Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Wenn ich jetzt noch den Datenschutz und die Datensicherheit im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag ansprechen würde, würde ich gar nicht mehr fertig. Zu allen diesen Punkten sagt Ihr Antrag leider nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Auch deshalb werden wir ihn ablehnen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Für die Landesregierung hat Ministerin Dr. Schwall-Düren das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Nückel, es wird Sie nicht verwundern: Die Landesregierung spricht sich gegen den Antrag der FDP-Fraktion aus.

In Ihrem Antrag wird die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags angezweifelt. Vor Vereinbarung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages sind aber verfassungsrechtliche Gutachten eingeholt worden. Daraufhin ist nicht nur von unserer Landesregierung festgestellt worden, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verfassungsmäßig ist. Dem hat sich der Landtag Nordrhein-Westfalen angeschlossen – wie übrigens auch alle übrigen Landtage, teilweise auch mit FDP-Beteiligung.

Meine Damen und Herren, im Übrigen bekennt sich sogar die FDP-Fraktion zur Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zum Modellwechsel bei der Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks.

Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sichert diese Verfassungsgarantie. Deshalb muss er bestehen bleiben.

Ja, es kann zu Verschiebungen unter den Beitragszahlern kommen. So führt die Konvergenz dazu, dass nicht mehr zwischen Hörfunkgeräten und Fernsehgeräten unterschieden werden kann und

unterschieden werden wird. Das führt mit großer Plausibilität im Übrigen auch dazu, dass es nach anfänglicher Datenaktualisierung schließlich zu einer Entlastung von Bürokratie und zum Zurückdrängen der Datenkrake kommen wird, Herr Nückel.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Die Neuregelung führt ferner dazu, dass im Grundsatz nunmehr alle einen einheitlichen Beitrag bezahlen müssen, was verständlicherweise bei bisherigen Nurradiohörern Proteste auslöst. Sie äußern sich auch in Schreiben, die an mich oder auch an die Kollegen und Kolleginnen vom Landtag gerichtet sind. Das war aber auch zu erwarten, meine Damen und Herren.

Ob es im Endeffekt zu Mehrbelastungen für die Kommunen oder die Wirtschaft kommen wird, ist zurzeit noch völlig offen. Herr Nückel, Sie sprechen zwar von offensichtlichen Kostensteigerungen, belastbare Zahlen liegen aber noch nicht vor.

Sie können sicher sein, dass sich die Landesregierung im Rahmen der Evaluierung des

15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages dafür einsetzen wird, eventuell festgestellte unzumutbare Mehrbelastungen sowohl der Kommunen als auch der Wirtschaft zu beseitigen.

Speziell dazu haben sich alle Landesregierungen – auch die, an denen die FDP in 2010/2011 noch beteiligt war – entschlossen, eine Evaluierung durchzuführen. Diese Evaluierung braucht aber eine Grundlage. Grundlage dafür ist, dass festgestellt wird, wie sich die Beitragseinnahmen entwickelt haben. Dies lässt sich zurzeit noch nicht gesichert absehen.

Deshalb sieht der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ein geordnetes Verfahren vor. Die Rundfunkanstalten ermitteln Einnahmen und Ausgaben und legen diese zur Überprüfung der KEF vor. Die KEF prüft diese Angaben und kommt zu einem Beschluss, der sich im 19. KEF-Bericht niederschlagen wird.

Für die Vorlage des Entwurfs dieses Berichts ist zurzeit der Dezember 2013 vorgesehen. Dies lässt sich weder durch eine Entschließung unseres Landtags noch durch eine Entschließung aller Landtage beschleunigen. Die KEF muss schlicht und ergreifend die notwendige Zeit haben, die Angaben der Rundfunkanstalten zu überprüfen. Daran muss festgehalten werden.

Meine Damen und Herren, im Übrigen haben die Vorarbeiten für eine Evaluierung auf Fachebene bei den Rundfunkreferenten längst begonnen, sodass nach Vorliegen des KEF-Berichts zügig gehandelt werden kann. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Wir sind damit am Schluss der Bera

tung zu diesem Tagesordnungspunkt und stimmen ab.

Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen somit über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/2286 ab. Wer ist für diesen Antrag? – Die FDP-Fraktion und die CDU-Fraktion.

(Jochen Ott [SPD]: Ein paar von der CDU!)

Wer ist gegen den Antrag? – Die Piraten, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Enthält sich jemand der Stimme? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

5 Hochschulfinanzierung transparent gestalten –

Benachteiligung von Hochschulen durch leistungsorientierte Mittelvergabe beenden

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/2281

Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, dass dieser Antrag ohne Debatte in den Ausschuss überwiesen werden soll.

