Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Vielen Dank, Frau Brand. – Für die Landesregierung hat sich noch einmal Herr Minister Schneider zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich einige Äußerungen der letzten Redner nicht so stehen lassen kann.

Zunächst einmal zur Nachqualifizierung und zur Beratung: In der entscheidenden Sitzung des Bundesrates haben die sogenannten A-Länder, also die SPD- bzw. rot-grün regierten Länder, klargemacht: Es gibt zum Bundesgesetz nur dann Zustimmung, wenn erklärt wird, dass der Bund die Finanzierung der Nachqualifizierung und Beratung übernimmt.

Ein Kompromiss wurde dann dadurch hergestellt, dass die damalige Bundesbildungsministerin Frau Schavan erklärte: Der Bund wird sich dafür einsetzen, dass im Rahmen der Haushalte über die Bundesagentur für Arbeit die Nachqualifizierung und Beratung finanziell sichergestellt wird. Darauf haben wir uns eingelassen – das war auch richtig –, weil wir deutlich machen wollten: Wir wollen dieses Bundesgesetz, und an diesen Fragen soll es nicht scheitern. Jetzt werden wir überprüfen, ob der Bund

diese Verabredung einhält oder nicht. Ich bin gespannt.

Natürlich kann die Opposition von einem Rechtsanspruch sprechen, der auf Landesebene hergestellt werden muss. Sagen Sie mir bitte, wie dies im Landeshaushalt darstellbar ist. Wer A sagt, muss auch B sagen. Sonst werden Sie unglaubwürdig. Sonst werden Sie uns in der nächsten Haushaltsdebatte vorwerfen, dass wir mit den Steuermitteln nicht seriös umgehen. Ich sage Ihnen: Das ist unglaubwürdig!

Sie können einerseits nicht laufend Forderungen stellen, ob in der Verkehrspolitik oder in diesem politischen Zusammenhang, und andererseits die vermeintlich unsolide Haushaltspolitik kritisieren. Beides passt nicht zusammen. Wir sind in allen Politikfeldern seriös. Deshalb ist das Thema „Sparen“ auch hier angesagt.

Ich freue mich, wenn Herr Dr. Stamp sagt: Es ist ein gutes Gesetz, ein besseres ist immer möglich. Damit bin ich bei Ihnen schon zufrieden.

Zum Thema „Lehrer“: Lehrer sind in NordrheinWestfalen Beamte. Wenn wir die Lehrer einbezogen hätten, dann hätten wir uns Gedanken über die Zukunft des Berufsbeamtentums machen müssen. Verehrte Frau Güler, diskutieren Sie das doch einmal in Ihrer Fraktion.

(Beifall von der CDU)

Ich bin gespannt, zu welchen Ergebnissen Sie kommen werden. Ich denke nicht, dass die CDUFraktion die Speerspitze bilden wird, wenn es um die Abschaffung des Berufsbeamtentums geht. Überschätzen Sie hier nicht Ihre Einflussmöglichkeiten. Das kann ich Ihnen nur mit auf den Weg geben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Letzter Punkt. Immer dann, wenn Finanzierungen nicht sicherzustellen sind, ruft man reflexartig nach dem Europäischen Sozialfonds. Ich nenne das den „Jäger-90-Effekt“. Den „Jäger 90“ gab es mal. Ich meine nicht unseren Innenminister, sondern das Flugzeug. Immer, wenn man in einem Politikfeld mit der Finanzierung nicht weiter wusste, wurde gesagt: Das sparen wir beim „Jäger 90“ ein.

Der ESF wird in der nächsten Förderperiode für NRW geringer ausfallen. Wir haben das große Thema „Bekämpfung von Armut“ vor uns. Das wird schon finanziell sehr schwer darstellbar sein, weil wir auf den ESF zurückgreifen müssen. Es gibt sonst keine anderen Möglichkeiten.

Im Übrigen sage ich Ihnen: Die Beratungsstellen zur beruflichen Entwicklung sind nicht identisch mit den kommunalen Integrationszentren. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich glaube, unter Einbeziehung der Beratungsstellen zur beruflichen Entwicklung werden wir auch untergesetzlich zu einem vernünftigen Beratungsangebot für die Migran

tinnen und Migranten kommen, um sicherzustellen, dass jeder eine Anerkennung erhalten kann, wenn dies möglich ist. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Minister, bleiben Sie bitte am Pult. – Es ist eine Kurzintervention von der FDP-Fraktion, von Herrn Dr. Stamp, angemeldet.

Intervenieren Sie.

Herr Dr. Stamp, bitte schön. 90 Sekunden!

Vielen Dank, Herr Präsident.

Herr Minister, Sie machen es einem zunehmend schwerer, hier zuzustimmen, indem Sie das, was wir beantragt haben, in Bausch und Bogen ablehnen mit der Begründung, es würde zu Mehrkosten kommen.

Fakt ist: Es ist eine Frage der Priorisierung in der Integrationspolitik. Uns zu unterstellen, wir würden Mehrkosten im Sinne von haushalterischer Belastung produzieren, ist rundweg falsch. Es entstehen natürlich Opportunitätskosten. Es ist eine Frage, wo ich die Prioritäten setze. Aber es sind landesrechtlich geförderte Stellen in der kommunalen Integrationsarbeit, die wir in unserem Änderungsantrag benannt haben. Davon sind keine weiteren Haushaltsmittel betroffen. Insofern ist das eine Unterstellung, die so nicht richtig ist.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Herr Dr. Stamp, ich unterstelle Ihnen gar nichts. Davon bin ich weit entfernt.

Es ist natürlich in der Haushaltspolitik immer das gute Recht, das Setzen von Prioritäten einzufordern. Wir setzen so viele Prioritäten, dass wir gar nicht wissen, wo es noch weitere geben soll. Unterm Strich führt dies zu Mehrausgaben, und im Zuge einer seriösen Finanzpolitik kann es die nicht geben. Deshalb müssen wir mit den vorhandenen Instrumenten auskommen, und dies werden wir auch. Soviel zu Ihrer Intervention.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister. Vielen Dank, Herr Dr. Stamp, für die Intervention.

Wir sind am Ende der Beratung und kommen zur Abstimmung. Es ist 12:35 Uhr, aber wir stimmen trotzdem ab, weil mir die Fraktionen signalisiert haben, dass sie es noch wünschen. Wenn es der allgemeine Wunsch aus dem Hohen Haus ist, tun wir das gern.

Wir führen jetzt vier Abstimmungen durch.

Erstens stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/2978. Wer stimmt diesem Antrag so zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne und CDU. Wer enthält sich? – Es enthält sich die FDP-Fraktion. Mit großer Mehrheit aus dem Hohen Hause ist damit der Änderungsantrag abgelehnt.

Zweitens stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2975. Wer stimmt diesem Antrag zu? – FDP-Fraktion, CDU-Fraktion und Piratenfraktion. Wer stimmt gegen diesen Änderungsantrag? – SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Änderungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Drittens stimmen wir ab über den Gesetzentwurf Drucksache 16/1188. Hier empfiehlt der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2903, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wer

stimmt dieser Empfehlung zu? – Piratenfraktion, SPD-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, CDU-Fraktion und FDP-Fraktion. Stimmt jemand gegen diesen Vorschlag? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

(Allgemeiner Beifall)

In der vierten Abstimmung geht es um den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/2902. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – Die Fraktion der Piraten, die SPD-Fraktion, die Grünen-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – FDP- und CDU-Fraktion stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit großer Mehrheit angenommen, und wir sind am Ende der Abstimmung.

(Minister Guntram Schneider: Sehr gut! Vie- len Dank!)

Wir kommen nun zu

3 Nordrhein-Westfalen setzt ein Zeichen gegen

Offshore-Finanzplätze – Geschäfte von Landesbeteiligungen und Institutionen in Steueroasen unterlassen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2886

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2957

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Witzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Öffentliche Institute haben einen regionalen Versorgungsauftrag. Wir brauchen daher für Landesbanken keine grenzenlose Betätigung unter Palmen. Es ist gut, wenn die BaFin nun die Offshore-Aktivitäten in der Zukunft näher prüfen möchte. Das hat sie heute bekanntgegeben.

Die WestLB ist vom nordrhein-westfälischen Steuerzahler in den letzten Jahren oft genug mit Milliardensummen gerettet worden. Mit diesem Geld dürfen nicht Modelle zur Steuervermeidung initiiert und auch keine unregulierten Hochrisikogeschäfte offshore betrieben werden.

Der Finanzminister unseres Landes führt seit einiger Zeit einen wortgewaltigen Kampf gegen Kapitalflucht und zweifelhafte Geschäfte in Steueroasen. Herr Minister, dabei wenden Sie sich seit einigen Wochen auch in Ihren Interviews und Pressemeldungen erkennbar öffentlich insbesondere gegen zwei Destinationen, nämlich die Cayman Islands und die Bermudas. Das wirft natürlich die Frage auf: Warum in aller Welt sind gerade die WestLB und ihre Nachfolger dort aktiv? – Ein paar wenige Karibikinseln, die kaum eine eigene Infrastruktur haben, verzeichnen mehr Direktinvestitionen als die Bundesrepublik Deutschland.

In einem Punkt, Herr Finanzminister, haben Sie durchaus recht: Steuerhinterziehung und dubiose Geschäfte sind nur durch eine entsprechende Hilfe und Angebote von Institutionen möglich. Denn derjenige, der etwas zu verbergen hat, ist den letzten Jahren ja nicht mit einem Schlapphut und Koffer voller Bargeldnoten vorbei an Zollkontrolleuren in die Karibik gereist und hat dort am Bankschalter ein Sparbuch eröffnet. Die Aktivitäten in Steueroasen laufen – nach allem, was bekannt ist – mit Intransparenz, verschachtelten Konstruktionen, mit nicht identifizierbaren Privatpersonen, sondern institutionellen Investoren.

Sichergestellt werden muss, dass öffentliche Institute hierfür nicht die Infrastruktur bieten dürfen. Deshalb drängen folgende ganz zentrale Fragen nach einer Beantwortung: Was genau war das Geschäft? Was hat die WestLB offshore getan? Warum musste das, was sie als Geschäft betrieben hat, ausgerechnet in den klassischen Steueroasen geschehen? Welchen Vorteil hatte das für wen?

Der Vorstand, der heute im Bereich der Portigon AG zuständig ist, nennt zwei Gründe: Es heißt, dass

das der Kapitalbeschaffung diente. – Klar, dort wurde Kapital beschafft und keine Kokosnüsse.

Als zweite Begründung wird angeführt: Es wurde etwas mit aufsichtsrechtlichen Vorteilen verbucht. – Das spricht allerdings schon eher dafür, dass Möglichkeiten von Steuer- und Regulierungsarbitrage genutzt worden sind.