Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Herrn Zierhut müssen Sie abziehen, der ist von der CDU-Fraktion – so viel zum Thema, ganz aktuell. Die Pressetribüne ist voll in diesem Haus!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist das Thema, das uns hier alle interessiert. Ich begrüße auch den Wirtschaftsminister wieder. Sie sind in Abwesenheit von der FDP beschimpft worden. Das will ich Ihnen nur nachträglich sagen. Das haben Sie sicherlich schon zugetragen bekommen. Schön, dass Sie wieder an der Debatte teilnehmen.

Hier geht es offensichtlich nicht darum, ein altes Thema aufzuwärmen, sondern hier geht es um einen ganz anderen Sachverhalt, meine Damen und Herren auf der Tribüne, den wir gestern hier hatten. Gestern haben wir nämlich über die Kraftwerke gesprochen.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Wenn Sie sich die Gesichter der Grünen angeschaut hätten, wenn einer von der SPD gesprochen hat, oder die Gesichter der SPD, wenn einer von den Grünen gesprochen hat, dann hätten Sie festgestellt: Da haben sich Nord- und Südkorea mehr zu sagen als Rot und Grün in der Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Insofern versuchen Sie hier einen zweiten Aufguss, weil Sie offensichtlich gestern die Gemeinsamkeiten schon aufgebraucht hatten. In einem Punkt sind Sie sich, Rot und Grün, immer einig – keine Frage! –, nämlich dann, wenn es gegen die Bundesregierung geht. Deshalb kommt die Aktuelle Stunde heute zu diesem Punkt. Das ist die Begründung.

(Zurufe von der SPD)

Lassen Sie uns über Energieeffizienz sprechen!

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Herr Schmeltzer, hören Sie doch ganz entspannt zu. Lassen Sie uns über Energieeffizienz sprechen! Jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird,

muss erst gar nicht produziert werden. Deshalb ist das Energiesparen der Schlüssel für den Erfolg der Energiewende. Die meiste Energie in Deutschland wird in Gebäuden verbraucht.

Da geht es nicht nur um die Gebäude, sondern auch um die Industrie. Bei den beiden Punkten möchte ich Ihnen gerne sagen, was die Bundesregierung tut. Das Gebäudesanierungsprogramm ist auf 1,5 Milliarden € pro Jahr bis 2014 aufgestockt worden.

(Minister Johannes Remmel: Nachdem es abgesenkt worden ist! Sie müssen die ganze Wahrheit sagen!)

Die erfolgreiche Gebäudesanierung wird durch die KfW noch einmal um 300 Millionen € aufgestockt.

(Beifall von der CDU und der FDP – Christian Lindner [FDP]: Ihr blockiert alles!)

Wir tun etwas, während Sie im Bundesrat alle Initiativen aus parteitaktischem Kalkül blockiert haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Gleiches gilt für die Industrie. Minister Altmaier hat die Vertreter der deutschen Industrie an einen Tisch geholt, weil er gesehen hat, dass wir – gerade in der Industrie – mehr als 100 Milliarden Kilowattstunden durch moderne Antriebe, Beleuchtung und Kühlung von Gefrierprodukten einsparen können. Durch energieeffizienten Einsatz können jedes Jahr

70 Milliarden € eingespart werden. Das sind die Stellschrauben für die Energiewende.

(Minister Johannes Remmel: Ja, nutzen wir!)

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns in diesen Bereich einbringen; aber auch die Privaten müssen sich einbringen. Minister Altmaier hat die Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, die Wirtschafts- und Wohlfahrtsverbände, die Verbraucherschutzorganisationen, die Kirchen und die Bundesagentur für Arbeit an einen Tisch geholt. Des Weiteren hat er die Stromsparinitiative gestartet, die mit einer Homepage begann. Ich finde, das ist der richtige Ansatz.

Es gibt aber noch viel mehr. Mittlerweile gibt es in über 100 Städten in unserem Land eine Energieberatung, die von lokalen Klima- und Energieagenturen sowie von der Caritas wahrgenommen wird. Die sind sehr wirksam gerade bei einkommensschwachen Haushalten. Mit einer sofortigen Einsparung von 70 bis 100 € wird zu einer entsprechenden Verbesserung beigetragen. All das sind wichtige Maßnahmen, auf die wir eingehen wollen.

