Aber die Zusammenfassung von Ihnen – um bei Ihrem Sprachgebrauch zu bleiben – ist eine politische Zusammenfassung. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Lohn. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Paul.
Punkt eins: Der Antrag wirft durchaus einige sinnvolle Fragen auf. Ja, die sind zum Teil auch in der Anhörung aufgeworfen worden, wenngleich ich nicht ganz teilen würde, dass die Anhörung eins zu eins die Folie für Ihren Antrag geliefert hat; die Anhörung war durchaus ein bisschen differenzierter. Trotzdem sage ich: Ja, da werden wichtige Fragen aufgeworfen. Aber leider wird an der einen oder anderen Stelle ein bisschen zu kurz gesprungen, manches ist auch zu undifferenziert. Darauf will ich im Weiteren noch eingehen.
Punkt zwei: Sie haben den Bogen in Ihrem Redebeitrag etwas weiter gespannt, aber die Beschränkung allein auf den ZIS-Bericht greift aus meiner Sicht an der Stelle ein bisschen kurz.
Auch die Anforderungen, die Sie offensichtlich an die ZIS stellen, greifen aus meiner Sicht zu kurz; denn die ZIS ist kein wissenschaftliches Institut. Der ZIS-Bericht liefert wesentliche Grundlagen für die Darstellung und Bewertung des bundesweiten Lagebilds Fußball. Das ist also ein polizeilicher Bericht, der die Grundlagen für die polizeiliche Gefahreneinschätzung liefern soll.
An diesem Bericht ist aber auch festzumachen: Wir sollten vielleicht mal ein bisschen abschichten. Jedes Jahr kommt ein ZIS-Bericht heraus. Dann passieren folgende Dinge: Die Fans behaupten, im ZISBericht sei alles ganz schrecklich zusammengefasst. Dann gibt es Politikerinnen und Politiker, die sich dieser Meinung anschließen. Die Medien schließen sich der Meinung an, es sei alles ganz furchtbar geworden. Es gibt auch Politikerinnen und Politiker, die sich dieser Meinung anschließen.
Wenn man allerdings mal auf die nüchternen Zahlen guckt, dann sieht man, dass dieser ZIS-Bericht weder die eine Ansicht noch die andere Ansicht hergibt. Wir sollten vielleicht mal nüchtern auf diesen Bericht schauen. Das heißt nicht, dass es daran nicht auch Verbesserungswürdiges gibt. Aber ein bisschen mehr Realismus, ein bisschen mehr Differenzierung an der Stelle würden der ganzen Debatte sicherlich guttun.
Trotzdem: Dass wir wissenschaftliche Studien für den Gesamtbereich Fußball, für die Gesamtentwicklung Fußball und auch für die polizeiwissenschaftlichen Aspekte brauchen, steht außer Frage. Das ist sicherlich sehr sinnvoll; da gebe ich Ihnen recht. Da sind ja schon erste Studien auf dem Weg, beispielsweise durch die Deutsche Hochschule der Polizei und auch durch das Team von Prof. Pilz, der an der Hochschule Hannover zum Bereich Fans forscht. Aber das ist sicherlich ausbauwürdig. Da kann man für NRW das ein oder andere auch noch differenzierter und prononcierter zusammenfassen. Da will ich Ihnen durchaus recht geben. Darüber werden wir im weiteren Verlauf sicherlich diskutieren können.
Dritter Punkt: Die Weiterentwicklung des ZISBerichtes an bestimmten Punkten ist sinnvoll – aber ohne Überfrachtung dieses Berichtes. Sie fordern ja mehr Differenzierung. Das ist an manchen Stellen sicherlich auch sinnvoll. Wir können darüber sprechen, ob die Verletztenzahlen nicht differenzierter angegeben werden sollten. Aber auch hier tut eine Differenzierung not: Was erwarten Sie von diesem Bericht, und was kann der Bericht nicht leisten? Ingewahrsamnahmen beispielsweise sind polizeiliche Maßnahmen. Verurteilungen und Prozesse wiederum liegen bei der Justiz. Das alles in diesem Bericht abzubilden ist, glaube ich, genau die Überfrachtung, vor der wir uns, wie ich gerade gesagt habe, durchaus hüten sollten.
und Verbände umgesetzt. Das heißt, eine sinnvolle Forderung an der Stelle wäre, eine unabhängige Clearingstelle einzurichten, die damit umgeht und sagt: Wir sind Anlaufstelle für diejenigen Fans, die sich durch Stadionverbote ungerecht behandelt fühlen. – Das würde auch ich für eine sinnvolle Forderung halten. Der ZIS-Bericht kann das in dieser Art und Weise nicht wiedergeben. Das ist auch der falsche Ort dafür.
Die von Ihnen eingeforderte NRW-Statistik kann man, glaube ich, machen. Die Zahlen liegen vor. Ich weiß nicht, wie groß der Mehrwert ist, da viele Spiele bundesländerübergreifend sind und auf den Reisewegen ganz viel durch die Bundespolizei abgedeckt wird. Aber die Zahlen liegen vor. Darüber kann man sich sicherlich unterhalten.
Die Einbeziehung zusätzlicher Akteure in die Weiterentwicklung und die Berichterstattung selber ist sicherlich ein Punkt, über den man ebenfalls reden kann. Was wäre beispielsweise, wenn man in die ZIS die KOS weiter einbinden würde, um an der Stelle eine weitere Perspektive zu haben.
Vierter Punkt: Die Beschränkung auf Veränderungen des ZIS-Berichtes verstellt leider den Blick auf andere bisherige Fortschritte, nämlich den 10Punkte-Plan, die NRW-Initiative, die örtlichen Ausschüsse „Sport und Sicherheit“, in denen die Beteiligung schon einen größeren Stellenwert eingeräumt bekommt und der Dialog weiter enthalten ist. Natürlich stehen wir dort erst am Anfang. Aber die ersten Schritte in diese Richtung sind gemacht.
Vor allem – das vermisse ich in Ihrem Antrag sehr – gibt es kein Wort über die örtlichen Ausschüsse „Sport und Sicherheit“, die in dem Zusammenhang eine ganz wichtige Rolle spielen und die Verzahnung lokaler Jugend- und Sozialarbeit mit der kommunalen Kriminalprävention ausmachen.
Man muss an der Stelle sagen: Zur Wahrheit gehört auch, dass sich oftmals nicht nur Polizei und Politik dem Dialog verschließen. Ich will Ihnen ein Beispiel aus meiner Heimatstadt Münster nennen. Dort sind zwei Plätze für Mitglieder der Ultra-Bewegung freigehalten. Wer kommt nicht, auch auf mehrfache Ansprache hin? – Die beiden Vertreter bzw. es könnten auch Vertreterinnen sein. Das gehört zur Wahrheit dazu. Dialog muss von beiden Seiten passieren.
Fünfter und letzter Punkt: Wir sollten die Debatten der letzten Wochen und Monate nutzen, um dort anzuknüpfen, wo wir gestern schon waren, an einer möglichst differenzierten Debatte, bei der wir in diesem Haus sehr viel mehr Konsens hergestellt haben als trennende Elemente, auch wenn heute das eine oder andere in der Schärfe wieder größer war. Aber Unterscheidungen in der Sache sind an der Stelle kein Problem, sondern, wenn man das gewinnbringend nutzt, etwas Vorteilhaftes.
Ich würde mich freuen, wenn dieses Thema nicht nur im Innenausschuss, sondern auch im Sportausschuss debattiert wird. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, das Thema „Fans“ nicht nur ordnungspolitisch, sondern auch sozialpolitisch, jugendpolitisch und sportpolitisch zu diskutieren.
