Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

(Zuruf von der SPD)

Die Frage, wie viele Veranstaltungen seitdem ausgefallen sind, ist mir auch nicht beantwortet worden. Ich verstehe ja ihre Rhetorik und Ihren Ärger, aber das zieht alles nicht.

Wir sollten uns klar zur Bundeswehr bekennen. Es kann in der Tat nicht sein, dass eine staatliche Institution einer anderen staatlichen Institution verbietet, aufzutreten und zur Diskussion bereitzustehen. Das sollten Sie selber wissen. Es freut mich, dass es auch in der SPD-Fraktion Jugendoffiziere gibt. Inso

fern können wir die Diskussion gerne einmal außerhalb des Plenums weiterführen.

(Beifall von der CDU)

Weitere Zwischenfragen liegen nicht vor, Herr Kollege. Ich danke Ihnen für die Beantwortung und erteile als nächster Rednerin Frau Kollegin Beer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass an der Anhörung zur Frage des Kooperationsvertrages andere Männer der Bundeswehr teilgenommen und das Thema mit uns erörtert haben. Sie haben sich dort sehr viel differenzierter geäußert, als es Herr Golland hier vorgetragen hat.

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Viel anders geht es auch nicht!)

Sie haben eingestanden – ich komme gleich noch darauf –, dass sie bestimmte Dinge überhaupt nicht darstellen können, dass die Jugendoffiziere dafür nicht ausgebildet sind. Sie sollten vielleicht noch einmal reinschauen; ich werde das gleich erörtern.

Eins will ich zurückweisen: Niemand hat der Bundeswehr gegenüber Misstrauen ausgesprochen, in keinster Art und Weise.

Herr Lürbke, Sie haben sonst wenige Auftritte hier. Wenn Sie in Ihrem Antrag eine verbale Abwertung der Bundeswehr beklagen und mehr Wertschätzung einfordern, dann will ich darauf hinweisen, dass er eigentlich zu spät kommt. Sie hätten ihn im März stellen sollen, als ausgerechnet Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ äußerte:

„Hört einfach auf, dauernd nach Anerkennung zu gieren. Die Wertschätzung anderer bekommt man nicht dadurch, dass man danach fragt, sondern dass man gute Arbeit leistet. Wenn unter Eheleuten ein Partner den anderen fünfmal am Tag fragt, ob er ihn noch liebt, erhöht das nicht die Liebe. Auch ein Lob wirkt, wenn es selten ausgesprochen wird, viel stärker.“

Er hat die Bundeswehr gemeint. An gleicher Stelle äußert er sich wie folgt:

„Etliche Soldaten glauben jedoch, dass sie viel weniger anerkannt werden, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Sie haben den verständlichen, aber oft übertriebenen Wunsch nach Wertschätzung. Sie sind vielleicht geradezu süchtig danach.“

Da hatte er keine Drohne in Marsch gesetzt. Das war der Bundesverteidigungsminister persönlich. Das finde ich eine unangemessene Äußerung. Wenn Sie sich dazu geäußert hätten, dann hätten Sie meine volle Unterstützung und meinen Applaus

bekommen, aber nicht bei dem, was Sie der Landesregierung unterstellen.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das ist dunkelste grüne … – Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Genau zu der Frage, Herr Lürbke. Das Lob geht in eine andere Richtung, und zwar in Richtung Landesregierung. Mit ihrer Kooperationsvereinbarung hat sie den pluralen Diskurs in diesem Land ermöglicht. Die Kooperationsvereinbarung gibt den Schulen nämlich zielgenau die Möglichkeiten, in ihrer pädagogischen Verantwortung einen angemessenen Umgang mit dem Verfassungsorgan der Bundeswehr und auch mit Friedensinitiativen herzustellen. Die politische Bildung ist ureigene Aufgabe der Schule. In deren Verantwortung gehört sie. Die Diskussion über die Bundeswehr, sowohl die Frage der Sicherheits- und Friedenskonzepte, der Auslandseinsätze und Kriegshandlungen als auch die Fragen der Wehrpflicht und, Herr Lürbke und vor allen Dingen Herr Golland, das historische Erbe, gehören zum Diskurs in der politischen Bildung.

Es ist eindeutig und unbestritten, selbst in Ihrem Antrag, dass alle Aktivitäten, die einen werbenden Charakter für die Bundeswehr haben, gemäß des Beutelsbacher Konsenses zu unterbleiben haben, in der Schule konsequent zu unterbinden sind. Das hat sich auch in der Anhörung im Landtag ganz deutlich gezeigt. Die anwesenden Bundeswehroffiziere haben uns aber auch gesagt: Auf bestimmte Fragestellungen sind die Jugendoffiziere nicht vorbereitet.

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Ach?)

Es geht nämlich auch um ethisch-moralische Fragen. Für Fragen nach der Konfrontation mit Verletzung und Tod, Traumatisierung von Soldatinnen und Soldaten, die aus Einsatzgebieten zurückkommen und von der Bundeswehr mit großen Anstrengungen aufgenommen werden, sind die Jugendoffiziere nicht ausgebildet. Die können sie so nicht beantworten.

Sie haben danach gefragt, wer in den Schulen dazukommt. Das sind zum Beispiel die Kirchen, die Fachleute dafür benennen. Die Schulen können sie anfordern, sie sind speziell darauf vorbereitet.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das sollen auch keine Psychologen sein!)

Ich sage Ihnen das. Ich bin Mitglied der Kirchenleitung der Westfälischen Landeskirche. Wir haben gerade in der letzten Kirchenleitungssitzung darüber gesprochen. Ich mache Ihnen alle Informationen gerne ganz frisch zugänglich.

(Gregor Golland [CDU]: Die Ministerin konnte die Frage nicht beantworten! Können Sie das?)

Ich unterstütze das Verhalten der Schulleitung der Hulda-Pankok-Gesamtschule ausdrücklich, weil sie

sich nicht ideologisch vereinnahmen lässt – von keiner Seite, Herr Lürbke und Herr Golland, …

(Gregor Golland [CDU]: Wir sind keine Ideo- logen!)

Nein, überhaupt nicht. So haben Sie sich hier gar nicht präsentiert.

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

… nicht von denen, die einen Preis für einen Schulbeschluss ausloben, der so nicht rechtskräftig geworden ist, der auf einer anderen rechtlichen Grundlage angedacht worden ist, und auch nicht von denjenigen, die jetzt ein völliges Zerrbild der Diskussion hier im Landtag zeichnen.

(Gregor Golland [CDU]: Distanzieren Sie sich vom Aachener Friedenspreis?)

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, dass unser Dank und die Wertschätzung denen gelten, die sich jetzt im Bereich der Katastrophenhilfe neben der Zivilgesellschaft, neben dem Technischen Hilfswerk, neben den Spenden der Bürgerinnen und Bürger für die Flutopfer vor Ort einsetzen. Das, was Sie hier gemacht haben, war eine reine Inszenierung und für die sachliche Auseinandersetzung über die Frage, wie über die Bundeswehr diskutiert wird, vor allen Dingen mit der Bundeswehr, kein zielführender Beitrag. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Marsching das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren hier und zu Hause! Der Antrag der FDP hat offenkundig nur ein Ziel, das ist Stimmenfang im Umfeld der Bundeswehrbediensteten mit einer unglaublichen Herabwürdigung des Ansehens des Aachener Friedenspreises als – Zitat – eher wenig bekannt.

Der Aachener Friedenspreis ist eine bekannte und renommierte Auszeichnung für Menschen und Organisationen, die sich von unten, also nicht vom Staat ausgehend, für die Verständigung der Menschen untereinander einsetzen.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Anstatt sich mit der Bedeutung und der Begründung der Verleihung des Preises auseinanderzusetzen, macht die FDP etwas völlig Beschämendes: Sie versucht zulasten des Aachener Komitees eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Bundeswehr“ zu verhindern. Mit Blick auf die Hilfe bei der Hochwasserbekämpfung soll jegliche Kritik an

der Bundeswehr mundtot gemacht werden, und Kritiker sollen als Nestbeschmutzer dargestellt werden.

Ich will nicht falsch verstanden werden, Sie haben das Thema so aufgebracht. Wir sind im Rahmen des Katastrophenschutzes vollends bei Ihnen, liebe FDP-Fraktion. Amtshilfe gerne – wenn ich allerdings die Eurofighter über Heiligendamm sehe oder die Fennek-Aufklärungsfahrzeuge im Wald davor,

möchte ich daran erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht mehrfach festgestellt hat: Amtshilfe gibt es nicht im Sicherheitsbereich. – Das wollte ich nur klarstellen.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie wollen die Diffamierung der Bundeswehr und ihrer engagierten Soldatinnen und Soldaten verhindern, und das unterstütze ich vollkommen. Aber genau das ist durch die Verleihung dieses Preises gar nicht passiert. Eine in die Gesellschaft integrierte Bundeswehr ist selbstverständlich – gerade mit den Erfahrungen der deutschen Geschichte. Aber die Einbeziehung der Bundeswehr in den Schulunterricht darf man durchaus kritisch sehen. Die Bundeswehr hat in diesem Land keinen Bildungsauftrag; sie hat klar geregelte Aufgaben. Der Bildungsauftrag gehört nicht dazu.

Der Beutelsbacher Konsens von 1976 besagt doch klar, dass verhindert werden soll, dass Schülern nur eine Meinung, eine Lebensweise, eine Doktrin aufgezeigt wird. Stattdessen sollen sie zu selbstdenkenden und kritischen Menschen herangebildet werden.

Ich empfehle der FDP auch, noch mal einen Blick in die Kooperationsvereinbarung zu werfen. Sie ist schon ein paarmal erwähnt worden, und ich zitiere ebenfalls daraus:

„Die Beteiligten sind sich bewusst, dass die Schulen in eigener Zuständigkeit über die Ausgestaltung der Umsetzung der Vereinbarung entscheiden.“

Eigene Zuständigkeit! Und das Wehrbereichskommando II hat dieser Vereinbarung zugestimmt.

(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

Die Schulen alleine – und nicht die Bundeswehr, Politiker oder sonst irgendjemand – entscheiden darüber, ob und in welcher Form Jugendoffiziere in den Unterricht eingeladen werden. Dieses Recht wahrzunehmen, ist keine Diffamierung der Bundeswehr.

Im Übrigen begrüße ich auch den Entschließungsantrag von SPD und Grünen. Es ist ureigene Aufgabe der Schulen und nicht der Bundeswehr, ihre Schüler über Belange der Friedens- und Sicherheitspolitik zu informieren. Unterricht in diesem Bereich muss bewertungsfrei stattfinden und es auch – ohne Angst vor solchen Anträgen wie dem der FDP