Wir treten damit in die Aussprache ein. Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Schemmer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor genau einem Jahr habe ich im Plenum den römischen Dichter Titus Maccius Plautus zitiert:

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Vom Saulus zum Paulus! – Weitere Zurufe von der SPD)

„Es ist zu spät, Brunnen zu graben, wenn der Durst brennt.“ Diese Regel galt und gilt auch heute für den Straßen- und Brückenbau in NRW. Aber Rot und Grün reagieren immer erst dann, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

(Lachen von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Aber wer hat denn hier fünf Jahre lang re- giert?)

Von einer vorsorgenden, präventiven Politik redet Frau Kraft bei jeder Gelegenheit.

(Britta Altenkamp [SPD]: Diese Rede ist auf- geschrieben, die muss gehalten werden! – Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Im Verkehrsbereich hat diese weder vor 2005 noch seit 2010 stattgefunden. Es gibt immer nur Aktionismus – das war gerade wieder so ein Beispiel – statt Konzepten. Es gibt Ankündigungen, was man tun will und wo man neu abkassieren will, aber es wird nichts gemacht,

(Zuruf von der SPD: Wie im Bund!)

es wird nichts geregelt.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir müssen reden über die Sicherheit im Straßenverkehr und über sichere Brücken – nicht nur bei den Hauptverkehrsachsen. Als Erstes müssen wir natürlich über die Sicherheit für Menschen reden, die von A nach B wollen. Da darf es keine Kompromisse geben. Die Sicherheit von Leib und Leben hat Vorrang.

Wenn die Statiker wie in diesem Fall „Stopp“ sagen, ist unverzüglich zu handeln. Insofern begrüßen wir die Sperrung der Rheinbrücke und hoffen, dass sie alsbald zumindest vierspurig wieder voll befahrbar ist.

Aber wir müssen das Thema etwas intensiver angehen. Für die Landesregierung spielen ja Bauen und Verkehr eine untergeordnete Rolle.

(Lachen von der SPD)

Ich zitiere Minister Duin vom 7. Juli 2012: Das Sparen muss nicht in meinem Ministerium stattfinden,

sondern beim Kollegen Groschek. – Das war doch die politische Regel.

Ein grundlegendes Problem stellt der stetige Anstieg des Schwerlastverkehrs dar. Wir haben bis 2050 noch einen weiteren Anstieg um 80 % zu erwarten. Wir haben über 400 große Brücken im Bereich der Bundesfernstraßen, die so reparaturbedürftig sind, dass wir einen Sanierungsbedarf von 3,5 Milliarden € haben. Wir müssen eigentlich auch zur Kenntnis nehmen, dass ein großer Lkw mit über 10 t Achslast eine größere Zerstörungswirkung als eine Vielzahl von Pkws hat.

Noch einmal zu der Frage, was in den letzten Jahren passiert ist: Wir hatten bis 2009 einen Bundesverkehrsminister der SPD, der sich um nichts gekümmert hat. Da waren Brücken überhaupt kein Thema.

(Vereinzelt Beifall von der FDP – Josef Hovenjürgen [CDU]: Brückentage!)

Das Landesverkehrsministerium ist, als es noch CDU-geführt war, vom Bund darauf hingewiesen worden, die Brücken zu untersuchen. Damit ist noch vor der Landtagswahl 2010 aktiv begonnen worden. Und was ist ab 2010 passiert?

(Zuruf von der SPD: Da haben Sie die Wahl verloren! – Heiterkeit von der SPD)

Nichts ist passiert! Da hat man das stehen und liegen lassen. Niemand hat sich darum gekümmert, wie sich die Brücken in Nordrhein-Westfalen entwickelt haben.

Ich komme darauf zurück, was im August 2012 von Ihnen verkündet worden ist: Laut Ihrer Homepage soll Straßen.NRW zehn Jahre Zeit für die Berechnung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen haben. – Diese Aussagen waren, wie wir heute wissen, unverantwortlich.

(Beifall von der CDU – Jochen Ott [SPD]: Das ist ja peinlich!)

Straßen.NRW hat eine eigene Projektgruppe eingerichtet. Auf der Homepage des Landesbetriebes steht, welche Strecken und welche Brücken besonders betroffen sind. Da war schon im Vorgriff die Rheinbrücke in Leverkusen auf Platz 1. Aber wir haben eine Vielzahl von Brücken an der A1, an der A3 und insbesondere an der A45, die vor mehr als 30 bis 40 Jahren gebaut wurden. Aber nichts ist passiert, um diese Brücken wieder in Ordnung zu bringen.

Dazu gehört, wie gesagt, auch diese Brücke. Eigentlich wusste der Landesbetrieb – und damit auch der Minister –, dass die Rheinbrücke besonders kritisch zu sehen ist. Deshalb – Sie haben es so verbal beantwortet, Herr Minister –

(Britta Altenkamp [SPD]: Ja, wie denn sonst? – Heiterkeit von der SPD)

frage ich: Wann und in welchen Abständen wurde der Zustand dieser Brücke neu bewertet? Entsprach die Tragfähigkeit dieser Brücke nicht schon in den letzten Jahren einer abfallenden Linie? Welches konkrete Untersuchungsergebnis ist Ursache für die notwendige Sperrung? Sie haben doch da nie mit offenen Karten gespielt.

(Zuruf von der SPD: Zocker sind wir nicht!)

Was Sie am 30.11. veranstaltet haben, waren Panik und Aktionismus. Ich will Ihnen das einmal sagen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich zitiere aus zwei Presseerklärungen. Am 30.11. ließ der Minister erklären:

„Bei den aktuell festgestellten Schäden handelt es sich um Risse im Anschlussbereich von zwei Querträgern an den Hauptträgern.“

Zeitgleich erklärte der Landesbetrieb:

„Bei den aktuell festgestellten Schäden handelt es sich um Risse im Anschlussbereich von sieben Querträgern an den Hauptträgern.“

Also, wie viele waren es denn? Waren es nun zwei oder sieben Querträger? Wer hat die Wahrheit gesagt? Der Landesbetrieb oder das Ministerium? Weiß die Linke nicht, was die Rechte tut? Gibt es nur Chaostage in Ihrem Hause? – Ich weiß das nicht.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP – Jochen Ott [SPD]: Die FDP klatscht für Schemmer! Das ist neu!)

Dass die Grünen beim Thema „Straßen“ natürlich immer auf die Bremse treten, ist bekannt.

Wir müssen fragen, was in den letzten Jahren ab 2010 im Verkehrsministerium stattgefunden hat. Ihr Vorgänger – daran kann ich mich noch gut erinnern – war immer froh, wenn er nachmittags frühzeitig wieder in Belgien war. Da ist es auch schöner, so hat er zumindest gedacht.