Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

boten sei. Sie ergänzte im Mai: „Unnötiger Energieverbrauch bedeutet zusätzliche Kosten, ist damit ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, treibt die Energiepreise und beeinträchtigt die Versorgungssicherheit.“

Die Bundesregierung hat sich also große Ziele gesteckt. So soll der Stromverbrauch bis 2020 im Vergleich zu 2008 um 10 % und bis 2050 um 25 %gesenkt werden. In diesem Sinne startete Bundesumweltminister Altmaier im Herbst letzten Jahres eine Stromsparinitiative und ließ verlauten, dass „der Bundesumweltminister im nächsten Jahr zusätzlich zwischen 50 und 100 Millionen € in die Hand nehmen wird, um das Thema Stromsparen weiter voranzubringen“.

Jetzt könnte man sagen: wichtige und richtige Aussagen, sinnvolle Ziele und Ankündigungen mit finanziellen Mitteln hinterlegt. – Könnte man sagen. Denn leider steckt dahinter nichts außer Plattitüden, hohlen Ankündigungen und Wünschen. Na ja, fast nichts. Eine Homepage ist alles, was aus Altmaiers Ankündigungen geworden ist: eine Homepage für 600.000 € – 600.000 € von angekündigten 50 bis 100 Millionen €! Das ist eine traurige Bilanz der Stromsparinitiative des Umweltministers: Ein einziges Projekt ist aufgelegt; 1 % der angekündigten Mittel ist eingesetzt.

Als wäre diese Bilanz noch nicht traurig genug, kommt die Reaktion des Ministeriums hinzu, weitere vage Förderprojekte in Aussicht zu stellen, die sich – Zitat – „möglicherweise durchaus noch in diesem Jahr ergeben könnten“.

Aber ganz ehrlich: Eigentlich finde ich das Ganze kaum verwunderlich; denn wenn ich mir die Energiewende und die Diskussionen über das EEG und den Klimaschutzfonds anschaue, verfestigt sich das Bild: Altmaier ist ein Ankündigungsminister, der ganz groß darin ist Luftschlösser zu bauen. Aber früher oder später lässt entweder Kabinettkollege Rösler oder Altmaier selbst die Luft ab, und übrig bleibt ein Häufchen Elend.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, so schafft Deutschland die nicht nur von uns Grünen, sondern auch von Klaus Töpfer geforderte wichtige ökologische industrielle Revolution auf keinen Fall. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis für den Bundesumweltminister; besonders dramatisch ist es für finanzschwache Haushalte, die besondere Unterstützung bei den Anstrengungen zum Energiesparen benötigen. Sie müssen von besseren Energieberatungsangeboten und der Markteinführung besonders energieeffizienter Geräte profitieren. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden und nicht für eine Homepage.

Wir in NRW gehen voran. Ich bin sehr froh, dass wir das Projekt „Beratungs- und Informationsangebot für einkommensschwache Haushalte“ massiv aus

geweitet haben und nicht einfach nur Politik mit großen Worten machen.

Darüber hinaus brauchen die Energiewende und folglich auch die Energieeffizienz konkrete Initiativen, besonders in folgenden Bereichen: Die Bundesregierung muss endlich auf der Basis der EUEnergieeffizienzrichtlinie die Energieversorger dazu verpflichten, durch Effizienzmaßnahmen bei ihren Kundinnen und Kunden Energie und Kosten einzusparen. Wir brauchen endlich den ToprunnerAnsatz, der schon in über 50 Ländern eingeführt wurde. Dabei ist klar, dass das beste Gerät am Markt die Effizienzstandards für die nächsten Jahre festlegt, wodurch eine wirkliche Weiterentwicklung möglich ist. Seit Jahren wird darüber geredet, aber nichts passiert.

(Zuruf von der FDP)

Ja, was ist denn bei dem Thema passiert? Gar nichts. – In anderen Ländern wird schon lange mit strengeren Standards, auch für die Wirtschaft, gearbeitet. Ich nehme als Beispiel die USA, die ansonsten nicht so bekannt für strenge Regularien sind. Aber genau die USA haben beispielsweise eine Norm für Elektromotoren in der Wirtschaft. Würden wir diese Norm in Deutschland einführen, könnten bis zu 50 % der Stromkosten eingespart werden. So könnten Belastungen von Unternehmen durch ihre Energiekosten gesenkt werden, ohne die Verbraucherinnen und Verbraucher zu belasten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von der FDP)

Zu der Stromsparinitiative von Bundesumweltminister Altmaier gehört auch ein runder Tisch. Der wurde erst vor wenigen Tagen, auch aus dem Teilnehmerkreis heraus, in der Presse als „Werbeveranstaltung für den Umweltminister“ beschrieben. Ich muss sagen, ich finde das eine etwas schlechte Werbeveranstaltung; das ist nicht gerade positiv für ihn.

Als trauriges Fazit bleibt mir, zu sagen: Entweder versteht Herr Altmaier sein Handwerk nicht, oder es handelt sich wieder einmal um eine bewusste Verhinderungspolitik. Denn, ehrlich gesagt, seine Stromsparinitiative ist nicht das Papier wert, auf dem sie steht. Die Energiewende braucht keine Luftschlossbauer wie Herrn Altmaier, sondern eine Bundesregierung, die ihr Handwerk versteht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Deppe.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich die Begründung für Ihre Aktuelle Stunde gelesen habe, war ich schon ziemlich entspannt. Als ich jetzt auch noch die bei

den Wortmeldungen hier mitbekommen habe, war ich es erst recht.

Das folgt nämlich wieder einmal dem altbekannten Muster, das Sie hier seit Jahren, nämlich seitdem Sie an der Regierung sind, präsentieren: Der Bund muss, Frau Aigner müsste mal, Herr Altmaier hat noch nicht usw. – Das ist das, was Sie hier jedes Mal präsentieren und womit Sie von dem ablenken, was Sie in Nordrhein-Westfalen eigentlich zu tun hätten. Das ist Ihre Aufgabe, aber nicht, über die Dinge im Bund zu reden.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie müssen zuhören!)

Aber wenn wir im Landtag schon einmal über Energieeffizienz reden und Sie die Bundespolitik mit anführen, sprechen wir am besten einmal über Ihren Spitzenkandidaten oder Spitzenkandidatendarsteller, Peer Steinbrück, und sein Verhältnis zur Energieeffizienz. Voller Stolz hat er uns von wenigen Tagen erklärt, dass er einen Vorrat von Hunderten alten Glühbirnen im Keller angelegt hat.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ja! – Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Dabei wurde das Glühbirnenverbot doch von seinem SPD-Parteichef Sigmar Gabriel bereits im Jahr 2007 forciert. Er forderte nämlich als Bundesumweltminister von der EU-Kommission anspruchsvolle Effizienzkriterien für Lampen. Peer Steinbrück zeigt damit erstens die Zerstrittenheit innerhalb der SPD

(Heiterkeit von der SPD)

und zweitens, dass er genauso viel von Energieeffizienz hält wie Helmut Schmidt von Ihrem Kampf gegen das Rauchen.

(Beifall von der CDU)

Er hat ja bekanntlich in seinem Keller kürzlich einen Vorrat von Tausenden von Zigaretten angelegt. Dieser Vorrat soll für ihn bis zu seinem Lebensende reichen. Meine Damen und Herren, so weit ist es schon gekommen: Ihr eigener Kanzlerkandidat und Ihr vielgelobter Altbundeskanzler müssen Angst vor roter und grüner Politik haben und sorgen schon einmal privat vor.

(Beifall und Heiterkeit von der CDU und der FDP – Zuruf von Volker Münchow [SPD])

Warum verschweigen Sie heute in der Debatte ausgerechnet, dass gerade Sie von Rot-Grün es waren, die seit 2011 die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung im Bundesrat blockieren?

(Beifall von der CDU – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Erst verhindern Sie seit jetzt fast zwei Jahren mit Ihrer rein parteipolitisch motivierten Blockade, dass die Eigentümer schnell und unbürokratisch Ihre

Wohnungen und Häuser sanieren können. Und dann stellen Sie sich hier hin und beklagen, dass die ganze Sanierung in Deutschland nicht schnell genug vorankommt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie wollen doch weiterhin das Land belasten! Das ist doch die Blockade!)

Das ist nicht nur unseriös, das ist sogar schädlich für Hundertausende von Wohnungseigentümern in Nordrhein-Westfalen, die bereit waren, in Effizienz und Energieeinsparung zu investieren.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, unabhängig von der heutigen Debatte sollten wir gemeinsam über alle Grenzen hinweg deutlich machen: Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir neben dem Umstieg auf erneuerbare Energien mindestens gleichgewichtig ein Höchstmaß an Energieeffizienz erreichen. Deshalb legt das Energiekonzept der Bundesregierung von 2010 fest: Wir wollen die energieeffizienteste Volkswirtschaft der Welt werden. Wir wollen die Energieproduktivität jedes Jahr um 2,1 % steigern.

(Zuruf von der SPD: Dann fangen Sie doch mal an damit! – Zuruf von Volker Münchow [SPD])

Die Energiewende ist nicht nur eine Stromwende, sondern mindestens genauso wichtig und wahrscheinlich noch schneller zu erreichen ist die Steigerung der Energieeffizienz. Energieeinsparung ist im Übrigen fast immer wirtschaftlich. Über 90 % der Einsparungen sind sofort wirtschaftlich. Die allermeisten Effizienzinvestitionen werden beim Energieverbrauch mehr als kompensiert, und zwar in sehr kurzen Zeiträumen, innerhalb weniger Jahre, die sich meist an den Fingern einer Hand abzählen lassen.

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts zeigt, dass wir europaweit bis 2050 weit über die Hälfte an Primärenergie einsparen können, ohne dabei einen Komfortverlust in Kauf nehmen zu müssen. Wenn wir dann noch bedenken, dass bei uns in Deutschland die Produktion einer Kilowattstunde Endenergie durchschnittlich dreimal so teuer ist wie die Vermeidung ihres Verbrauchs, wird doch jedem klar: Wir haben einen Milliardenmarkt vor der Haustür. Für den brauchen wir keine Importe. Im Gegenteil: Jede Tonne Öl, jede Tonne Steinkohle, jeder Kubikmeter Gas, den wir nicht importieren, macht uns unabhängiger im weltweiten Wettbewerb um immer knapper werdende fossile Brennstoffe. Das sorgt auch dafür, dass die Wertschöpfung hier bleibt und nicht zu den Scheichs in den Orient oder zum lupenreinen Demokraten nach Moskau wandert.

Vor allem ist Effizienzsteigerung ein Markt, bei dem wir Weltmarktführer sind. Die Umwelt- und Effizienztechnik in Deutschland ist heute schon so umsatz

stark wie die Automobilwirtschaft. Global wächst der Markt für Umwelt- und Effizienztechnologien inzwischen um 10 %.

(Zuruf von den PIRATEN)

Auf diesem Markt hat „Made in Germany“ einen weltweit herausragenden Ruf. Es bestehen also beste Chancen für unsere Volkswirtschaft.

(Zuruf von den PIRATEN)

Deutschland gehört schon jetzt zu den wenigen Ländern auf der Welt, deren Energieverbrauch trotz steigender Wirtschaftsleistung sinkt. Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch zu entkoppeln, ist unser gemeinsames Ziel. Wir müssen noch einen Schritt weiter gehen: Wir müssen das Effizienzthema über den Energiebereich auf alle anderen nicht vermehrbaren Ressourcen ausdehnen. Wir brauchen eine Entkopplung von Ressourceneinsatz und Wirtschaftswachstum.

(Beifall von der CDU)

Nordrhein-Westfalen mit seinen hervorragenden öffentlichen und privaten Forschungs- und Entwicklungskapazitäten gerade auf diesem wissenschaftlichen und technischen Gebiet hat die Fähigkeit, hier voranzugehen. Im Rahmen einer auf NordrheinWestfalen bezogenen Entkopplungsstrategie müssen und vor allem können wir vorangehen.

Die CDU sieht in der weiteren Entwicklung und Nutzung von natur- und ressourcenschonenden Techniken für unser Land ein enormes wirtschaftliches Potenzial, wahrscheinlich sogar das größte und zukunftsträchtigste Feld für die Zukunft unseres Landes. Daran, meine Damen und Herren, sollten wir arbeiten und nicht mit kleinlichen und ergebnislosen Debatten unsere Zeit hier heute Morgen vergeuden.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Deppe. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Höne.