Dementsprechend würde ich mich freuen, wenn wir daran anknüpfen und eine breite und differenzierte Debatte fortsetzen würden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Herrmann, in Teilen ist das, was Sie und Ihre Fraktion in dem Antrag vorgelegt haben, durchaus diskussionswürdig. Das will ich an der Stelle schon einmal sagen. Wenn die ZIS selber und Kriminologen in Aussicht stellen, der Bericht der ZIS könnte künftig aussagekräftiger gestaltet werden und dies im Ergebnis sogar einer effektiveren Polizeiarbeit bzw. friedlichen Einsatzverläufen dienen kann, treten wir als FDP-Fraktion mit Ihnen gerne konstruktiv ins Gespräch.
Datenschutz sowie die Wahrung der Persönlichkeitsrechte bei der Informationsbeschaffung liegen der FDP bekanntlich besonders am Herzen. Wir stehen einer wissenschaftlichen Evaluierung von Gesetzen oder auch einer wissenschaftlichen Begleitung in bestimmten polizeilichen Bereichen immer offen gegenüber.
Zustimmen kann ich, dass in Berichten ausgewiesen werden muss, falls Polizeibeamte durch eigene polizeiliche Einsatzmittel wie etwa Pfefferspray unglücklicherweise selbst verletzt werden, damit Verlaufsberichte nicht verzerrt werden.
Aber – jetzt bin ich bei dem großen Aber –, liebe Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion, ich habe nicht nur mit dem Inhalt in großen Teilen Probleme, sondern in noch größerem Umfang mit der Art der Formulierung Ihres Antrags. Das will ich konkretisieren: Sie fordern in Ihrem Antrag, die Jahresberichte der ZIS müssten viel differenzierter Kenndaten und Erkenntnisse ausweisen, ein realistisches Lagebild der Sicherheitsprobleme rund um Großveranstaltungen im Fußball geben, legen dazu dann aber selber einen Antrag vor, in dem Sie selber gerade nicht differenziert ein realistisches Lagebild der
Vielleicht hätten Sie das objektiver und stärker wissenschaftlich basiert verfassen sollen. Das wäre an dieser Stelle zielführender gewesen.
Meine Damen und Herren, ich habe auch deshalb ein Problem mit dem Antrag, weil dort immer latent die Unterstellung mitschwingt, bei der ZIS und der Polizei seien so „Schreibtischübeltäter“, und die Fans der B- und C-Kategorie seien harmlose Menschen, denen man übermäßige Polizeieinsätze, den Einsatz von Pfefferspray, Stadionverbote, V-Leute in ihren Reihen sowie das Verbot der Nutzung von Pyrotechnik unverhältnismäßig zumute. Ihr Antrag unterstellt, die Polizei überzeichne das Problem „Fußballgewalt“ mangels sorgsamer Auswertung von Kennzahlen und Expertise fahrlässig oder gar absichtlich, um ihr Vorgehen gegen Fans zu rechtfertigen. Sie sprechen ja davon, eine Überarbeitung sei notwendig, um – Zitat – „einen Missbrauch zu verhindern“. – Na ja.
In Ihrem Antrag fehlt mir zudem eine deutliche Distanzierung zur Gewalt im Fußball. Mir fehlt auch ein Lob an die Polizei dafür, dass Tausende von Beamten jedes Wochenende diesen Sport ermöglichen.
Mir fehlt eine klare Ächtung von Gewalt im Sport insgesamt. Mir kommt auch die Rolle der Vereine und Fanbeauftragten selbst in Ihrem Antrag zu kurz.
Weiterhin stelle ich mir die Frage: Woher sollen denn wichtige Informationen aus der Fanszene kommen, wo mit Auseinandersetzungen zu rechnen ist, wenn auf V-Leute verzichtet werden soll? Ihr Antrag liefert hierzu keine Antworten. Stattdessen sagt Ihr Antrag an anderer Stelle klar – ich zitiere –:
„… nur bei richtiger Einschätzung der Gewaltsituation könnte auch der polizeiliche Aufwand an Personal und Material reduziert werden.“
Eben, meine Damen und Herren! Dazu bedarf es aber nicht nur statistischer Daten, sondern gerade auch aktueller Informationen und Hinweise. Die kommen ja nicht selten aus der Szene selbst. Unter die gewaltbereite Anhängerschaft im Fußball hat sich zum Beispiel eine bedeutende Anzahl an Rechtsextremisten gemischt. Diesen wie auch allen anderen gewaltbereiten Personen wollen wir Liberale auf keinen Fall eine Plattform zum Agieren geben, erst recht nicht in und um Fußballstadien, meine Damen und Herren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten im Ausschuss darüber diskutieren, inwieweit eine Reform der Statistik geboten und wissenschaftliche Begleitung einmalig oder in regelmäßigen Abständen wirkungsvoll sein kann. Ihr Antrag ist jedenfalls in Form und Inhalt noch stark überarbeitungsbedürftig. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Für die Landesregierung spricht der Minister für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen. Ich habe dazugelernt. Herr Jäger, bitte schön.
(Minister Ralf Jäger: Herr Vorsitzender, aus- gezeichnet! Ich bin wirklich mitgenommen! Danke! – Torsten Sommer [PIRATEN]: Der heißt „Präsident“!)
Sie haben es ja doch gemerkt. Na ja. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ZIS hat einen klaren Auftrag. Sie gewährleistet den Austausch von einsatzrelevanten Informationen zwischen den Polizeibehörden bei größeren Sporteinsätzen, insbesondere bei Spielen der 1. und 2. Fußballbundesliga und der 3. Liga. In der ZIS werden alle erforderlichen Informationen gesammelt, bewertet und aufbereitet.
Die ZIS ist damit die zentrale Servicedienststelle für alle beteiligten Polizeidienststellen aller Bundesländer, aber auch für die Bundespolizei. Auch der Inhalt des ZIS-Jahresberichts richtet sich im Wesentlichen an die Polizeibehörden und nicht an die breite Öffentlichkeit.
Es geht in der ZIS und im ZIS-Bericht schlichtweg darum, auf Grundlage von Fakten und Erfahrungen ganz bestimmte Fragestellungen zu beantworten. Die Fragestellungen lauten: Wie ist die Sicherheitslage im Vorfeld eines bestimmten Spieles? Wo liegen die Schwerpunkte in möglichen Fanauseinandersetzungen? Welche Phänomene am Rande könnten eine zusätzliche Rolle spielen? Welche Kräfte sind erforderlich? Was ist ein Risikospiel, und was ist kein Risikospiel?
In den ZIS-Jahresbericht fließen umfangreiche statistische Daten der Polizei ein. Hinzu kommen die Erkenntnisse aus mehr als 2.000 Verlaufsberichten sowie die Erfahrung und die Einschätzung der beteiligten Polizeibehörden, aber übrigens genauso der lokalen Netzwerke, die mit Fußball befasst sind. Der ZIS-Bericht ist eine wesentliche Grundlage, Herr Herrmann, für die Darstellung und Bewertung der bundesweiten Entwicklungen durch die Polizei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Piraten, hieran wird deutlich: Sie verkennen in Ihrem Antrag, welchen Sinn und Zweck die ZIS und der Jahresbericht haben. Dieser Bericht hat überhaupt nicht den Anspruch, vertiefende Analysen zu machen oder wissenschaftlich fundierte Aussagen zu treffen. Das ist übrigens auch nicht Aufgabe der Polizei. Sie macht
keine wissenschaftlichen Ausarbeitungen. Aufgabe der Polizei bei größeren Sportereignissen ist es, Gefahren abzuwehren.
Herr Minister Jäger, darf ich kurz unterbrechen? – Der Kollege Herrmann möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.