Wir werden Ihnen aber, meine Damen und Herren von Rot und Grün, eine klare Absage erteilen, wenn Sie über Sozialtarife fabulieren. Mit Sozialtarifen animieren wir am Ende nicht zum Energiesparen. Wir brauchen einen grundlegenden Wandel. Alles andere wäre kontraproduktiv und würde vielleicht sogar zu mehr Verbrauch anregen. Gleichwohl

nehmen wir sehr ernst, dass es immer wieder vorkommt, dass Strom abgestellt wird, weil Menschen ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können. Deshalb ist gerade auch der zweite Aspekt, den Minister Altmaier vorgetragen hat, nämlich eine Strompreisbremse zu etablieren – insbesondere dann, wenn die Erneuerbaren ohne Sinn und Verstand weiter wachsen –, entsprechend anzugehen. Aber auch da fand er aufseiten der Länder – auch hier in Nordrhein-Westfalen – kein entsprechendes Gegenüber.

Insofern möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren, zum Schluss noch etwas mit auf den Weg geben. Mit Ihrem Kulturpessimismus in Sachen Energiewende werden wir das nicht hinbekommen. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich.

(Beifall von der CDU und der FDP – Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Ihr seid doch die Kulturpessimisten!)

Sie reden hier über die deutsche Industrie in Sachen Effizienz, als wenn wir hier „Ouagadougou“ wären. Wir sind Weltmeister bzw. Weltspitze in Sachen Energieeffizienz. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat dies letztens noch sehr prägnant auf den Punkt gebracht. Im Vergleich zu den meisten internationalen Konkurrenten kommt die deutsche Industrie mit relativ wenig Energie aus. Das liegt zum einen an den Fortschritten bei der Energieeffizienz und zum anderen an der veränderten Industriestruktur, wie die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln zeigt. Wir sollten also auf das stolz sein, was wir geschafft haben, und nicht immer in Bezug auf das, was noch gemacht werden muss, rumnörgeln. Das ist eine gemeinsame Aufgabe. Wir laden Sie herzlich ein, dabei nicht nur am Rand zu stehen, sondern mitzutun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das war eine Einladung an die Bundesregierung?)

Vielen Dank, Herr Kollege Kufen. – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Thiel das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kufen, es geht nicht darum, dass die deutsche Industrie effizient ist. Es geht darum, dass Sie und Ihre Regierung daran 0,0 Anteil haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Deppe, Sie haben in Ihrer Rede, soweit sie sich auf die Energieeffizienz bezog, weitestgehend aus der EU-Energieeffizienzrichtlinie zitiert. Das Problem ist aber, dass genau diese Energieeffizienzrichtlinie Anlass zu einer Nachfrage der Grü

nen im Bundestag war: Was hat denn die Regierung gemacht? – Die Antworten, die darauf gegeben wurden, sind der Grund, dass wir hier heute zusammengekommen sind, um über das Thema „Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie“ zu reden. Was tut Deutschland eigentlich? Auf welchem Wege sind wir? Darauf war die Antwort der Bundesregierung mehr als dürftig. Das ist ein Thema, welches uns in Nordrhein-Westfalen sehr wohl zu beschäftigen hat, Herr Kufen. Insofern ist es richtig, dass wir in der Aktuellen Stunde heute dazu Stellung nehmen.

Die Strompreisbremse und die Stromsparinitiative des Bundesumweltministers werden in der Öffentlichkeit zerrissen und als Märchen dargestellt. Die Energiewende der Bundesregierung ist aber leider kein Märchen. Es handelt sich hierbei um die gezielte, systematische Anwendung von Methoden der Agnotologie. Das ist eine junge Wissenschaft. Ich will das hier kurz erläutern. Es handelt sich um die Wissenschaft der Erschaffung und Aufrechterhaltung von Unwissen. Es ist geradezu erschreckend, wie leidenschaftlich sich CDU und FDP der Wissenschaft der Verbreitung von Unwissen hingeben. Hier im Hause wird oft und gern Latein gesprochen. Das kann ich nicht so gut, aber auf gut Deutsch kann man sagen: Das ist, die Leute für dumm zu verkaufen und zu hoffen, dass man damit durchkommt.