Nach § 79 unserer Geschäftsordnung lautet die Überweisungsempfehlung wie folgt: Der Antrag Drucksache 16/2281 wird an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung überwiesen und nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses im Plenum beraten und abgestimmt. – Ich darf diejenigen um ein Handzeichen bitten, die dieser Überweisungsempfehlung so Folge leisten möchten. – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag entsprechend überwiesen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

6 NRW bekennt sich zur grundgesetzlich garan

tierten Wissenschafts- und Forschungsfreiheit

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2289

Ich eröffne die Beratung. Für die antragstellende Fraktion hat Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen mit der heutigen Debatte und Entscheidung die Klarstellung des nordrheinwestfälischen Landtags, dass Zivilklauseln, die auf ein Verbot von Forschungsvorhaben zielen, deren Ergebnisse auch militärisch nutzbar sein könnten, rechtlich unzulässig sind, weil damit die grundge

setzlich garantierte Wissenschafts- und For

schungsfreiheit in unzulässiger Weise einge

schränkt und natürlich auch die Autonomie und die Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Forschung beeinträchtigt würden.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass dieser Einschränkung der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit ein klares Nein des nordrheinwestfälischen Landtags entgegengehalten wird.

(Dietmar Bell [SPD]: Da können Sie lange warten!)

Irgendwie überrascht mich das nicht wirklich, Herr Kollege Bell. Eine solche Klarstellung ist aber gleichwohl nötig. Immerhin hat eine Partei, die an dieser Regierungskoalition beteiligt ist, auf ihrem Parteitag eine solche Klarstellung erforderlich gemacht.

Meine Damen und Herren, gerade für Hochschulen als Ort der Grundlagenforschung gilt, dass die Freiheit bei der Auswahl von Forschungsgegenständen und von Methoden selbstverständlich in verfassungsrechtlichen Grenzen Grundvoraussetzung für wissenschaftliche Innovationskraft und Qualität ist. Denn wie unterscheidet sich denn Forschung zum „guten“ Zweck von solcher zum „schlechten“ in der wissenschaftlichen Methodik? Wie können belastbare Unterscheidungen zwischen Forschungen mit Inhalten, die als zivil gelten könnten, und solchen, die als militärisch eingestuft werden, denn aussehen?

Begrifflichkeiten wie „ethische Verantwortung“ oder „friedliche Zwecke“ bedürfen regelmäßig einer Auslegung und inhaltlichen Definition. Fast unmöglich sind die Unterscheidungen in der Praxis, wenn es um die Forschung geht, die in die sogenannten Dual-Use-Güter, also sowohl zivil als auch militärisch einsetzbare Produkte und Technologien, mündet. Wollen wir diese Disziplin zum Beispiel bei der Friedens- und Konfliktforschung verbieten, nur weil die Erkenntnisse aus dieser Disziplin in der Regel auch militärisch nutzbar sind? Das wäre wirklich Ironie und eine groteske Situation.

Was ist mit Forschungen, die mit der Absicht angestellt werden, militärisch nutzbares Wissen oder militärisch nutzbare Technologien zu entwickeln, die aber dann Anwendung im zivilen Bereich finden, zum Beispiel in der Medizin – Traumaforschung ist ein Stichwort –, in der Sicherung der zivilen Luftfahrt, im Katastrophenschutz? Wollte man hier der Forschung Verbote entgegenhalten, wäre das Internet möglicherweise gar nicht entwickelt worden, und es würden sich auf der einen Seite dieses Raumes sicherlich dann viele Sinnfragen stellen.

Meine Damen und Herren, die FDP will Forschungsvorhaben nicht unter einen Generalverdacht stellen.

(Beifall von der FDP)

Die Abgrenzungsprobleme setzen sich bei den Auftraggebern und Projektpartnern fort. Würde man sämtlichen Unternehmen, deren Produkte oder Wissen auch militärisch genutzt werden könnten – beginnend mit der metallverarbeitenden Industrie, man kann weiter gehen zur Luftfahrt, zur Chemie, zur Informationstechnologie oder der Automobilindustrie –, verbieten zu forschen, dann wäre die Anzahl der Auftraggeber und der Projektpartner, die dann noch zulässig wären, sehr überschaubar.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Forschungsfreiheit heißt nicht Verantwortungslosigkeit. Ein gesellschaftlicher Diskurs über und mit Forschung und Wissenschaft ist grundsätzlich zu begrüßen. Dieser kann gegebenenfalls auch durch Aufnahme von Transparenzregelungen für aus Steuergeldern finanzierte Forschung in den Förderungsbewilligungen ermöglicht werden.

Ziel darf es dabei gerade nicht sein, wissenschaftliche Arbeiten, die sich auch mit militärisch relevanten Themen befassen, zu verhindern. Es gilt aber dann auch zu berücksichtigen, dass es auch gewichtige Gründe geben kann, bestimmte Erkenntnisse nicht oder zumindest nicht sofort in jeder Einzelheit offenzulegen. Es kann sein, dass gerade die ethische Verantwortung von Forscherinnen und Forschern dafür spricht, wissenschaftliche Erkenntnisse nicht publik zu machen. Wir können das zum Beispiel in der aktuellen Debatte um die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse beim Influenzavirus H5N1 deutlich sehen.

Meine Damen und Herren, in einer Diskussion über Transparenz an Forschung liegt auch ein Potenzial für eine Gefährdung der Allgemeinheit. Der Ruf nach grenzenloser Transparenz bedingt neue Diskussionsansätze und Fragen.