(Beifall von der SPD)

Nach vier Jahren Energiewende von CDU/CSU und FDP herrscht im Land Ratlosigkeit und Verunsicherung. Im Bereich der erneuerbaren Energien herrschen Ratlosigkeit und Verunsicherung, weil hier Investoren bzw. Finanzierer und Betreiber erleben müssen, wie in bestehende Beträge eingegriffen wird und Unternehmensinsolvenzen hingenommen werden. Das wird bewusst gemacht.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Im Bereich fossiler Kraftwerke, Herr Lindner, ist das so, weil unklar bleibt, ob das Vorhalten gesicherter Kapazitäten vergütet wird. Da wird die Stromindustrie hingehalten, was große wirtschaftliche Risiken bedeutet. Bei Handwerksbetrieben ist das so, weil alle paar Monate Vorschriften und Förderprogramme geändert werden. Für die Industrie insgesamt fehlt ein verlässlicher Rahmen, damit sie langfristig planen und investieren kann.

Die Verbraucher, Herr Höne, blicken längst nicht mehr durch – außer dass sie wissen, dass sie die Rechnung werden bezahlen müssen. Das haben die schon verstanden.

Der Bundesumweltminister verkürzt das Thema „Energieeffizienz“ lediglich auf das Thema „Stromsparen“. Damit wird aber nur das Schauspiel „Des Kaisers neue Kleider“ aufgeführt. Dabei sieht man als Bundesregierung ziemlich nackt aus.

Großspurig wurden 50 bis 100 Millionen € für konkrete Maßnahmen in 2013 angekündigt. Es wurde hier schon mehrfach erwähnt: Verausgabt wurden gerade einmal 600.000 € für eine Internetseite mit Energiespartipps. Es gab 10.000 Anfragen im Hinblick auf eine örtliche Beratung. Auch das wurde schon erwähnt. Angesichts von 40 Millionen Haushalten in Deutschland muss ich Ihnen bestätigen: Sie haben das Ziel der Verbreitung von Unwissen mit Bravour erreicht. Es gibt eine Ausnahme: Man konnte in der Presse lesen, dass Bundesumweltminister Altmaier zwei alte Kühlschränke entsorgt hat – wahrscheinlich aufgrund der Beratung durch seine eigene Internet-Homepage.

(Zuruf von der CDU)

Hat er vorher mit Ihnen gesprochen?

(Zurufe von der SPD)

Es war also eine Beratung aus NRW, und dann gab es konkrete Ergebnisse.

Energieeffizienz muss eine tragende Säule der Energiewende werden. Energieeffizienz ist Fortschrittsmotor und Investitionsmotor. Das wird sicherlich niemand abstreiten.

Aber bei dieser Bundesregierung: Fehlanzeige. – Es gibt auf Bundesebene einen Energieeffizienzfonds. Es gibt auch Programme der Bundesregierung, die zum Beispiel für hocheffiziente Kraftwerkstechnologien aufgelegt worden sind. Das könnten wir in NRW gut gebrauchen. Abgeflossene Mittel: Null. – Förderungen von Energiemanagementsystemen könnten wir hier auch sehr gut gebrauchen. Konkrete Beispiele hat Herr Remmel genannt. Abgeflossene Mittel: Null. – Förderung von klimaschonenden Produktionsprozessen wäre für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen eine Nummer. Abgeflossene Mittel: Null. – Herr Deppe, Sie kommen aus dem Rheinland und wissen: Dreimal Null ist Null, bleibt Null.

NRW ist weiter. Die Landesregierung hat den Ausbau und die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung zu einem ihrer wichtigsten Ziele gemacht. KraftWärme-Kopplung ist Energieeffizienz pur. Sie ist der kostengünstigste, einfachste und umweltgerechteste Weg, um mittelfristig Wärme aus erneuerbaren Energien oder hocheffizienten konventionellen

Energieerzeugungsanlagen in urbane Versorgungsstrukturen zu integrieren. Sie ist also für NordrheinWestfalen maßgeschneidert. Damit leisten wir zugleich einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele.